Einzeltitel
Sieht man die Nachrichten im ukrainischen Fernsehen und verfolgt man die ukrainischen Medien, so könnte man den Eindruck gewinnen, die Ukraine wäre fast allein auf der Welt. Nur sehr wenig erfährt man über internationale Ereignisse und Zusammenhänge, über andere Regionen und andere Kontinente. Nachrichten über die täglichen ukrainischen politischen Scharmützel und Intrigen sind meist wichtiger als weltpolitische Ereignisse, Entwicklungen in Nachbarstaaten und Hintergründe zu globalen Trends.
Dabei ist die Ukraine aber faktisch schon jetzt ein sehr offenes Land. Die ukrainische Wirtschaft lebt ganz maßgeblich von Exporten ihrer Erzeugnisse in alle Welt. Die Ukraine ist Mitglied und Partner einer ganzen Reihe von wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen regionalen und regionalen Organisationen. Eine positive Entwicklung der Zukunft des Landes wird stark von wirtschaftlicher und politischer Öffnung, dem freien Fluss von Kapital und Gütern, von Strömen von Innovationen, Ideen und Menschen abhängen.
Die Ukraine strebt außerdem politisch nach einer gleichberechtigten Partnerschaft mit den Staaten in der Europäischen Union und anderen Staaten. Anerkennung in den Augen der modernen Welt ist für die ukrainischen Bürger enorm wichtig. Gleichzeitig bilden die in anderen Staaten erreichten Lebensstandards für sie eine erstrebenswerte Orientierung. Der berühmte „Euro-Remont“ ist dafür nur ein Beispiel.
Die Erreichung dieser Standards für die Bürger, die Transformation der Ukraine in einen modernen europäischen, demokratischen und rechtsstaatlichen Wohlfahrtsstaat ist ein gewaltiges Modernisierungsprojekt. Will man ehrlich zu sich selbst sein, dann beginnt dieser Prozess der Modernisierung mit dem Vergleich und mit einer Orientierung an den erreichten Standards in anderen Staaten und Regionen auf der Welt. Man wird sich mit den Besten vergleichen, sich an den erfolgreichen Staaten und Regionen orientieren. Es ist ausgesprochen lohnenswert, über den eigenen Tellerrand hinaus zu sehen, wie sich andere Länder im Vergleich zur Ukraine entwickeln. Man kann und sollte dabei lernen, welche Schritte diese Länder gegangen sind, welche Reformen sie wann und wie durchgeführt haben, welche Probleme sie dabei überwunden haben.
In der Ukraine argumentieren Politiker und Bürger häufig, dass ihr Land kein vergleichbarer Fall wäre. Alles sei in der Ukraine ganz besonders und außergewöhnlich, die Maßstäbe für andere Staaten könnten hier nicht gelten. Der Blick aus der Vogelperspektive und die Erfahrungen mit anderen Staaten, die Transformationen durchlebt haben, beweist schnell das Gegenteil. Und der Vergleich macht Mut: Die Probleme der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, mit denen sich die Ukraine konfrontiert sieht, sind in anderen Staaten und Regionen dieser Welt erfolgreich überwunden worden.
In einem offenen und modernen Staat mit dem Anspruch, sich zu europäischen Standards entwickeln zu wollen, müssen sich die Ukrainer also fragen: Wo stehen wir auf der Welt? Wie hoch sind unsere erreichten Standards in Vergleich zu anderen Staaten? Wer sind die Besten, wer in unserer Region, in unserer Nachbarschaft ist erfolgreich? An wem können wir uns orientieren?
Die vorliegende Veröffentlichung liefert einige Antworten auf diese Fragen. In einer Auswahl gängiger aber auch weniger bekannter Statistiken und Indikatoren wird deutlich, wo die Ukraine zu diesem Zeitpunkt in verschiedenen Lebensbereichen auf der Welt steht. Zum besseren Verständnis für die Leser sind die Statistiken mit einigen kurzen Kommentaren und Erklärungen versehen. Künftig werden wir als Konrad-Adenauer-Stiftung diese Zusammenstellung jährlich aktualisieren und damit gleichsam die Fortschritte des Modernisierungsprojekts „Ukraine“ dokumentieren.
Ich wünsche Ihnen eine anregende und gewinnbringende Lektüre.
Nico Lange
Konrad-Adenauer-Stiftung Ukraine
Kiew, im März2010