Vortrag
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Artikel und Bücher sind über die DDR geschrieben worden, einzelne Aspekte des Systems wurden intensiv analysiert und trotzdem hat man das Gefühl, dass sich das Phänomen „DDR“ einer gerechten Wahrnehmung zunehmend entzieht.
Einerseits neigt ein Großteil der ehemaligen DDR-Bürger zur Verklärung der Vergangenheit. Im Verhältnis zur Gegenwart scheint dann die Vergangenheit ein geradezu erstrebenswerter Zustand gewesen zu sein. Andererseits legt die Bewertung und Aufarbeitung der DDR ihren Fokus auf die verdrängten Teile der Diktaturerfahrung. Sie will und soll bewusst machen, wie verbrecherisch geschlossene Ssysteme werden können, wenn jede Form einer externen Normierung verloren geht. Wenn man als ehemaliger DDR-Bürger ausschließlich mit diesen Fakten konfrontiert und identifiziert wird, fühlt man sich missverstanden.
Beide Haltungen: Relativierung und Dämonisierung, präsentieren die extremen Ppole des Uumganges mit der DDR-Erfahrung. Sie werden dem damaligen Alltagserleben nicht gerecht. Nicht jeder lebte in ständiger Angst und dem Bewusstsein des totalen Überwachungsstaates. Das DDR-System war ein Ideologieschwellensystem, das besonders aktiv wurde, wenn man sich nicht systemkonform verhielt. Dann offenbarte es allerdings alle Dimensionen
eines totalitären Staates. Die (Lebens)Kunst des Einzelnen bestand darin, minimale Kompromisslinien zu finden und nicht vorauseilenden Gehorsam zu leisten. Deshalb wird es notwendig, Gewissenserforschung zu betreiben und sich zu erinnern, wie die DDR war und wie sie erlebt wurde.
Wir sollten beginnen, uns unsere Biographien zu erzählen!
Dr. Ehrhart Neubert (Jg. 1940) wuchs in einer Pastorenfamilie auf und studierte Theologie in Jena. Ab 1973 war er Studentenpfarrer in Weimar und nahm an verschiedenen informellen Zirkeln teil, die philosophische und soziologische Themen bearbeiteten. Im Kontext mit der Bewegung "Schwerter zu Pflugscharen" geriet er in Konflikte mit staatlichen und kirchlichen Instanzen.
Neubert veröffentlichte zahlreiche Studien zur Sozialstruktur der DDR und zu sozialethischen Fragen, welche unter Pseudonym in der Bundesrepublik erschienen. Seit 1997 arbeitet er als Fachbereichsleiter in der Abteilung Bildung und Forschung bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Neubert ist zudem Vorstandsmitglied der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Ringvorlesung findet zunächst bis zum 3. Februar 2009 immer Dienstag um 20.00 Uhr im Festsaal des Stadtmuseums Dresden statt. Auf Wunsch senden wir Ihnen gern den Flyer zur Reihe mit allen Terminen und Themen in der Übersicht zu.