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Veranstaltungsberichte

Die Arbeit der Sicherheitsbehörden: Wege aus der„(vertrauens-) Krise”

Die Entwicklung der Sicherheitsstrukturenin Bund und Ländern nach Aufdeckung der rechtsextremistischen Mordserie

Podiumsdiskussion

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Die Veranstaltung mit Experten aus Sicherheitsbereich, Justiz und parlamentarischen Untersuchungsausschüssen beschäftige sich insbesondere mit der Frage nach Konsequenzen für die Strukturen der Sicherheitsbehörden nach den offensichtlichen Fehlern und Pannen im Zuge der Ermittlungen zu den Morden des NSU-Trios. Jörg Geibert, Thüringer Innenminister, Jörg Kellner MdL CDU-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag, Dr. Ehrhart Körting

Innensenator a.D. von Berlin, Tankred Schipanski MdB Mitglied des NSU Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag und Volkhard Wache

Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a.D. und Mitglied der Kommission zum Verhalten der Thüringer Behörden und Staatsanwaltschaften bei der Verfolgung des „Zwickauer Trios” unter Leitung von Dr. Gerhard Schäfer diskutierten inhalts- und facettenreich die Fragen und kritischen Anmerkungen des Moderators Claus-Peter Müller von der Grün von der FAZ. Innenminister Jörg Geibert stellte dabei angedachte Reformschritte und Veränderungsvorschläge aus Thüringer Sicht vor und arbeitete im Dialog mit Berlins ehemaligem Innensenator Dr. Ehrhart Körting Anforderungen an Sicherheitsbehörden aus, wobei gemeinsam mit Volkhard Wache die Unterschiede zwischen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie Verfassungsschutz herausgestellt wurden. In dieser Hinsicht betonten alle Podiumsteilnehmer, dass die Lehre aus den NSU-Morden nicht die Abschaffung des Verfassungsschutz sein kann, sondern klare strukturelle Verantwortlichkeiten, Regeln für länder- und bundesübergreifende Kooperation, behördliche Aufsicht als auch Regeln für V-Mann-Einsätze festgelegt werden müssen. In dieser Hinsicht betonten die Podiumsteilnehmer, dass der Einsatz von V-Leuten immer bedeutet, mit Menschen aus kriminellen und extremistischen Bereichen zusammenzuarbeiten, was die Auswahl nicht erleichtere. Gleichwohl sei diese Methode zum Informationsgewinn unverzichtbar. Darüber hinaus unterstrichen insbesondere Dr. Körting, Geibert und Wache, dass der Verfassungsschutz bei der NSU-Aufklärung nicht die versagende Institution gewesen sei, denn bereits mit der ersten Hausdurchsuchung bei einem Mitglied des Terrortrios 1998 in Jena, habe die Verantwortung bei Polizei und Justiz gelegen. Der Verfassungsschutz ist nicht mehr für Strafverfolgung und Ermittlung zuständig, sobald ein Verfahren eröffnet ist. Bezüglich der Justiz äußerten Volkhard Wache als auch Tankred Schipanski Kritik am Umgang mit rechtsextremen Straftätern, bei denen häufig Strafrahmen nur gering ausgeschöpft worden sind. Dr. Körting ärgerte sich, dass bei der Verbreitung rechtsextremer Schriften etc. häufig nur eine Indizierung erfolge und wünschte sich hier weitergehende Sanktionen, wenn etwa rechtsextreme Musikgruppen die NSU-Morde feiern.

Obwohl der Verfassungsschutz nicht alleinverantwortliche Institution war zeigten sich die parlamentarischen Untersuchungsausschussmitglieder Jörg Kellner und Tankred Schipanski darüber bestürzt, wie über Jahrzehnte in Thüringens Verfassungsschutzbehörden gearbeitet wurde. Allerdings unterstrich Jörg Kellner, dass hierbei auch der Zeithorizont betrachtet werden müsse, denn viele Verfehlungen aus den 90er Jahren in den Jahren des Aufbaus kämen so heute nicht mehr vor und betreffen auch teilweise eine andere Mitarbeitergeneration als die gegenwärtig tätigen Beamtinnen und Beamten.

Befragt nach den Ursachen des Rechtsextremismus gerade in Ostdeutschland wurde die DDR als begünstigender Faktor genannt, da sowohl die Aufarbeitung des Nationalsozialismus als Teil der Biografien von DDR-Bürgern als auch rechtsextremistische Umtriebe in der DDR, bewusst unterlassen worden waren. Jörg Kellner verwies auch auf Kontinuitätslinien von SED-Mitgliedern und Funktionären aus der NS-Zeit in die DDR. Volkhard Wache ergänzte, dass die DDR ihr Land wie als vom NS-Regime besetzt betrachtete, wodurch ein eine nachfolgende Aufarbeitung weder angezeigt noch opportun erschien. Dennoch verwiesen Tankred Schipanski als auch Minister Geibert darauf, dass der Aufbau rechtsextremer Strukturen nach der Wiedervereinigung von westdeutschen Funktionären vollführt wurde und Rechtsextremismus ein gesamtdeutsches Problem sei.

Abschließend diskutierten die Podiumsteilnehmer des NPD-Verbotsverfahren welches mehrheitlich Zustimmung fand, da insbesondere die staatliche Parteienfinanzierung für Rechtsextreme ausgetrocknet werden müsse. Gleichwohl waren sich die Befürworter über die Risiken eines Scheiterns bewusst. Nach mehr als 2 h intensiver Diskussion auch mit den Zuschauern endete das Fachgespräch und Diskussion mit vielen Erkenntnissen und Zusammenhängen, die in der Medien-Berichterstattung nicht immer vollständig dargestellt werden können.

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