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Manfred Joachim überlebte die Hitler-Diktatur in Berlin. Heute arbeitet er für das Jüdische Museum und erzählt als Zeitzeuge seine Geschichte, die über 1945 hinaus, nämlich noch im geteilten Berlin, spannend blieb und in der zahllose heikle Situationen und glückliche Umstände einander abwechselten.
Manfred Joachim wurde im Oktober 1925 in der Kastanienallee in Berlin geboren. Er und seine vier Brüder galten als sogenannte „Geltungsjuden“, der Vater deutscher Jude, die Mutter „Arierin“. Mit dreizehn Jahren, also 1938 musste der Junge die Allgemeine Volksschule in seinem Viertel verlassen und besuchte fortan die Jüdische Schule. Die antisemitistischen Repressionen der Nationalsozialisten überschatteten die Jahre seiner Kindheit und Jugend. All die Einschränkungen und Diskriminierungen, mit denen der NS-Staat ab 1933 die jüdische Bevölkerung schikanierte, trafen auch den Berliner Jungen. Verbote bestimmten das öffentliche Leben: Er durfte kein Fahrrad besitzen, keine Rolltreppen benutzen, kein Kino besuchen – und musste ab 1940 den Gelben Stern tragen.
Wie die meisten jüdischen Bürger musste er Zwangsarbeit leisten: zunächst in der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik und später bei der Gepäckabfertigung auf dem Potsdamer Bahnhof. Im Februar 1943 gehörte er, siebzehnjährig, zu den in der Rosenstraße festgehaltenen Juden, die nach unermüdlichen Protesten der Mütter, Töchter oder Schwestern schließlich frei gelassen wurden. Seinen Vater verlor Manfred Joachim jedoch durch den Rassenwahn der Nazis, er starb 1944 im KZ Sachsenhausen.
Lange Jahre war die Vergangenheit für Manfred Joachim tabu. „Ich habe so getan als ob sie gar nicht existiert.“ Mit seiner Tätigkeit für das Jüdische Museum änderte sich dies. Mit seinen Erinnerungen verfolgt ein einziges Ziel: dem Antisemitismus und Rassismus entgegenwirken.