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Regierung de la Rúa - noch dauert der "Honeymoon"

Автор: Frank Priess
Im Zentrum der politischen Debatten in Argentinien knapp drei Monate nach dem Amtsantritt der neuen Regierung stand die Auseinandersetzung um eine Flexibilisierung der Arbeitsgesetzgebung. Das Scheitern der Gewerkschaften offenbarte eine deutliche Schwächung der Arbeitnehmerorganisationen. Demgegenüber genießt die Regierung de la Rúa noch immer hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Angesichts des Ausbleibens wirksamer Lösungen für die gravierenden Probleme des Landes werden die Kommunalwahlen in der Hauptstadt im Mai ein erster ernsthafter Stimmungstest werden.

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Januar und Februar sind in Argentinien die traditionellen Urlaubsmonate. Selbst Politik, so die Erfahrung zurückliegender Jahre, wird in dieser Zeit eher am Strand gemacht. Die Badeorte Punta del Este, Pinamar und Mar del Plata waren traditionell die Schauplätze, auf die sich das öffentliche Interesse derer richtete, die in der verwaisten Hauptstadt die Stellung hielten. Etwas davon ist wohl noch übrig, im Jahr 2000 aber war vieles anders. Und daran dürfte nicht nur der rezessionsbedingte Tourismusrückgang schuld sein, von dem Land auf, Land ab die Rede ist und der gegenüber dem Vorjahr rund 20 Prozent beträgt. Augenscheinlich ändern sich auch Gewohnheiten, die Globalisierung und weltweite Vernetzung zwingen zu permanenter Präsenz und Erreichbarkeit. Aber auch die politische Konstellation knapp drei Monate nach dem Amtsantritt der neuen Regierung des Präsidenten Fernando de la Rúa entwickelte Eigendynamik und löste rege Betriebsamkeit aus.

Arbeitsgesetzgebung nimmt wichtige Hürde

Im Zentrum stand dabei der Kampf um eine Flexibilisierung der Arbeitsgesetzgebung, die Arbeitsminister Alberto Flamarique auf den Weg gebracht hatte und mit der die neue Regierung vor allem ein Zeichen in Richtung der internationalen Investoren setzen wollte: Mehr Freiheit für Zeitverträge, längere Probezeiten, Neuverhandlung und Überprüfung bestehender kollektiver Vertragswerke und damit Schwächung des Gewerkschaftseinflusses, das sind wichtige Eckpunkte, um die die politische Auseinandersetzung voll entbrannte.

Hauptwidersacher der Regierungsind die Gewerkschaften, und hier vor allem der peronistisch orientierte Dachverband CGT, neuerdings in Allianz mit dem Dachverband MTA. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Mit deutlicher Mehrheit beschloss das Abgeordnetenhaus gegen die Stimmen der Peronisten und einiger Abweichler in den Regierungsreihen das Reformwerk, das jetzt noch die zweite Hürde, den peronistisch dominierten Senat nehmen muß. Der Weg allerdings war, vor allem für die Gewerkschaften, schmerzlich und brachte sie an den Rand der Spaltung.

Während die amtierende CGT-Führung um Generalsekretär Rodolfo Daer hinter verschlossenen Türen mit dem Arbeitsminister verhandelte, machten Teile der Basis um den für Daer ins Auge gefaßten Nachfolger Hugo Moyano, den Chef der mächtigen LKW-Fahrer-Gewerkschaft mobil. Für den 24. Februar drohte man mit Streik und kündigte an, dies werde nur der Anfang im Kampf gegen die neoliberale Wirtschaftspolitik und den Reformkurs der Regierung sein.

Ungute Erinnerungen an fast permanente CGT-Streiks gegen die Regierung Alfonsín in den achtziger Jahren, UCR-Parteifreund des jetzt gewählten Präsidenten, wurden da wach.

Im Unterschied zu dieser Zeit aber sind die Arbeitnehmerorganisationen deutlich geschwächt: Ihr Image in der Öffentlichkeit kann nur als katastrophal bezeichnet werden - Korruptionsvorwürfe, Vetternwirtschaft und Ineffizienz sind dabei nur einige der Vorwürfe - und auch die Rahmenbedingungen der globalisierten Wirtschaft haben ihren Aktionsradius eingeschränkt. Selbst viele Arbeitnehmer ziehen Verhandlungen auf Betriebsebene einer Vertretung durch die Führungen der Dachverbände vor.

So war das Gewerkschaftsvorhaben, die Reform zu verhindern, schon selbst frühzeitig zum Scheitern verurteilt. Die Verbandsführung kam zu einer Einigung mit dem Arbeitsminister und handelte sich für den Verzicht auf Widerstand "lediglich" die Regierungszusage ein, weiter Exklusivität für die Organisation von Arbeitnehmern in den gewerkschaftseigenen Sozialversicherungskassen zu genießen, was diesen und damit den Gewerkschaften als Trägern erhebliche Finanzresourcen sichert. Auch die personelle Mitwirkung von Gewerkschaftsvertretern beim Rentner-Sozialwerk PAMI blieb erhalten.

Nach dieser Einigung stand der radikalere Gewerkschaftsflügel im Regen und konnte statt des angedrohten Streiks nur noch zu einer Kundgebung aufrufen, die nach übereinstimmender Meinung mit weniger als 20.000 Teilnehmern auch noch schwach besucht war. Dem Kompromiß hing seitens vieler Beobachter zusätzlich der Geruch an, die Gewerkschaftsbosse hätten wieder einmal nach Kriterien der eigenen Pfründesicherung entschieden, statt nach den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es wird sich zeigen, ob die Einheit der Gewerkschaft dauerhaft Schaden nimmt und die Zerreißprobe zu Spaltungen und Abspaltungen führt.

Erwartet wird jetzt jedenfalls, daß der Flügel um CGT-Generalsekretär Daer die politisch verbündeten Peronisten im Senat veranlassen wird, mit kosmetischen Reparaturen am Gesetz zwar das Gesicht zu wahren, keinesfalls aber ein Scheitern heraufzubeschwören. Das dürfte letzteren auch das Dilemma ersparen, gegen ein Vorhaben vorzugehen, das von der eigenen Regierung Menem in ihren letzten Amtsmonaten in ganz ähnlicher Form auf den Weg gebracht worden war.

Marketing als Politikersatz?

Präsident de la Rúa und die Seinen, gestützt von nach wie vor weitgehend freundlichen Medienkommentaren, können sich als Problemlöser sehen: Nach Finanzübereinkünften mit den mehrheitlich oppositionell regierten Provinzen, der Verabschiedung eines Steuerpakets und des Haushaltes 2000 bildete die neue Arbeitsgesetzgebung dafür in ihren Augen einen weiteren Beweis. Auch wenn manche gegenüber den Gewerkschaften gern noch mehr Zugeständnisse erreicht hätten und diese angesichts der Schwäche der Gegner wohl auch durchsetzbar gewesen wären. Dem habe die bekannte Konsens-Orientierung de la Rúas entgegengestanden. 70 Prozent Zustimmung der Bürger zu ihrem Präsidenten, weit mehr übrigens als zur Regierungspolitik insgesamt, sprechen aber eine deutliche Sprache. Der "Honeymoon" ist offenbar noch nicht zu Ende.

Dafür ausschlaggebend ist nach Meinung zahlreicher Beobachter weniger die Substanz einer "neuen" Politik, als vielmehr eine Änderung des Politikstils. Bescheidenheit ist angesagt. Da fliegt der Präsident mit einer Linienmaschine der Lufthansa zum Wirtschaftsforum nach Davos. Die Luxus-Präsidentenmaschine seines Vorgängers, "Tango 01", bleibt demonstrativ im Hangar und steht zum Verkauf. Sein Vizepräsident fährt demonstrativ im Taxi durch die Hauptstadt - umgeben natürlich von sichernden Begleitfahrzeugen - und gibt auch das morgentliche Hörnchen im Stammcafé nicht auf.

Gleichzeitig werden durch Wirtschaftsprüfungen in Ministerien, Behörden und nachgeordneten Dienststellen Zeichen ausgesandt, daß es nun mit der Korruption vorbei sei. Spektakuläre Anklagen gegen Mitglieder und Funktionäre der Vorgänger-Regierung, immer wieder öffentlichkeitswirksam angekündigt, blieben, von Ausnahmen abgesehen, bisher allerdings aus. Die Medien spielen gleichwohl mit: 80 Prozent der Überschriften der führenden Tageszeitung "Clarín", die sich mit der Regierung beschäftigten, waren nach einer Studie der Consulting-Firma Germano&Giacobbe zwischen dem 10. Dezember und dem 23. Februar positiv, beim Konkurrenzblatt "La Nación" waren es 73 Prozent. Da ist es kein Wunder, wenn ein Anhänger des früheren Präsidenten schäumt: "Diese Regierung braucht den (sc. Staatssender, F.P.) ATC nicht für eine Kampagne, sie hat schließlich "Clarín" und "La Nación"."

Es fragt sich, wie lange das so bleibt. Die Probleme des Landes sind nach wie vor gravierend und schnelle Lösungen nicht in Sicht: Der fortschreitende Verlust von Arbeitsplätzen, die Abwanderung von Firmen ins benachbarte Brasilien, Rückgang des privaten Konsums und der Realeinkommen, drückende Schuldenlast und eine katastrophale Finanzlage der Provinzen, das sind nur einige der Schwierigkeiten, mit denen sich die Regierung dringend befassen muß.

Im Gegensatz zu Brasilien etwa vermissen viele Unternehmer in Argentinien eine aktive Wirtschaftspolitik mit Anreizen und Unterstützungen gerade für die Klein- und Mittelindustrie: Während Brasilien Billig-Kredite für den Kauf von Maschinen und Technologie offeriert, Steuerzahlungen aussetzt, Ansiedlungshilfen und Infrastrukturverbesserungen anbietet, mit Sondertarifen für Gas, Strom und Telefon wirbt, sehen sie in Argentinien nichts Vergleichbares.

Nicht einmal bestehende Schutzbestimmungen würden eingehalten. "Wenn Arbeitslosigkeit und Unsicherheit anhalten, kann der Humor der Bürger schnell wechseln," meint denn auch der Meinungsforscher Ricardo Rouvier und bilanziert: "De la Rúa hat noch Kredit nach dem Machtwechsel und der Niederlage Menems, aber dieser Kredit ist nicht gratis, man muß ihn bedienen. Bisher verwaltet er fast ausschließlich .... Er hat keinen stratetegischen Plan, und deshalb weiß man auch nicht, wie es mit uns weitergehen soll."

Beginnender Kommunalwahlkampf in der Hauptstadt

Ein ernsthafter Stimmungstest werden da die Kommunalwahlen in der Hauptstadt Buenos Aires am 7. Mai. Immerhin geht es um die Nachfolge de la Rúas als Bürgermeister und die einzige nennenswerte Wahlauseinandersetzung des Jahres 2000. Zudem sind populäre Kandidaten im Spiel, insbesondere de la Rúas Widersacher bei der zurückliegenden Präsidentschaftswahl, Domingo Cavallo.

Er, der für seine eigene Partei "Acción por la República" antritt, hat mittlerweile eine Wahlallianz mit Gustavo Beliz (Partei "Nueva Dirigencia") vereinbart, mit dem er seinerzeit noch gemeinsam als Minister im ersten Kabinett Carlos Menems saß. Am 10. und 11. März wollen die beiden bei internen Vorwahlen, an denen aber auch Mitglieder der peronistischen Partei und Unabhängige teilnehmen können, klären, wer von ihnen als Bürgermeisterkandidat und wer als Vize ins Rennen geht.

Aus dem Peronismus gab es bereits im Vorfeld für beide Sympathiebeweise, zumal die Partei selbst keine glaubwürdige Alternative und Aussicht auf einen Sieg ins Feld führen kann.

Das Duo jedenfalls könnte zu einer ernsten Bedrohung für Anibal Ibarra (FREPASO) werden, der für die regierende Allianz ins Rennen geht und derzeit noch klar in den Umfragen führt. Mit Cecilia Felgueras will die UCR des Präsidenten diesem eine Begleiterin als "Vize" an die Seite stellen, die das fehlende Charisma Ibarras ausgleichen soll und als eine der aufstrebenden Hoffnungen der argentinischen Politik gilt. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen.

Das erklärte Ziel Cavallos jedenfalls wird es sein, die Entscheidung zu entpolitisieren und zu personalisieren. Wer ist der beste Verwalter für Buenos Aires? Wer hat mehr Erfahrung? Wer führt besser? Wer hat die notwendigen Ellenbogen? Sollten sich die Wähler auf diese Fragen einlassen, werden dem ehemaligen Wirtschaftsminister gute Chancen auf einen Sieg zugetraut. Die mit de la Rúa verbündete FREPASO würde damit die letzte Möglichkeit verspielen, neben dem Vizepräsidenten Carlos "Chacho" Alvarez einen der ihren in eine Position mit landesweiter Bedeutung zu bringen.

Schwächte dies FREPASO weiter und schürte die Ambitionen von de la Rúas UCR zu einer ruppigeren Gangart mit dem Partner, könnte sich daraus, verbunden mit den angesprochenen Problemen auf dem Feld der Wirtschaftspolitik, schnell ein gravierendes Problem der Regierungsfähigkeit ergeben. Bis dahin aber dürfte der neue Präsident seine hohen Sympathiewerte genießen...

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Olaf Jacob

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Leiter des Auslandsbüros Chile

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