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Streit um Sicherheitsstrategie – Mexikos Image leidet

Автор: Frank Priess
Angesichts der vielerorts dramatischen Sicherheitsbilanz Mexikos ist ein heftiger Parteienstreit um die Ursachen der Stärke des organisierten Verbrechens in Gang gekommen. Dabei wirft der beginnende Wahlkampf bereits seine Schatten voraus. Gleichzeitig aber leidet Mexikos Image im Ausland – mögliche Auswirkungen auf Investitionen und Tourismus gesellen sich zu einer ohnehin schon problematischen Wirtschaftsentwicklung.

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Einen Erfolg ganz besonderer Art konnte dabei das organisierte Verbrechen jetzt in der für sein Gewaltniveau bekannten Grenzstadt Ciudad Juarez verbuchen: Da drohte man dem örtlichen Polizeichef mit der Ermordung von zwei Polizisten alle 48 Stunden, sollte er nicht zurücktreten – was er dann auch umgehend tat! Eine neue Qualität und ein Beweis für den Einfluss, den die Drogenkartelle inzwischen bis in Personalentscheidungen haben – und einer für die Schwäche des Staates. Gleichzeitig erreichten den Bürgermeister der Stadt Morddrohungen aus der Narco-Szene.

Sorgen ums Image

Tage zuvor hatten sich speziell die Gouverneure der nördlichen Bundesstaaten gegen Aussagen von Außenministerin Patricia Espinosa gewehrt, dass Gewaltproblem beschränke sich im wesentlichen auf diese Gebiete. Dabei hatte sie sich auf die aktuellen Mordraten gestützt, die tatsächliche eine besondere Konzentration im Grenzgebiet zu den USA aufweisen.

Der Gouverneur von Chihuahua, José Reyes Baeza Terrazas widersprach gleich in halbseitigen Zeitungsanzeigen an die „geschätzte Señora“ und warf ihr vor, mit dem „Kleinreden“ der Probleme zu versuchen, die Sonne mit einem Finger zu verdecken. Er verstehe, so der Gouverneur, dass das internationale Image Mexikos prioritär sei, es helfe aber nicht, ein unrealistisches Bild zu vermitteln. Allerdings wurde er selbst kurz darauf von einem Anschlag betroffen, als mehrere Bewaffnete mitten in der Landeshauptstadt am 22. Februar auf seinen Fahrzeugkonvoi das Feuer eröffneten. Der Gouverneur selbst blieb unverletzt – getötet wurde allerdings einer seiner Leibwächter, zwei weitere erlitten Schussverletzungen.

Ebenfalls in der Landeshauptstadt Chihuahua hatten Unbekannte einige Tage zuvor mitten im Zentrum der Stadt unter anderem die Staatsanwaltschaft mit Granaten angriffen – diesmal erfolglos.

Ferienort Cancun im Blickpunkt

Dass Gewalt und Drogenkriminalität auch anderswo Opfer fordern, bewies ausgerechnet der Ferienort Cancun auf der als ruhig geltenden Halbinsel Yucatan. Wenige Tage nachdem dort der pensionierte Armeegeneral Mauro Enrique Tello Quiñónez ermordet wurde, hatten Heereseinheiten dort die Kontrolle übernommen. In den frühen Morgenstunden des 9. Februar besetzten sie das Amt für öffentliche Sicherheit der Stadt und unterzogen die Waffen der Kommunalpolizisten einer minutiösen Kontrolle. Der Chef des Amtes wurde anschließend gleich zu Verhören in die Hauptstadt überstellt, auch weitere Mitarbeiter des Sicherheitsapparates wurden festgenommen.

In anderen Teilen Mexikos – fast die „normale“ Bilanz - wurden am gleichen Tag 23 Personen im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen ermordet, unter ihnen ein hoher Polizeioffizier der Gemeinde Naucalpan vor den Toren der Hauptstadt.

„Narco-Demonstrationen“

Besonderes Augenmerk richtete sich auch auf die nördliche Industriegroßstadt Monterrey, wo es zu heftigen – ganz offenbar vom narcotrafico gesteuerten – Demonstrationen gegen die Militärpräsenz kam. Im Verlauf wurde ein Polizeikommandeur ermordet. Augenzeugen berichten, dass speziell in Armenviertel Personen in hochmotorisierten Geländewagen auftauchten, um mit Zahlungen von 500 Pesos pro Person oder Rucksäcken mit Schulbedarf Demonstranten zu rekrutieren. Besonders bei Jugendlichen hätten sie damit Erfolg. Währenddessen sprachen sich in einer Umfrage mehr als 93 Prozent der Bürger für den Verbleib der Militärs aus. „Wir befinden uns im Krieg“, sagte der Polizeichef des Bundesstaates Nuevo León (mit der Landeshauptstadt Monterrey), Aldo Fasci: „Die Banden haben die Kontrolle der Grenze, unsere Autobahnen und unsere Polizei übernommen. Und nun, mit diesen Protesten, versuchen sie auch noch, die Kontrolle über unsere Städte zu übernehmen.“ (lt. WstJA 23.2.2009)

Ähnliche Demonstrationen waren zuvor schon beobachtete worden – vor allem im Bundesstaat Tamaulipas und der Stadt Reynosa.

Sorgen in den USA

Aus den benachbarten USA wurden einmal mehr besorgte Stimmen laut: vor allem die Ermordung wichtiger Staatsfunktionäre und Militärs in Mexiko durch das organisierte Verbrechen verbreitet Unruhe bis hinein in die Regierung Obama. Mexiko, so der ehemalige „Anti-Drogen-Zar“ Barry McCaffrey, könnte sich in den kommenden fünf Jahren zum „Drogenstaat“ entwickeln, werde die Situation nicht besser.

Mit einem bemerkenswerten Interview meldete sich auch der Chef der Nachrichtenabteilung der Drogenbekämpfungsbehörde DEA, Anthony P. Placido, in der Zeitschrift Proceso (22.2.2009) zu Wort. Dort verglich er Mexiko mit dem Kolumbien der achtziger Jahre und wies darauf hin, dass viele Abgeordente des US-Kongresses Schwierigkeiten mit Hilfspaketen für Mexikos Drogenkrieg hätten. Der Grund: die tiefe Durchdringung mexikanischer Behörden und Regierungsstellen durch Korruption. „Es besorgt uns zum Beispiel“, so Placido, „dass permanent engste Vertraute des Sicherheitsministers Genaro García Luna mit kriminellen Gruppen in Verbindung gebracht werden.“ Die mexikanischen Drogenbosse fühlten sich auch von den Aktionen Präsident Calderóns nicht wirklich bedroht, verschaffften ihnen doch ihre Korruptionsmöglichkeiten eine Art garantierte Immunität. Zwar sei Mexiko als Ganzes kein failed state, aber: „Man kann diesen Begriff durchaus auf Teile Mexikos wie Ciudad Juárez oder Tijuana anwenden, mit ihrem hohen Gewaltniveau.“ Kartelle wie das von Sinaloa oder die Zetas verfügten, so Experten, mittlerweile jeweils über bis zu 10.000 bewaffneten Kämpfern.

Parteienstreit um Sicherheit

Auch mexikanische Spitzenpolitiker selbst nähren Zweifel an der staatlichen Solidität des Landes: Wirtschaftsminister Ruiz Mateos etwa sorgte einmal mehr für Aufsehen mit einem spektulären Satz: „Ich kann dir garantieren, dass der nächste Präsident ein Narco gewesen wäre, hätte die Regierung nicht gehandelt“, so der Politiker in W Radio während einer Veranstaltung in Paris und weiter:“ Die Logik des Regierungshandelns in Sachen Drogenkriminalität besteht darin, dass der Narco bereits einen Staat im Staate gebildet hatte.“

Innenminister Fernando Gómez Mont wies seinerseits darauf hin, dass Mexiko in der Vergangenheit eher eine „Simulation von Frieden ohne Nachhaltigkeit“ erlebt habe – auch in der vorangegangenen Präsidentschaftszeit von Vicente Fox habe es „Unterlassungen“ im Kampf gegen die Drogenkriminalität gegeben.

Allgemein wird diese Äußerung allerdings als Beruhigung der jahrzehntelang regierenden PRI empfunden, die Präsident Felipe Calderón als Mehrheitsbeschaffer dringend braucht. Sie hatte der Parteiführer der Regierungspartei PAN, Germán Martínez heftig verärgt und scharf angegriffen, indem er sie für eine „lange Zeit der Straflosigkeit und Komplizenschaft“ verantwortlich gemacht hatte, die das Ferment für das Erstarken der Kartelle gebildet habe. Der Generalsekretär der PRI, aber auch die Grünen und die Partei Convergencia wiesen dies umgehend als „dümmlich, absurd und unverantwortlich“ zurück. Der Ton wird rauher, der Wahlkampf wirft seine Schatten auch in Sicherheitsfragen voraus.

PRI siegt – zunächst in Umfragen

Erste Umfragen des Jahres nämlich geben Anhaltspunkte, mit welcher Stärke die Parteien in die kommenden Auseinandersetzungen gehen – auch wenn vielen Mexikanern nach wie vor nicht bewusst ist, dass Wahlen bevorstehen.

Einer am 9. Februar veröffentlichten Umfrage der Tageszeitung El Universal zufolge, steht die PRI mit 39,9 Prozent derzeit klar an der Spitze, was die Wahlabsichten der Mexikaner am 5. Juli angeht. Die PAN folgt mit 25,1 Prozent, die PRD kommt auf 15,4 Prozent. Ähnlich die Tendenzen , die die Zeitung Reforma auf der Basis einer eigenen Umfrage bekanntgab: Hier liegt die PRI bei 41, die PAN bei 29 und die PRD bei 17 Prozent – auf die kleinen Parteien entfallen zusammen 13 Prozent.

62 Prozent der Bürger geben an, momentan durch „schlechte Zeiten“ zu gehen. Ein interessanes Datum der Umfragen ist auch, dass nur rund die Hälfte der Mexikaner dem vom Bundeswahlinstitut IFE zu ermittelnden Ergebnis vertrauen – hier werden immer noch Nachwirkungen der Präsidentenwahl von 2006 sichtbar, deren Ergebnis vor allem viele Anhänger der PRD nicht akzeptierten.

Aktuell ist die PRI mit 106 der 500 Abgeordnetenmandate nur dritte Kraft. Für eine absolute Mehrheit, sie erreichte seit 1994 keine mexikanische Partei mehr, dürfte ein Wahlergebnis jenseits der 42 Prozent nötig sein – für die PRI derzeit kein unerreichbarer Wert.

Mittlerweile haben die Parteien beim Wahlinstitut auch ihre Wahlplattformen eingereicht. Die der PAN etwa enthält 107 Einzelpunkte, bei denen die Forderungen nach Einführung der unmittelbaren Wiederwahl für Abgeordnete und Bürgermeister, einer Verkleinerung der Parlament sowie einer Stärkung der Veto-Rechte des Präsidenten besonders bemerkenswert sind. Ferner wird eine schärferes Wettbewerbsrecht gefordert, ebenso eine Reform der Gesetzes für die audiovisuellen Medien.

Wirtschaftliche Sorgen

Die Priorität von Maßnahmen zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft finden sich auch in den Wahlprogrammen von PRD und PRI, was der zweiten Priorität der Bürger neben Sicherheitsfragen in vollem Umfrang Rechnung trägt – und auf die sich verschärfende Wirtschaftslage reagiert.

Im Januar ist die Zahl der Arbeitslosen in Mexiko auf fünf Prozent der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung gestiegen, den höchsten Stand seit 2002: rund 2,26 Millionen Mexikaner sind nach diesen Angaben des nationalen Statistikinstituts INEGI ohne Job. Im Vergleich zum gleichen Vorjahresmonat sind zudem die Einnahmen aus den Erdölexporten um mehr als die Hälfte eingebrochen.

Auf hohem Niveau von 6,25 Prozent bleibt derweil die mexikanische Inflationsrate. Landwirtschaftsprodukte und Lebensmittel wurden aufs Jahr gerechnet sogar um rund zehn Prozent teurer. Schuld daran ist nicht zuletzt die dramatische Entwertung des mexikanischen Peso, die Importe erheblich verteuert. Die mexikanische Zentralbank versucht dem mit erheblichen Dollarverkäufen seit Wochen zu begegnen – mit begrenztem Erfolg. Die Währungsreserven Mexiko belaufen sich zum 20. Februar auf 80,933 Milliarden Dollar, 4,508 Milliarden weniger als zum Ende des Jahres 2008.

Die Weltbank hat mittlerweile ihre Wachstumserwartungen für Lateinamerika insgesamt im laufenden Jahr weiter nach unten korrigiert und geht jetzt von 0,3 Prozent aus. Mexiko werden vom Abschwung aufgrund seiner Nähe zu den USA besonders betroffen. Nach Aussagen ihrer Vizepräsidentin Pamela Cox will die Bank Lateinamerika 2009 mit Krediten in Höhe von rund 13 Milliarden Dollar unterstützen.

Katastrophenszenario Slims

Ein Ausrufezeichen zu den Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Mexiko setzte jetzt bei einem Forum des Parlaments Multimilliardär Carlos Slim: Er wolle keine Katastrophe herbeireden, so der Hauptaktionär des Telefonkonzerns TELMEX in Anspielung auf einen Aufruf des Präsidenten, das Schlimmste aber werde erst noch kommen. „Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Kollapses wird das Bruttoinlandsprodukt einbrechen, es wird Arbeitslosigkeit geben, wie wir sie seit den 30er Jahren nicht gesehen haben, es werden kleine, mittlere und große Firmen zusammenbrechen, Gebäude werden leerstehen. Es wird eine sehr delikate Situation werden“, so Slim. Den Staat warnte er davor, seine Monopole, zum Beispiel im Bereich Energie, zu stark als Einnahmequelle und als Ersatz für anderswo wegbrechende Steuereinnahmen zu benutzen.

Beim gleichen Forum allerdings musste er sich einmal mehr Vorwürfe des Vorsitzenden der mexikanischen Kartellbehörde, Eduardo Pérez Motta anhörden, auch er nutze Monopolstellungen aus: „Der mexikanischen Staat“, so der CFC-Chef, „befindet sich in der Gewalt von mächtigen Interessengruppen, die nur ihre Gewinne im Auge haben.“ Entsprechend forderte er für sein Amt erweiterte Kompetenzen. Slims TELMEX kündigte derweil an, auf ursprünglich geplante Investitionen von 12 Milliarden Pesos im laufenden Jahr zu verzichten.

Die Prognosen Slims lösten speziell in der Regierung heftige Reaktionen aus. Diese wiederum veranlassten anderen politische Sektoren, aber auch die Kirche und Universitäten, die Positionen Slims zu verteidigen. So bezeichnete etwa der Bischof von Saltillo die Regierungskritik als „billige Demagogie“.

Zeitlose Gewerkschaften

Dass es gleichwohl Bereiche gibt, die scheinbar zeitlos agieren, bewies einmal mehr der mexikanischen Gewerkschaftssektor: Dort wurde gerade der Vorsitzende des Dachverbandes CTM, Joaquin Gamboa Pascoe per Aklamation in seinem Amt bestätigt – auf einer Veranstaltung, bei der zudem swingende Bikinimädchen für Stimmung unter den Delegierten sorgten. Wenn die neue Amtszeit im Jahre 2016 ausläuft, wäre der Gewerkschaftsführer 90 Jahre alt.

Bei dieser Gelegenheit erneuerte – auch das eine Konstante in alter korporatistischer Tradition und im Gegensatz zu allen Modernisierungsversprechen einer neuen „Sozialdemokratie“ - die PRI-Parteiführerin Beatriz Paredes die Verbindung mit dem traditionellen Gewerkschaftsflügel der Partei und sagte: „Wir werden uns nicht an Debatten beteiligen, die die Gewerkschaftsautonomie zu verteufeln suchen.“ Dies auch vor dem Hintergrund, dass die obszöne Bereicherung und deren Zurschaustellung durch Gewerkschaftsführer immer wieder für Aufsehen sorgt. Gamboa Pascoe etwa war der Zeitung Reforma damit aufgefallen, dass er sich jüngst mit einer Uhr im Wert von 70.000 Dollar in der Öffentlichkeit zeigte.

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Leiter des Auslandsbüros Mexiko

hans.blomeier@kas.de +52 55 55664599

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