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"Netanjahu hat eigene Wähler mobilisiert"

Dr. Michael Borchard zum Ausgang der Knesset-Wahlen

Nach den ersten Hochrechnungen sah es nach einem Patt aus zwischen Benjamin Netanjahu und seinem Herausforderer Issac Herzog. Am Ende konnte Netanjahus Likud jedoch wider Erwarten einen sehr deutlichen Sieg einfahren. Über Ursachen und Aussichten sprach Dr. Michael Borchard, Leiter des Israel-Büros der Adenauer-Stiftung, im Interview mit MDR Info.

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Eine der Hauptursachen für den Sieg Netanjahus liege darin, dass es ihm gelungen sei, einen Mobilisierungswahlkampf zu führen, sagt Michael Borchard. Das unterscheide auch den israelischen Wahlkampf von der deutschen Situation. „Denn wer in Deutschland polarisiert, geht immer ein hohes Risiko ein bei Wahlen, weil er wahrscheinlich die eigenen Wähler gewinnt, aber die Wechselwähler verliert.“ Netanjahu habe nun aber versucht, die eigenen Wähler durch einen massiven Rechtsruck zu mobilisieren, vor allem durch zwei Äußerungen.

Staatspräsident wird auf Einheitsregierung drängen

Zum einen sagte er deutlich, dass es mit ihm keinen Palästinenserstaat geben werde. „Eine Äußerung, hinter die er jetzt nur noch schwer wird zurückkommen können“. Die zweite Äußerung, die für viel Empörung gesorgt habe, auch international, war, dass die Linke nun massenhaft arabischer Wähler mit Bussen an die Wahlurnen bringe. „Dabei haben die nichts anderes getan, als ihr gutes Recht als israelische Staatsbürger auszuüben.“

In der letzten Regierung habe es noch etwas wie einen moderierenden Ausläufer in die Mitte gegeben, so Borchard. Kommt es jetzt zu einem Rechtsbündnis, werde ein solcher Faktor fehlen. „Ich gehe davon aus, dass sich der Rechtsruck in der Regierungsarbeit niederschlagen und man ihn spüren wird.“

Auch wenn Isaac Herzog und Benjamin Netanjahu im Vorfeld eine gemeinsame große Koalition abgelehnt haben, sei sie nicht auszuschließen, denn in Israel gebe es mit der Rolle des Staatspräsidenten einen einflussreichen und spannenden Faktor. „Er bekommt von den Parteiführern zwar Empfehlungen, wer Aussichten auf eine erfolgreiche Regierungsbildung hat, doch er muss sich an diese Empfehlungen nicht halten, sondern kann sich relativ frei entscheiden, welchen Kandidaten er benennt.“ In Ausübung dieses Rechtes werde Reuven Rivlin sehr stark darauf drängen, dass es eine Einheitsregierung gibt.

Arabische Liste - "Ein spannendes Signal!"

Das Abschneiden der arabischen Liste sei mit 14 Mandaten durchaus beachtlich, weil es sich dabei um eine nationalistische, islamistische und kommunistische handelt. „In Deutschland wäre das ungefähr so, als würden sich CDU, Linkspartei und FDP zu einer Liste zusammenschließen.“ Darin stecke auch letztlich die Absturzgefahr, denn die Joint Arab List habe jetzt zwar eine sehr starke Rolle in der Knesset und repräsentiere die 20 Prozent wahlberechtigten Palästinenser, aber es bleibe fraglich, wie lange die Einigkeit nach der Wahl anhalte. „Ein spannendes Signal ist es trotzdem.“

Mit freundlicher Unterstützung von MDR Info

Dr. Michael Borchard im Deutschlandfunk-Interview, 18. März 2015

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