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Veranstaltungsberichte

„Die Täter sind unter uns“

Über das Schönreden der SED-Diktatur

Lesung und Gespräch mit Dr. Hubertus Knabe (Berlin) und Hildigund Neubert (Thür. Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen);(Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Erfurter Herbstlese e.V.)

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18 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR verfügen die Täter des einstigen SED-Regimes noch immer über großen Einfluss in Deutschland: Frühere MfS-Kader und Parteibonzen organisieren sich in Interessensvereinen (Insiderkomitee, Isor, GRH), die den Charakter von Veteranenverbänden tragen, sitzen in Verwaltungen, üben wirtschaftlichen Einfluss aus oder engagieren sich in Parteien, für die sie sogar im Bundestag oder Landes- bzw. Kommunalparlamenten sitzen. Die inzwischen zur „Linken“ mutierte SED-Nachfolgepartei PDS beteiligt sich gar an der Landesregierung Berlin; bis 2006 saß sie auch in Mecklenburg-Vorpommern am Kabinettstisch. Die Verbrechen des SED-Regimes sind dagegen nur unzureichend aufgearbeitet, die Opfer haben keine Lobby und unter Jugendlichen gibt es kaum Kenntnis über die DDR und ihre Funktionsträger.

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Dr. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte im ehemaligen zentralen MfS-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen setzt sich kritisch mit der mangelhaften Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie mit deren Schönreden auseinander und veröffentlichte dazu sein Buch „Die Täter sind unter uns“. Im Rahmen eines Veranstaltungsprojektes des Bildungswerks Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. war Knabe am 04. Juni 2007 in Gotha und Erfurt zu Gast. Die Konrad-Adenauer-Stiftung führte die Veranstaltung in Erfurt in Kooperation mit dem Verein Erfurter Herbstlese e.V. durch, deren Vertreter Michael John sich mit einem Grußwort an die Teilnehmer wandte. Am Abend in Erfurt wirkte die Landesbeauftragte des Freistaates Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehem. DDR, Hildigund Neubert, als Gesprächspartnerin im Podium mit – die Diskussion wurde vom MDR-Journalisten Jan Schönfelder moderiert.

Als positiv sahen der Autor und die Diskussionsteilnehmer an, dass die Auseinandersetzung mit DDR-Geschichte allmählich an „Konjunktur“ gewinnt. Dies zeigt sich etwa in der stärkeren öffentlichen Auseinandersetzung, in der Debatte um die Opferrenten sowie im Gewinn eines „Oscar“ für den Spielfilm „Das Leben der anderen“. Andererseits finden noch immer Ostalgie-Partys statt und finden Produkte mit DDR-Symbolen reißenden Absatz. Im Gegensatz zu vielen ehemaligen kommunistischen Diktaturen in Mittelosteuropa sowie anders als beim NS-Regime sind die Symbole des einstigen Unrechtsstaates DDR nicht verboten.

Knabe kritisiert zudem die bundesdeutsche Justiz, dass politische Straftaten unter dem Banner von Hammer, Zirkel und Ährenkranz nur unzurechend bearbeitet werden – bis auf Mord und Totschlag sind alle Verbrechen seit dem 03. Oktober 2000 ohnehin verjährt. Zudem gab es absurde Richtlinien, nach welchem Recht zu urteilen sei, so dass immer das mildere zur Geltung kam. Somit waren nur insgesamt 19 Personen verurteilt worden, von denen DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler mit siebeneinhalb Jahren die höchste Strafe erhielt. Inzwischen sind alle Verurteilten wieder frei, die meisten nach der Hälfte der verbüßten Strafe auf Bewährung entlassen.

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