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Parteienfusion in Kiew

Vitalij Klitschko wird Vorsitzender der Partei „Block Poroschenko-Solidarnist“

Am letzten Freitag kam es dann so, wie bereits in den vergangenen Monaten von vielen Beobachtern vorhergesehen: die Partei des ukrainischen Präsidenten „Block Petro Poroschenko-Solidarnist“ (BPP) und UDAR von Vitalij Klitschko fusionierten zu einer Partei. In den letzten Monaten waren die Umfragewerte für UDAR deutlich unter die 5% Hürde gerutscht.

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Die Grundlage der Fusion bilden nun Statut und Programm von BPP, auch der Name ändert sich nicht. Neuer Vorsitzender nach Juri Luzenko wird Vitalij Klitschko, der sich allerdings mit seinem Wunsch nach dem klangvolleren Namen „UDAR-Solidarnist“ nicht durchsetzen konnte. Gerade einmal 19 Mitglieder von UDAR vollzogen während des Parteitages den Wechsel zu BPP. Fünf Jahre nach ihrer Gründung ist die Partei UDAR somit wieder Geschichte.

Gemeinsamer Auftritt von BPP und UDAR seit Mai 2014

Bereits im Mai 2014 hatten beide Parteien ihre gemeinsamen Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen und Bürgermeisterwahlen in Kiew unterstützt. Petro Poroschenko wurde damals im 1. Wahlgang mit absoluter Mehrheit Präsident, Vitalij Klitschko schaffte den Einzug ins Kiewer Rathaus mit einem überwältigenden Ergebnis. „UDAR-BPP“ verfügt seitdem im Stadtrat über die größte Fraktion.

Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2014 stellten beide Parteien gemeinsame Listen unter dem Label von BPP im Verhältnis 50:50 auf. V Klitschko musste noch im Wahlkampf seine Mitgliedschaft bei UDAR „ruhen“ lassen. Seitdem hatte die Partei keinen Vorsitzenden mehr, ihre alte Führungsmannschaft wechselte geschlossen zu BPP.

Kritik an Fusion

Einige alte Mitstreiter von Klitschko aber bildeten nach dem sehr guten Abschneiden der Präsidentenpartei Ende Oktober noch die Abgeordnetengruppe von UDAR innerhalb der Fraktion von BPP im Parlament. Diese sowie etliche Vertreter der Partei in den Regionen, in denen UDAR in den Jahren seit ihrer Gründung 2010 besonders stark war, haben die Entscheidung zu einer Fusion der Parteien kritisiert und ihrer Enttäuschung darüber am Freitag Ausdruck gegeben. Schließlich hatte UDAR in den Jahren der Opposition ein klares eigenes Profil gegen das Regime von Janukowitsch gewonnen, viele Parteifunktionäre nahmen dabei auch in Kauf, dass sie und ihre Familien vom Regime dafür verfolgt wurden.

Kommunalwahlen 2015 – taktischer Gewinn für Klitschko

Noch Anfang August 2015 hatten sich beide Parteien geeinigt, bei den Kommunalwahlen am 25. Oktober gemeinsam anzutreten. Diesmal sollte das Verhältnis der Besetzung der Listen bereits bei 70:30 stehen. Ein weiterer Verlust der Bedeutung von UDAR, aber ein taktischer Erfolg für Klitschko. Er hatte sich damit die Unterstützung seiner erneuten Kandidatur für das Bürgermeisteramt durch den Präsidenten gesichert. Nun war sicher, dass BPP keinen gewichtigen Gegenkandidaten für Kiew aufstellen würde.

Dabei sieht es für Kltischko derzeit gar nicht schlecht aus: Er liegt in Umfragen mit über 20% deutlich vor anderen Bewerbern um das Amt, die allesamt unbedeutend sind. Die Bilanz seiner Arbeit ist gut. Die Stadt hat den Winter trotz der Energiekrise und des Flüchtlingsproblems gut überstanden, im Frühjahr und Sommer wurden die Straßen ausgebessert, Kindergärten und Schulen renoviert, die Stadtverwaltung hat jetzt ein E-Budget-System gegen Korruption eingerichtet, Einnahmen und Ausgaben sind für den Bürger digital einsehbar. Seit Juli hat Kiew auch im Rahmen der Polizeireform 2000 neue Polizisten, die das Stadtbild deutlich verändern. Viele andere Projekte sollen folgen. Zwei Jahre hätte Klitschko dann noch Zeit, denn 2017 wird nach der voraussichtlich an diesem Montag verabschiedeten Verfassungsreform wieder gewählt.

Zusammenschluss der Demokraten gegen Populismus und die Aggression aus Russland

Die Vereinigung ist nun vollzogen, Petro Poroschenko und Vitalij Klitschko gaben als Hauptgrund hierfür die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses der demokratischen Kräfte an, im Kampf gegen die Revanche des „Oppositionsblocks“, d.h. der Nachfolgepartei von Janukowitschs „Partei der Regionen“, gegen zahlreiche populistische Versuche anderer Parteien, Wähler für sich zu gewinnen, sowie gegen die Aggression Russlands und ihre versuchte Einflussnahme.

Diese Gründe sind unter den derzeitigen Bedingungen absolut verständlich, daher bewerteten die Mehrheit der Mitglieder beider Parteien sowie etliche Beobachter diesen Schritt positiv. Dennoch gibt man zu Bedenken, dass es in den letzten Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit der Ukraine immer wieder Fusionen einzelner Parteien zur Bildung eines Präsidentenblocks gegeben habe. Ein leuchtendes Beispiel dafür war „Nascha Ukraina“, die Partei der Orangen Revolution von Viktor Juschtschenko. Mit dem Ausscheiden aus dem Amt brach auch die Partei auseinander. Es ist zu hoffen, dass sich dieses Beispiel nicht wiederholen.

Narodny Front schließt sich dem Wahlbündnis an

Auch mit „Narodny Front“ (NF), der Partei von Ministerpräsident Jazenjuk, gibt es bereits eine Vereinbarung über gemeinsame Listen bei den kommenden Kommunalwahlen, sofern NF denn überhaupt eigene Kandidaten aufstellt. NF hat seit ihrer Gründung als Partei vor einem Jahr kaum Anstrengungen unternommen, Parteistrukturen aufzubauen. Kandidaten in den Regionen scheint es schlicht nicht zu geben. Am Freitag deutete Juri Luzenko daher bereits an, dass eine Fusion der Parteien BPP und NF durchaus realistisch sei, auch wenn es wohl nicht so einfach werde wie mit UDAR.

Und Batkiwschtschyna?

Julia Timoschenko hält ihre Partei und Fraktion in der Verchovna Rada eisern zusammen, in den Regionen ist sie sehr aktiv, hält sich aber auf nationaler Ebene mit Verlautbarungen stark zurück. Rhetorisch nährt ihre Partei einen sozialen Populismus mit massiver Kritik an der Regierung Jazenjuk wegen hoher Gas- und Stromtarife und gleichzeitig fehlender Reformen. In den Umfragen liegt sie an zweiter Stelle nach BPP.

Am 5. September beginnt offiziell der Wahlkampf. Den Kommunalwahlen wird im Rahmen der Dezentralisierungsreform große Bedeutung zugemessen. Das erst kürzlich verabschiedete Gesetz über Kommunalwahlen hat das Mehrheitswahlrecht bis auf wenige Ausnahmen bei der Wahl von Dorfräten abgeschafft und stärkt grundsätzlich die Interessenvertretung über politische Parteien. Die Hürde wurde allerdings von 3% auf 5% angehoben, für kleine demokratische Parteien wird das kaum zu erreichen sein.

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