Country reports
Hintergrund
Im ersten Quartal 2011 finden in Uganda die zweiten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im noch jungen Mehrparteiensystem statt.
In Anbetracht der Erfahrungen der letzten Wahl im Jahr 2006, die von eher mangelhafter Vorbereitung und zahlreichen Manipulationsvorwürfen gekennzeichnet war, ist sich der Großteil der Akteure einig über die Notwendigkeit von Reformen und einer verbesserten Vorbereitung der Wahlen. Diese spiegelt sich auch in der nun von der Wahlkommission vorgelegten Roadmap wider, die eine ausreichende und langfristige Wahlplanung gewährleisten soll.
Laut Ing. Baddru Kiggundu, dem Vorsitzenden der Wahlkommission, geht es dabei vor allem um die Schaffung der nötigen Infrastruktur und die rechtzeitige Aufklärung der Wähler. Zu den erhofften Auswirkungen im Falle einer rechtzeitigen Umsetzung der Roadmap zählt die Kommission unter anderem eine besser informierte Wählerschaft, ein zuverlässigeres Wählerregister, ein verbessertes Management des Wahlprozesses, eine erhöhte Wahlbeteiligung und ein insgesamt günstigeres Umfeld für freie, faire und transparente Wahlen ohne die Gefahr gewalttätiger Auseinandersetzungen.
Strategien für ein besseres Management der Wahlen
Die Wahlkommission hat nach eigenen Angaben eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, die ein verbessertes Management des gesamten Wahlprozesses ermöglichen sollen. Dazu zählt unter anderem:
- Erstellung eines Wählerregisters mit Fotos
- Verbesserte Zusammenarbeit mit der ugandischen Polizei
- Nutzung transparenter Wahlurnen
- Integrierung von Wahlaufklärung in Schul- und Erwachsenenbildung
- Einschränkung der zugelassenen Größe von Konvois der Kandidaten während der Wahl und der Kampagnen im Vorfeld, um Ausschreitungen zwischen verschiedenen Kandidaten und deren Unterstützern zu vermeiden
- Einrichtung von Beschwerdestellen auf nationaler und auf Distriktebene am Wahltag, mit Beteiligung der verschiedenen Parteien, bzw. Vertretern der Kandidaten
- Einladung von Vertretern der politischen Parteien/Kandidaten zu den zentralen Auszählungsorten, um die korrekte Auszählung der Stimmen zu bezeugen.
Meilensteine der Wahlvorbereitung
Die Wahlkommission identifiziert in ihrer Roadmap die folgenden Meilensteine in der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen 2011:
- Verabschiedung/Erweiterung der notwendigen Gesetze (Reform der Wahlgesetze) bis spätestens Februar 2010 (Die konkreten Vorschläge der Wahlkommission liegen dem Parlament vor.)
- Anschaffung aller notwendigen Materialien (für Registrierung, Kampagnen, Wahlen) bis März 2010
- Neuordnung der Wahlstationen bis März 2010 (in Reaktion auf das Bevölkerungswachstum und die Schaffung neuer administrativer Einheiten)
- Allgemeine Aktualisierung des Wählerregisters bis Ende März 2010, Veröffentlichung des Registers im Juli 2010
- Nominierung der Präsidentschaftskandidaten bis Mitte Oktober 2010, Beginn der Wahlkampfkampagnen spätestens am 1. November 2010
- Wahltermin: zwischen 12. Februar und 13. März 2011 (aktuelle Amtszeiten enden am 13. Mai 2011).
Finanzielle Herausforderungen
Die Roadmap der Wahlkommission stellt laut Ing. Kiggundu einen umfassenden Plan dar, der alle notwendigen Maßnahmen berücksichtigt, und dessen Umsetzung einen reibungslosen Ablauf der Wahlen ermöglichen würde. Allerdings steht die Kommission vor zahlreichen Herausforderungen. Hierzu zählen vor allem finanzielle Schwierigkeiten, die die Implementierung erschweren und verzögern.
Das Gesamtbudget für die Wahlen liegt bei 198 Mrd. ugandischen Schilling (UGX), ca. 70 Mio. Euro. Davon sind 31 Mrd. UGX für das aktuelle Finanzjahr 2009/10 vorgesehen, allerdings steht eine Verabschiedung des Budgets durch das Parlament noch aus. Doch selbst bei Verabschiedung dieses Budgets sei man immer noch mit einem Defizit von ca. 57 Mrd. UGX allein für das aktuelle Finanzjahr konfrontiert, so Kommissionsmitarbeiter Sam Rwakoojo.
Die hohen Kosten seien unter anderem ein Resultat der zu erfüllenden Vorgaben des obersten Gerichts in Uganda. Dieses hatte nach den Wahlen 2006 entschieden, dass die lokale Durchführung der Wahlen zukünftig in den Händen eigener Mitarbeiter der Wahlkommmission liegen müsse, anstatt dies den Sub-County Chiefs zu überlassen, die von der Regierung bezahlt werden und daher nicht als unabhängig gelten können. Bei einer Anzahl von über 1.000 Sub-Counties (Verwaltungseinheit zwischen Gemeinde- und Distriktebene) stellt diese Umstrukturierung einen enormen Kostenaufwand von ca. 40 Mrd. UGX dar.
Daneben gibt es zahlreiche weitere kritische Ausgabenbereiche, für die die Wahlkommission laut ihrem Vorsitzenden Kiggundu dringend auf Unterstützung der Gebergemeinschaft angewiesen ist. Hierzu zählt vor allem die Umstrukturierung der Wahlstationen, die kostenintensive Erstellung des Wählerregisters und der Wahlausweise mit Foto, die Einrichtung regionaler Büros für effektives dezentralisiertes Management, die Anschaffung notwendiger Infrastruktur vor allem im Kommunikationsbereich, sowie der gesamte Bereich der politischen Bildung und Wähleraufklärung.
Diskussion um Reformen
Neben der prekären Finanzlage behindert vor allem die noch immer ausstehende Umsetzung von notwendigen Reformen in der Wahlgesetzgebung die zeitige Umsetzung der Pläne der Wahlkommission. Während sowohl Oppositionsparteien, Zivilgesellschaft und internationale Geber als auch die Wahlkommission selbst seit langem Reformen einfordern, wies die Regierung Musevenis derartige Forderungen als überflüssig zurück. Museveni selbst bezeichnete Reformen als unnötig; die einzig verbleibende Notwendigkeit sei die Digitalisierung des Wählerregisters um „Betrug seitens der Opposition, insbesondere in Kampala und der nördlichen Region“ zu verhindern, so der Präsident.
Die Wahlkommission hat nach eigenen Angaben einen Katalog von 18 reformbedürftigen Bereichen mit entsprechenden Änderungsvorschlägen im Justizministerium eingereicht. Es sei nun höchste Zeit, dass diese Reformen verabschiedet werden. Um die Roadmap umsetzen zu können, sei eine Einhaltung der Frist zur Umsetzung der Reformen bis zum 26. Februar unbedingt erforderlich, erläuterte Kiggundu.
Laut Kiggundu stimmten die Reformvorschläge der Kommission in vielen Bereichen mit den Forderungen der Inter-Party-Cooperation (IPC) überein. Dieser Zusammenschluss von vier Oppositionsparteien hatte im Mai 2009 einen umfangreichen Katalog von Reformforderungen in der Wahlgesetzgebung präsentiert. Zentrale Ansätze betreffen die Einflussnahme von Sicherheitsorganen während der Wahlen, die direkte Repräsentation der Armee im Parlament, die Rechte der politischen Parteien, die Wählerregistrierung und Wähleraufklärung, staatliche finanzielle Unterstützung für Parteien, sowie die Abschaffung der dritten Amtszeit des Präsidenten.
Die Vorschläge der Wahlkommission sind jedoch weniger radikal und beziehen sich primär auf organisatorische, technische und finanzielle Fragen, weniger auf fundamentale Anliegen wie die Abschaffung der dritten Amtszeit. Insbesondere die Forderungen nach einer grundlegenden Reform der Wahlkommission zugunsten von mehr Unabhängigkeit werden von dieser selbst nicht geteilt.
Auch die Zivilgesellschaft sowie die westlichen Geberländer haben die ugandische Regierung wiederholt zu Reformen aufgefordert. Vincent de Visscher, Repräsentant der europäischen Kommission in Uganda, äußerte sich besorgt angesichts der zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Roadmap für den Fall, dass die geforderten Reformen ausbleiben. Sollten diese nicht bis Februar 2010 in ihren wichtigsten Teilen nicht umgesetzt sein, so bestehe das Risiko einer ernstzunehmenden Krise. Ohne Reformen und eine ausreichende, langfristige Vorbereitung der Wahlen stünden Uganda unsichere Zeiten bevor, so de Visscher.
Die Wahlbeobachtermission der EU hatte nach den Wahlen 2006 – ähnlich wie der Oberste Ugandische Gerichtshof – zahlreiche Mängel bei den Wahlen kritisiert, darunter unter anderem die aktive Involvierung des Militärs, die Parteilichkeit von Wahlaufsehern, zahlreiche Lücken im Wählerregister, sowie dem Mangel an Wähleraufklärung. Die daraufhin schon damals seitens der EU geäußerten Reformvorschläge sind weitgehend deckungsgleich mit den aktuellen Forderungen der IPC. Im Juli bekundete die Europäische Kommission offen ihre Unterstützung für die Vorschläge der IPC.
Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit der Druck seitens der genannten Akteure (Opposition, Wahlkommission, Geber) Regierung und Parlament noch rechtzeitig zur Umsetzung von Reformen bewegen kann. Die bisherigen Äußerungen Musevenis stimmen jedoch eher pessimistisch und das Zeitfenster für rechtzeitige Reformen wird immer kleiner.
Bewertung und Ausblick
Die Roadmap der Wahlkommission stellt einen umfangreichen Plan zur angemessenen Wahlvorbereitung dar, der alle wichtigen Bereiche abdeckt. Sie ist Beleg für den Willen der Kommission, die Verhältnisse im Vergleich zu den vergangenen Wahlen zu verbessern und freie und faire Wahlen zu gewährleisten. Allerdings wird auch deutlich, dass es der Kommission selbst an Stärke zur effektiven Umsetzung mangelt, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Ressourcenausstattung als auch ihres politischen Gewichts.
Die finanziellen Engpässe, wie auch der politische Widerstand gegenüber den notwendigen Reformen, könnten die Pläne der Kommission untergraben und eine adäquate Wahlvorbereitung verhindern. Dies birgt ein hohes Risiko für die Stabilität im Land. Eine weitgehend reibungslose Abwicklung von freien und fairen Wahlen wäre entscheidend für ein entspanntes politisches Klima und das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Verfahren und Institutionen. Irritationen rund um die Wahlen dagegen würden die Akzeptanz des Systems untergraben und bergen zudem die Gefahr von gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Unabhängig von den Reformen und der technischen Vorbereitung ist vor allem der gesamte Bereich der Wähleraufklärung von hoher Bedeutung. Diese hätte, so die Wahlkommission, im Grunde schon unmittelbar nach den letzten Wahlen beginnen müssen, um die gesamte Bevölkerung entsprechend zu schulen. Hier gilt es, nun keine weitere Zeit zu verlieren.
Dabei ist klar, dass die offiziell mit der Wähleraufklärung beauftragte Wahlkommission diese Aufgabe kaum allein bewältigen kann. Gefragt ist hier auch das Engagement anderer zentraler Akteure. Hierzu zählen neben internationalen Gebern, der ugandischen Zivilgesellschaft sowie den Medien auch die politischen Parteien, deren Verhalten vor, während und nach den Wahlen einen maßgeblichen Einfluss auf das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Wahlen haben wird.