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Staatspräsident Hugo Chávez regelt seine Nachfolge

Автор: Dr. Georg Eickhoff
Am 8. Dezember empfahl Venezuelas Präsident Hugo Chávez (58), seinen Vizepräsidenten und Außenminister Nicolás Maduro (50) zum Präsidenten zu wählen, für den Fall, dass er selbst dauerhaft an der Amtsausübung gehindert sein sollte. Bei dieser Ankündigung hielt er wie bei vielen seiner Fernsehauftritte eine Mini-Ausgabe der Verfassung von 1999 in der Hand. Tags darauf erteilte ihm die Nationalversammlung einstimmig die Erlaubnis, das Land auf unbestimmte Zeit zu verlassen, um in Kuba seine Krebsbehandlung fortzusetzen.

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Chávez erläuterte, eine neue Diagnose im November habe ergeben, dass an derselben Stelle seines Unterbauchs wie vor anderthalb Jahren bösartige Krebszellen aufgetreten seien, die eine sofortige Operation erforderlich machten. Er unterzog sich schließlich am 11. Dezember einem mehr als sechsstündigen chirurgischen Eingriff, der nach offiziellen Angaben erfolgreich verlaufen ist.

Die Verfassung regelt verschiedene Szenarien der Nachfolge, die im vorliegenden Bericht skizziert werden.

Der 10. Januar ist durch die Verfassung als Datum des Amtsantritts eines gewählten Präsidenten fest vorgegeben. Nach der Ankündigung vom 8. Dezember, in der Chávez ausführlich von der Möglichkeit seiner Amtsunfähigkeit aus Gesundheitsgründen sprach, haben sich die Befürchtungen verstärkt, dass er dieses Datum möglicherweise nicht im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte einhalten könnte. Die Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela - in offizieller deutscher Übersetzung (Essen, 2005) - führt dazu in Artikel 233 Absatz 2 Satz 1 aus: „Ergibt sich vor der Amtseinführung ein zwingender Hinderungsgrund bezüglich der Person des gewählten Präsidenten oder der gewählten Präsidentin, folgen neue allgemeine, direkte und geheime Wahlen innerhalb der nächsten dreißig Tage.“ Bei einer nur temporären Verhinderung des Präsidenten vertritt ihn dagegen nach Artikel 234 der Vizepräsident. Eventuell könnte das Oberste Gericht in großzügiger Anwendung desselben Artikels die Amtseinführung um 90 Tage und mit Zustimmung der Nationalversammlung bis zu 180 Tage mit Rücksicht auf eine nur „zeitweilige Verhinderung“ hinausschieben. Bisher ist aber nicht einmal die „zeitweilige Verhinderung“ attestiert worden. Die Nationalversammlung hat dem Präsidenten nach Artikel 235 der Verfassung lediglich das Verlassen des Landes auf unbestimmte Zeit erlaubt. Da über seine tatsächlichen Gesundheitszustand während des Aufenthaltes in Kuba wahrscheinlich absichtsvolle Unklarheit bestehen wird, ist wohl damit zu rechnen, dass vorerst definitive Schlüsse über seine dauerhafte Verhinderung hinausgezögert werden, was die Opposition im Parlament heftig kritisiert.

Da die Dreißig-Tage-Frist für Neuwahlen in der Praxis aus technischen Gründen wohl nicht zu halten ist, wird davon ausgegangen, dass die Verfassungskammer des von der Regierung kontrollierten Obersten Gerichtes (Tribunal Supremo de Justicia) der ebenfalls von der Regierung kontrollierten Wahlbehörde (Consejo Nacional Electoral) eine Fristverlängerung zugestehen wird.

Artikel 233 Absatz 2 Satz 2 der Verfassung regelt die temporäre Nachfolge für den Fall der Amtsunfähigkeit des gewählten, aber nicht vereidigten Präsidenten: „Bis der neue Präsident oder die neue Präsidentin gewählt ist und das Amt antritt, nimmt der Präsident oder die Präsidentin der Nationalversammlung die Präsidentschaft der Republik wahr.“ Am 5. Januar 2013 steht die turnusmäßige jährliche Neuwahl des Präsidenten der Nationalversammlung an. Es wird davon ausgegangen, dass der gegenwärtige Parlamentspräsident und Erste Vizepräsident der Sozialistischen Partei Diosdado Cabello (49) wiedergewählt wird. Er gilt als der wichtigste politische Rivale des designierten Chávez-Nachfolgers Maduro.

Chávez stellt Maduro über Cabello

Im Laufe seiner politischen Karriere ist Diosdado Cabello, der bei den Gouverneurswahlen im Jahr 2008 gegen Henrique Capriles Radonski in Miranda verloren hatte, zu einem der reichsten Männer des Landes geworden. Er repräsentiert das militärische Element in dem chavistischen Machtbündnis zwischen den Putschisten des Jahres 1992, zu deren Kerngruppe er zählt, und der alten Linken. Dagegen vertritt Maduro den zivilen Flügel und genießt das Wohlwollen Kubas.

Maduro hat sich als gemäßigter Mann des Dialogs innerhalb des Chavismus sowie auf nationaler und internationaler Ebene profiliert. Seine Lebenspartnerin ist die Generalstaatsanwältin Cilia Flores (59), die wie er über langjährige parlamentarische Erfahrung verfügt. Beide hatten die Präsidentschaft der Nationalversammlung inne (er von 2005 bis 2006, sie von 2006 bis 2011). Beide haben sich in ihrer gesamten politischen Karriere durch extreme Loyalität zu Revolutionsführer Chávez ausgezeichnet.

Sollte Präsident Chávez am 10. Januar im Parlament erscheinen und für seine vierte Amtszeit vereidigt werden, danach jedoch ausfallen, so sieht die Verfassung (Artikel 233, Absatz 3) eine andere Nachfolgeregelung vor: „Ergibt sich ein zwingender Hinderungsgrund bezüglich der Person des Präsidenten oder der Präsidentin der Republik während der ersten vier Jahre der verfassungsgemäßen Amtszeit (von sechs Jahren, Anm. d. Verf.), folgen neue allgemeine, direkte und geheime Wahlen innerhalb der nächsten dreißig Tage. Bis der neue Präsident oder die neue Präsidentin gewählt ist und das Amt antritt, nimmt der Vizepräsident oder die Vizepräsidentin die Präsidentschaft der Republik wahr.“

Aus den beiden zitierten Absätzen des Artikels 233 (in Verbindung mit Artikel 234, der die Vertretung bei temporärer Hinderung an der Amtsausübung zugunsten des Vizepräsidenten regelt) ist zu schließen, dass im Falle einer nur temporären Amtsunfähigkeit des gegenwärtigen Präsidenten der Vizepräsident bis zur geplanten Vereidigung am 10. Januar und danach (bis zur Neuwahl) der Parlamentspräsident die Amtsgeschäfte führen werden. So erläuterte es Präsident Chávez auch in seiner Fernsehansprache mit der Verfassung in der Hand. Sollte die Nationalversammlung aber nach Artikel 233 Absatz 1 vor dem 10. Januar die vollständige und dauerhafte Hinderung des Präsidenten an der Amtsausübung feststellen (wozu ein Gutachten einer vom Obersten Gericht eingesetzten medizinischen Kommission erforderlich ist) oder dessen Tod eintreten, so übernimmt möglicherweise der Parlamentspräsident die Amtsgeschäfte sofort bis zur Neuwahl.

Opposition unter Zeitdruck

Auf Seiten der Opposition haben die bisher noch informellen Beratungen über die Nominierung eines Einheitskandidaten begonnen. Vermutlich muss aus zeitlichen und technischen Gründen ein Mechanismus gefunden werden, der ohne eine Vorwahl auskommt, denn dafür müsste der Apparat der dann voll ausgelasteten Wahlbehörde genutzt werden. In jedem Fall wäre das Oppositionsbündnis mit der Terminierung und Durchführung einer Vorwahl in der Hand der Wahlbehörde und damit des politischen Gegners.

Der bei den mit sensationeller Beteiligung am 12. Februar 2012 durchgeführten Vorwahlen zweitplatzierte Gouverneur des bevölkerungsreichen Staates Zulia, Pablo Pérez, hat am 10. Dezember per Twitter bereits eine abermalige Kandidatur für sich ausgeschlossen. Er fügte hinzu, dass ein wiedergewählter Gouverneur sich um dieses Amt zu kümmern habe. Damit schien er auf den am 12. Februar mit einer Mehrheit von 64 Prozent gewählten, aber bei den Wahlen am 7. Oktober erfolglosen Präsidentschaftskandidaten Henrique Capriles Radonski anzuspielen. Denn beide treten am 16. Dezember bei den Regionalwahlen zur Wiederwahl als Gouverneure an.

Von diesen Wahlen wird abhängen, wer Chancen auf die Nominierung hat. Capriles erscheint gegenwärtig am besten positioniert. Er hat jedoch mit Widerständen in den traditionellen Parteien Acción Democrática und COPEI zu kämpfen. Das Rennen ist offen. Es herrscht ein klares Bewusstsein der Dringlichkeit der Nominierung eines Kandidaten.

Das Parteienbündnis „Mesa de Unidad Democrática - Tisch der Demokratischen Einheit“ scheint alternativlos. Es wirkt jedoch geschwächt und muss neue Allianzen mit der Zivilgesellschaft suchen, deren Druck es ausgesetzt ist. Die Regionalwahlen sind zugleich eine Art Probelauf für etwaige Nationalwahlen ohne Chávez. Seine dramatische Ankündigung eine Woche vor den Regionalwahlen wird die Beteiligung deutlich erhöhen, was „seine“ Kandidaten begünstigen dürfte. Anhand des Ergebnisses vom 16. Dezember werden beide Lager ihre Strategien für mögliche Präsidentschaftswahlen im ersten Halbjahr 2013 festlegen.

Viele Ergebenheitsadressen und ein politisches Testament

Am 8. Dezember sprach Revolutionsführer Hugo Chávez also erstmals über die Möglichkeit seines nahen Todes. Dies löste unter seinen Anhängern spontane Kundgebungen einer leidenschaftlichen Volksfrömmigkeit aus. Auch der Verteidigungsminister Diego Morelo kleidete seine barocke Ergebenheitsadresse (El Nacional, 10. Dezember) nicht nur in sozialistische Treueschwüre, sondern auch in Gebete an die Jungfrau Maria „in allen ihren Anrufungen“ und an den Volksheiligen und Arzt José Gregorio Hernández. Offenbar soll der Bezug auf das volkstümliche religiöse Traditionsgut die Einheit von Volk und Streitkräften als Grundlage des Sozialismus venezolanischer Prägung betonen.

Präsident Chávez ist als „Comandante en Jefe“ aktives und höchstrangiges Mitglied des Militärs. Durch diese Eigenschaft war er nach Artikel 330 der Verfassung eigentlich von der Wahl zum Präsidenten ausgeschlossen, da Militärangehörigen politische Betätigung und Kandidaturen verboten sind. Das Hochhalten der Verfassung in der Fernsehansprache vom 8. Dezember ist bei allen Widersprüchen jedoch auch als Signal an die Streitkräfte zu verstehen, den zivilen Vorgesetzten Nicolás Maduro zu respektieren.

Sollte es am 10. Januar zur Vereidigung des wiedergewählten Staatspräsidenten vor der Nationalversammlung und zu einer Antrittsrede kommen, so wird deren Inhalt als das politische Testament des Hugo Chávez in die Geschichte eingehen. Er hat angekündigt, dass er an diesem Tage den Weg „ohne Wiederkehr“ in den Sozialismus genauer beschreiben werde, der in seinem Wahlprogramm vom 11. Juni 2012 in groben Zügen vorgezeichnet ist.

Auf diesem Weg erscheinen die rasant steigende Staatsverschuldung sowie die Finanznot und die mangelnde Produktivität der staatlichen Erdölgesellschaft PDVSA als die wesentlichen Hindernisse. Drastische soziale Einschnitte werden sich in naher Zukunft nicht verhindern lassen. Während sich die allseits und pausenlos zu verzeichnenden Treueschwüre nicht nur auf die Person des „Comandante“, sondern auch auf die „Unumkehrbarkeit des Sozialismus“ beziehen, bleiben die dramatischen Probleme der Volkswirtschaft ungelöst. Die professionellen Beobachter der venezolanischen Volkswirtschaft gehen inzwischen nicht mehr davon aus, dass die längst überfällige Abwertung der Landeswährung bald erfolgt. Der Bolívar wird auf dem Schwarzmarkt zu einem Viertel seines nominellen Wertes von 4,30 pro Dollar gehandelt.

Der Amtsvorgänger Maduros als Vizepräsident, Elías Jaua, der bei den Regionalwahlen am 16. Dezember dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Henrique Capriles Radonski das Amt des Gouverneurs von Miranda streitig macht, fasst den politischen Augenblick in ein markiges Weder-Noch (El Universal, 10. Dezember). Das anfangs emphatisch Ausgeschlossene hat sich jedoch oftmals als das später Eingetretene erwiesen: „Weder ein Pakt mit der Bourgeoisie noch revolutionäre Übertreibung“, so Jaua. Wahrscheinlich ist in Venezuela nun wenigstens zeitweise mit beidem zu rechnen.

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