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'FLIEHEN ODER BLEIBEN? - Zwischen Flucht und 'Wir bleiben hier'

Forum anläßlich 20 Jahre Fall der Mauer

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Veranstaltungsbericht

"Menschliche Kreativität“ und Grundgesetz der Bundesrepublik ermöglichten Fluchten aus der DDR

Teilnehmer der Podiumsdiskussion der Konrad-Adenauer-Stiftung sprechen über persönliche Flucht- und Ausreise-Erfahrungen und mahnen, die SED-Vergangenheit weiter aufzuarbeiten.

In 25 Stunden schwamm der Rostocker Mediziner Dr. Peter Döbler im Sommer 1972 die 45 Kilometer lange Strecke von Kühlungsborn nach Fehmarn. Dank jahrelanger Vorbereitung nahm der Ausbruch Döblers aus dem SED-Staat, dem damit die längste erfolgreiche Flucht als Schwimmer gelang, ein glückliches Ende. Was der Mediziner geschafft habe, stehe exemplarisch für die große Kreativität der Fluchtwilligen in der DDR, sagte Professor Manfred Wilke bei der Diskussion „Fliehen oder bleiben - Zwischen Flucht und 'Wir bleiben hier'“ am Montag im Pommerschen Landesmuseum. Der Historiker, der den Forschungsverband SED-Staat an der Freien Universität Berlin leitete, nannte weitere Beispiele für spektakuläre Fluchten, etwa durch ein Mini-U-Boot, einen Heißluftballon oder die Entführung eines Schiffes durch Arbeiter.

Diese Fluchten spiegelten zwar die „menschliche Kreativität“ wieder, ständen aber nicht für die Mehrheit der DDR-Bürger. Die meisten seien aus praktischen Erwägungen geblieben, sagte Professor Alfred Gomolka, von 1990-92 erster Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern war und für sich selbst die Idee einer Flucht verworfen hatte. Heimatverbundenheit sei sicher der wichtigste Grund gewesen, nicht zu fliehen, aber viele hätten irgendwann zumindest die Möglichkeit einer Flucht in Erwägung gezogen: „Meistens war es dann einfach eine Risikoabwägung, zu bleiben. Flucht war zu gefährlich – auch für die Angehörigen.“

Auf dem Podium der Diskussionsveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung saß auch der Schriftsteller Dr. Karsten Dümmel, der 1988 von der Bundesrepublik freigekauft wurde. Er stellte in den 15 Jahren davor insgesamt 56 Ausreiseanträge – erfolglos. Mit knappen Worten schilderte er, wie sich die persönlichen Verhältnisse von Antrag zu Antrag verschärft hätten. Plötzlich habe er beruflich nur noch Nachtzüge reinigen dürfen, seine Frau sei von ihrem Arbeitsplatz als Ökonomin in zur Heizerin degradiert worden. Erst nach der Wende erfuhr er durch Einsicht in seine Stasi-Akten, dass der Staat auch für seine 5-Jährige Tochter einen „Zersetzungsplan“ geschmiedet hatte.

Einigkeit herrschte bei den Teilnehmern der Diskussion darüber, dass es vor allem durch das Staatsziel Wiedervereinigung und das Konzept der einheitlichen Staatsbürgerschaft im Grundgesetz der Bundesrepublik erreicht worden sei, dass sich den DDR-Bürgern eine Alternative eröffnet habe – auch wenn das in der DDR nur zum Teil bekannt war. Professor Wilke führte auch aus, warum diese Regelung im Grundgesetz die Abrechnung mit der „SED-Nomenklatura“ erschwert habe: „Das waren nach der Wiedervereinigung alles deutsche Staatsbürger und natürlich hatten sie auch entsprechend alle Rechte.“

Die Teilnehmer formulierten auch die Herausforderungen, die es 20 Jahre nach dem Mauerfall noch zu bewältigen gilt: Die Aufarbeitung der entscheidende Rolle der SED sei nicht ausreichend erfolgt, warnten Manfred Wilke und Alfred Gomolka. Sie kritisierten, dass es sich zu leicht mache, wer das DDR-Unrecht nur auf die Stasi zu reduziere. Dass besonders die nachfolgende Generation nicht ausreichend an die Vergangenheit der DDR herangeführt werde, könne fatale Fehlentwicklungen zur Folge haben, schloss Gomolka: „Es heißt es nicht, den Anfängen zu wehren, sondern Wiederholungen zu verhindern.“

EINLADUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 9. November jährt sich der Fall der Berliner Mauer zum 20. Mal.

Dieses Ereignis markierte auch das Ende von 40 Jahren Abschottung und Eingesperrtsein.

In den 28 Jahren zwischen Bau und Fall der Mauer haben Menschen immer wieder auf mitunter spektakulären Wegen –z. B. mit Heißluftballons oder schwimmend über die Ostsee - versucht, den eisernen Vorhang zu überwinden.

Zwischen 1949 und 1989 gelang es ca. 3 Mio. Menschen, durch eine Ausreise, Flucht oder Freikauf die DDR zu verlassen.

In dem Forum ‚Fliehen oder Bleiben? – Zwischen Flucht und ‚Wir bleiben hier’’ soll im Rahmen einer Podiumsdiskussion die Spannung zwischen diesen beiden Polen thematisiert werden. Dabei sind persönliche Lebenswege, -motive und –entscheidungen ebenso von Interesse wie Reaktionen der DDR-Regierung auf eine zunehmende Ausreisebewegung sowie die politische Bedeutung der Flucht- und Ausreisebewegung.

Wir laden Sie herzlich zur Teilnahme ein.

Herzliche Grüße,

S. Bremer

Programm

Begrüßung

Dr. Silke Bremer

Konrad-Adenauer-Stiftung M-V

Grußwort

Prof. Dr. Wolfgang Joecks

2. Vizepräsident der Bürgerschaft Greifswald

'FLIEHEN ODER BLEIBEN? -

ZWISCHEN FLUCHT /AUSREISE UND 'WIR BLEIBEN HIER'

Dr. Peter Döbler, Hamburg

Mediziner, Flucht als Schwimmer (Kühlungsborn – Fehmarn) über die Ostsee

Dr. Karsten Dümmel, Lüneburg

Bildungswerksleiter, Schriftsteller, zahlreiche Ausreiseanträge, Freikauf in die Bundesrepublik

Prof. Dr. Alfred Gomolka, Loitz

Professor für Raumordnung und Landeskunde, Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern a.D. 1990-1992, MdEP a. D.

Prof. Dr. Manfred Wilke, Berlin

ehemaliger Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der FU- Berlin

Moderation:

Gerd Schneider

Schwerin / Direktor NDR Mecklenburg-Vorpommern a.D.

Herzliche Einladung zu einem Imbiss im Anschluß an die Veranstaltung!

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Tagungsleitung:

Dr. Silke Bremer

Konrad-Adenanauer-Stiftung M-V

Tagungsbedingungen:

Bitte melden Sie sich schriftlich (Post, FAX, email) im Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung M-V, Arsenalstr. 10, 19053 Schwerin, FAX 0385 555 705-9,

kas-schwerin@kas.de an.

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Veranstaltungsort

Pommersches Landesmuseum, Rakower Str. 9, 17489 Greifswald

Kontakt

Dr. Silke Bremer

Silke Bremer

Landesbeauftragte und Leiterin Politisches Bildungsforum Mecklenburg-Vorpommern

Silke.Bremer@kas.de +49 385 555705-0 +49 385 555705-9

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