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Länderberichte

PAN mit neuem Vorsitzenden

von Frank Priess

César Nava an die Spitze gewählt

Mit 290 Stimmen für ihn, 39 dagegen und 19 Enthaltungen ist César Nava Vázquez an die Spitze von Partido Accion Nacional (PAN) gewählt worden. Er ist damit Nachfolger von Germán Martínez, der nach der katastrophalen Wahlniederlage seiner Partei bei den Zwischenwahlen am 5. Juli die Verantwortung übernommen hatte und nach nur zwanzig Monaten zurückgetreten war. Der Wahl gingen heftige innerparteiliche Debatten voraus, die die Partei im siebzigsten Jahr ihres Bestehens nachhaltig erschüttern.

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Allerdings kommt Nava nur für eine „halbe Amtszeit“ von eineinhalb Jahren ins Amt (normalerweise wird ein Parteichef auf drei Jahre gewählt), ein „interinato“ also bis Dezember 2010. Der Gesamtsvorstand der Partei, das vierzigköpfige CEN, hatte es im Vorfeld des Parteitages mit großer Mehrheit abgelehnt, den Weg zu einer kompletten Neuwahl durch Rücktritt freizumachen. Dies, so die meisten Mitglieder, würde nur zu einer Destabilisierung der Partei führen. Zuvor war in derselben Sitzung der Versuch gescheitert, German Martínez noch von seinem Schritt abzuhalten, den dieser allerdings als „unumkehrbar“ bezeichnete.

Hinter verschlossenen Türen

348 Mitglieder (von 371) des Nationalrates der PAN hatten sich am Samstag dem 8. August im Parteihauptquartier eingefunden, um die Wahlentscheidung für den neuen Mann an der Spitze zu treffen, unter ihnen Präsident Felipe Calderón. Knapp sechs Stunden dauerte die Veranstaltung hinter verschlossenen Türen, die mit einer Generalaussprache begann.

Der Nationalrat der Partei hat noch die gleiche Zusammensetzung wie 2007, die im gleichen Jahr Germán Martínez auf den Schild hob. Auch er war seinerzeit einziger Kandidat – ein Bruch mit der Parteitradition der PAN, die zuvor fast immer nach intensivem parteiinternen Wahlkampf entscheiden konnte. Rund 97 Prozent der Stimmen waren damals das Ergebnis für Martinez in einem Gremium, das zahlreiche Mitglieder des Regierungsapparats in seinen Reihen hat und damit als anfällig für Direktiven von oben gilt.

Heftige Kontroversen

Dem Wahlgang waren heftige innerparteiliche Auseinandersetzungen in den zurückliegenden Wochen vorausgegangen. Bekannte Repräsentanten unterschiedlicher Parteiflügel- unter ihnen der ehemalige Parteivorsitzende Manuel Espino, der ehemalige Fraktionsvorsitzende im Senat, Santiago Creel und die Abgeordneten Javier Corral und Gerardo Priego - hatten kritisiert, dass die Hintergrundregie seitens des Präsidenten eine demokratische Entscheidung unmöglich mache und die Wahl César Navas einer „Simulation“ innerparteilicher Demokratie gleiche. Auch hatten sie gefordert, dass einer Neuwahl des Parteivorsitzenden mindestens eine umfangreiche Analyse der Wahlniederlage vorausgehen müsse.

Nach und nach hatten sich dann mögliche Kandidaten selbst aus dem Rennen genommen. Kurzfristig war etwa der frühere PAN-Gouverneur von Baja California, Ernesto Ruffo, als Kandidat im Gespräch gewesen. Dieser allerdings hatte eine Kandidatur von allgemeiner Zustimmung vorab abhängig gemacht, die nicht zustande kam. Immerhin hatte sich Ex-Präsident Vicente Fox für ihn ausgesprochen. Auch der scheidende Fraktionsvorsitzende der PAN im Abgeordnetenhaus, Hector Larios, hatte zuvor auf eine Kandidatur verzichtet und gesagt: „Dies ist keine reale Wahl, dies ist keine Wahl unter gleichen Bedingungen.“

Calderón selbst hatte im Vorfeld gleichwohl immer wieder den Vorwurf als ungerecht gegenüber César Nava bezeichnet, nur durch „imposición“ des Präsidenten ins Amt zu gelangen. Er habe das Innenleben der Partei immer respektiert.

Nava einziger Kandidat

So war César Nava schließlich als einziger Kandidat übriggeblieben und von PAN-Urgestein Maria Elena Alvarez dem Parteitag präsentiert worden. Schon 2007 wäre er gern anstelle von Martinez ins Rennen gegangen, die interne Regie des Calderón-Lagers aber lief anders ab. Nun allerdings ist Nava am Ziel.

Der erst 35jährige Nava - geboren am 16. Juli 1974 im Bundesstaat Michoacan, ebenso wie Calderón und Martinez übrigens – setzt die Tradition junger Parteivorsitzender fort. Der studierte Jurist – er lernte an der dem Opus Dei zuzurechnenden Universität Panamericana - krönt damit vorläufig einen politischen Werdegang, der 1995 mit der Wahl an die Spitze der Jugendorganisation der Partei begann und ihn immer an der Seite Felipe Calderóns hielt. Sein konservatives Profil machte ihn diesmal auch für katholische Traditionalisten aus den Stammlanden der PAN in Guanajuato und Jalisco wählbar, was deren Gouverneure deutlich artikulierten.

In der gleichen Legislaturperiode, in der Calderón seiner Partei als Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus diente, war auch Nava Abgeordneter. Anschließend folgte er Calderón ins Energieministerium, wo er als juristischer Berater fungierte. 2005 wurde er, schon im Wahlkampfteam Calderóns für die Präsidentschaftswahlen, stellvertretender Generalsekretär der Partei und Sprecher der Wahlkampagne, später persönlicher Sekretär Calderóns. Diese Funktion füllte er auch im Präsidialamt von 2006 bis kurz vor den jetzigen Zwischenwahlen aus, bei denen er im Hauptstadtdistrikt Benito Juarez ein Direktmandat errang. Beobachter hatten Nava zu diesem Zeitpunkt Chancen auf den Fraktionsvorsitz ausgerechnet. Seine Hauptaufgabe dürfte es erst einmal sein, das verbreite Misstrauen in Teilen der Partei zu überwinden und seinem Aufruf zur Einheit Taten folgen zu lassen.

Das Erbe von German Martínez

German Martínez hatte seinen vorzeitigen Abschied vom Amt – bisher einmalig in der Geschichte der PAN-Vorsitzenden - direkt nach der Wahl und einem Gespräch mit Präsident Felipe Calderón bekanntgegeben, ohne vorher die Parteigremien zu konsultieren. Auch sie erfuhren den allerdings erwarteten Schritt aus den Medien. „Ich übernehme die volle Verantwortung für die Wahlresultate“, sagte Martínez. Leider sei es nicht möglich gewesen, die hohe Popularität des Präsidenten in Vertrauen für die Kandidaten der PAN umzumünzen. In seiner Abschiedsrede auf dem Parteitag erneuerte er diese Einschätzung – den Tränen nahe.

Eine Serie der Niederlagen, insbesondere bei Regionalwahlen, begleitet die PAN seit dem Amtsantritt von Felipe Calderón. Martinez selbst hatte 2007 seine Kandidatur für den Parteivorsitz nicht zuletzt mit der Notwendigkeit begründet, auf der Basis einer „profunden Selbstkritik“ ein erfolgreiches Abschneiden seiner Partei bei Wahlen wiederzubeleben.

Nun hinterlässt er seinem Nachfolger eine Partei, die sicher erst von einem der schwersten Rückschläge in ihrer Geschichte erholen muss. Von der mit Abstand größten Fraktion im Parlament fiel sie abgeschlagen auf einen zweiten Platz zurück und sieht sich nun einer PRI gegenüber, die gemeinsam mit ihrem Bündnispartner PVEM über eine absolute Mehrheit und damit zentralen Einfluss auf die Aufstellung des Staatshaushaltes in den kommenden drei Jahren verfügt, ein exklusives Recht des Parlaments. Da die PAN es nun auf weniger als ein Drittel der Mandate bringt, kann sie allein auch nicht die Überstimmung eines möglichen präsidentiellen Vetos verhindern. Auch könnte der aggressive PAN-Wahlkampf nun Spuren in der Bereitschaft der PRI hinterlassen, künftig zu pragmatischen Lösungen beizutragen.

Ferner hat sich die Partei mit einem beträchtlichen Schuldenberg und stark reduzierter öffentlicher Finanzierung auseinanderzusetzen. All dies dürfte die Kampagnenfähigkeit in der Zukunft nachhaltig beeinträchtigen. Schon 2010 stehen zehn Gouverneurswahlen im Kalender, in Chihuahua, Sinaloa, Durango, Tamaulipas, Puebla, Oaxaca, Veracruz, Tlaxcala Aguascalientes und Zacatecas. Ein wirkliches Heimspiel für die PAN ist nicht darunter.

Sorgen um die innere Einheit

Martinez war es nicht Weise gelungen, unterschiedliche Parteiflügel und Exponenten einzubinden. Speziell die Entscheidung, in einem nie gekannten Ausmaß Kandidaten für Abgeordnetenmandate und Gouverneursposten vom nationalen Parteivorstand aus zu bestimmen, brachte Konflikt in die Reihen der PAN. Dies hatte in vielen Teilen des Landes gerade die aktiven PANistas nachhaltig demotiviert und zu Spaltungen geführt – sie dauern auf regionaler Ebene mit regelrechten Rebellionen gegen die örtlichen Führungen an. Auch sein frontaler Angriff auf die PRI – in für Mexiko ungewöhnlich scharfen Ton hatte er immer wieder deren Korruption und Verstrickungen ins organisierte Verbrechen angeprangert – kam nicht bei allen in den eigenen Reihen gut an. Zur Strategie, die Sicherheitspolitik und die Popularität von Präsident Calderón ins Zentrum der Kampagne zu stellen, dürfte es allerdings kaum eine wirkungsvolle Alternative gegeben haben.

Nachfolger César Nava hat nun erst einmal eine Kommission einberufen, die in den kommenden Wochen die Ursachen der Wahlniederlage analysieren soll. Einstweilen hat das Generalsekretariat der Parteieinen Fragebogen mit 28 Fragen in Umlauf gebracht, der an wichtige Funktionäre und Kandidaten verschickt wurde. Dabei hatten der Einfluss der Bundesregierung, die Amtsführung von German Martínez und der Medienwahlkampf der Partei im Vordergrund gestanden.

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Kontakt

Ing. Hans-Hartwig Blomeier

Hans Blomeier

Leiter des Auslandsbüros Mexiko

hans.blomeier@kas.de +52 55 55664599

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