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Großdemonstration der Opposition als Antwort auf die Gewalt

Автор: Michael Lingenthal
11 Tote, über 1.400 Verletzte, über 400 Festnahmen, Folterungen und der unverhältnismäßige Einsatz der Staatsgewalt ist nach Urteil der Opposition die Bilanz der vergangenen Woche. In Caracas zumindest ist Ruhe eingekehrt. Mit einer friedlichen Großdemonstration von mehr als 400.000 Menschen unterstreicht die Opposition ihre Forderung zum Abberufungsreferendum gegen Präsident Chávez.Dieser sieht die Verantwortlichen für die Gewaltorgie ausschließlich bei der Opposition. Er beglückwünscht ausdrücklich Militär und Sicherheitsorgane zu deren Vorgehen. Mit einer mehrstündigen Ansprache vor dem Diplomatischen Corps, bezichtigt er wiederum die USA der politischen und finanziellen Unterstützung der Umsturzpläne gegen die legitime Regierung Venezuelas. Er soll aus dem Amt entfernt werden, weil er sich den (Öl-) und Macht-Interessen der USA entgegenstellt. Venezuela ist noch nicht zur Ruhe gekommen.

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Mehr als 400.000 Menschen gaben die richtige Antwort auf die Gewalt dieser Woche. Dies waren nach Schätzung von unabhängigen Beobachtern mindestens doppelt soviel Demonstranten, wie sie Präsident Chávez am 29. Februar für seine Politik und gegen die USA mobilisieren konnte. Die Opposition ist sich ihrer Mehrheit gewiss, wenn es ihr gelingt einheitlich gegen Präsident Chávez anzutreten.

Friedlich versammelte sich die Opposition am 6. März auf der Ost-West-Achse der Stadt. Verbal „flogen die Fetzen“. „Nützlicher Idiot“ (tonto util) hatte Vizepräsident Rangel den ehemals von der Diktatur Giménez verfolgten Altlinken Pompeyo Márquez genannt. „Rangel, der lebende Nichtsnutz“ (vivo inutil) reagierte Márquez, der die Verdienste von Rangel, ihm in Haft und Unterdrückung während der Diktatur beizustehen, ausdrücklich anerkannt.

Die Opposition kam zusammen, um „ihre Unterschriften zu verteidigen“, die von der Obersten Wahlbehörde nicht anerkannt wurden. Genügend Unterschriften sind zur Einberufung des Abberufungsreferendums gegen Präsident Chávez bei der Wahlbehörde verfügbar, dessen ist sich die Opposition ganz sicher. „Einheit“ war am 6. März eines der meistgebrauchten Schlagworte. „Einheit“ skandierten die jubelnden Massen. Nach tagelangem, öffentlichen Streit über die richtige Strategie, sammelt sich die Opposition zu einer einheitlichen Position. Ohne klare Bedingungen des „reparo“ (Reparatur) der Unterschriften wird es keine Gespräche und keine Beteiligung der Opposition geben.

Zuerst aber muss die Oberste Wahlbehörde ihre Daten zur Auswertung vollständig zur Verfügung stellen. Dies war bis zum 7. März nicht geschehen, aus „technischen Gründen“. Aber genau diese Begründung fördert das Misstrauen der Menschen. Wie sollen sie einer Wahlbehörde vertrauen, die dem Vorwurf des „tecnicismo“ (Expräsident Carter) ausgesetzt ist und die soviel Wert auf ihre technische Kompetenz und Korrektheit legt. Vier Tage nach der Verkündung des vorläufigen Prüfergebnisses, ist die Wahlbehörde nicht in der Lage, die geprüften Daten der Opposition zu übergeben. Erst wenn die Opposition eine Gegenkontrolle vorgenommen hat, will sie entscheiden, ob sie in Gespräche mit der Wahlbehörde eintritt.

Die Opposition fordert dabei eine verstärkte Rolle von OAS und Carter-Zentrum. Sie besteht darauf, dass alle Daten, die durch eigenhändige Unterschrift und Daumenabdruck bestätigt wurden, als „gültig“ gewertet und nicht einer „Bestätigung“ unterzogen werden. Die Opposition sieht zudem erste Fehler seitens der Wahlbehörde bei der Datenübertragung von den Originalen der Unterschriftslisten in das EDV-System. Falsch übertragene Ziffern bei den Nummern der Kennkarten (z.B. 9 statt 4), führen dazu, dass diese Daten ebenfalls in der Rubrik „Zweifelhaft“ aufgeführt wurden. So befürchtet die Opposition, dass mit solchen „tricks“ sie um ihren Erfolg gebracht werden soll. 600.000 Unterschriften müsste sie neu bestätigen lassen, um zur Einberufung des Referendums Erfolg zu haben.

Währenddessen intensiviert die Revolutionsseite ihre Kampagne wegen des „Megabetrugs“ der Opposition und ist sich sicher, dass sie das Referendum verhindern kann.

Wie es um ihre eigene Unterschriftenaktion gegen 38 Parlamentarier der Opposition bestellt ist, ist kaum ein öffentliches Diskussionsthema. Nach vorläufigen Ergebnissen hat die Revolutionsseite nur bislang bei zwei Abgeordneten die notwendigen Unterschriften zusammen bekommen. Insgesamt aber hatte sie behauptet, 4 Millionen Unterschriften gesammelt zu haben. Bei korrekter Sammlung kein Problem, um die unliebsamen Oppositionspolitiker einem Referendum zu unterwerfen. Derweil bezichtigt die Opposition die Oberste Wahlbehörde des Doppelspiels. Daten von Dritten ausgefüllt –im Falle der Oppositionsaktion ein Grund zur Aufnahme in die Rubrik „Zweifelhaft“- sollen bei den Unterschriftsaktionen gegen die Opposition anerkannt worden sein. Die Opposition will auf Einsprüche in diesen Fällen bislang verzichten. „Anerkennung auf beiden Seiten“ ist ihre Forderung.

Beide Seiten aber bereiten sich auf juristische Auseinandersetzungen vor. Der am 29. Mai 2004 durch das Abkommen Regierung/Opposition unter Vermittlung von OAS und Carter-Zentrum begonnene Weg der verfassungsmäßigen Lösung der Krise, wird nicht mit dem letztendlichen Spruch der Obersten Wahlbehörde enden. Er wird dann weiter vor dem Obersten Gerichtshof ausgetragen. Wahlfragen werden nach der Geschäftsordnung an die dreiköpfige „Kammer für Wahlfragen“ (sala electoral) übertragen. Dort vermutet man eine 2:1-Mehrheit der Opposition (alle Institutionen, Oberstes Gericht, Oberste Wahlbehörde etc., werden derzeit immer von Medien und Politik nach Regierung : Opposition „eingekastelt“). Die Revolutionsseite hat deshalb eine Initiative beim Obersten Gericht gestartet, dass wegen der besonderen Bedeutung der Frage die „Verfassungskammer“ (sala constitucional) zuständig sein muss. Hier wiederum urteilt die Opposition, hat Chávez eine 3:2 Mehrheit. Alle Anzeichen sprechen also dafür, dass die Revolutionsseite sich auf einen Gang zum Obersten Gericht vorbereitet.

Bilanz der Woche der Gewalt

11 Tote, 1750 Verletzte, über 400 Festnahmen, 9 nachgewiesene Folterungen – dies ist die Bilanz der Opposition zur „Woche der Gewalt“. „Dieses sind weder Zahlen eines Bürgerkrieges, noch einer Invasion und auch nicht die einer Naturkatastrophe. Dieses sind Zahlen, hervorgerufen durch die massive Verletzung der Menschenrechte durch das Regime von Hugo Chávez Frías“ stellt der Sprecher der „Coordinadora Democrática“, Jesús Torrealba, fest. Nach den heftigen Auseinandersetzungen und dem Vorgehen der staatlichen Ordnungskräfte, wobei es nach Urteil von Beobachtern und Menschenrechtsorganisationen oft an der „Verhältnismäßigkeit der Mittel“ fehlte, beginnt die gegenseitige Schuldzuweisung.

Der vergangene Freitag war gekennzeichnet durch „Aufräumen“ und „Atemholen“, auch wenn vereinzelte Protestaktionen in den Regionen und in der Hauptstadt fortgesetzt wurden. Nach der friedlichen Großdemo der Opposition, hat sich die Lage zum Wochenanfang stabilisiert. Die Menschen aber bleiben hellwach. Sie registrieren jede Äußerung zu „ihren Unterschriften“ mit Misstrauen und Sorgfalt. Das besondere Lob des Präsidenten und seines Verteidigungsministers zum „maßvollen Vorgehen“ und die Glückwünsche an die „Guardia Nacional“, provoziert sie und lässt sie wachsam bleiben. Sie sind gegen jede „Verhandlung“ ihrer Unterschriften. Die „Coordinadora Democrática“ muss daher auf der Hut sein, dass sich die Menschen nicht ihre eigene Lösung ohne die besonnenen Politiker suchen. Es ist eine schmale Gratwanderung, die die „Coordinadora“ vorhat.

USA unterstützt Subversion – „Aló Presidente“ spezial für das Diplomatische Corps

In seinem mehrstündigen Vortrag vor dem Diplomatischen Corps, am Freitag 2 x per „cadena“ zwangsausgestrahlt, hat Präsident Chávez wiederum „schweres Geschütz“ gegen die USA aufgefahren. Wie schon im April 2002, als sie den Putsch gegen den Präsidenten unterstützte (wofür Präsident Chávez genügend Beweise in der Hand habe), würde die Regierung Bush aktuell wieder „ihre Hände im Spiel haben“ und subversive, terroristische und gewaltbereite Elemente fördern. Ziel sei ein Putsch gegen ihn, um den legitimen Präsidenten Venezuelas aus dem Amt zu entfernen, weil er den (Öl-)Interessen der USA entgegensteht. Präsident Chávez rechnet mit der Lateinamerikapolitik der USA ab. Er bewertet sie als eine Kette von Repression und Umsturz - immer mit dem Ziel, die Eigeninteressen der USA auf Kosten Lateinamerikas zu sichern.

Zur Untermauerung seiner „These von der Putschunterstützung“ lässt Präsident Chávez Videoausschnitte einspielen, die Molotowcocktail werfende Oppositionelle zeigen und auch Ausschnitte der irischen „Dokumentation“ über den April 2002 fehlen nicht. Aktuelle Bilder von Politikern der Opposition sollen belegen, dass diese Anführer der Gewaltakte seit dem 27. Februar waren. Präsident Chávez droht unverhohlen, dass die Berichterstattung der Botschaften „wahrhaftig“ sein muss. Zur wirklichen Information über die Lage sollte seine Botschaft dienen. Im Großen und Ganzen wäre er mit den Berichten einverstanden, nur einzelne Länder würden ungenau berichten und der Opposition auf den Leim gehen. Diese besonders sollten sich durch seine objektiven Aussagen angesprochen fühlen.

Ein ernstes, teilweise indigniertes Diplomatisches Corps hörte zu. Aber alle Diplomaten wussten auch, welche Videos fehlten. Nämlich die vom brutalen Vorgehen der Staatsgewalt. Das Zusammenschlagen von Demonstranten, das Einschlagen mit Helmen auf wehrlose Jugendliche, das Abfeuern von Gummigeschossen – in anderen Ländern verboten – aus nächster Entfernung gezielt in die Beine, die Zahl von 25 verwundeten Reportern und Medienangestellten, die über 60 Verletzten durch Schusswaffen. Und wieder werden neben den USA die Medien angegriffen. Keine Regierung sei so großmütig und tolerant gewesen, wie seine. „Nicht wahr Herr Bischof, der Vatikan würde Radio Vatikan schließen, wenn darin zur Unterstützung des Teufels aufgerufen würde“ sagt Präsident Chávez sinngemäß zu dem erstarrten Nuntius.

Zuvor und danach aber greift er die Kirche und die Bischofskonferenz an und unterstellt ihr Zusammenwirken mit der putschenden und terroristischen Opposition. Als „Beleidigung“ lehnt er eine Sequenz ab, wo „Globovisión“ (privater TV-Nachrichtensender) den von der Müdigkeit übermannten Präsidenten Mugabe zeigt, als dieser von Präsident Chávez als Ausdruck besonderer Ehrung und Anerkennung die Kopie des Ehrensäbels von Simon Bolívar erhält. Über Geschmack kann man streiten und nicht jede Einzelheit der TV-Offensive der Opposition ist geschmackvoll. Aber keine Wort seitens des Präsidenten zu den Menschenrechtsverletzungen, verantwortet von Präsident Mugabe, über seinen Drill von Kindersoldaten, gebrochen und eingesetzt zu Folter und Mord, wie BBC und Menschenrechtsorganisationen just zum Gipfel der G-15, an dem Präsident Mugabe teilnimmt, berichten.

Das Diplomatische Corps hat dem Präsidenten aufmerksam zugehört, aber sicherlich nicht die Realität Venezuelas verdrängt. Einer der gestandenen und anerkannten Diplomaten Venezuelas, der Botschafter bei der UNO, Dr. Milos Alcalay, erklärt seinen Rücktritt, eine schwere Schlappe für die Regierung, vor allem wegen der Begründung des geachteten Diplomaten (der natürlich nach seiner öffentlichen Erklärung in New York sofort einer persönlichen und politischen „Abqualifizierungskampagne“ der Revolutionsseite unterworfen wird). Alcalay kann nicht länger die staatliche Gewalt, die Missachtung der Demokratie und die Verletzung der Menschenrechte vertreten. Außerdem will er nicht ein „Revolutionskonzept“ repräsentieren, so wie es nach seinen Angaben inzwischen von den Botschaftern verlangt wird, sondern sein Land insgesamt, welches Regierungsseite und Opposition umfasst. Besorgt sieht er die zunehmende Selbstisolierung Venezuelas. Den Auftritt von Präsident Chávez vor dem Diplomatischen Corps wertern viele internationalen Analysten als weiteren Schritt der selbst verantworteten Isolierung und der Entfernung von der Realität.

Die Entwicklung der nächsten Tage, „Burgfriede“ oder „Auseinandersetzung“ hängt davon ab, wie sich die Oberste Wahlbehörde verhält und ob es unter Vermittlung, nicht länger „nur“ Beobachtung, der OAS und des Carter-Zentrums gelingt, eine für alle akzeptable Lösung bei der Anerkennung der Oppositionsunterschriften zu finden. Ein Datum ist dabei für die Opposition wichtig: der 18. August des Jahres. Bis dahin muss sie den friedlichen Machtwechsel geschafft haben. Denn sollte Präsident Chávez nach diesem Tag aus dem Amt gehen, würde in jedem Fall der Vizepräsident die Amtsperiode bis 2006 zu Ende führen und Chávez könnte dann erneut für das Präsidentenamt kandidieren.

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