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Portraitfoto von Arnold Fratzscher. Portraitfoto von Arnold Fratzscher. © KAS/Fotograf unbekannt

Arnold Fratzscher

Jurist, Generalsekretär der CDU in Niedersachsen March 15, 1904 Boitin/Kreis Güstrow February 23, 1987 Bad Münder
by Markus Köhler M.A.

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Herkunft und Leben bis 1945

Arnold Fratzscher wurde am 15. März 1904 als Sohn eines Gutspächters im westmecklenburgischen Boitin (heute Ortsteil von Tarnow) geboren. Er studierte, nachdem er 1923 am Realgymnasium in Bützow das Abitur erworben hatte, Rechtswissenschaften in Leipzig, Tübingen, München und Rostock, wo er über den Theologieprofessor Friedrich Brunstäd Kontakt zur christlich-sozialen Arbeit in Spandau fand. Während seines Studiums trat er der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung bei, wo er Freundschaft mit dem späteren hannoverschen Landesbischof Hanns Lilje schloss. Nachdem er 1932 sein juristisches Examen erworben hatte, wurde er zum Gerichtsassessor ernannt und war aufgrund seiner Lateinkenntnisse und seiner Beherrschung des Plattdeutschen für eine Ernennung zum Staatsanwalt vorgesehen. Diese war jedoch nach den Notverordnungen des Reichskanzlers Heinrich Brüning, die u.a. die Einstellung von Beamten stoppten, unmöglich. 1933 musste er aus dem Dienst als Gerichtsassessor ausscheiden. Ab 1931 wirkte er als Dozent bzw. ab 1933 bis 1934, möglicherweise auch bis 1939, als Leiter der Wohlfahrtspflegerschule des Stephansstifts in Hannover. Politisch engagierte er sich von 1930 bis zu ihrer Auflösung 1933 in der Partei Christlich-sozialer Volksdienst (CSVD) – er war Mitbegründer der Partei in Mecklenburg –, einer Abspaltung von der Deutsch-Nationalen Volkspartei (DNVP). Fratzscher war während des Dritten Reiches ab 1934 als Jurist zur Beratung des lutherischen Landesbischofs August Marahrens Mitglied des Landesbruderrates der Bekenntnisgemeinschaft der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover und bis 1950 Mitglied des Reichsbruderrates der Bekennenden Kirche.

 

Gründung der CDU

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Fratzscher der britischen Besatzungsmacht von der evangelischen Kirche als Vertrauensmann für den ersten Stadtrat in Hannover nach dem Kriege benannt. Im August 1945 nahm er gemeinsam mit Adolf Cillien an einer Konferenz der evangelischen Kirche in Treysa teil, auf der sich die Kirche zur Zusammenarbeit beider Konfessionen bekannte. Hier gewann Landesbischof Marahrens ihn und Cillien für ein Treffen mit dem späteren Landesvorsitzenden der CDU in Hannover, dem Katholiken Bernhard Pfad, von dem die Initiative für das Treffen ausgegangen war. Nach langen Verhandlungen zwischen bürgerlichen und kirchennahen Kräften wurde schließlich der CDU-Landesverband Hannover als dritter Landesverband auf dem Gebiet des späteren Landes Niedersachsen gegründet. Der Gründungsparteitag fand am 18. November 1945 statt.

 

Konsolidierung der Partei und Wirken als Generalsekretär

Als am 22. und 23. Januar 1946 die Zonentagung der CDU in der britischen Zone stattfand, befand sich Arnold Fratzscher unter den Delegierten des Landesverbandes Hannover. Auch am Treffen des Zonenausschusses, bei dem am 1. März 1946 das Parteiprogramm von Neheim-Hüsten verabschiedet wurde, nahm er teil. Fratzschers Name findet sich unter den Unterzeichnern des dem Parteiprogramm vorangestellten Aufrufs. Auf Drängen von Konrad Adenauer und Anton Storch wurde zur Stärkung der Parteiorganisation für den Landesverband Hannover die Funktion eines Generalsekretärs geschaffen, die Arnold Fratzscher vom 1. Mai 1946 an ausfüllte. Teil von Fratzschers Aufgabe als Generalsekretär war es zunächst, für die bessere Vernetzung der von den Besatzungsmächten ernannten CDU-Mandatsträger in den Kerngebieten der Partei zu sorgen. In den übrigen Gebieten hingegen galt es Persönlichkeiten zu finden, die als Konservative auch die Besatzungsbehörden überzeugen konnten. Fratzscher erkannte die Notwendigkeit, die Führungskräfte auf kommunaler Ebene mit einem politischen Fundament auszustatten. Eines der zentralen Mittel dafür war eine von ihm in die Wege geleitete Rednerschulung.

Des Weiteren bemühte er sich um den Übertritt großer Teile der „Demokratischen Union“ (die später zur FDP wurde) zur CDU. Im Vorfeld der Kommunalwahlen 1946 bezeichnete er Wahlabkommen mit FDP und der Niedersächsischen Landespartei (NLP) als möglich. Hingegen war ihm das neue Zentrum eine zurückzuweisende und zu bekämpfende Partei, da sie den Linksradikalismus stärke. So hatte er 1946 in der ersten Ausgabe der Niedersächsischen Rundschau geschrieben.

Als Generalsekretär war Fratzscher ab 1946 ein Herausgeber der wöchentlich erscheinenden Niedersächsischen Rundschau (1951–1956 Niederdeutsche Stimmen, 1956–1958 Niederdeutsche Rundschau) und als im Januar 1947 die Hannoverschen Neuesten Nachrichten ausschließlich zur Parteizeitung der CDU wurden, gehörte Arnold Fratzscher gemeinsam mit Richard Böse und Anton Storch zu den Lizenzträgern und war der Kontaktmann zur Redaktion.

Die Gründung des Landes Niedersachsen erforderte auch eine organisatorische Neuordnung der CDU. Dabei bildeten die drei Landesverbände Braunschweig, Hannover und Oldenburg einen losen Verbund, die „CDU in Niedersachsen“, der am 20. Oktober 1950 in Goslar gegründet wurde und als Dachverband fungieren sollte. Als Generalsekretär des flächenmäßig größten Landesverbandes erstreckte sich Fratzschers Wirken auf den gesamten Dachverband. Erst im Jahr 1968 wurde das 1950 begründete Konstrukt durch eine in Bad Rothenfelde in Reaktion auf das Parteiengesetz von 1967 beschlossene Satzung in einen den drei Landesverbänden übergeordneten Gebietsverband überführt. Arnold Fratzschers Amtszeit als Generalsekretär im Landesverband Hannover endete damit am 30. November 1968, sein Nachfolger wurde Bernd Haaßengier. Anlässlich seines 65. Geburtstages wurde ihm im März 1969 das Große Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens verliehen. Bereits im November 1965 hatte er das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten.

 

Wirken in der Landespolitik

Nachdem die britische Besatzungsmacht im Juli 1946 die Grundsatzentscheidung getroffen hatte, in ihrer Besatzungszone nicht mehr als fünf Länder einzurichten und am 23. August, die preußischen Provinzen in selbständige Länder zu überführen, wurde am 8. November beschlossen, rückwirkend zum 1. November 1946 das Bundesland Niedersachsen zu gründen. Am 9. Dezember 1946 trat der neu ernannte Niedersächsische Landtag zusammen und wählte den bisherigen hannoverschen Landespräsidenten Hinrich Kopf zum Ministerpräsidenten.

Bei den ersten niedersächsischen Landtagswahlen am 20. April 1947 erreichte die CDU einen Stimmenanteil von 19,9 Prozent und entsandte 30 Abgeordnete in das Landesparlament. Arnold Fratzscher war bei dieser Wahl zwar der Kandidat der CDU in Göttingen, doch wurde er erst am 23. September 1949 als Nachrücker für den verstorbenen Arnold Kuntscher Mitglied des Landtags. Bis zum Ende der Legislaturperiode am 30. April 1951 war er Vorsitzender des Wohlfahrtausschusses. Nach der Landtagswahl 1951, als die CDU gemeinsam mit der Deutschen Partei (DP) nur 35 Mandate erringen konnte und die Fraktionsgemeinschaft insgesamt einen Verlust von 14,1 Prozent des Stimmenanteils erlitten hatte, schied Fratzscher zwar aus dem Landtag aus, blieb aber als Generalsekretär im Amt. Nachdem Adolf Cillien 1953 in den Bundestag gewählt worden war, überließ dieser Fratzscher zumeist die „Alltagsarbeit“.

In der dritten Legislaturperiode 1955 wurde Fratzscher erneut in den Landtag gewählt, als die CDU mit 26,6 Prozent Stimmenanteil zweitstärkste Kraft wurde. Als bekannt wurde, dass die DP mit dem Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) und der FDP bereits Koalitionsverhandlungen führte, wurde beschlossen, dass sich die CDU an den Verhandlungen und der Landesregierung beteiligen sollte. Fratzscher bildete gemeinsam mit Otto Fricke, August Wegmann und Werner Hofmeister die Verhandlungsdelegation, übernahm aber kein weiteres hervorgehobenes politisches Amt. Der DP-Vorsitzende Heinrich Hellwege wurde zum Ministerpräsidenten gewählt.

Fratzscher gehörte dem niedersächsischen Landtag bis zum 20. Juni 1970 an, als nach vorgezogenen Neuwahlen der Landtag der 7. Legislaturperiode zusammentrat. In seiner Zeit als Abgeordneter war er Mitglied des Kultusausschusses und des Rechtsausschusses sowie, nachdem aus der Wohlfahrtspflegerschule viele Bewährungshelfer hervorgegangen waren, Gründer eines Unterausschusses zur Bereisung von Gefängnissen zwecks Sicherstellung eines humanen Strafvollzugs. Ebenfalls 1970 endete Fratzschers Mitgliedschaft im Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks, dem er seit 1960 angehört hatte und dessen Vorsitz er in den Jahren 1961, 1963, 1965, 1967 und 1969 übernahm.

 

Nach dem Ausscheiden aus der aktiven Politik

Nach der Zeit seiner politischen Aktivität wirkte Arnold Fratzscher am Hannoveraner Abendgymnasium und erteilte dort Unterricht in Geschichte und Gesellschaftskunde. Später beschäftigte er sich mit Ahnenforschung und unternahm Auslandsreisen u.a. nach Israel und in die USA. In einem 1982 von ihm selbst verfassten Lebenslauf berichtete er, dass ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt New Orleans (Louisiana) verliehen worden sei.

Arnold Fratzscher starb am 23. Februar 1987 in Bad Münder.

 

Curriculum vitae

  • Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig, Tübingen, München und Rostock
  • 1931–1934 Dozent bzw. Leiter der Volkspflegerschule des Stephansstifts in Hannover
  • Vor 1933 Christlich-Sozialer Volksdienst (CSVD)
  • 1934 Mitglied des Landesbruderrats der Bekenntnisgemeinschaft der Evangelischen Landeskirche Hannover
  • Bis 1950 Mitglied des Reichsbruderrats der Bekennenden Kirche
  • 1946–1969 Generalsekretär der CDU in Niedersachsen
  • 1949–1951 und 1955–1970 MdL Niedersachsen (CDU)
  • 1960–1970 Mitglied des NDR-Rundfunkrates (zeitweise dessen Vorsitzender)

 

Publications

  • Fratzscher, Arnold: Die CDU in Niedersachsen. Demokratie der ersten Stunde. Ohne Ort. 1971.

Literature

  • Beyer, Helmut/Müller, Klaus: Der Niedersächsische Landtag in den fünfziger Jahren. Düsseldorf 1988.
  • Simon, Barbara: Abgeordnete in Niedersachsen. 1946–1994. Biographisches Handbuch. Hg. vom Präsidenten des Niedersächsischen Landtags. Hannover 1996, S. 105.
  • Stöss, Richard (Hg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. Sonderausgabe Band 1: AUD bis CDU. Mit Beiträgen von Siegfried Heimann, Alf Mintzel, Ute Schmidt und Richard Stöss. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, Bd. 38. Opladen 1986.
  • Zick, Rolf: Ein starkes Land im Herzen Europas. Die CDU in Niedersachsen 1945 bis 2015. Sankt Augustin/Berlin 2016.

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Markus Köhler
Sachbearbeiter Medienarchiv
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