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Veranstaltungsberichte

Deutschland und Israel: Neue Synergien für langjährige Partner

von Anna Jandrey

Dialogprogramm mit CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber

Vom 21.bis 24. Februar kam CDU Generalsekretär Dr. Peter Tauber (MdB) mit einer Gruppe von Bundes- und Landtagsabgeordneten nach Israel. Im Vordergrund des Dialogprogramms stand vor allem die Frage, in welchen Bereichen die deutsch-israelischen Beziehungen noch weiter intensiviert werden können. Welchen Herausforderungen beide Länder gegenwärtig gegenüberstehen wurde u.a. mit dem Sprecher der Knesset, Yuli Yoel Edelstein und dem Vorsitzenden der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, Nachman Shai, diskutiert.

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Das Dialogprogramm begann mit einem ausführlichen Briefing zur aktuellen politischen Lage in Israel durch den Leiter des KAS-Auslandsbüros, Dr. Michael Borchard. Neben der weiterhin sehr stabilen und freundschaftlichen Beziehung zwischen Deutschland und Israel, seien es vor allem die gleichen Interessen und Werte der beiden Länder, die – neben der immer bleibenden historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber dem jüdischen Staat – das Verhältnis prägen. Vor allem durch den direkten Dialog und Austausch der Zivilgesellschaften könne dafür gesorgt werden, dass die Beziehungen auch in den kommenden Jahren eng und vertrauensvoll bleiben. Eine freundschaftliche Beziehung beider Länder bedeute aber vor allem auch eines: Dass man Kritik an dem jeweils anderen zulässt. Besonders interessiert zeigte sich die Gruppe an der Entwicklung der israelisch-amerikanischen Beziehungen unter dem neuen US-Präsidenten Trump. Die Frage, welche Auswirkungen ein Umzug der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem haben würde, wurde intensiv diskutiert. Dr. Borchard verwies auf die starke symbolische Kraft eines solchen Schrittes und warnte vor einer neuen Eskalation der Gewalt. Auch über die innenpolitischen Herausforderungen Israels wurde ausgiebig diskutiert. Dabei wurde klar zur Sprache gebracht, dass man sich in Deutschland vor dem Rechtsruck der gegenwärtigen israelischen Regierungskoalition Sorge mache. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund des stagnierenden Friedensprozess besorgniserregend.

Nach einem ersten politischen Austausch standen Termine in der Knesset mit israelischen Abgeordneten an. So trafen die Delegationsteilnehmer MK Nachman Shai (Awoda), den Vorsitzenden der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe. Dieser äußerte seine Sorge, dass die Grundwerte des israelischen Staates - Sicherheit, Zionismus und Demokratie - in Gefahr seien. Was den Friedensprozess angeht, sei es als Opposition derzeit besonders schwer, wirkungsvolle Akzente zu setzen, so Shai. „Die einzige Partei, die den Frieden bringen kann, ist der Likud“, führte er weiter aus. Der Likud sei nun mal die Partei, die aufgrund ihres politischen Einflusses, den entscheidenden Schritt hin zu einem neuen Friedensprozess initiieren könne. Shai, der vor wenigen Wochen durch den deutschen Botschafter von Goetze in Tel Aviv das Große Verdienstkreuz verliehen bekommen hatte, ging während des Gesprächs auch auf die Bedeutung Deutschlands für Israel ein: Deutschland sei nach den Vereinigten Staaten ohne Zweifel der wichtigste Partner für Israel. Ein weiteres Gespräch in der Knesset wurde mit dem Knesset-Sprecher MK Yuli Edelstein (Likud) geführt. Gefragt nach Israels Perspektive auf das Erstarken populistischer Parteien in Europa bekundete er, Israel wolle weder Radikale von links noch von rechts als Verbündete haben. In gleichem Atemzug bekräftige er Shais Aussage, dass Deutschland für Israel als Freund und Partner unverzichtbar sei.

Nach dem Besuch in der Knesset nahm die Delegation an einer Führung durch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil. Besonders bewegend war im Anschluss die Kranzniederlegung in der Remembrance Hall des Museums. Der emotionale Programmpunkt rief erneut die Verantwortung hervor, die Deutschland gegenüber dem jüdischen Staat trägt. Gerade vor dem Hintergrund, dass es bald keine Zeitzeugen der Shoa mehr geben wird, wird es wichtiger denn je sein, die Erinnerungskultur wach zu halten.

Gemeinsam mit dem Leiter des KAS-Auslandsbüros für die Palästinensischen Gebiete, Marc Frings, gab Dr. Borchard eine politische und historische Führung durch die Jerusalemer Altstadt. Dabei wurde über die Herausforderungen einer Stadt, die Heimstätte für alle drei monotheistischen Weltreligionen ist, lebhaft diskutiert.

Der erste intensive Tag schloss am Abend mit einem Gespräch mit dem deutschen Gesandten aus Ramallah, Peter Beerwerth, sowie Vertretern der christlichen Gemeinden in Jerusalem. Mit Beerwerth wurde insbesondere über die Zukunft der Zwei-Staaten-Lösung und die Frage, welche Rolle Deutschland hier übernehmen könne, gesprochen. Pater Nikodemus Schnabel, Prior-Administrator der Dormitio-Abtei in Jerusalem, und Probst Wolfgang Schmidt, erster Pfarrer an der Erlöserkirche und Repräsentant der EKD im Heiligen Land schilderten ihre Eindrücke und Einschätzungen zur aktuellen politischen Entwicklungen. Pater Nikodemus legte dar, dass es für ihn nicht den Prototyp des Palästinensers und den des Israelis gebe. Die Realität sei viel komplexer. Auch wurde in diesem Rahmen über Anschläge auf heilige christliche Stätten gesprochen. Pater Nikodemus ging dabei auch auf den Zusammenhalt und die Solidaritätsbekundungen, die er immer wieder von Vertretern aller Religionen im Heiligen Land erfahre, ein.

Am folgenden Tag stand die „Start-Up Nation Israel“ im Mittelpunkt des Programms. Nach einem Vortrag von Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der deutsch-israelischen Handelskammer, über die Faktoren, die Israel im Innovationsbereich und Technologiesektor so erfolgreich machen, traf die Delegation Karin Meyer Rubinstein, CEO von Israel Advanced Technology Industries. Sie ging vertieft auf mögliche deutsch-israelische Kooperationen ein und analysierte, inwieweit Deutschland von Israel lernen könne. Im Taglit-Birthright Israel State of Mind Innovation Center konnte sich die Gruppe nach einem kurzen Einführungsvortrag durch den Unternehmer und Start-Up-Blogger Kevin Baxpehler mit den innovativsten israelischen Start-Up - Ideen vertraut machen.

Der Besuch der Shar Ha-Negev Schule im Grenzgebiet zum Gazastreifen offenbarte den Mitgliedern der Delegation, wie das Leben von Schülern aussieht, zu deren Alltag Raketenangriffe und Sirenenalarm gehören. Die Erzählungen 13-jähriger Schüler über ihre persönliches Erfahrungen und Einschränkungen durch den Konflikt berührte die Gruppe sehr. Die Schüler erzählten außerdem von ihren Erlebnissen im Zuge eines Schüleraustausches in Deutschland und zeigten sich begeistert von der Offenheit der Deutschen und freuten sich über die geschlossenen Freundschaften. Die Wichtigkeit eines direkten Austausches und persönlichen Begegnungen der jungen Generation, damit die deutsch-israelischen Beziehungen auch künftig eng und vertrauensvoll bleiben, wurde durch die Schilderungen der Schüler eindrucksvoll bestätigt.

Anschließend fuhr die Delegation zum deutschen Botschafter Dr. Clemens von Goetze, der an den Einführungsvortrag von Dr. Borchard anknüpfte und über aktuelle politische Entwicklungen in Israel informierte. Im Fokus des Gesprächs stand die Zwei-Staaten-Lösung an der Deutschland laut dem Botschafter auch in Zukunft festhalten werde. Auch fand das Verhältnis Israels zu den USA und Großbritannien Einzug in das Gespräch. Zum Abschluss des Delegationsbesuchs führte die Delegation ein Gespräch mit Marc Frings über die Arbeit der KAS in Ramallah. Dabei ging der Leiter des Auslandsbüros sowohl auf die Rolle Deutschlands als auch der internationalen Gemeinschaft für die Palästinenser ein und gab einen detaillierten und informativen Überblick über die politische, soziale und wirtschaftliche Situation in der Westbank, Ost-Jerusalem und im Gazastreifen.

Durch die vielen Begegnungen wurde klar, dass Simplifizierungen, Oberflächlichkeit und Schwarz-Weiß-Denken die größten Hindernisse für einen Weg zum Frieden sind. Eine differenzierte Wahrnehmung der politischen Lage ist unerlässlich. Auch ist den Mitgliedern der Delegation deutlich vor Augen geführt worden, dass Angela Merkels Aussage von 2008 - das Existenzrecht Israels sei Teil der deutschen Staatsräson – für Israel bis heute von enormer Bedeutung ist. Mit dieser Vielzahl von Eindrücken und Erfahrungen konnte die Delegation um Generalsekretär Dr. Peter Tauber auf ereignisreiche Tage im Heiligen Land zurückblicken.

Co-Autorin: Teresita von Boch

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Kontakt

Dr. Joachim Rother

Dr

Trainee in Israel

joachim.rother@kas.de +972 2 567 18 30 +972 2 567 18 31

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