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Kadima verlässt die Koalition

Unüberbrückbare Differenzen im Streit um die Wehrpflicht für junge Ultraorthodoxe

Auf Vorschlag ihres Vorsitzenden Schaul Mofas beschloss die Kadima-Fraktion der Knesset am 17. Juli 2012 mit überwältigender Mehrheit, die Regierung Netanjahu nach einer Bündnisdauer von nur zehn Wochen wieder zu verlassen.

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Auf Vorschlag von Schaul Mofas beschloss die Kadima-Fraktion der Knesset am 17. Juli 2012 mit einer Mehrheit von 25 zu 3 Stimmen (siehe Mofaz: I hoped PM would go beyond ‚petty politics’, Jerusalem Post online vom 17. Juli 2012), die Regierung Netanjahu zu verlassen; dieses Bündnis hatte lediglich zehn Wochen gehalten.

Grund sind die unüberbrückbaren Differenzen mit den ultraorthodoxen Koalitionspartnern und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über die Frage der Wehrpflicht junger Ultraorthodoxer. Mofas kritisierte, Netanjahu habe sich in diesem Streit „auf die Seite der Drückeberger gestellt“ (siehe PM to submit his own conscription bill, after Kadima quits coalition in row over national service for all, The Times of Israel vom 18. Juli 2012).

Ob diese nicht ganz überraschende Entwicklung zu sofortigen Knesset-Neuwahlen führen wird, ist offen. Nach Ansicht des Vorsitzenden des säkular-nationalistischen Koalitionspartners Israel Beitenu, Außenminister Avigdor Lieberman, sind vorgezogene Neuwahlen erst nach Februar 2013 zu erwarten (siehe Lieberman foresees early elections, ynetnews.com vom 18. Juli 2012). In einer ersten Analyse meint Aluf Benn in Haaretz, Mofas’ politische Karriere sei mit dem Ende des kurzen Ausflugs in die Regierung Netanjahu vorbei (siehe Mofaz’s political career is over, Haaretz online vom 18. Juli 2012).

Spekulationen über Ehud Olmerts Rückkehr

In Israel mehren sich die Spekulationen über eine Rückkehr des ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert (Kadima) in die Politik. So meint die politische Kommentatorin Sima Kadmon in einem Op-Ed für Jedioth Achronot, ein Comeback Olmerts in die politische Arena sei nur eine Frage des „Wie und Wann“ (vgl. When will Olmert return?, in ynetnetnews.com vom 16. Juli 2012). Olmert, der aufgrund schwerer Korruptionsvorwürfe 2008 vorzeitig vom Amt des Ministerpräsidenten ausscheiden musste, wurde kürzlich von den schwersten der gegen ihn erhobenen Anklagen entlastet und nur der Untreue für schuldig befunden. Er bestreitet bislang, die Ambition zu haben, demnächst in die Politik zurückzukehren.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kadima-Politiker schon für die nächsten Knesset-Wahlen kandidieren könnte, wird ohnehin durch den Ausstieg Kadimas aus der Regierungskoalition minimiert. Planmäßig würden diese Wahlen im Herbst 2013 abgehalten werden. Die Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen Anfang des nächsten Jahres würde Olmert unter Termindruck setzen. Die endgültige Entscheidung im Strafverfahren gegen ihn wird erst im September 2012 fallen. Olmert hätte dann nicht mehr genügend Zeit, sich auf ein Comeback vorzubereiten. Israelische Kommentatoren mutmaßen, es gebe einen Zusammenhang zwischen dem Ausstieg der Kadima aus der Koalition und dem Interese von Mofas und Netanjahu, ein denkbares Comeback Olmerts zu konterkarieren (vgl. Kadima bolts over draft dispute, shattering coalition only after 70 days, Yossi Verter in Haaretz online vom 18. Juli 2012).

Allerdings ist in der sogenannten „Holyland“-Affäre (vgl. Holyland case may be reexamined, Noam Dvir in ynetnews.com vom 11. Juli 2012), in der Olmert beschuldigt wird Schmiergelder angenommen zu haben, ebenfalls noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Benjamin Netanjahus „Pole Position“ in den Meinungsumfragen ist jedenfalls weiterhin unangefochten. Sollte es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen, scheint auch Schaul Mofas innerhalb der Kadima keinen gefährlichen Konkurrenten befürchten zu müssen.

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