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Event reports

50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen

Kontinuität oder Wandel?

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel hat die Konrad-Adenauer-Stiftung vom 8. bis zum 15. Februar eine Delegation von elf jungen israelischen Politikberatern zu einem Studien- und Dialogprogramm nach Berlin entsandt.

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Die Delegationsreise wurde in enger Abstimmung mit dem Büro des Präsidenten der Knesset, MdK Yuli Yoel Edelstein, der sich in diesem Jahr besonders für den deutsch-israelischen politischen Austausch einsetzt, organisiert. Im Rahmen des Programms hatten die Teilnehmer, die verschiedenen politischen Lagern nahe stehen, die Gelegenheit, sich intensiv mit der deutschen Gesellschaft und dem politischen System vertraut zu machen, gemeinsame Interessen der deutsch-israelischen Zusammenarbeit zu identifizieren und nachhaltige Kontakte mit Vertretern von Politik und Zivilgesellschaft in Deutschland zu knüpfen.

Den Einstieg in das einwöchige Programm bildete eine politische Stadtrundfahrt durch Berlin, die von Dr. Anke Fromme geleitet wurde. Dr. Fromme vermittelte den Teilnehmern erste Informationen zu den in Berlin ansässigen politischen Institutionen und gab einen Überblick über Orte und Gedenkstätten von zentraler historischer Bedeutung. Einige Teilnehmer sahen zum ersten Mal, was die deutsche Teilung für Berlin bedeutet hat, welchen Einfluss sie auf den Alltag der Berliner hatte und welche Dynamik die Stadt Berlin durch die Überwindung der Teilung entfaltet hat.

Im Anschluss besuchte die Delegation den Deutschen Bundestag, wo sie in die Geschichte des Gebäudes eingeführt wurde und zentrale Räumlichkeiten besichtigte. Besonders intensiv beschäftigten sich die Berater mit der Frage, wie es Hitler gelingen konnte, den Reichstag innerhalb kürzester Zeit von einer demokratischen Institution zu einem gleichgeschalteten Scheinparlament zu degradieren. Dabei wurde die Rolle der Reichstagsbrandverordnung vom Februar 1933 diskutiert, die Hitler nur einen Monat nach seiner Ernennung zum Reichskanzler als Grundlage diente, seine ohnehin schwachen politischen Gegner zu verfolgen. Besonders das Ermächtigungsgesetz, das vom Reichstag selbst verabschiedet wurde und es der Regierung ermöglichte, ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat Gesetze zu erlassen, war Teil der Debatte und stieß bei den Teilnehmern auf Unverständnis. Aus diesem Gespräch trugen die Teilnehmer die Frage, welche Konsequenzen die Gründerväter der Bundesrepublik Deutschland aus dieser systematischen und umfassenden „Machtergreifung“ gezogen hatten und mit welchen Mechanismen sie die deutsche Demokratie aufzubauen und vor Angriffen zu schützen vermochten.

Dieser und anderen Fragen widmete sich Prof. Dr. Oskar Niedermayer, einer der führenden Experten für das deutsche politische System, in seinem Vortrag am nächsten Morgen. Dabei ging er auf die fünf Verfassungsorgane ein, die die deutsche Demokratie ausmachen: Parlament, Bundesrat, Bundesregierung, Bundespräsident und Bundesverfassungsgericht. Er erklärte, dass der Systemwechsel hin zu einer gefestigten Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg stark von den westlichen Siegermächten beeinflusst und unterstützt wurde. Eine weitere wichtige Rolle beim Aufbau der Demokratie hätten auch die politischen Stiftungen gespielt, die mit ihren Bildungsmaßnahmen die Erziehung der deutschen Bürger hin zu demokratischen Werten entscheidend geprägt hätten.

Die Bundesrepublik sei heute eine Parteiendemokratie, die Hürden für ein Parteiverbot sehr hoch. Ein solches sei nur über das Verfassungsgericht zu erwirken und nur wenn bewiesen sei, dass eine Partei aktiv am Umsturz der Demokratie arbeite. In der Geschichte der BRD sei bislang nur zwei Mal in den 50-er Jahren ein solches Verbot im Falle der Nachfolgepartei der NSDAP und der Kommunistischen Partei Deutschlands umgesetzt worden. Weiterhin ging Prof. Niedermayer auf die Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern und auf die Interaktionen zwischen Bundestag und Bundesrat ein. So müsse bei nationalen Gesetzen, die die Interessen der Länder berühren, neben dem Bundestag auch der Bundesrat abstimmen. Die Kanzlerin, die eine starke Stellung habe, würde vom Parlament kontrolliert und könne durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden. Das Verfassungsgericht sei ein politisch unabhängiges Organ, das unabhängige Entscheidungen treffe. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass gewählte Richter für 12 Jahre im Amt bleiben und nicht aus politischen Gründen abberufen werden könnten. All diese Mechanismen der gegenseitigen Kontrolle und Interaktion trügen zur Stabilität des demokratischen Systems bei.

Besonders verblüfft war die Delegation über die Anzahl der Minister in der deutschen Regierung. Während es in Deutschland bei einer Anzahl von derzeit 631 Abgeordneten 15 Minister gibt, bestand die letzte israelische Regierung aus 21 Ministern und acht stellvertretenden Ministern bei einer Gesamtzahl von 120 Abgeordneten.

Bei einer Besichtigung des Bundesrates wurden die Politikberater darüber informiert, wie das föderale System der Bundesrepublik aufgebaut ist, wie die Einbeziehung der Länder in den Gesetzgebungsprozess auf der Bundesebene und wie in diesem Zusammenhang auch die Ausschussarbeit der 16 Bundesländer abläuft.

Im Anschluss traf sich die Delegation mit dem Leiter der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages│ http://www.bundestag.de/analysen, Dr. Guido Heinen. Dieser Termin war deshalb besonders bedeutend für die Gruppe, weil neben Deutschland Israel eines der wenigen Länder ist, das über Wissenschaftliche Dienste in seinem Parlament verfügt. Herr Dr. Heinen berichtete, wie die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags die Abgeordneten bei der alltäglichen Arbeit unterstützen und mit ihrer Forschung 90 Prozent der politischen Themen abdecken. Die Gutachten würden exklusiv für den anfragenden MdB angefertigt, Parteien und Fraktionen dürften aufgrund der Neutralität der Dienste keine Anfragen stellen. So würden circa 4.300 Anfragen pro Jahr bearbeitet. Beeindruckt waren die israelischen Berater von dem Tempo, mit dem Anfragen bearbeitet werden. Zweiseitige Gutachten würden schon innerhalb einer Stunde erstellt, die maximale Bearbeitungszeit einer Anfrage betrage vier Wochen. Eine Herausforderung stelle die Vielzahl der bereitgestellten Informationen im digitalen Zeitalter dar. Es sei sehr aufwendig, relevante Informationen herauszufiltern und falsche Fakten und Zahlen zu erkennen.

Im Rahmen der Teilnahme am Neujahrs-Empfang der Deutschlandstiftung Integration │http://stiftung.geh-deinen-weg.org/ erhielt die Gruppe am Abend einen Eindruck von der Vielfalt in der deutschen Gesellschaft und von verschiedenen öffentlichen und privaten Initiativen zur Förderung der Integration.

Am nächsten Morgen sprach Botschafter a.D. Shimon Stein, der Israel in den Jahren 2001-2007 in Deutschland repräsentierte, mit den Beratern über seine Einschätzung der deutsch-israelischen Beziehungen. Stein wies darauf hin, dass man heute an einem entscheidenden Punkt der deutsch-israelischen Beziehungen angekommen sei. Es gebe immer weniger Holocaust-Überlebende, die als Zeitzeugen zur Aufrechterhaltung der Erinnerung an die Nazi-Verbrechen und deren Opfer beitragen könnten. Die Zukunft des Gedenkens zu gestalten sei eine wichtige Herausforderung für beide Länder. Zwar gebe es heute gute Beziehungen zwischen den Eliten beider Seiten, viele Deutschen ständen Israel jedoch gleichgültig oder gar negativ gegenüber. Es sei daher von zentraler Bedeutung, dass Israelis und Deutsche neue gemeinsame Interessen definierten. Als besonders positiv schätzte Botschafter Stein den Beitrag von Bundeskanzlerin Merkel für die deutsch-israelischen Beziehungen ein. Ferner ging er auf die erfreuliche Entwicklung im Bereich der deutsch-israelischen Städtepartnerschaften ein, auch wenn die eine oder andere Partnerschaft etwas aktiver sein könnte. Zur Frage nach der Unterscheidung von Israel-Kritik und Antisemitismus erklärte der ehemalige Diplomat, dass man seiner Meinung nach eine Grenze überschreite, wenn es zur Delegitimierung des Staates Israel und Vergleichen bspw. mit dem Nazi-Regime komme.

Eine anschließende Gesprächsrunde mit Frank Priess, dem stellvertretenden Leiter der Hauptabteilung für Europäische und Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung, mit Thomas Birringer, dem Leiter des Teams Naher Osten und Nordafrika sowie Dr. Oliver Ernst, Länderreferent im Team Naher Osten und Nordafrika, gab den Beratern Aufschluss über zahlreiche innenpolitische Fragen, die im Rahmen ihres Aufenthalts aufgekommen waren. Nachdem Frank Priess die Funktionsweisen und die Zielsetzung der Konrad-Adenauer-Stiftung erläutert hatte, ging er auf die CDU und die Herausforderungen christdemokratischer Politik in Deutschland ein. Besonders interessierten sich die israelischen Gäste für Strategien der Rekrutierung neuer Mitglieder. Das Durchschnittsalter in der CDU betrage heute 57 Jahre und die Mobilisierung junger Mitglieder sei nicht einfach. 25 Prozent der neuen Parteimitglieder seien über das Internet eingetreten. Die Partei habe sich in den letzten Jahren auf eine zunehmende Digitalisierung der Politik eingestellt und so hätten CDU-Mitglieder heute die Möglichkeit, online am Prozess der Politikgestaltung Einfluss zu nehmen. Im weiteren Gesprächsverlauf wurden sicherheitspolitische Entwicklungen im Nahen Osten debattiert, dabei spielte der Einfluss des Iran auf Israels Nachbarländer Syrien und Libanon sowie die drohende nukleare Aufrüstung des Iran eine wichtige Rolle. Die israelischen Berater betonten, dass der Iran ein Thema sei, dass die israelische politische Landschaft eine, da sowohl Parteien auf der linken als auch auf der rechten Seite des politischen Spektrums den Iran als eine akute Bedrohung sähen.

Beim nächsten Termin konnten die israelischen Gäste dann in ihrer Muttersprache diskutieren. Michael Rimmel, Referent des Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert, empfing die Delegation im Bundestag. Rimmel, der in Israel aufgewachsen ist und sowohl die israelische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, symbolisiert die positive Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen. Er kam im Rahmen des Internationalen Parlaments-Stipendiums als Praktikant in den Bundestag und erhielt im Anschluss von Norbert Lammert das Angebot, dauerhaft als Referent in seinem Büro tätig zu sein. Den Politikberatern aus seinem Heimatland erzählte er, wie der Alltag eines deutschen Abgeordneten abläuft und welche Aufgaben er als Referent in diesem Rahmen übernimmt. Während des Gesprächs traten viele Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten bei der parlamentarischen Arbeit in Deutschland und Israel zum Vorschein.

Dieses Thema wurde bei einem Abendessen mit sieben Mitarbeitern christdemokratischer Abgeordneter weiter vertieft. Ferner fand ein reger Austausch über den Nahost-Konflikt und mögliche Lösungsansätze statt.

Der nächste Tag wurde von Christoph M. Stolz eröffnet, der beim Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) für den Geschäftsbereich Strategie und Politik zuständig ist. Stolz legte die Grundzüge der deutschen Energiepolitik dar und erklärte den Beratern, wie Deutschland die Energiewende umsetzt. Er wies darauf hin, dass derzeit bereits 27 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, bis zum Jahr 2050 soll dieser Wert sogar auf 80 Prozent erhöht werden. Allerdings gebe es auf diesem Weg noch zahlreiche Herausforderungen. Der finanzielle Aufwand bei der Umstellung von konventionellen auf erneuerbare Energiequellen sei immens, auch müssten sich die Bundesländer untereinander über die Frage einigen, wo Stromtrassen verlegt und neue Kraftwerke gebaut werden sollen. In vielen Fällen scheiterten neue Projekte zur Gewinnung alternativer Energien auch am Widerstand der Anwohner, die die Auswirkungen von Kraftwerken und neuer Infrastruktur in ihrem unmittelbaren Umfeld fürchteten. Chancen sah Stolz in der Entwicklung neuer Technologien, die dafür sorgen könnten, dass die Kosten beim Ausbau erneuerbarer Energien wesentlich unter den derzeitigen Kostenkalkulationen blieben.

Anschließend hielt Matthias Schäfer, Leiter des Teams Wirtschaftspolitik in der Hauptabteilung „Politik und Beratung“ der Konrad-Adenauer-Stiftung, einen Vortrag über Wirtschaftspolitik in Deutschland und Europa. Einen besonderen Schwerpunkt legte er auf das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft. Während in Israel die Auswirkungen der Wirtschaftskrise von 2008 kaum zu spüren waren, hatte Deutschland mit den Folgen des Bankrotts der US-Investmentbank Lehman Brothers schwer zu kämpfen. Die Tatsache, dass die Bundesrepublik im Jahr 2015 trotzdem zu den weltweit führenden Wirtschaftsnationen gehört, führte Schäfer auf eine Reihe von Reformen zurück, die vor zehn Jahren von der Politik umgesetzt worden seien. Noch im Jahr 2003 sei Deutschland unter den Schlusslichtern der europäischen Wirtschaft gewesen. Deutschland habe jedoch Reformbereitschaft gezeigt und habe die Krise mit Maßnahmen wie Kurzarbeit überstanden. Da die Bundesrepublik über ein verlässliches Wirtschaftsmodell verfüge, hätten die Geldgeber in die deutsche Wirtschaft vertraut. Die Politik der Sozialen Marktwirtschaft gebe der Wirtschaft einen Ordnungsrahmen, der sich an den Punkten Individualität (ein Maximum an individueller Freiheit), Gemeinwohl (jeder einzelne bringt etwas ins Gemeinwohl ein – so leistet der Gesunde bspw. einen Beitrag für den Kranken und der Reiche für den Armen) und Subsidiarität (erst der Einzelne, dann der Staat – der Staat hilft erst, wenn es der Einzelne nicht schafft) orientiere.

Der Fall Griechenland sei eine Tragödie. Auf der einen Seite habe Griechenland gemogelt, als es um den Beitritt zur Eurozone ging. In Anbetracht seiner wirtschaftlichen Daten hätte das Land niemals Mitglied des europäischen Währungsraums werden dürfen. Auf der anderen Seite hätten Deutsche und Europäer damals nicht genau hingesehen und seien daher mitverantwortlich an der derzeitigen Situation.

In südeuropäischen Staaten wie Portugal und Spanien ließen sich inzwischen erste Signale der Stabilisierung beobachten. Allerdings drohten bei einem Wahlerfolg linkspopulistischer Parteien wie bspw. Podemos in Spanien, die bislang erreichten Fortschritte wieder zurück gedreht zu werden.

Im Rahmen eines Mittagessens der israelischen Politikberater mit Paul Ziemiak, dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union (JU), und Victor Frank, der für die internationalen Beziehungen der JU zuständig ist ging es um die politischen Gestaltungsmöglichkeiten der jungen Generation. Paul Ziemiak berichtete über die Struktur und das Funktionieren der JU und von den Aufgaben des Bundesvorsitzenden. In der anschließenden Diskussion kamen Unterschiede und Gemeinsamkei ten der Organisationen für politischen Nachwuchs in Deutschland und Israel zur Sprache.

Bei einem Termin im Kanzleramt stand am Nachmittag die Integrationspolitik der Bundesregierung im Vordergrund. Honey Deheimi, Leiterin des Referats für Gesellschaftliche Integration bei der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, erklärte der Gruppe, dass Integration Chancengleichheit bedeute und man sich deshalb bemühe, Bürger mit Migrationshintergrund durch Sprachkurse und Hilfe bei der Job- und Wohnungssuche bestmöglich zu unterstützen. Sie betonte, dass Israel bei der Integration von Neueinwanderern sehr vorbildhaft sei. In Deutschland hätten inzwischen 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren einen „vielfältigen Hintergrund“. Viele Deutsche müssten sich aber erst noch an den Gedanken gewöhnen, dass es unterschiedliche Traditionen und verschiedene Lebensweisen in ihrem Land gebe. Es seien also nicht nur die Migranten selbst sondern auch die autochthone deutsche Bevölkerung gefragt, wenn es um bessere Integration gehe. Auch die jüdische Gemeinde in Deutschland sei seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion enorm gewachsen und heute lebten zudem zahlreiche Israelis in Berlin.

Abgeschlossen wurde der sehr intensive Programmtag mit einem Besuch in der israelischen Botschaft, in dessen Rahmen Botschaftsrat Yair Even über seine Einschätzung des deutsch-israelischen Verhältnisses sprach.

Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der deutsch-jüdischen Geschichte. Der Direktor des Hauses der Wannsee-Konferenz│ http://www.ghwk.de/, Dr. Hans-Christian Jasch führte die Delegation am Morgen durch die Villa Wannsee, in der 1942 führende Vertreter der Nationalsozialisten die „Endlösung der Judenfrage“ und damit die systematische Ermordung der europäischen Juden planten. Eingeladen zu der Konferenz hatte Reinhard Heydrich, der sich im Auftrag Hermann Görings schon seit 1941 mit diesem menschenverachtenden und grausamen Projekt beschäftigte. Obwohl die systematische Ermordung der Juden schon vor 1942 begonnen hatte, sehen Historiker wie Mark Roseman die Konferenz als zentrales Ereignis der Shoah, da dort das „umfassende Mordprogramm entwickelt worden sei“ │ http://www.zeit.de/2002/04/Uebergang_zum_Massenmord_FAu_Peter_Longerich. Trotz der Tatsache, dass Israelis sich mit diesem Thema sehr gut auskennen, kamen während des Besuchs zahlreiche Fragen auf. Dabei stand die Frage nach der juristischen Verfolgung der Teilnehmer der Wannsee-Konferenz nach 1945 im Mittelpunkt.

Am Mittag trafen die Berater auf eine langjährige Partnerin der Stiftung, Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee (AJC) in Berlin, die über die Arbeit des AJC und den deutsch-jüdischen Dialog sprach. In der anschließenden Diskussion fragten die Delegationsteilnehmer, welche Auswirkungen politische Entwicklungen in Israel auf das Leben der jüdischen Gemeinde in Deutschland hätten. Dabei kamen die antisemitischen Demonstrationen, die während der „Operation Protective Edge“ in Deutschland stattfanden, besonders zur Sprache.

Im Anschluss besuchte die Delegation das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, wo sie eine Führung durch den stellvertretenden Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Dr. Ulrich Baumann, erhielt. Die Gruppe zeigte sich sehr beeindruckt von der zentralen Lage des Denkmals. Dies zeige, dass die Deutschen ihrer Geschichte einen zentralen Stellenwert in ihrem Alltag einräumten. Ferner interessierten sich die israelischen Gäste sehr für die Holocaust-Erziehung in deutschen Schulen.

Abgerundet wurde der Tag durch ein Gespräch mit Assaf Moses, einem Israeli, der in Berlin ein Startup mit aufgebaut hat. Herr Moses erzählte von seinen Erfahrungen in Berlin und warum er der Meinung ist, dass Berlin hervorragende Bedingungen zur Gründung eines Startups bietet. Die Delegationsteilnehmer hatten in diesem Zusammenhang auch kritische Fragen an Herrn Moses. Denn in Israel wird das Verlassen des Landes mitunter sehr kritisch gesehen und Israelis, die ihre Heimat verlassen, werden oft als „Jored“ bezeichnet, Hebräisch für jemanden, der absteigt. (Im Gegensatz zu einem „Ole“, zu Hebräisch „Aufsteiger“, einem Neueinwanderer nach Israel,). Vor allem in der Vergangenheit war mit der Auswanderung aus Israel oft auch ein sozialer „Abstieg“ im Heimatland verbunden. Gemäß des israelischen Narrativs mussten die Gründerväter und -mütter des Landes schwere Opfer für den Aufbau des Staates bringen. Viele bezahlten dafür mit ihrem Leben. Auch heute ist der Staat Israel für die meisten seiner Einwohner keine Selbstverständlichkeit, sondern eine hart erkämpfte Errungenschaft, die es nach wie vor zu verteidigen gilt. Wer diesen Staat, der alle verfügbaren Kräfte benötigt, verlässt, lässt ihn in den Augen vieler patriotischer Israelis im Stich. Die Auswanderung ist daher in deren Augen nicht legitim. Dies kam auch während des Gesprächs zum Ausdruck. So fragten die Berater Herrn Moses nach seinen Beweggründen, Israel zu verlassen und es wurde – auch innerhalb der Gruppe – intensiv darüber diskutiert, ob eine solche Entscheidung moralisch zu rechtfertigen ist.

Am Freitag besichtigte die Gruppe am Morgen das Berliner Abgeordnetenhaus und nahm dort einen Gesprächstermin mit Monika Thamm, MdA wahr. Frau Thamm sprach über ihre Erfahrungen während des Mauerfalls und erklärte wie Ost- und Westberlin nach der Wiedervereinigung wieder zu einer Stadt zusammengeführt wurden. Während sich die Teilung heute visuell kaum mehr erkennen lässt, gibt es statistisch doch noch Unterschiede, die sich vor allem auf nationaler Ebene darstellen. Dazu gehört bspw. das Einkommensgefälle oder das Durchschnittsalter. Nach wie vor sind die Löhne in Westdeutschland höher. Da viele junge Menschen in den Westen abgewandert sind, liegt das Durchschnittsalter in Ostdeutschland über dem in Westdeutschland. Überdies erzählte Frau Thamm, wie es für sie war, als Jüdin in Deutschland aufzuwachsen und wie sie zu ihrem politischen Engagement kam.

Am Mittag folgte ein Gespräch mit Ilan Kiesling, Pressesprecher der Jüdischen Gemeinde Berlin und mit dem Rabbiner Daniel Alter. Beide sprachen mit den Gästen über die Zusammensetzung der jüdischen Gemeinde, deren Aktivitäten sowie die Herausforderungen des täglichen Lebens. Alter, der sich stark für interreligiösen Dialog einsetzt, wurde im Jahr 2012 auf offener Straße in Berlin vor den Augen seiner Tochter angegriffen, weil er Jude ist. Ferner wurde die Geschichte der Juden in Berlin erläutert und über die Frage debattiert, ob Juden in Israel oder in der Diaspora leben sollten.

Das Programm der Gruppe endete am Freitagabend mit einem gemeinsamen Shabbat-Gottesdienst in der Zentralen Orthodoxen Synagoge zu Berlin.

Das Fazit über die Woche fiel sowohl vonseiten der Teilnehmer als auch vonseiten der Veranstalter sehr positiv aus. Die Teilnehmer erklärten, sie hätten viele neue Erkenntnisse aus den Gesprächen gezogen, die sie künftig in ihre tägliche Arbeit – besonders im Bereich der deutsch-israelischen Beziehungen – einfließen lassen könnten. Dafür seien auch die Kontakte, die sie während der Woche geschlossen hätten, sehr hilfreich. Eine Beraterin, die aufgrund des Holocaust Deutschland gegenüber sehr kritisch eingestellt war, sagte, sie habe ihre Meinung grundsätzlich geändert.

Die Voraussetzung des gegenseitigen Verständnisses liegt darin, dass man die andere Seite kennt. Und um politische Beziehungen zu stärken, muss man verstehen, wie das politische System des Gegenübers funktioniert. Die Basis belastbarer Beziehungen liegt jedoch in der Motivation der Akteure, diese Beziehungen zu pflegen und auszubauen. Und diese Motivation entspringt in erster Linie persönlichen Beziehungen und der daraus geschöpften Verbundenheit. Die Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel ist gerade in der relativ volatilen Entwicklung des Parteiensystems dringend darauf angewiesen, sich in alle politischen Richtungen ein belastbares politisches Netzwerk aufzubauen, vor allem in und um die Knesset als dem Fokus der israelischen Politik. Zu dieser Nachhaltigkeit hat die Reise maßgeblich beigetragen, da aufgrund der politischen Positionierung der Politiker, für die diese Berater arbeiten, die allesamt gute Platzierungen auf den Wahllisten haben, damit zu rechnen ist, dass diese Politiker auch in der kommenden 20. Knesset vertreten sind. In diesem Sinne war die Veranstaltung auch für die KAS ein voller Erfolg.

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Die Delegation traf in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin Herrn Priess (mittlere Reihe, 1. v. l.), Herrn Birringer (mittlere Reihe, 2. v. l.) und Herrn Dr. Ernst (mittlere Reihe, 1. v. r.) zum Gespräch. KAS

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