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Veranstaltungsberichte

Mexikanische und kolumbianische Bürgermeister in Deutschland

Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung besuchte vom 23. Juni bis zum 3. Juli 2008 eine Gruppe von neun Bürgermeistern aus Mexiko und Kolumbien die Bundesrepublik Deutschland.

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Aus Mexiko namen folgende PAN-Bürgermeister teil:

  • Frau Verónica Orozco Gutiérrez, Jaral del Progreso /Guanajuato
  • Frau Elia Guadalupe Villegas Vargas, San Luis de la Paz/Guanajuato
  • Herr Cuauhtémoc Calderón Galván, Zacatecas/Zacatecas
  • Herr Manuel Ceja Ochoa, Villamar/Michoacán
  • Herr Carlos Solórzano Arcia, Ocosingo/Chiapas
  • Herr Miguel Ángel Yunes Márquez, Boca del Río/Veracruz

Weiterhin waren drei Bürgermeister aus der Konservativen Partei Kolumbiens vertreten:

  • Herr Carlos Augusto Giraldo, Jericó/Antioquia
  • Herr Daniel Alberto Gutiérrez Mesa, Olaya/Antioquia
  • Herr Marcos Daniel Piñeda García, Montería/Colombia

Ziel der Studienreise war es, den Teilnehmern vertiefte Einblicke ins System der Kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland zu ermöglichen. Während der Reise besuchten die Bürgermeister verschiedene Gemeinden in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg und Sachsen.

Am Anfang des Programms standen verschiedene theoretische Vorträge über das politische System der Bundesrepublik Deutschland, die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und die Grundlagen der Kommunalen Selbsterwaltung, die bei den späteren Besuchen der Gemeinden und verschiedener kommunaler Einrichtungen ein tieferes Verständnis ermöglichten.

Höhepunkte der Reise waren unter anderem ein Empfang beim Oberbürgermeister von Stuttgart, Herr Dr. Wolfgang Schuster, und ein Treffen mit dem Sächsischen Innenminister, Herr Dr. Albrecht Buttolo.

Als besonders wichtig wurde von der Gruppe das Thema der Steuerhoheit der Gemeinden bei der Gewerbesteuer, der Grundsteuer und anderen kleineren Steuern wie z.B. der Hundesteuer empfunden. Auch der den Gemeinden zustehende Anteil an der Einkommenssteuer ist bedeutend. Durch die Flexibilität der Gemeinden, bei der Gewerbesteuer den Hebesatz festzulegen, treten die Gemeinden untereinander in Wettbewerb und versuchen, Investitionen anzuziehen. Gleichzeitig sind sie natürlich besonders daran interessiert, den Mitarbeitern der ortsansässigen Firmen die besten Lebensumstände zu bieten und investieren in Infrastruktur und kulturelles Angebot. Dieser gesunde Wettbewerb unter den Gemeinden ist in Kolumbien und Mexiko viel geringer ausgeprägt. Die Gemeinden können nur in sehr geringem Umfang eigene Steuern erheben. In Mexiko z.B. werden fast alle Steuern vom Bund eingenommen und dann auf Bundesstaaten und Gemeinden umverteilt.

Bei dem Besuch aller Gemeinden wurde klar, wie viel wert in Deutschland auf Bürgernähe und eine gute Betreuung der Einwohner gelegt wird. Das Ambiente des Bürgerbüros der Stadt Lahr machte das besonders deutlich. Alle Mitarbeiter sind so ausgebildet, dass sie sich wirklich jedem Problem der Bürger direkt annehmen können. Auch Wartezeiten gibt es so gut wie keine mehr. In Mexiko und Kolumbien gibt es ähnliche Initiativen durch Einrichtung einer “ventanilla única”, also eines einzigen Schalters, an dem der Bürger alle seine Anliegen gegenüber der Stadtverwaltung behandeln kann. Allerdings wurde dieses Modell bis jetzt nur in einigen Gemeinden implementiert.

Ebenfalls beeindruckend war der Besuch der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, an der ein Grossteil der öffentlichen Bediensteten des Landes Baden-Württemberg ausgebildet wird. Eine professionelle und standatisierte Ausbildung der Beamten und öffentlichen Angestellten gibt es in dieser Form in Mexiko nicht und in Kolumbien nur in eingeschränkter Form. Durch diese Ausblidung kann ein gleichbleibend hohes Niveau des Tagesgeschäftes der Stadt- und Gemeindeverwaltungen auch bei einem Regierungswechsel garantiert werden. Ein Problem vieler lateinamerikanischen Länder ist es, dass bei einem Regierungswechsel immer auch ein grosser Teil der Verwaltungsangestellten ausgewechselt werden. Dieses Problem ist in Mexiko und Kolumbien bei sehr kurzen Legislaturperioden für Bürgermeister von drei bzw. vier Jahren und der fehlenden Möglichkeit einer direkten Wiederwahl besonders ernst, da so das Rad in sehr kurzen Zeitabständen immer wieder neu erfunden werden muss und Kontinuität kaum möglich ist.

Auch der Besuch der Kläranlage der Stadt Lahr gab Denkanstösse. Abwasserklärung ist in Lateinamerika immer noch ein heikles Thema. Viellerorts werden Abwässer ungeklärt oder unzureichend geklärt in Flüsse und Meere geleitet. Ausserdem sind grössere Infrastrukturprojekte aufgrund der kurzen Legislaturperiode und der Nicht-Wiederwahl kaum durchführbar. Besonders interessant stellt sich deshalb das Modell eines Zweckverbands mehrerer Gemeinden im Falle der Kläranlage dar, die unabhängig von der parteipolitischen Couleur der Regierungen die Kläranlage zusammen bauten und nun gemeinsam nutzen. Auch in Mexiko und Kolumbien existieren bereits solche Zweckverbände z.B. bei der Abfallentsorgung.

Bei dem Besuch eines öffentlichen Gymnasiums wurde eine Einführung in das deutsche Bildungssystem gegeben. Leider sind so gut ausgestattete öffentliche Schulen sowohl in Kolumbien als auch in Mexiko eher eine Seltenheit. Im Bereich der Bildung muss viel getan werden, um gerechtere Ausgangsbedingungen für alle Bürger zu ermöglichen.

In Berlin beschäftigte sich die Gruppe vor allem mit der Bundespolitik und der deutschen Geschichte und Kultur. Ausserdem stand ein Besuch der Zentrale der Konrad-Adenauer-Stiftung und ein Gespräch mit dem Teamleiter Lateinamerika, Herrn Hans-Hartwig Blomeier auf dem Programm.

Bei den Gesprächen in Dresden und Görlitz war Hauptthema die Entwicklung Sachsens und der jeweiligen Gemeinden seit der politischen Wende. Dieses Thema faszinierte, denn obwohl man sich in Deutschland oft über die Rückstände bei der Angleichung der Lebensbedingungen in den alten und neuen Bundesländern beklagt, erschien den lateinamerikanischen Gästen die Entwicklung der letzten 20 Jahre beeindruckend. Mexiko besispielsweise leidet unter sehr grossen regionalen Entwicklungsunterschieden und die Modelle des Finanzausgleiches und des Solidaritätszuschlages stiessen somit auf grosses Interesse.

In Görlitz war ebenfalls die Kriminalitätsbekämpfung und die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen deutscher und polnischer Polizei ein wichtiges Thema. Besonders bedeutend für Kolumbien und Mexiko ist in diesem Zusammenhang das Thema Drogenkriminalität.

Auf kommunaler Ebene ist die Nähe zum Bürger am Grössten und der Bezug unmittelbar. Reformen im kommunalen Bereich sind für den Bürger am sichtbarsten und am merklichsten spürbar. Bei der Stärkung der Demokratie spielen deshalb die Bürgermeister und ihre Regierungen eine besonders wichtige Rolle. Sie müssen die Nähe zum Bürger nützen, damit dieser das Vetrauen in die Politik zurückgewinnt. Korruption muss auf lokaler Ebene effektiv bekämpft werden. Nur so kann der um sich greifenden Politikverdrossenheit in Lateinamerika und in Deutschland Einhalt geboten werden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hofft, mit diesem Besuchsprogramm Reflektionen ausgelöst und Anregungen gegeben zu haben, die in der konkreten Arbeit Umsetzung finden können.

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