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Event Reports

100 Jahre Sykes-Picot-Abkommen: Gewonnene Erkenntnisse für den Nahen Osten

Internationale Konferenz

Die Konrad-Adenauer-Stiftung Israel und das Jerusalem Center for Public Affairs (JCPA) widmeten sich im Rahmen ihrer gemeinsamen Jahreskonferenz einem besonderen zeitgeschichtlichem Datum - dem 100. Jahrestag des Sykes-Picot-Abkommens, das am 16. Mai 1916 zwischen den französischen und britischen Regierungen unterzeichnet wurde. Gemeinsam mit Experten unterschiedlicher Disziplinen analysierten die Organisatoren das schwierige Erbe der vor 100 Jahren am „grünen Tisch“ getroffenen Entscheidungen.

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Autoren: Jakob Ohm & David Dessauer

Die Konrad-Adenauer-Stiftung Israel und das Jerusalem Center for Public Affairs (JCPA) widmeten sich im Rahmen ihrer gemeinsamen Jahreskonferenz einem besonderen zeitgeschichtlichem Datum - dem 100. Jahrestag des Sykes-Picot-Abkommens, das am 16. Mai 1916 zwischen den französischen und britischen Regierungen unterzeichnet wurde. Gemeinsam mit Experten unterschiedlicher Disziplinen analysierten die Organisatoren das schwierige Erbe der vor 100 Jahren am „grünen Tisch“ getroffenen Entscheidungen. Folgende Fragen waren dabei leitend: Welchen Anteil haben die Ereignisse vor 100 Jahren an den heutigen Zuständen im Nahen Osten? Wie sehr hat die Ziehung willkürlicher Grenzen und die Bildung von Nationen, die es vormals nicht gegeben hat, zum Phänomen des Mächte- und Kräftezerfalls vor Ort und der Herausbildung neuer nichtstaatlicher Akteure beigetragen? Welche Lehren, wenn überhaupt, kann der "Westen" kann die internationale Gemeinschaft heute aus "Sykes-Picot" ziehen? Wie kann und soll die internationale Gemeinschaft im Nahen Osten in Zukunft politisch, ökonomisch, militärisch "eingreifen"? Was bedeutet das alles für Israel?

Dr. Michael Borchard, Leiter des KAS-Büros in Israel, konnte rund 300 Gäste und 20 Experten begrüßen, die sich in vier Podien unterschiedlichen Aspekten der Thematik widmeten. Er betonte in seiner Eröffnungsansprache besonders deutlich, dass das Sykes-Picot Abkommen nicht gleichzusetzen sei mit dem „Beginn allen Übels“, deutete jedoch darauf hin, dass beispielsweise nur wenige Zeit nach Unterzeichnung des Abkommens die oft unterschätzte Muslimbruderschaft gegründet wurde. Dr. Borchard stellte dar, dass die Ziele der britischen und französischen Diplomaten Mark Sykes und François Georges-Picot ursprünglich nicht auf die Grenzziehung, sondern viel mehr auf die Festlegung von Einflusszonen ausgerichtet waren. Daher reiche eine rein geschichtliche Analyse dieses Abkommens und dessen Folgen nicht aus.

Es folgten die Grußworte des Konferenzleiters auf Seiten des JCPA, Amb. Freddy Eytan, in dessen Rahmen er auf die nicht immer unkomplizierte Zusammenarbeit mit europäischen Partnern im Nahen und Mittleren Osten verwies. Er legte die religiösen Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten dar und betonte die Notwendigkeit, geschlossen gegen den „Globalen Jihad“ vorzugehen. Für einen stabilen Frieden in der Region seien jedoch direkte Gespräche zwischen den Konfliktparteien unerlässlich.

Panel 1: Historischer Überblick zum Sykes-Picot-Abkommen

Das erste Podium zum historischen Hintergrund des Sykes-Picot Abkommens eröffnete Prof. Shlomo Avineri, Politikwissenschaftler an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Prof. Avineri begann mit der Darstellung der Ausgangslage des Nahen Ostens nach Ende des Ersten Weltkriegs und der damit einhergehenden geopolitischen Herausforderungen. Als Beispiel für die Langzeitfolgen des europäischen Einflusses im Nahen Osten nannte er die Bestrebungen der Kurden im Irak nach einem eigenen Staat. Bezugnehmend auf die jüngeren historischen Ereignisse stellte Avineri fest, dass der Optimismus, der vom Arabischen Frühling ausgegangen war, einem bitteren Realismus von Terror und Gewalt gewichen sei.

Als zweiter Redner stellte Nahostexperte des Shalem College, Martin Kramer, die Machtansprüche im Nahen Osten zur Zeit des Sykes-Picot Abkommens unter dem Aspekt der Errichtung eines unabhängigen arabischen Staates dar. Während seiner Ausführungen stellte er heraus, dass dieses Konstrukt jedoch im Widerspruch zur zionistischen Idee stand.

Als dritter Referent vermittelte Efraim Karsh, Professor für Politikwissenschaften an der Bar-Ilan Universität und Professor am King`s College in London, die britische Perspektive auf die historischen Ereignisse rund um das Sykes-Picot-Abkommen. Er hielt fest, dass das Abkommen als eine Reaktion auf die Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu deuten sei. Die französische Perspektive auf das 100-jährige Abkommen wurde schließlich durch den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Europäischen Akademie für Geopolitik, Richard Rossin, dargestellt. Er führte aus, dass die beiden Diplomaten Sykes und Picot eine friedliche Lösung angestrebt hätten und die zionistische Idee auch im Interesse Frankreichs gelegen habe. Er beendete seine Ausführungen mit einer Warnung vor der Terrororganisation Islamischer Staat, die bestrebt sei, die Grenzen der Sykes-Picot Ordnung zu zerstören und ihren Machtbereich weiter auszudehnen.

Panel 2: Der Kollaps von Grenzen - Eine Zukunftsperspektive

Im zweiten Panel referierten Itamar Rabinovich, ehemaliger israelischer Botschafter in den Vereinigten Staaten und Professor an der Universität Tel Aviv, und Dr. Jacques Neriah (JCPA) über die Herausforderungen, die mit der damaligen Grenzziehung einhergingen. Sie wiesen darauf hin, dass drei der fünf Staaten, die aus dem Sykes-Picot Abkommen hervorgehen sollten, heute sogenannte „failed states“ sind und bezogen sich damit auf Syrien, den Irak und den Libanon. Nach seiner historischen Darstellung der Grenzverläufe ab 1916 stellte Prof. Rabinovich heraus, dass das Sykes-Picot-Abkommen nicht allein für das Scheitern einiger Staaten verantwortlich gemacht werden könne. Er nannte unter anderem den Konflikt zwischen den Sunniten und Schiiten als einen Grund für die Instabilität in der Region. Auf die Frage, was in der Zukunft passieren werde, antwortete er, dass die Wahlen in den USA 2017 einen wichtigen Meilenstein darstellen werden und auch die Rolle Russlands neudefiniert werden müsse. Dr. Neriah präsentierte seine Analysen über den internationalen Terrorismus und den „Terrorexport“ im Internet. Kritisch reflektierte er die Rolle Saudi Arabiens im Nahen Osten und den Einfluss des Königreiches auf Geldströme, Rohstoffe und Waffen. Jordanien lobte er als einen „Sicherheitsanker im Nahen Osten“.

Panel 3: Rechte Aspekte und Internationales Recht

Im Rahmen des dritten Panels wurden die rechtlichen Aspekte der Sykes-Picot-Ordnung, die noch heute Auswirkungen auf den Nahen Osten hat, beleuchtet. Zunächst sprachProf. Ruth Lapidoth, eine der renommiertesten Vertreterinnen Israels auf dem Gebiet des Völkerrechts, über die geschichtlichen Entwicklungen des Grenzverlaufs zwischen Israel und Ägypten. Sie betonte in diesem Kontext die besondere Rolle der südisraelischen Stadt Eilat. Es sei nur geschickten juristischen Verhandlungen zu verdanken, dass der südliche Negev Israel zuerkannt wurde. Anschließend stellteProf. Eugene Kontorovichals Vertreter der jüngeren Generation israelischer Juristen die Zusammenhänge zwischen den Gebieten der Völkerbundsmandate in der Zwischenkriegszeit und den Grenzen der später entstandenen Nationalstaaten dar.

Panel 4: Strategische Perspektiven: Damals und heute

Das letzte Podium der Veranstaltung widmete sich unter der Moderation von Dr. Michael Borchard den strategischen Perspektiven auf das Sykes-Picot-Abkommens. Nach der thematischen Einführung durch Dr. Borchard gabAlexey Drobinin, stellvertretender Botschafter Russlands in Israel, der Zuhörerschaft einige Ausführungen zur weltweiten Sicherheitslage aus russischer Perspektive. So konstatierte er, dass aus Sicht des Kreml ein Machtvakuum durch die vermeintliche Schwäche der USA und der westlichen Staaten entstehe, das ökonomisch durch die BRICS-Staaten, allen voran China und Indien, gefüllt werde, während Russland entschlossen sei, eine stärkere geopolitische Rolle in instabilen Regionen einzunehmen. Dies solle aber unter Einbindung von regionalen Kräften geschehen. Auch die wachsenden Spannungen innerhalb der islamischen Welt würden in Moskau besorgt zur Kenntnis genommen. Im Anschluss sensibilisierteDr. Ahmet K. Hanvon der Kadir Has Universität in Istanbul das Publikum für die türkischen Assoziationen mit dem Sykes-Picot Abkommen. Demnach gebe es in der Türkei ein regelrechtes Trauma, das vor allem mit dem Vertrag von Sèvres, einem der Pariser Vorortverträge, der sich auf Sykes-Picot bezieht, verbunden sei. Darauf führe sich eine historisch begründete Angst vor Gebietsverlusten zurück. Er unterstrich seinen Vortrag mit historischen Landkarten, auf denen verschiedene Teilungspläne für das osmanische Reich aus der Zeit des Ersten Weltkrieges zu sehen waren. Inhaltlich wurde das Podium vonBrigadegeneral a.D. Yossi Kuperwasser__igadegeneral a.D. Yossi Kuperwasser__adegeneral a.D. Yossi Kuperwasser__egeneral a.D. Yossi Kuperwasser__eneral a.D. Yossi Kuperwasser__eral a.D. Yossi Kuperwasser__al a.D. Yossi Kuperwasser__ a.D. Yossi Kuperwasser__.D. Yossi Kuperwasser__. Yossi Kuperwasser__Yossi Kuperwasser__ssi Kuperwasser__i Kuperwasser__Kuperwasser__perwasser__rwasser__asser__ser__r___ vom JCPA beschlossen, indem er einen historischen Bogen vom Ersten Weltkrieg bis zu den jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten zog. Kuperwasser zufolge sei die arabische Welt tief gespalten und bestehe mittlerweile aus einem durch den Iran dominierten sunnitischen und einem von Saudi Arabien unterstützten Schiitischen Lager, die sich beide unversöhnlich gegenüber stünden. Die größte Gefahr für Israel bestehe diesbezüglich darin, dass Massenvernichtungswaffen in die falschen Hände gerieten. Da in Syrien schon von beiden Seiten Giftgas eingesetzt worden sei und die Kämpfe unmittelbar vor Israels Nordgrenze tobten, sei diese Angst nicht unbegründet. Auch der israelisch-palästinensische Konflikt müsse in diesem Kontext betrachtet werden, da die Palästinenser ebenfalls von den problematischen Entwicklungen in der arabischen Welt betroffen seien, was eine friedliche Lösung des Konflikts erschwere.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die historischen, strategischen und geopolitischen Aspekte des Skyes-Picot-Abkommens, die auch 100 Jahre nach dessen Abschluss die Situation im Nahen Osten beeinflussen, von den Referenten umfassend und faktenbasiert dargestellt wurden, sodass der interessierten Zuhörerschaft ein Gesamtbild der Problematik eröffnet wurde. Dies war auch der umfassenden Expertise der internationalen Referenten aus verschiedenen Fachbereichen zu verdanken. Auch wenn die Frage, welche Rolle die Sykes-Picot-Ordnung in der Zukunft der Region noch spielen wird, nur hypothetisch angesprochen werden konnte, wurde der Anspruch des Veranstaltungstitels doch voll und ganz eingeholt, indem die „Lektionen“, die für eine heutige Politik gelernt werden können, eindeutig zur Sprache kamen: Eine größere Sensibilität für die ethnischen und religiösen Identitäten in der Region, die Rolle einer auf Frieden und Sicherheit gründenden Politik und die Verantwortung der westlichen Partner aus strategischer und geopolitischer Sicht.

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