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Arabische Parteien kämpfen um Stimmen

Bei den Wahlen zur 19. Knesset am 22. Januar 2013 kommen 15 Prozent der mehr als 5,5 Mio. wahlberechtigten Bürger Israels aus arabischen oder drusischen Dörfern und Städten. Unter der Vielzahl der zur Wahl antretenden Parteien sind auch fünf arabische und arabisch-jüdische Parteien: (1) Balad, (2) Chadasch, (3) Da’am, (4) Ra’am-Ta’al und (5) Hoffnung auf Veränderung. Ra’am-Ta’al ist eine Koalition aus der „Vereinigten Arabischen Liste“ und der „Arabischen Bewegung für Veränderung“.

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Balad, die „Nationale Demokratische Allianz“, wurde 1995 von Azmi Bishara gegründet, um das politische Bewusstsein in der arabischen Bevölkerung zu fördern. Ein wichtiges Anliegen der Partei ist es, den Staat Israel als ‚Staat für alle seine Bürger’ zu bezeichnen, und nicht als rein jüdischen Staat. Balad verfolgt ähnliche Ziele wie Ra’am-Ta’al und Chadasch. Darüber hinaus steht die Modernisierung und Stärkung der arabischen Gesellschaft in Israel auf dem Programm.

Chadasch, die „Demokratische Front für Frieden und Gleichheit“, wurde 1977 von der kommunistischen Partei Israels gegründet. Neben Zielen, die auch Ra’am-Ta’al verfolgen, setzt sich die arabisch-jüdische Partei für Arbeiterrechte, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung der arabischen Minderheit, anderer ethnischer Gruppen und der Frauen, sowie Umweltschutz und die Demilitarisierung des Nahen Ostens ein.

Da’am, die „Organisation für Demokratische Aktion“, ist eine arabisch-jüdische Arbeiterpartei, die sich für soziale Gerechtigkeit und eine sozialistische Gesellschaft einsetzt. Im Fokus stehen damit vor allem sozioökonomische Themen und weniger eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes.

Ra’am und Ta’al wurden beide Mitte der 1990er Jahre gegründet und verfolgen die Schaffung eines palästinensischen Staates, die Anerkennung der arabischen Israelis als nationale Minderheit, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und den Rückzug der Israelis aus den besetzten Gebieten (einschließlich der Siedlungen im West-Jordanland sowie der Golanhöhen). Ra'am, welche einen Großteil der Beduinen zu ihrer Anhängerschaft zählt, will sich außerdem für größere Autonomie der arabischen Israelis einsetzen, beispielsweise in der Bildung und der Justiz. Ta'al will die Rechte und die Repräsentation der arabischen Minderheit gestärkt sehen.

„Hoffnung auf Veränderung“ ist eine neue arabische Partei, die erst Anfang 2012 entstanden ist. Die Prioritäten dieser Partei liegen auf wirtschaftlichen und sozialen Problemen der arabischen Gesellschaft in Israel, wie Arbeitslosigkeit und häusliche Gewalt. „Hoffnung auf Veränderung“ ist die erste pro-israelische arabische Partei, deren beduinischer Gründer jahrelang im Likud aktiv war.

Obwohl sich die Parteien in einigen Punkten relativ einig sind, kam keine gemeinsame Liste für die Wahl 2013 zustande. Die arabische Öffentlichkeit in Israel stellt sich vor allem gegen das Konzept des „Jüdischen Staates“, und jede Partei hat eine andere Herangehensweise an dieses Problem entwickelt. Relevant ist in diesem Kontext etwa die Frage, ob sich Araber überhaupt aktiv oder passiv an Knessetwahlen beteiligen sollen. Diese Frage wird je nach Partei von einem ideologischen, politisch-pragmatischen oder religiösen Standpunkt beantwortet. Die Herausforderung allerdings, die allen arabischen Parteien gemein ist, ist die rückläufige Wahlbeteiligung der arabischen Israelis. Gründe für diesen Negativtrend sind allgemeine Politikverdrossenheit oder die Verweigerung aus ideologischen oder politischen Gründen.

Ein auch dem Westen nicht unbekanntes Phänomen ist die Desillusionierung der Wähler von ihren gewählten Repräsentanten, worauf die arabische Parteienlandschaft in Israel reagieren muss. Die Stimmberechtigten nehmen die Parteien als zu alt, zu unbeweglich und ohne Willen zur Veränderung wahr. Eine immer jünger werdende arabische Gesellschaft steht Kandidaten gegenüber, mit denen sie sich nicht identifizieren kann. Die jungen Erwachsenen in Israel wollen Veränderung sehen, Weltoffenheit, Tatendrang. Besonders mit Blick auf Probleme und Herausforderungen innerhalb der arabischen Bevölkerung– soziale wie wirtschaftliche Themen – steigt die Frustration bei den Wählern. Sie haben den Eindruck, dass ihre Abgeordneten nicht genug für sie tun. Demnach gibt es unter arabischen Israelis, die den Wahlen bewusst oder aus Gleichgültigkeit heraus fernbleiben, eine gemeinsame Begründung für ihre Enttäuschung und ihre Skepsis, dass einer der Kandidaten tatsächlich Veränderung bringen könnte. Parteien wie „Da’am“ und „Hoffnung auf Veränderung“ versuchen darauf zu reagieren, indem sie innenpolitische Themen zur Priorität gemacht haben. Ob diese Strategie aufgeht, wird sich am 22. Januar zeigen.

Elena Müller

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