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Wladimir Putin – dritte Amtszeit möglich

Das Ende der Sitzungsperiode der Staats-Duma 2005/2006

Am 09. Juli 2006 hat die Staats-Duma ihre aktuelle Sitzungsperiode beendet. 600 Gesetzentwürfe betrachteten die Abgeordneten in dieser Periode, 144 wurden verabschiedet, 417 abgelehnt.

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Kampagne für Verfassungsänderung

Die wichtigsten Gesetze betreffen Änderungen zum aktuellen Wahlsystem, einige neue Einwanderungsregelungen,(1) erste Schritte zur Verbesserung des Gesundheitssystems vor dem Hintergrund drängender demographischer Probleme, (2) Reform des Wehrdienstes (3) und ein umstrittenes Extremismusgesetz.(4) Ferner verabschiedete die Duma die Europaratskonvention zur Terrorismusprävention.

Diese wichtigen gesetzgeberischen Weichenstellungen schafften es aber nicht, ein anderes Thema aus der öffentlichen Diskussion zu verdrängen: die mögliche dritte Amtszeit für Präsident Wladimir Putin.

In der „gelenkten Demokratie“ Wladimir Putins wird nur wenig dem Zufall überlassen. Und so kann es kein Zufall sein, dass in der so entscheidenden Frage der Präsidentennachfolge im Jahr 2008 seit einigen Wochen eine Medienkampagne zur Wiederwahl von Wladimir Putin läuft. Initiator war die bis dahin völlig unbekannte nordossetische Vereinigung „Einheit und Stabilität“, die erstmals im April 2006 mit der Forderung nach Abschaffung des Paragraphen 83, Ab. 3 der russischen Verfassung an die Öffentlichkeit trat. Dieser verbietet, dass ein und dieselbe Person mehr als zweimal in Folge Präsident der Russischen Föderation werden darf.

Mittlerweile ist die Forderung populär und findet immer mehr Fürsprecher. Gouverneure sprechen sich für sie aus, auch in der Partei „Einiges Russland“ gibt es Stimmen für eine Verfassungsänderung, und die russische Bevölkerung will Putin ohnehin als Präsidenten behalten. Laut einer Repräsentativumfrage des Lewada-Zentrums sind 59 Prozent der Russen für eine weitere Amtszeit von Wladimir Putin.(5) Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sich auch in der Duma ernstzunehmende Stimmen für eine dritte Amtszeit melden. Der Präsident hingegen wiederholt gebetsmühlenartig, dass er die Verfassung achten und kein drittes Mal kandidieren werde. Allerdings möchte er einen „Wunschnachfolger“ benennen.

Kandidaten ohne Popularität

Dimitrij Medwedjew, der kürzlich zum Vizepremier avancierte Stabschef des Kremls, wäre einer Umfrage zufolge der populärste Nachfolger Putins. Neun Prozent der Befragten sprachen sich für ihn aus. Das ist wenig, aber damit liegt er immer noch einen Prozentpunkt vor Kommunistenführer Gennadi Sjuganow. Verteidigungsminister Sergej Iwanow, durch die Skandale um Rekrutenschinderei in den Streitkräften angeschlagen, erreicht 4,6 Prozent. (6)

Kaum Chancen dürften die Putin-Gegner Michail Kasjanow, und Schach-Weltmeister Gari Kasparow haben. Sollte Kasjanow, den die Umfrage bei 3 Prozent sieht, wider Erwarten aufholen, dürfte der Kreml über genügend belastendes Material verfügen, um ihn zu diskreditieren. Kasjanow gehörte der russischen Regierung seit 1995 an. Bis zu seiner Berufung zum Ministerpräsidenten durch Wladimir Putin im Mai 2000 war er Finanzminister. Er galt als letzter Vertreter des „Jelzin-Clans“ in Putins Kabinett. 2004 wurde er als Ministerpräsident entlassen. Er soll angeblich Mitte der 90er Jahre vertrauliche Informationen darüber, welche Schulden die russische Regierung in der nächsten Zeit begleicht, herausgegeben und dafür zwei Prozent der Vertragssumme erhalten haben.

Kasparow ist hingegen ein durchaus integerer Kandidat. Gemeinsam mit Putins ehemaligem Wirtschaftsberater Andrej Illarionow und der Vorsitzenden der Moskauer Abteilung der Helsinki-Gruppe Ljudmila Aleksejewa, gehört er zu den Initiatoren der Bewegung „Anderes Russland“, die im Juni mit einem „Gegengipfel“ zu G-8 auf sich aufmerksam machte. Doch so chaotisch wie dieser Gegengipfel organisiert war, so schlecht ist Kasparows Ruf als Politiker in der Bevölkerung. Als Schachsportler hoch geachtet, taucht er als Präsidentschaftskandidat gar nicht erst in den Umfragen auf.

Putin könnte bleiben

Putin betont immer wieder, wie wichtig ihm politische und wirtschaftliche Stabilität in Russland über das Jahr 2008 hinaus ist. Es sei ihm keineswegs egal, wie es danach weitergeht. Er werde nicht sagen: „So, Kinder, das war’s. Ich habe mein Amt geräumt, tschüss und seht selber zu wie es weitergeht“ (7) , erklärte Putin gegenüber der Presse.

Bislang ist nicht erkennbar, ob er einem Medwedjew, einem Iwanow, einem Transportminister Lewitin, einem Präsidentenbevollmächtigen Kosak oder einem anderen Politiker aus seinem nahen Umfeld den Vorzug gibt. Die Frage dürfte sein, ob Putin das Vertrauen aufbringt zu glauben, dass keine dieser Personen ihn nach 2008 aufs politische Abstellgleis schieben wird.

Als Boris Jelzin sich 2000 entschied, die Amtsgeschäfte an Wladimir Putin zu übergeben, war sich der scheidende Präsident sicher, dass seine Vertrauten in Schlüsselpositionen blieben. Putin ist ein Machtanalytiker. Es weiß – und er hat es an Jelzins Vertrauten selbst vollzogen - wie schnell einstige Günstlinge aus solchen Schlüsselpositionen abgeschoben werden oder wie rasch einstige Gefolgsleute verschwinden oder mit verblüffender Geschwindigkeit das Lager wechseln können.

Die Putin stützende Partei „Einiges Russland“ verfügt über die verfassungsändernde Mehrheit in der Staats-Duma. Es ist nicht damit zu rechnen, dass Putin 2006 oder 2007 erklärt, er stehe für eine dritte Amtsperiode zur Verfügung. Damit würde er sich bis zur kommenden Wahl einem Spießrutenlauf im Westen aussetzen. Nicht auszuschließen aber ist, dass Putin kurz vor Torschluss die Weichen umstellt. Ein Anlass, der nach einem nationalen Retter schreit, dürfte sich in diesen Zeiten politischer Unsicherheit immer finden lassen.

Was ändert sich zu den nächsten Parlamentswahlen?

Klarheit dürfte es frühestens nach den Parlamentswahlen im Dezember 2007 geben, für die die Abgeordneten und Parteipolitiker warm laufen. Zwei damit in Zusammenhang stehende, in der Öffentlichkeit heftig diskutierte Gesetzänderungen wurden in der zu Ende gegangenen Sitzungsperiode vom Parlament beschlossen. Einerseits wurde die seit Sowjetzeiten bestehende Wahloption „Gegen Alle“ gestrichen. Diese gab bisher dem Wähler die Möglichkeit, seinen Unmut sowohl gegen die Politik der regierenden Partei als auch sein Misstrauen gegenüber den Wahlalternativen auf dem Stimmzettel zum Ausdruck zu bringen. Ohne das „Gegen Alle“, so fürchtet der Leiter der Nationalen Wahlkommission, Weschnjakow, werden nun mehr Wähler einfach zu Hause bleiben.(8)

Neu ist auch das Fraktionswechselverbot der Abgeordneten während einer Legislaturperiode. Von größerer Bedeutung für zukünftige Wahlen wird aber das Verbot für zwei oder mehrere Parteien sein, gemeinsame Kandidatenlisten aufzustellen. Eine solche Taktik waren die beiden prominentesten Oppositionsparteien von Jabloko und der Union Rechter Kräfte bei den Wahlen zur Moskauer Stadtduma im Dezember 2005 gefahren.9) Kein Wunder also, dass Vertreter der von dem Einheitlichen Russland und der Schirinowskij-Partei in der öffentlichen Wahrnehmung marginalisierten Opposition lautstark gegen das Gesetz protestierten.

Mögliche Entwicklungen in der Parteienszene während der neuen Sitzungsperiode

Die neue Sitzungsperiode beginnt am 3. September 2006. Bis dahin befinden sich sowohl Parteistrategen als auch Volksvertreter in der Sommerpause, um ihre Batterien aufzuladen für den Herbst, wo es wohl weitere Weichenstellungen für die Dumawahlen 2007 geben wird. Dabei wird die schwächelnde Opposition von den kremlnahen Kräften immer noch als ernstzunehmende Konkurrenz gesehen. Dies verdeutlichen die Ereignisse zum politischen Gegengipfel zur G-8 im vergangenen Juli. Als sich Oppositionspolitiker und regierungskritische Vereine zur Konferenz „Das andere Russland“ in Moskau trafen, wurde der eine oder andere Teilnehmer durch Sicherheitskräfte oder „patriotische“ Jugendorganisationen an der Anreise gehindert; Rodina-Chef Glasjew wurde verprügelt; die Teilnahme ausländischer Diplomaten wurde vom Außenministerium als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands gewertet.

Kurz vor der Sommerpause ist dann „Rodina“ wie der verlorene Sohn in die Arme des Kremls zurückgekehrt: Die Vereinigung des ehemaligen Ausreißers (dem charismatischen und für den Kreml überambitionierten Rogozin als damaligen Chef) mit einem weiteren Kreml-Projekt, der „Partei des Lebens“ des Föderationsratschefs Mironow, unter der Regie eines neuen Vorsitzenden (Rodina-Vorsitzender Alexander Babakow), wird die Partei jetzt wohl vor einem erneuten Wahlausschluss bewahren und selbst Rogozin wieder hoffähig machen.

„Jabloko“ und die „Union Rechter Kräfte“ bleiben in der Versenkung verschwunden: nicht einmal am G-8-Gegengipfel wollten sie teilnehmen.

Am 8. Oktober 2006 wird in neun Regionen der Föderation gewählt, eine erste Generalprobe für alle beteiligten politischen Kräfte. Das „Einige Russland“ geht dabei mit hohem Erwartungsdruck aus Moskau ins Rennen. Hinter vorgehaltener Hand ist dabei immer wieder von bestimmten Quoten zur Erreichung eines festgelegten Wahlergebnisses (zwischen 35-80%, je nach Region) die Rede, die der Kreml als Direktive an seine regionalen Vertreter ausgibt.(10)

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(1)Zuwanderer aus den früheren Sowjetrepubliken sollen Erleichterungen bei der Registrierung im Land erhalten. Dies würde ihnen die Ausübung legaler Arbeit erleichtern – und somit letztendlich auch den Erhalt der russischen Staatsbürgerschaft. Darüber hinaus zielen neue Regierungsbeschlüsse auf die systematische Anwerbung russischer Landsleute aus den Nachbarrepubliken ab.

(2) Das Gesundheitssystem soll Finanzspitzen bekommen. Die Lebenserwartung der russischen Männer ist seit 1990 von 64 auf 59 Jahre gesunken, in einer WHO-Statistik über die Gesundheit der Landesbevölkerung belegt Russland Rang 127 von 192 Ländern. Einer kürzlichen Umfrage zufolge sind 66% aller Russen mit dem staatlichen Gesundheitssystem unzufrieden; dieser Bereich wird ebenfalls als der korruptionsanfälligste im ganzen Land eingeschätzt.

(3)Geplant ist die Verkürzung der Wehrdienstzeit von zwei Jahren auf ein Jahr bei gleichzeitiger Ausweitung der Einberufung auf Studenten, Künstler und junge Väter.

(4)Neuerdings wird nicht nur ein Politiker für extremistische Äußerungen (die im Gesetz sehr breit definiert sind und auch „Beschimpfung“ beinhalten) zur Rechenschaft gezogen und von der Wahlliste gestrichen. Für ein derartiges Vergehen kann jetzt auch dessen Partei von der Teilnahme an den Wahlen disqualifiziert werden. Diese Regelung wurde bereits bei mehreren Regionalwahlen im März zur Streichung des der Regierung zwischenzeitlich unliebsam gewordenen Kreml-Projekts „Rodina“ praktiziert.

(5) Vgl. http://www.aktuell.ru, 07. Juni 2006

(6) Vgl. http://www.aktuell.ru, 11. August 2006

(7) Zit. nach http://www.aktuell.ru, 15. Mai 2006

(8) Siehe Dmitry Babich: „Working on the Issues“, in: http://www.RussiaProfile.org (9.8.06).

(9) Der Wahlblock konnte aber trotz vereinter Kräfte nur rund 11% aller Stimmen auf sich vereinen.

(10) http://www.Gazeta.ru, 10.8.06.

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Claudia Crawford

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