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Martin Kraft / flickr / CC BY-SA 2.0

kurzum

Der „European Way of Life“ – Einigkeit oder Konfrontation?

de Oliver Morwinsky, Jakob Kühler
"Förderung unserer europäischen Lebensweise“, eine Formulierung, die viele Fragen aufwirft. Sie entstammt einer neuen Portfoliobezeichnung der EU-Kommission. Wie kam es dazu, was steckt eigentlich hinter dem Begriff der „europäischen Lebensweise“ und welche Möglichkeiten und welches Gefahrenpotenzial bietet dieses Ressort?

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„Förderung unserer europäischen Lebensweise“, mit dieser Bezeichnung sorgte Ursula von der Leyen für Aufsehen in Europa. Hierbei steht der griechische EU-Kommissar Margaritas Schinas im Mittelpunkt, der dieses Ressort verantwortet. Die ursprüngliche Bezeichnung hatte noch den Begriff „Schutz“ enthalten. Die Namensänderung ist das Ergebnis einer Debatte, in der die Sozialdemokraten, Linken, Liberalen und Grünen von der Leyen, eine Anbiederung an populistische Gedankenmuster vorwarfen. Das neugeschaffene Ressort beinhaltet neben den Kernthemen Migration und Integration, die Themen Beschäftigung, Kultur, Bildung und Sicherheit. Hiermit möchte die neue Kommissionspräsidentin die Themen Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit sowie Migration (nebst gesellschaftlichem Zusammenhalt) stärker in das Zentrum der Debatte setzen. Doch was ist überhaupt unter dem Begriff „europäische Lebensweise“ zu verstehen? Unterschiedliche Haltungen zur europäischen Integration führen in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu einer Vielzahl von sich unterscheidenden Zukunftsvorstellungen und Zugehörigkeitsgefühlen zu Europa. Wie ist es also möglich eine „europäische Lebensweise“ zu stärken und diese regulatorisch mit Leben zu füllen?


Schinas legte seine Vorstellung einer europäischen Lebensweise folgendermaßen dar: Die europäische Lebensweise sei liberal, geprägt von der Kunst des Dialoges sowie von dem Willen zum Austausch und Kompromiss. Gemeinsam und werteorientiert an Problemen zu arbeiten und dabei die Menschen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, in den Vordergrund zu stellen, dies sei europäisch. Insbesondere im Bereich Migration sei diese von Humanität, Realismus, Willen zur Integration und Toleranz geprägt. Für die Kommissionspräsidentin steht hier vor allem Art. 2 des Lissabonner Vertrages (EUV) im Mittelpunkt. Dieser Artikel beinhaltet das Wertefundament der Europäischen Union, in dessen Zentrum die Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte stehen. Mit dem Titel des Ressorts liefert sie einen europaweiten Debattenanstoß mit dem Ziel diese Begrifflichkeit mit Leben zu füllen und gemeinsam für die europäische Lebensweise einzustehen. Gleichzeitig unterstreicht es einen Kern des zukünftigen Arbeitsprogramms der Kommission: Das Thema Migration und Integration. Europa müsse sich auf Basis seiner Werte und Handlungen weltweit stärker durchsetzen, da eben diese, Europa von China und Russland unterscheiden. Die europäische Lebensweise könnte so zu einem Machtinstrument der internationalen Politik werden, indem beispielsweise die Grundsätze des auf Art. 2 EUV bezogenen offenen, fairen und nachhaltigen Handels, als notwendige und verbindliche Grundsatzbedingungen für ein Handelsabkommen mit China festgeschrieben werden. Doch welche politischen und gesellschaftlichen Möglichkeiten und Gefahren birgt solch ein Ressort nach innen und nach außen in der Praxis?

Möglichkeiten

  • Die europäische Lebensweise als Grundlage und Kompass des Handelns der neuen Kommission kann im Bereich der europäischen Außen- und Innenpolitik insbesondere im Bereich der Migration, klare Maßstäbe setzen. Verbunden mit regulatorischen Instrumenten, kann diese zu einer nachhaltigen Stärkung der EU als supranationale Organisation führen.
  • Die Vernetzung von Beschäftigungsthematiken mit Integration, Migration, Bildung und Kultur kann die Governance-Strukturen und Gesetzgebungsakte inhaltlich stärken, da diese Themen gemeinsam gedacht werden.
  • Insbesondere bietet es die politische Möglichkeit, die Themen Migration und Integration in einen breiteren gesellschaftlichen und arbeitsmarktorientierten Kontext einzuordnen, der zu einem gemeinsamen, werteorientierten Handeln aller europäischen Mitgliedsstaaten führt.

Gefahrenpotential

  • Eine wertebegründete neue Migrationspolitik des Ressorts, basierend auf der europäischen Lebensweise, kann zu weiteren Zentrifugalbewegungen führen, wenn kein Konsens über diese Werte unter den Mitgliedsstaaten besteht.
  • Bei einer Fokussierung des Ressorthandelns auf den Bereich Migration und Integration besteht die Gefahr, dass vor allem Beschäftigung als christdemokratisches Kernanliegen in den Hintergrund rückt.
  • Artikel 2 EUV beinhaltet das Wertefundament der Europäischen Union und dient als Definitionsgrundlage für den Begriff der „europäischen Lebensweise“. Bei einer politischen Gefangennahme des Begriffes durch eine bestimmte Interpretationsart, kann dieses Wertefundament langfristig unterminiert werden und an Bindungskraft einbüßen.

Fazit

Die Kommission von der Leyen wird versuchen, die gesetzten Schlüsselbegriffe mit Leben zu füllen und in ihrem Sinne zu formen. Die in bzw. mit diesem Ressort geführten Diskussionen bieten die Möglichkeit, einen akzeptierten Beitrag zu einer kohärenten und einigenden europäischen Außen- und Innenpolitik zu formulieren. Zudem können Wertediskussionen mit konkreten Legislativmaßnahmen konkretisiert und greifbar gemacht werden.

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Oliver Morwinsky

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Leiter des Auslandsbüros Baltische Staaten

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