Podcast Erststimme 2023 - Office in the Federal City Bonn
Erststimme 2023 - Der Podcast für alles außer Corona
Unsere Interviewreihe, in der wir über Persönlichkeit, Position und Politik sprechen.

Erststimme #70: Kati Jordan - Organspende
Mit der Organspende geht es in Deutschland nicht voran. Etwa 8.500 Menschen warten auf ein Spenderorgan und die Zahl derer, die ein Organ gespendet haben, stagniert seit Jahren. Anfang 2020 entschied sich der Bundestag gegen eine Widerspruchslösung, durch die Menschen automatisch als Organspender gelten, wenn sie sich nicht ausdrücklich dagegen aussprechen. Stattdessen sollte mehr Aufklärung helfen und dazu bewegen, eine Entscheidung für oder gegen die Organspende zu treffen.
Dr. Kati Jordan ist Transplantationsbeauftragte im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin-Schöneberg. Zu ihrer Aufgabe gehört es unter anderem, das Thema Organspende anzusprechen, wenn es am schwierigsten ist - nämlich dann, wenn Menschen einen geliebten Angehörigen verloren haben und dieser als Spender in Frage kommen würde. Auch deshalb wirbt sie dafür, frühzeitig eine Entscheidung zu treffen.
Die Journalistin Sandra Wahle spricht mit ihr anlässlich des Tags der Organspende am 3. Juni über ihre Aufgaben, den Spenderprozess an sich und die möglichen Gründe, warum in Deutschland immer noch so wenige Menschen einen Spenderausweis in der Tasche haben.
Erststimme #69: Gisela Dachs - Israel
Israel, das vor kurzem sein 75 jähriges Gründungsjubiläum feiern konnte, hat sich im letzten Jahrzehnt stark verändert. Die jetzige Regierung Netanyahu ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung hin zu religiöseren, radikaleren Gruppierungen der israelischen Politik. Dies macht sich zuerst in der Siedlungs- und Besatzungspolitik bemerkbar: Die von der EU und den USA befürwortete Zweistaatenlösung wird immer unrealistischer. Neu ist, dass eine israelische Regierung im Stile der polnischen PiS und Orbans Fidesz auch die Innenarchitektur des Staates verändern will. Massenproteste wie in den letzten Wochen hat Israel noch nicht erlebt. Es kann nicht verwundern, dass dieser Wandel Einfluss auf das ohnehin schon kritische Bild Israels in Deutschland hat.
Dies ist die Ausgangssituation unseres Podcastgesprächs mit der Journalistin und Publizistin Dr. Gisela Dachs. Sie ist seit Jahrzehnten eine der führenden Kennerinnen Israels und der Nahostpolitik, schreibt für diverse deutschsprachige Medien, vor allem für die ZEIT, und ist Professorin am DAAD Center for German Studies der Hebrew University in Jerusalem. Frau Dachs lebt in Tel Aviv und wird von der Israel arbeitenden Podcasterin Pia Steckelbach interviewt.
Erststimme #68: Jens Nettekoven - Politik & Sport
Politik und Sport stehen schon lange in einem gegenseitigen Abhängigkeits- und Spannungsverhältnis und sind auf vielen Ebenen miteinander verwoben. Politiker nutzen Sportevents als Bühne, inszenieren sich im Glanz gewonnener Pokale oder Medaillen. Wer kennt nicht die Fotos, mit denen sich Politiker mit Stars sportlichen Wettstreits ablichten lassen.
Aber auch Sportler nutzen ihre Erfolge als Treibmittel für politische Botschaften: Muhammed Ali die Fäuste der Black Panther oder das Knien des Footballers Colin Kaepernick sind hier Momentaufnahmen.
Aber immer wieder werden sportliche Großereignisse selbst wie z.B. die Olympischen Spiele in Los Angeles 1932, Berlin 1936, Moskau 1982, Los Angeles 1984 oder Sotchi 2014 eingesetzt als „Nationbrandings“ - und wurden somit selbst zur politischen Botschaft.
Wie sehr lassen sich Sport und Politik wirklich trennen? Wie sehr lassen sich die Leistungen der Sportlerinnen und Sportler von den sie fördernden staatlichen Institutionen trennen? Die Diskussion um die Wiederzulassung russischer und belarussischer Athleten unter neutraler oder sogar mit eigener Flagge zeigt den Zwiespalt.
Höher, schneller, weiter – soll das nur für den Sport oder auch für dessen Organisation und Inszenierung gelten? Wie lässt sich Nachhaltigkeit bei Großereignissen neu denken? Bieten Olympische Sommerspiele in der Region RheinRuhr 2036 hier vielleicht einen neuen Ansatz?
Wir führen unser Interview mit Jens-Peter Nettekoven MdL, der als Sportler, Politiker und Sportfunktionär einen kenntnisreichen Blick auf die Materie wirft. Der Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Präsident des Deutschen Ringer-Bundes spricht mit uns über die Schnittmenge von Politik und Sport, "Sportswashing" und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft, internationale Sportverbände und Athletinnen und Athleten.
Erststimme #67: Lothar Schrott - Katastrophenvorsorge & Katastrophenmanagement
Kann sich eine Gesellschaft auf solche „Großschadensereignisse“ adäquat vorbereiten, wie erwirbt man Handlungskompetenz für Krisensituationen? Welche Szenarien legt man hier zu Grunde und wie lernt man es, sich professionell auf diese Dinge vorzubereiten und sie zu managen? Wie wird man der Anforderung gerecht, das Bewusstsein zu prägen, dass Bildung und Ausbildung eine Schlüsselrolle für die Vorsorge und das Management von Katastrophen spielen?
Wir sprechen zu diesem Thema mit dem Geographen Prof. Dr. Lothar Schrott, der an der Universität Bonn den weiterbildenden Masterstudiengang „Katastrophenvorsorge und Katastrophenmanagement (KaVoMa)“ leitet, der in Kooperation mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) angeboten wird.
Erststimme #66:: Simon Mputu Ngimbi & Ismail Celik
Erststimme #65: Marius Reichert - Berichterstattung aus Krieg und Krisen
Ein großer Teil der medialen Aufmerksamkeit zum Ukrainekrieg findet heute auf sozialen Medien statt. Die Plattform TikTok wurde von manchen schon in WarTok umbenannt, weil eine unfassbar große Zahl an Videos zum Krieg dort zu sehen sind. Und zwar meist ohne professionelle Einordnung. Ohne jegliche redaktionelle Kontrolle. Ohne Verifizierung durch wen auch immer. Über die Folgen, über die Berichterstattung zum Krieg und über das, was der Krieg mit den Berichterstattern macht, möchten wir heute reden.
Dazu sprechen wir mit Marius Reichert. Er ist freier Journalist, Medientrainer und berichtet seit einigen Monaten für die ARD über und aus der Ukraine und immer wieder auch aus anderen Katastrophengebieten. Das Gespräch führt Frank Windeck.
Erststimme #64: Nino Galetti: Politiklabor Italien – Deutschlands „vergessener Partner“ nach hundert Tagen Regierung Giorgia Meloni
Rund hundert Tage ist es her, als sich im Westen und Norden Europas anlässlich der neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ein Sturm aus wohl kalkulierter politischer Entrüstung, aber auch ernsthafter Sorge erhob. Das Politiklabor Italien hatte die Chefin der „Fratelli d’Italia“ – zuvor im doppelten Sinne des Wortes eine politische Randerscheinung – binnen weniger Jahre an die Spitze einer Regierung geführt, die mindestens auf dem Papier eher als „Rechts“, denn als „Mitte-Rechts“ gelten muss. Welche politischen Optionen und Ambitionen verfolgen Giorgia Meloni und ihre heterogenen Koalitionspartner nun zwischen nationaler Rhetorik und internationalen sowie ökonomischen Sachzwängen? Wie zuverlässig können sich die Beziehungen zu dem langjährigen EU- und NATO-Partner gestalten?
Und: Welches Anziehungs- oder Abschreckungspotential kann die italienische Regierungschefin auf die politische Kultur der Europäischen Union entfalten? Droht eine weitere Verrohung des Diskurses über die Mittelmehr-Migration? Oder zwingt die Realpolitik die Regierung in Rom in einen eher gemäßigt-konservativen Kurs „neuen Typs“? Oder beides zusammen?
Wir diskutieren diese Fragen mit Dr. Nino Galetti, der für die Konrad-Adenauer-Stiftung von Rom aus das politische Geschehen in Italien, im Vatikan und auf Malta analysiert. Das Interview wird geführt von Vanessa Verena Wahlig, die selbst vor dem Hintergrund langjähriger Italien-Erfahrung einen eigenen Podcast („Überall Konfetti“) für junge Leute aus dem deutsch-italienischem Kosmos betreibt.
Erststimme #63: #WeRemember - zum internationalen Holocaus-Gedenktag
Am 27.01., dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, wird international der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. In erster Linie bedeutet dies, dass in Deutschland in zahlreichen Veranstaltung und „Feierstunden“ ein mahnendes Gedenken an die mörderische Vergangenheit unternommen wird. Dies hat aber auch eine zweite, eine gegenwärtige und zukünftige Dimension: Dahinter steht die Forderung und Selbstverpflichtung des „Nie wieder…“ in Deutschland – nie wieder soll es zu Zuständen kommen, wie sie durch den Nationalsozialismus herbeigeführt worden sind. Das verbindet sich mit der Forderung „Wehret den Anfängen“.
An diesem Punkt setzen manche Kritiker des Umgangs mit Antisemitismus in Deutschland an. Das Gedenken an die Opfer, die schonungslose Aufdeckung der Täterstrukturen – das sei Deutschlands große Leistung. Aber bei der Bekämpfung des Antisemitismus gäbe es Defizite – manches würde nicht genügend als Antisemitismus erkannt und bekämpft, was sich in andere Begriffe kleidet, z.B. die sog. „Israelkritik“.
Arye Sharuz Shalicar ist Israeli und arbeitet für den israelischen Staat. Er hat aber – aus einer persischen jüdischen Familie stammend – als Kind und Jugendlicher in Berlin gelebt und hat seine Geschichte, die des jungen persischen Juden mit Street Credibility aus dem Wedding, in einem Buch und jetzt einem Film an die Öffentlichkeit gebracht. Er hat Antisemitismus erfahren und beobachtet Deutschland und seine Entwicklung genau. Er hat Zweifel, ob in Deutschland „Nie wieder“ und „Wehret den Anfängen“ vollständig auf die neuen Lebensverhältnisse des 21. Jahrhunderts angewendet wird. In unserer Podcastfolge wird er von seinen Erfahrungen und Beobachtungen berichten.
Erststimme #62: Weihnachten im Krieg
In Deutschland haben wir die meisten Tannenbäume schon aus den Wohnzimmern geräumt, den Jahreswechsel gefeiert und sind im neuen Jahr angekommen. Doch in der Ukraine wurde erst vor wenigen Tagen Weihnachten gefeiert. Diese Tage gelten normalerweise als ein Fest der Besinnung, der Liebe und des Friedens. Familien sitzen zusammen, man freut sich über Geschenke, gutes Essen und genießt die gemeinsame Zeit.
Wie aber lebt es sich in einer solchen Zeit, wenn Krieg im eigenen Lande ist? Wenn man immer und immer wieder zu fast jeder Zeit damit rechnen muss, dass Sirenenalarm durch einen Luftangriff ausgelöst wird und man in den Luftschutzbunker muss? Wie geht man damit um, dass Wärme, Strom und Wasser ausfallen, dass Familien durch Flucht und Evakuierung getrennt sind? Wie ist die Lebens- und Überlebenssituation in einem europäischen Land, dessen Existenzgrundlage durch einen Nachbarstaat massiv bedroht wird und der um sein Fortbestehen und das Leben seiner Bürger seit fast einem Jahr kämpfen muss?
Diese und weitere Fragen stellen wir Vasyl Mykhailyshyn, einem Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung der sich noch in Kiew befindet. Er ist Augen- und Zeitzeuge des Lebens in der Ukraine in Zeiten des Krieges, in denen viel Leid geschieht, aber auch versucht wird, etwas wie ein normales Leben herzustellen.