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Veranstaltungsberichte

Geopolitik und Energie im Nahen Osten und dem östlichem Mittelmeerraum

Am 10. und 11. Februar veranstaltete die KAS Israel zusammen mit der KAS Türkei und dem Harry S. Truman Research Institute an der Hebrew Universität einen Expertenworkshop zum Thema “Geopolitics and Energy in the Middle East and Eastern Mediterranean: Current Dynamics and Future Projects”. Der Austausch in diesem Format fand zum fünften Mal, im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur regionalen Energiepolitik, die seit 2013 jährlich – jeweils abwechselnd in der Türkei und in Israel – organisiert wird, statt.

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AUTOR: Isabel Weininger

Ziel der Reihe ist es, die Herausforderungen und Chancen der aktuellen Entwicklungen in der Region zu beleuchten und dabei insbesondere auf das Potential eines engeren Dialogs zwischen Israel und der Türkei einzugehen. Relevante Themen bei dieser Veranstaltung waren neben der sicherheitspolitischen Lage, die Gasvorkommen in der östlichen Mittelmeeregion, der Iran Deal sowie die strategische Allianz zwischen Israel, Griechenland und Zypern. Insbesondere wurden jeweils die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf den regionalen sowie globalen Energiemarkt untersucht, sowie die geopolitischen Interessen von Saudi Arabien, China, der Europäischen Union und Russland.

Das Besondere an diesem Format ist neben der Internationalität der Teilnehmer und dem regionalen Dialog, deren Interdisziplinarität. Die Experten stammen aus verschiedenen Disziplinen und sind sowohl im akademischen, wirtschaftlichen, als auch im regierungspolitischem Bereich tätig. Dadurch werden verschiedene Prämissen, Sichtweisen und Akzente gesetzt und trotzdem die gemeinsamen Herausforderungen und daher die Notwendigkeit verstärkter Kooperation ins Gedächtnis gerufen.

Eröffnet wurde die Konferenz durch die drei Veranstalter. Der Leiter des Auslandsbüros der KAS Türkei, Dr. Collin Dürkop betonte in seiner Begrüßung die gute Zusammenarbeit und den Erfolg der Veranstaltungsreihe und lobte die Vielseitigkeit der Themen, welche alle miteinander verbunden und voneinander abhängig seien.

Auf die Begrüßung von Dr. Collin Dürkop folgte eine thematische Einführung durch Dr. Menahem Blondheim, der akademische Leiter des Truman Institute for the Advancement of Peace. Er ging auf die aktuellen Äußerungen Netanyahus ein, inmitten von einem „Dschungel des Chaos“ im Nahen Osten eine „Villa des Friedens“ durch regionale Partnerschafen aufbauen zu wollen. Das Projekt dieses Dialogs, so Blondheim, sei die Verfestigung der gemeinsamen Interessen und freundschaftlichen Beziehungen auf der Ebene der Energiepolitik, um daraus grundsätzlich einen zivilisierteren und friedlichen Umgang miteinander zu schaffen und um letztendlich die ganze Region zu stabilisieren. Blondheim gab zu, dass Truman Institute seit seinem 50 jährigen Bestehen noch keinen nachhaltigen Frieden in der Region schaffen konnte.

Dr. Michael Borchard, Leiter des Auslandsbüros der KAS Israel schloss die Begrüßungsrunde ab und stellte fest, dass Energie- und Umweltpolitik die politische Kooperation festigt, jedoch keinen Ersatz für Friedensverhandlungen darstelle. Die Türkei nannte er die Schlüsselfigur in der Region, ob in Fragen der Wirtschafts-, Energiepolitik oder bezüglich der Bekämpfung des Terrorismus.

Panel 1: Geopolitics and Energy: The Eastern Mediterranean

Im ersten Panel wurden die Grundlagen und Hintergründe in der östlichen Mittelmeer-region diskutiert. Der türkische Wissenschaftler Osman Bahadir Dinçer (International Strategic Research Organisation, USAK in Ankarra) begann mit einer Einführung zum Syrienkonflikt und der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Darauf folgte eine jordanische Perspektive auf die Entwicklungen des regionalen Energiemarkts durch den CEO einer Energiefirma, der insbesondere auf die Herausforderungen Jordaniens als eines der wenigen Länder ohne Rohstoffvorkommen in der Region einging. Ein weiterer türkischer Teilnehmer (ebenso USAK Forschungsinstitut), Hasan Selim Özertem erklärte die veränderte Beziehung zwischen Russland und der Türkei seit der russischen Intervention in Syrien. Dr. Micha’el Tanchum, Wissenschaftler am Truman Institut stellte Israels regionale Position bezüglich Energiepolitik und neuen strategischen Allianzen in dem östlichen Mittelmeer vor. Insbesondere ging er auf das neue Abkommen zwischen Israel, Griechenland und Zypern ein, dem er eine positive Wirkung auf die geopolitische Situation beimaß. Eine sehr interessante Sichtweise eröffnete Dr. Tatiana Romanova (St. Petersburg State Universität) zum Ende des ersten Panels mit ihrem Vortrag über Russlands Energiepolitik bis 2030, welche große Auswirkungen auf die Europäische Union, die östliche Mittelmeerregion und Asien haben werde.

Panel 2: The Cyprus Problem and Future Prospects

Anschließend gin es mit der Frage weiter, inwieweit der Konflikt um Zypern für die Energiepolitik der Region eine Rolle spielt. Dr. Harry Tzimitras, (Director Peace Research Institute Oslo, Prio Cyprus Centre) stellte die Konfliktlinien in Zypern vor und stellte fest, dass die Situation sehr fragil sei. Der Annahme, dass es sich um einen „eingefrorenen Konflikt“/„frozen conflict“ handele widersprach er. Die Spannungen seien weder eingefroren, noch existiere ein wirklicher Konflikt. Der türkische Juniorprofessor, Dr. Uğur Güngör (Başkent University) trug mit der türkischen Position zu der Zypernfrage bei und stellte die große Bedeutung der Normalisierung der türkisch-zyprischen Beziehungen für eine nachhaltige Energiepartnerschaft hervor. Die Türkei würde außerdem eine Lösung des Konflikts vehement fordern. Charles Ellinas (CEO von E-C Cyprus Natural Hydrocarbons Company Ltd) teilte seine Theorie zu den schnelllebigen Entwicklungen der östlichen Mittelmeerregion und kurzfristigen Interessen der Akteure. Er sprach sich außerdem für die rasche Investition in eine „East Med Gas Hub“ aus, da diese in 15 Jahren der Haupttrasportweg für Erdgas sein werde und der Region damit einen großen Standortvorteil verleihen könnte.

Panel 3: Israeli Energy Market and Israeli Strategic Interests in the Middle East

Die detaillierte Betrachtung des israelischen Energiemarktes und dessen strategische Interessen in der Region wurden im dritten Panel von verschiedenen Experten diskutiert. Der Chefvolkswirt des israelischen Finanzministeriums und Strategischer Direktor der Bohrfirma Dellek Drilling sprach über die leichte Zugänglichkeit und wirtschaftliche Rentabilität der neuen Gasfelder mit potentiellen Exporten in die Türkei, nach Zypern oder in die Europäische Union. Der Sonderbeauftragte des israelischen Außenministeriums, Ron Adam stellte daraufhin die Pläne der israelischen Regierung vor, bis 2030 57 Prozent seiner Elektrizität aus Erdgas zu gewinnen, sowie 15 Prozent aus Erneuerbaren Energien. Dabei prognostizierte er jedoch, dass Israel bis 2030 lediglich nur 10 Prozent seines gesamten Energiebedarfs durch Erneuerbare Energien decken könne. Dr. Alon Liel (ehemaliger DG im israelischen Außenministerium, Privatdozent am HIC, Herzliya Interdisciplinary Center der Universität Tel Aviv) sprach über die möglichen Entwicklungen der Energiepolitik Israels und nahm Stellung zu den verschiedenen Konfliktlinien. Er betonte, dass vor allem die Politik über künftige Investitionen und Partnerländer im Energiebereich entscheiden würde und nicht technische oder wirtschaftliche Faktoren. In seiner Schlussfolgerung bewertete er eine Kooperation mit Ägypten und Jordanien am wichtigsten, diese Länder seien für Israel von „größter Bedeutung“, obwohl es wirtschaftliche sowie sicherheitspolitische Bedenken gäbe. Ferner seien Zypern und Griechenland politisch attraktiv, da die EU ein starker und stabiler Partner sei. Aus israelischer Perspektive nannte er die Türkei für eine Zusammenarbeit ökonomisch attraktiv aber politisch wenig wahrscheinlich. Dr. Ehud Eiran (Ass. Professor, University of Haifa) setzte die Diskussion der vorherigen Präsentationen in einen strategischen Kontext. Er veranschaulichte, dass die Energiediskussion in eine Zeit von strategischer Verwirrung fiele, mit verschiedenen Bildern und Wahrnehmungen der regionalen Situation und verschiedenen Allianzen. Diese Diskussion wurde beim Abendessen in der Innenstadt von Jerusalem weitergeführt.

Panel 4: Geopolitics and Energy in the New Middle East Strategic Architecture after the Iran Deal

Am zweiten Tag und im vierten Panel ging es zuerst um die Implikationen des Iran Deals. Zu Beginn des Donnerstagmorgens sprach der deutsche Wissenschaftler Dr. Frank Umbach und betonte, dass seiner Ansicht nach die Besetzung der Ostukraine durch Russland kein Zufall war und die geopolitischen und energiestrategischen Faktoren oft unterminiert würden. Es folgten zwei türkische Wissenschaftler: Prof. Dr. Ahmet Han (Kadir-Has University, Türkei) ging auf die Neuordnung des internationalen Systems und dessen Auswirkungen auf die türkische Außenpolitik ein; Mehmet Yegin (USAK, Türkei) erörterte den Versuch des Gegensteuerns durch Saudi Arabien in Reaktion auf die Entwicklungen im Iran. Es folgte ein innovativer Beitrag eines jordanischen Teilnehmers, der die Zukunft von Clean Energy Technologien und dessen möglichen positiven Beitrag zur Bewältigung der Probleme im Mittleren und Nahen Osten vortrug. Oberst a.D., Dr. Eran Lerman stellte den Gesamtkontext zwischen den vorhergehenden Referenten her, indem er auf die historischen Grundlagen der Region durch das Osmanische Reich und britische Besatzung einging. Er stellte diese willkürliche Grenzziehung in Frage und betonte die Gemeinsamkeiten aller Länder der Region, wie etwa die Gefahr des sich ausbreitenden islamistischen Extremismus, der sich heutzutage bis nach Europa auswirke. Daher sollten die Länder sich auf ihre Gemeinsamkeiten besinnen und Energiepolitik als ein wirksames Mittel anerkennen, um die Region zusammenzubringen.

Panel 5: The Way Forward? Conclusions, Take-Aways, New Questions to be Asked

Das letzte Panel diente der Reflektion der vorangegangen Diskussionen. Es wurde beschlossen, die Veranstaltungsreihe weiter fortzuführen und eine nächste Konferenz zu Kooperationsmodellen im Solarenergiebereich zu veranstalten. Insbesondere der vernetzte Ansatz, also die gleichzeitige Inklusion der außen- und sicherheitspolitischen, energie- und entwicklungspolitischen sowie wirtschaftlichen Perspektive machte eine allumfassende Diskussion über die Herausforderungen der östlichen Mittelmeerregion möglich. Dieser übergreifende Ansatz ist gerade für die betroffenen Staaten im Nahen Osten von großer Bedeutung. Indem man auch Vertreter aus Europa und Russland an den Tisch brachte, konnten auch die Wechselwirkungen mit Staaten außerhalb des Nahen Ostens beleuchtet werden.

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