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Regierungskonflikt um Strategiepapier

Автор: Dr. Marco Arndt

Putin spaltet die Gemüter

Die bulgarische Übergangsregierung, die – vom Staatspräsidenten eingesetzt - bis zu den Wahlen am 5. Oktober etwa acht Wochen im Amt sein wird, hat ihren ersten Konflikt. Entzündet hat er sich an einem Strategiepapier des Verteidigungsministers Shalamanov.

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Im Vorfeld des Nato-Gipfels in Wales Anfang September legte Shalamonov ein Strategiepapier mit dem Titel „Ausblick 2020 - Bulgarien und die Nato in europäischer Verteidigung“ vor. Ziel sei es, Schritte einzuleiten, die Bulgariens Fähigkeiten im Rahmen der Nato erhöhten. Der Minister sprach von einer „Rückkehr“ Bulgariens in Nato und EU. Das Dokument wurde auf einer Pressekonferenz des Ministeriums am 26. August vorgestellt. Es sollte Staatspräsident Plevneliev und Shalamanov auf dem Nato-Gipfel als Diskussionsbeitrag dienen. Das Dokument analysiert die Bedrohungssituation und zählt neben Terrorismus, Energieabhängigkeit, gescheiterten Staaten und Migration auch die Bedrohung durch „hybride“ Kriegführung auf. Bulgarien liege in einer Region mit den höchsten geostrategischen Risiken der EU/Nato. Das würde sich weder mittel- noch langfristig ändern. Darauf müsse das Land vorbereitet sein und reagieren. Shalamanov forderte die Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf die von der Nato angemahnten zwei Prozent des BIP, wobei 15 Prozent davon für die Modernisierung der Streitkräfte verwendet werden solle.

Der Konflikt entzündete sich an der Behauptung in dem Dokument, Russland führe einen solchen „hybriden“ Krieg. Dieser setze nicht nur auf konventionelle Kriegführung; Bulgarien sei betroffen durch eine totale Propaganda, die durch Akteure aus der bulgarischen Wirtschaft, Politik, Medien und NGOs unterstützt würde. Es handele sich um einen „Informations-Krieg“, der die Integrität staatlicher Institutionen unterminiere und die demokratischen Werte direkt angreife. Ziel Russlands sei es, langfristig seinen Einfluss im postsowjetischen Raum wiederherzustellen, wie das Beispiel der Ukraine zeige.

Dieser Klartext führte zu einer scharfen Reaktion des Ministerpräsidenten. Blisnashki, bis 2013 Mitglied der Sozialistischen Partei und Professor für Rechtswissenschaften, bezeichnete das Dokument als einen Entwurf, der weder mit ihm abgestimmt, noch vom Sicherheitsrat des Ministerrats angenommen worden sei. Shalamonov musste das Papier von der Website seines Ministeriums entfernen.

Der Minister verteidigte sein Vorgehen aber. Es gehe um bulgarische Sicherheitsinteressen, das Land müsse ein vollwertiger Partner in der Nato sein. Russland sei gar nicht Schwerpunkt der Analyse, daher sei die Kritik einseitig. Es gehe ihm um die Erhaltung der bulgarischen Souveränität.

Der Ministerpräsident kündigte eine Überarbeitung an, an der auch die Parteien teilhaben sollten. Er leugnet das aggressive Vorgehen Russlands in der Ukraine nicht, zieht aber anscheinend andere Konsequenzen aus der Lageanalyse als sein Verteidigungsminister, da er die von Shalamonov insinuierte russische Ausdehnungsstrategie nicht zu teilen scheint. Negative Folgen für Bulgarien sieht er daher nicht. Vielmehr sollten die Spannungen in der Region abgebaut werden.

Staatspräsident Plevneliev, dessen kritische Haltung zur russischen Politik kein Geheimnis ist, sagte, das Papier stimme mit der Nato-Position überein. Es sei von Experten erarbeitet worden. Sie sollten das Dokument beim Sicherheitsrat des Ministerrats vorstellen können. Plevneliev konstatierte aber, dass es sich um eine Arbeitsversion handele; die Endfassung müsse von der Regierung angenommen werden. Dennoch müsse Bulgarien auf dem Nato-Gipfel klare Ziele vorstellen können.

Die Reaktionen der Parteien auf das Strategiepapier zeigen die altbekannte Lagerbildung: Die Partei des ehemaligen sozialistischen Staatspräsidenten Parvanov und die rechtsradikale, russlandfreundliche Partei Ataka sprangen dem Ministerpräsidenten bei und verurteilten den Text scharf. Hingegen lobte der bürgerliche Reformblock die Aussagen. Es sei einmalig, dass ein Minister diese Wahrheit ausspreche. Die Haltung des Ministerpräsidenten sei eine schlechte Nachricht, denn die Bedrohung sei präsent. Der Reformblock schloss daher nicht aus, dass Blisnashki auf Druck Russlands gehandelt hat.

Unabhängig von der Frage, ob eine parlamentarisch nicht legitimierte Übergangsregierung Festlegungen über einen langen Zeitraum treffen sollte und unabhängig davon, dass ein solches Strategiepapier selbstverständlich vom Ministerrat gebilligt werden muss, zeigt die Diskussion erneut die unklare Haltung, die Bulgarien seit Jahren gegenüber Russland einnimmt. Die Ursachen hierfür sind sehr vielschichtig. Die politische und gesellschaftliche Elite ist jedenfalls gespalten: Rechtsradikale und Sozialisten auf der einen, das bürgerliche Lager auf der anderen Seite. Ähnliche Bruchlinien gibt es in der Wählerschaft. Ein nationaler Konsens bezüglich Russlands Politik und darauf aufbauend eine stringente Strategie und ein klares und einheitliches Bekenntnis zum Westen sind auch perspektivisch kaum zu erwarten. Anders als die baltischen Staaten oder gar Polen, das momentan geradezu russophob reagiert, ist Bulgarien anscheinend nicht ausreichend bereit, die notwendigen Konsequenzen aus seiner geostrategischen Lage zu ziehen.

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