Länderberichte
In Bulgarien fanden am 2. Oktober die vierten Parlamentswahlen innerhalb von 18 Monaten statt. Das ist die längste Zeit politischer Instabilität seit 1989. Nach Auszählung von 99,91% der Stimmen wurde die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Bojko Borissow GERB (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens), die in einem Bündnis mit der SDS (Union Demokratischer Kräfte) antritt, stärkste Kraft mit 25,3%. Den zweiten Platz belegte die bisherige Regierungspartei von Kiryl Petkow und Assen Wassilew PP (Wir setzen den Wandel fort) mit 20,2%. Insgesamt werden sieben Parteien im nächsten Parlament vertreten sein.Die 240 Parlamentsabgeordneten werden in Bulgarien nach reinem
Verhältniswahlrecht bei einer 4%-Sperrklausel gewählt. Das Wahlergebnis im Einzelnen:
Das Meinungsforschungsinstitut Alpha Research gibt die Wahlbeteiligung mit 37,8% an, bei der Parlamentswahl vom November 2021 lag sie bei 40,5%.
Die im Wahlkampf dominanten Themen waren vor allem die hohe Inflation von 17,7% gegenüber August 2021, die Wirtschaft und die Energiewirtschaft sowie direkt und indirekt der Krieg in der Ukraine.
Der Wahlsieg von GERB war nach allen Umfragen vorhersehbar, ebenso der zweite Platz von PP. Die kurze Regierungszeit von PP in einer innen- und außenpolitisch schwierigen Situation, geprägt von einer hohen Inflation, hat der Partei offenbar Sympathien gekostet. Die DPS, die vor allem die türkische Minderheit vertritt, hat eine feste Wählerschaft und profitiert grundsätzlich von der niedrigen Wahlbeteiligung. Die nationalistische und prorussische „Wiedergeburt“ hat schwächer abgeschnitten als von manchen Beobachtern vorhegesagt - und befürchtet. Die BSP, die ehemalige kommunistische Staatspartei, lange Zeit nach 1989 eine einflussreiche Kraft, hat ihren Zenit offenbar überschritten und sich bei ca. 10% eingependelt. Die bürgerliche Koalition DB, bestehend aus der EVP-Partei DSB (Demokraten für ein starkes Bulgarien), der Partei „Ja, Bulgarien“ und den Grünen ist eine relativ konstante Größe. Neu im Parlament ist die Partei des ehemaligen Interims-Ministerpräsidenten und späteren Verteidigungsminister in der regulären Regierung Stefan Janew BW (Bulgarischer Aufstieg).
Das neue Parlament ist noch stärker aufgesplittert als das letzte und eine Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Nach Meinung von Beobachtern gibt es verschiedene mathematische Möglichkeiten einer Koalition, die jedoch politisch inakzeptabel sind und umgekehrt - politisch mögliche Koalitionen, die mathematisch unmöglich sind. Es gibt zwar auf dem Papier eine deutliche euroatlantische Mehrheit aus GERB, PP, DPS und DB, doch ist
eine solche Koalition aus einer Reihe von Gründen derzeit nicht machbar. Die politisch einzig relativ problemlose Koalition aus PP, DB und der BSP hat keine Mehrheit. GERB wiederum bräuchte mindestens zwei Partner für eine Regierungsbildung. PP, die BSP und DB haben eine Zusammenarbeit mit GERB jedoch ausgeschlossen. Damit bleiben GERB als potentielle Partner nur die DPS und „Wasraschdane“ (Wiedergeburt), doch sind diese Parteien ideologisch unvereinbar. Zudem hat „Wasraschdane“ einer Regierungsbeteiligung am Wahlabend eine Absage erteilt. Ob dennoch Sinneswandel, Kompromisse und Varianten z.B. einer Minderheitsregierung oder einer „überparteilichen Expertenregierung“ möglich sind,
ist derzeit offen.
Die Zentrale Wahlkommission muss bis zum 6. Oktober das offizielle Endergebnis und bis zum 9. Oktober die Namen der Abgeordneten bekanntgeben. Danach hat der Staatspräsident Rumen Radew einen Monat Zeit, die konstituierende Sitzung des Parlaments anzuberaumen. Zunächst wird GERB als stärkste Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung vom Staatspräsidenten bekommen. Im Falle des Scheiterns geht der Auftrag an die zweitstärkste Fraktion, also die PP und falls auch diese keine Regierung bilden kann an eine dritte Fraktion nach Wahl des Staatsoberhaupts. Wenn auch dann kein Kabinett zustande kommt, löst der Präsiden das Parlament auf und setzt Neuwahlen an.
In dieser Situation einer anhaltenden politischen Instabilität werden bereits vereinzelt Forderungen nach einem Wechsel des parlamentarischen Regierungssystems erhoben. So hatte die ITN im August ein Referendum über Änderungen in der Verfassung zur Einführung eines präsidentiellen oder semipräsidentiellen Systems verlangt. Für eine solche Verfassungsänderung wäre jedoch die Einberufung einer sogenannten „Großen (verfassunggebenden) Volksversammlung“ (Parlament) nötig, worüber die gewöhnliche
Volksversammlung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit entscheidet.
Verhältniswahlrecht bei einer 4%-Sperrklausel gewählt. Das Wahlergebnis im Einzelnen:
Die Partei ITN (Es gibt so ein Volk), die im November 2021 noch 9,4% bekommen hatte und zuvor im Juli 2021 mit 24,1% sogar stärkste Kraft war, scheiterte dieses Mal mit 3,8% an der Prozenthürde. Mit Ausnahme der kleinen Protestpartei „Steh auf, Bulgarien“ kommen alle anderen Parteien auf jeweils weniger als 1%.
Das Meinungsforschungsinstitut Alpha Research gibt die Wahlbeteiligung mit 37,8% an, bei der Parlamentswahl vom November 2021 lag sie bei 40,5%.
Die im Wahlkampf dominanten Themen waren vor allem die hohe Inflation von 17,7% gegenüber August 2021, die Wirtschaft und die Energiewirtschaft sowie direkt und indirekt der Krieg in der Ukraine.
Der Wahlsieg von GERB war nach allen Umfragen vorhersehbar, ebenso der zweite Platz von PP. Die kurze Regierungszeit von PP in einer innen- und außenpolitisch schwierigen Situation, geprägt von einer hohen Inflation, hat der Partei offenbar Sympathien gekostet. Die DPS, die vor allem die türkische Minderheit vertritt, hat eine feste Wählerschaft und profitiert grundsätzlich von der niedrigen Wahlbeteiligung. Die nationalistische und prorussische „Wiedergeburt“ hat schwächer abgeschnitten als von manchen Beobachtern vorhegesagt - und befürchtet. Die BSP, die ehemalige kommunistische Staatspartei, lange Zeit nach 1989 eine einflussreiche Kraft, hat ihren Zenit offenbar überschritten und sich bei ca. 10% eingependelt. Die bürgerliche Koalition DB, bestehend aus der EVP-Partei DSB (Demokraten für ein starkes Bulgarien), der Partei „Ja, Bulgarien“ und den Grünen ist eine relativ konstante Größe. Neu im Parlament ist die Partei des ehemaligen Interims-Ministerpräsidenten und späteren Verteidigungsminister in der regulären Regierung Stefan Janew BW (Bulgarischer Aufstieg).
Das neue Parlament ist noch stärker aufgesplittert als das letzte und eine Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Nach Meinung von Beobachtern gibt es verschiedene mathematische Möglichkeiten einer Koalition, die jedoch politisch inakzeptabel sind und umgekehrt - politisch mögliche Koalitionen, die mathematisch unmöglich sind. Es gibt zwar auf dem Papier eine deutliche euroatlantische Mehrheit aus GERB, PP, DPS und DB, doch ist
eine solche Koalition aus einer Reihe von Gründen derzeit nicht machbar. Die politisch einzig relativ problemlose Koalition aus PP, DB und der BSP hat keine Mehrheit. GERB wiederum bräuchte mindestens zwei Partner für eine Regierungsbildung. PP, die BSP und DB haben eine Zusammenarbeit mit GERB jedoch ausgeschlossen. Damit bleiben GERB als potentielle Partner nur die DPS und „Wasraschdane“ (Wiedergeburt), doch sind diese Parteien ideologisch unvereinbar. Zudem hat „Wasraschdane“ einer Regierungsbeteiligung am Wahlabend eine Absage erteilt. Ob dennoch Sinneswandel, Kompromisse und Varianten z.B. einer Minderheitsregierung oder einer „überparteilichen Expertenregierung“ möglich sind,
ist derzeit offen.
Die Zentrale Wahlkommission muss bis zum 6. Oktober das offizielle Endergebnis und bis zum 9. Oktober die Namen der Abgeordneten bekanntgeben. Danach hat der Staatspräsident Rumen Radew einen Monat Zeit, die konstituierende Sitzung des Parlaments anzuberaumen. Zunächst wird GERB als stärkste Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung vom Staatspräsidenten bekommen. Im Falle des Scheiterns geht der Auftrag an die zweitstärkste Fraktion, also die PP und falls auch diese keine Regierung bilden kann an eine dritte Fraktion nach Wahl des Staatsoberhaupts. Wenn auch dann kein Kabinett zustande kommt, löst der Präsiden das Parlament auf und setzt Neuwahlen an.
In dieser Situation einer anhaltenden politischen Instabilität werden bereits vereinzelt Forderungen nach einem Wechsel des parlamentarischen Regierungssystems erhoben. So hatte die ITN im August ein Referendum über Änderungen in der Verfassung zur Einführung eines präsidentiellen oder semipräsidentiellen Systems verlangt. Für eine solche Verfassungsänderung wäre jedoch die Einberufung einer sogenannten „Großen (verfassunggebenden) Volksversammlung“ (Parlament) nötig, worüber die gewöhnliche
Volksversammlung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit entscheidet.
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