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Veranstaltungsberichte

Den Opfern einen Namen geben.

von Susi Doring Preston

STOLPERSTEINE – Ein Europäisches Kunstmahnmal.

„A person is only forgotten when you don’t remember her name.”Am Dienstag (10. April) waren zwei Projektmanagerinnen der „Stolpersteine“ zu Gast bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Israel. Dr. Anne Thomas und Anna Warda gaben in einer einstündigen Präsentation einen näheren Einblick in das vom deutschen Künstler Gunter Demnig initiierte Projekt. Stolpersteine sind kleine, aus Messing gefertigte Denkmäler, die an die Opfer des Holocausts erinnern. Sie werden vor dem letzten selbst gewählten Haus der NS-Opfer im Gehweg platziert.

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Zu Beginn des Abends begrüßte Dr. Joachim Rother, stellvertretender Leiter der KAS Israel, das Publikum. Nach einer kurzen Vorstellung ihrer Vita, gab Frau Warda einen groben Überblick über das Projekt. Stolpersteine finden sich europaweit in mehr als 20 Ländern (Stand April 2018). Mit über 68.000 Steinen bilden sie das größte dezentrale Holocaust-Denkmal der Welt. Jeder einzelne Stein würdigt einen von den Nazis verfolgten Menschen. Darunter fallen insbesondere Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, People of Colour, Christen, Mitglieder der kommunistischen Partei, Fahnenflüchtige, körperlich und geistig Behinderte sowie Menschen, die durch die Nationalsozialisten als „asozial“ betitelt wurden. Jeder Stein gibt in der Regel den Namen, das Gebursjahr, das Datum der Verhaftung und der Deportation, das Internierungs- und Konzentrationslager sowie Informationen über das Schicksal der jeweiligen Person wider. An dieser Stelle hob Frau Warda die politische Bedeutung der Steine hervor. Sie lassen sich der „Graswurzelbewegung“ zuordnen und sind eng verbunden mit demokratischen Prinzipien und Menschenrechten. Als omnipräsente Konfrontation mit der Geschichte Nazideutschlands bilden sie einen wichtigen Teil zur Erinnerung an den Holocaust.

Im weiteren Verlauf ging Frau Warda auf die Geschichte der Stolpersteine ein. Der erste Stein wurde 1995 in Köln gelegt. Jeder Stein wird vom Künstler selber gelegt. Dies soll einen symbolischen Gegensatz zu der von den Nazis praktizierten Massenvernichtung bilden. Pro Monat legt Demnig damit etwa 400 Steine. Inspiriert von Joseph Beuys, war – und ist es noch heute – das vorrangige Ziel Demnigs, die Menschen dazu zu bewegen, einen Moment innezuhalten und über die Vergangenheit nachzudenken. Man stolpere gewissermaßen mit seinem Kopf und seinem Herzen.

Abschließend zeigte Frau Warda einige Schwierigkeiten und Kritikpunkte auf, die mit den Stolpersteinen einhergehen. Es bestehe eine Gefahr der Stigmatisierung der Opfer und ihrer Häuser. Man könne die derzeitigen Bewohner fälschlicherweise als Täter empfinden. Durch die Vielzahl an Denk- und Mahnmälern in Deutschland, könne eine weiteres Projekt schnell seinen symbolischen Wert verlieren und in der Masse „untergehen“. Die Kritik bündele sich insbesondere im rechten Parteienspektrum. Die Alternative für Deutschland (AfD) wirft den Initiatoren beispielsweise vor, dass sie aus dem Projekt Profit schlagen würden.

Frau Warda übergab das Wort an Dr. Thomas. Nach einer kurzen Vorstellung ihres Tätigkeitsbereiches erläuterte sie Demnigs künftige Vorhaben. In Moldau, Lettland und Finnland habe er vor, in diesem Jahr die ersten Stolpersteine zu legen. Schweden soll im Jahr darauf folgen. Zwei Länder, die dem Projekt eher zurückhaltend gegenüberstehen, nannte Dr. Thomas in diesem Zusammenhang – Polen und Frankreich. In beiden Ländern gibt es bisher nur wenige Stolpersteine und keine in den jeweiligen Hauptstädten. Offenkundig stehe man dort dem Gedenken kritischer gegenüber als andernorts.

Als audiovisuelle Untermalung zeigte Dr. Thomas ein Video über die Produktion der Stolpersteine. Demnig selber verbringt den Großteil seiner Zeit damit, Stolpersteine in Deutschland und Europa zu legen. 300 Tage im Jahr ist er dafür unterwegs. Die Produktion hat daher Michael Friedrichs-Friedländer übernommen – pro Monat fertigt er zwischen 400 und 500 Steine an.

Der Vortrag endete mit einer offenen Fragerunde aus dem Publikum. Besprochen wurde noch einmal die Kritik aus dem rechten Parteienspektrum sowie die Statistik, wieviele Leute wirklich anhalten und sich die Stolerpsteine anschauen. Frau Warda führte eine Studie an, die ergab, dass von zehn Menschen einer innehalte um zu lesen und das Gebäude zu betrachten. Auch das Thema „gestohlene Stolpersteine“ wurde angesprochen. Dr. Thomas erzählte von einem Vorfall, in dessen Folge eine derart große Menge an Spenden zusammenkam, dass die Finanzierung der Stolpersteine für die nächsten zehn Jahre gesichert sei.

Author: Charlotte Göbel

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10. April 2018
Kas Israel
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