Rudolf „Rudi“ Geil wurde am 25. April 1937 im heute zu Lahnstein gehörenden Oberlahnstein geboren. Er absolvierte das staatliche Gymnasium Oberlahnstein 1957 mit dem Abitur.
Von 1957 an studierte er in Bonn und Frankfurt am Main Wirtschaftspädagogik. Nach dem Studienabschluss fand er 1961 eine Anstellung im rheinland-pfälzischen Schuldienst und wirkte zehn Jahre lang als Berufsschullehrer in Lahnstein und Koblenz, in letzter Verwendung als Oberstudienrat.
Anfänge in der CDU Rheinland-Pfalz
1960 trat er in die CDU bei. Bereits vier Jahre später zog er in den Oberlahnsteiner Stadtrat ein und behielt dieses Mandat auch nach Konstituierung der aus den Städten Oberlahnstein und Niederlahnstein zusammengeschlossenen Stadt Lahnstein im Jahr 1969. Im selben Jahr wurde er Mitglieds des Kreistags Rhein-Lahn-Kreis.
1971 wurde er zum Vorsitzenden des Kreisverbands CDU Rhein-Lahn gewählt. Den Vorsitz übte er bis zu seiner Wahl zum Vorsitzenden des Bezirksverbands CDU Montabaur aus.
Aufstieg zum Landesminister
Ebenfalls 1971 gelang Geil zum ersten Mal der Sprung in den rheinland-pfälzischen Landtag. Er sollte dem Parlament im Mainzer Deutschordenshaus für die nächsten 22 Jahre angehören. Seit der Landtagswahl am 9. März 1975 gehörte er jeweils zu den direkt gewählten Abgeordneten des Landtagswahlkreises 1. Schon bald danach wurde er im November 1976 zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag gewählt. In dieser Funktion kritisierte er die Auszeichnung der kommunistischen Schriftstellerin Anna Seghers mit der Ehrenbürgerwürde der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz als „Affront gegenüber allen Demokraten“.
Nach dem Ausscheiden zweier langjähriger Landesminister wurde er zur Mitte der Legislaturperiode am 12. Juni 1981 von Ministerpräsident Bernhard Vogel zum Minister für Soziales, Gesundheit und Umwelt ernannt. In dieser Funktion war es Geil möglich, sich schnell zu bewähren. Er ergriff wirkungsvolle Maßnahmen im Sinne des Umweltschutzes, machte sich über einen Fonds für Chemiemüll für den Bodenschutz stark und förderte fachmedizinische Versorgungsstrukturen. Angesichts steigender Pflegekosten in einer alternden Gesellschaft unterstützte er staatliche Kostenhilfen für die Familien.
1985 wurde er zum Minister für Wirtschaft und Verkehr ernannt. Der Bonner General-Anzeiger (5. März 1985) vermerkte, dass der „als Minister sehr erfolgreiche frühere CDU-Landtagsfraktionschef […] vom Regierungschef in die Pflicht genommen“ werde . Sein Nachfolger im Umweltministerium wurde Klaus Töpfer. Auch in der neuen Verwendung erwies sich Geil als kompetent und strengte die Ansiedlung innovativer Industrien in Rheinland-Pfalz an. Dabei konnten auch internationale Unternehmen, insbesondere aus dem ostasiatischen Raum, für den unter Druck stehenden Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz gewonnen werden. Überlegungen des hessischen Umweltministers Joschka Fischer zum Ausstieg aus der Kernenergie bezeichnete er im Mai 1986 als „Milchmädchenrechnungen“ mit hinreichend negativen Folgen für den Arbeitsmarkt und die Lebenshaltungskosten der Verbraucher.
Nach der Landtagswahl am 14. Mai 1987 wurde er im Kabinett Vogel IV zum Minister für Inneres und Sport ernannt. Dies war einerseits Ausdruck seiner gestiegenen Bedeutung innerhalb des Landesverbandes, andererseits notwendig geworden da die FDP als Koalitionspartner das Wirtschaftsressort für ihren Landesvorsitzenden Rainer Brüderle reklamierte. Da die CDU die Landtagswahl zwar gewonnen hatte, gleichzeitig aber im Gegensatz zu den letzten vier Wahlen ihre absolute Mehrheit verloren hatte, entbrannte ein Konflikt innerhalb des Landesverbands. Geil suchte in einer Mediatorrolle zwischen den verschiedenen Fronten zu vermitteln. Als Innenminister musste er mit den Nachwirkungen des Flugunglücks von Ramstein umgehen.
Auf dem Landesparteitag am 11. November 1988 kam es zur offenen Auseinandersetzung: Geil wurde von 78,7 Prozent der Delegierten zum Stellvertreter des in einer Kampfkandidatur erfolgreichen neuen Landesvorsitzenden Hans-Otto Wilhelm gewählt. Vor der Abstimmung um den Vorsitz hatte er sich noch mitsamt den anderen Bezirksvorsitzenden Georg Gölter und Carl-Ludwig Wagner für Vogel ausgesprochen. Der ebenfalls im Raum stehende und von Geil auf lange Sicht anvisierte Aufstieg zum Landesvorsitzenden sollte ihm nicht vergönnt sein. Die Möglichkeit, Regierungschef in Mainz zu werden, beschied er abschlägig, sprach sich hier deutlich gegen eine Übergangslösung aus. Vogel trat nach der verlorenen Kampfkandidatur auch als Ministerpräsident zurück.
Die folgende Kabinettsumbildung unter dem neuen Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner brachte für Geil keine Veränderung mit sich. Im Anschluss wurde im Dezember 1988 eine am Bundestagswahlrecht orientierte Reform des rheinland-pfälzischen Landtagswahlrechts angestoßen, welche im November 1989 erfolgreich abgeschlossen wurde. Im Januar 1990 wurde er als Nachfolger des angeschlagenen Ministerpräsidenten diskutiert. Am 21. Juni 1990 veränderte sich sein Ressortzuschnitt, er war nunmehr lediglich für das Innenministerium zuständig. Im Juli 1990 sprach sich Geil gegen einen Umzug der Bundesregierung nach Berlin aus. Mit 77,6 Prozent der Stimmen wurde er am 12. Januar 1991 als stellvertretender Landesvorsitzender bestätigt. Nach dem Wahlsieg der SPD bei der Landtagswahl am 21. April 1991 schied er aus dem Ministeramt. Er sollte den stellvertretenden Landesvorsitz der CDU Rheinland-Pfalz und sein Landtagsmandat jedoch noch für ein weiteres Jahr behalten.
Nach dem Rücktritt des thüringischen Ministerpräsidenten Josef Duchac am 23. Januar 1992 galt Geil als Favorit von Bundeskanzler Helmut Kohl für die Nachfolge an der Spitze des Freistaates. Der Landesverband der CDU Thüringen entschied sich jedoch zur Wahl Bernhard Vogels, der ihn einst in Rheinland-Pfalz in seine Kabinette berufen hatte.
Wechsel nach Mecklenburg-Vorpommern als Innenminister
Im Jahr 1993 wechselte Geil in die Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern. Anlässlich seines Abschieds aus der Heimat schrieb die Saarbrücker Zeitung (13. Februar 1993), dass „[s]elbst Gegner […] ihm für seine zehnjährige Ministerarbeit Respekt" zollten. In der von Ministerpräsident Berndt Seite geführten Landesregierung wurde er am 19. Februar 1993 zum Innenminister ernannt. Die F.A.Z. (13. Februar 1993) kündigte ihn als „sachkundig, loyal, arbeitsam“ an . Er verblieb auch nach der Landtagswahl am 16. Oktober 1994 in seinem Amt. Während seines Schaffens in Schwerin hinterließ er nachhaltige Spuren: Er ergriff Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und sorgte sich um den Wohnungsbau. Besonders um die innere Sicherheit machte er sich verdient, etwa indem er früh und deutlich die aufkommende Gefahr einer erstarkenden rechtsradikalen Szene benannte oder mit dem polnischen Innenminister Andrzej Milczanowski ein Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung und Verfolgung des organisierten Verbrechens abschloss. Am 12. Mai 1997 legte er den Ministerposten nieder, denn es hatte ihn ein Ruf nach Berlin ereilt.
Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer
Seit den Mai 1997 fungierte er, im Range eines Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft, im Kabinett von Helmut Kohl als Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer. Der Lahnsteiner war der Wunschkandidat von Bundeskanzler Kohl für diesen Posten. Der Sprecher der ostdeutschen CDU-Bundestagsabgeordneten, Paul Krüger, attestierte ihm ein „Gespür für die besondere Situation in Ostdeutschland“. Die Frankfurter Rundschau (29. April 1997) bezeichnete ihn zum Amtsantritt als einen „aufrechte[n] Wertkonservative[n]“ . Als Sonderbeauftragter für den Aufbau Ost machte er sich für eine Beibehaltung des Solidaritätszuschlags stark und war ein Befürworter der durch die Bundesregierung angedachten Steuerreform. Besonders großen Wert legte er auf wirtschaftspolitische Belange. Mit der Wahlniederlage bei der Bundestagswahl am 27. September 1998 musste den Posten des Sonderbeauftragten aufgeben.
In der Partei firmierte Geil aufgrund seines vielfältigen Karriereportfolios unter dem Rufnamen „Allzweck-Rudi“. Sein Stil wurde von der Stuttgarter Zeitung (27. Januar 1992) als „hemdsärmelig“ und dennoch „agil und durchsetzungsstark“ eingeordnet . Die Süddeutsche Zeitung (29. April 1997) bescheinigte ihm „eine Vermittlergabe“ . Er neigte nicht zu überstürzten Entscheidungen, war „kein Vabanque-Spieler“ (Stuttgarter Zeitung, 13. Februar 1993). Nach dem Millennium stand er einer Arbeitsgruppe der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. vor, die Reformansätze zur Konsolidierung des kommunalen Einnahme- und Finanzsystems formulierte.
Rudi Geil starb am 12. Februar 2006 nach langer Krankheit in seiner Heimatstadt. Ein Jahr vor seinem Tod war er dort zum Ehrenbürger ernannt worden. In Lahnstein wurde 2008 die beide Stadtteile verbindende Flussbrücke zu seinen Ehren umbenannt. Für seine Verdienste um die Bundesrepublik wurde er 1989 mit dem Großen Verdienstkreuz, 1998 dann mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.
Curriculum vitae
- 1957–1961 Studium der Wirtschaftspädagogik in Bonn und Frankfurt/Main
- 1961–1971 Diplomhandelslehrer und Studienrat in Lahnstein und Koblenz, aktiv im Bund der Katholischen Jugend in der Diözese Limburg
- 1964–1968 Diözesanvorsitzender
- 1964–1978 Stadtrat in Oberlahnstein bzw. Lahnstein
- 1969–1993 und seit 1999 Kreistag Rhein-Lahn-Kreis
- 1971–1993 MdL Rheinland-Pfalz
- 1976–1981 Fraktionsvorsitzender
- 1981–1985 Minister für Soziales, Gesundheit und Umwelt
- 1985–1987 Minister für Wirtschaft und Verkehr
- 1987–1991 Minister für Inneres und Sport
- 1980–1991 Vorsitzender des CDU-Bezirksverbands Koblenz-Montabaur
- 1988–1992 stellvertretender Vorsitzender der CDU Rheinland-Pfalz
- 1993–1997 MdL Mecklenburg-Vorpommern
- 1993–1997 Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern
- 1993–1997 Mitglied des Landesvorstands der CDU Mecklenburg-Vorpommern
- Mai 1997–Oktober 1998 Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft