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Wohin steuert die venezolanische Außenpolitik?

Автор: Anja Czymmeck
Der 11. September 2001 hat die Welt verändert. Die Attentate in New York und Washington haben die Menschen auch in Venezuela zutiefst erschüttert. Während die Medien in den Stunden nach den Terroranschlägen intensiv berichteten, hat Präsident Chavez ziemlich genau 36 Stunden gebraucht, bis er sich als letzter der latein-amerikanischen Regierungschefs öffentlich zu den Attentaten äußerte. Zuvor ließ er lediglich den Minister seines Präsidialbüros eine kurze Erklärung verlesen.

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Erst am 12.09.2001 meldete sich Chavez in einer mehreren Stunden dauernden und auf allen staatlichen Radio- und Fernsehkanälen gleichgeschaltete Übertragung zu Wort und las der venezolanischen Bevölkerung aus einer übergroßen Bibel vor und legte für die Opfer und "auch die Terroristen" eine Schweigeminute ein.

Er teilte mit, dass er die staatliche Ölgesellschaft Pdvsa und ihre Filiale Citgo in den USA angewiesen habe, die Öl- und Brennstofflieferungen als ein Akt der Solidarität zu garantieren. Die Preise für Erdöl drohen noch stärker zu fallen, als Konsequenz auf die Rezession, in der sich die USA zur Zeit befinden. Das macht die Situation für Venezuela und seine Partner in der OPEC noch komplizierter.

Sie können einerseits einen weiteren Absturz nicht zulassen, aber andererseits auch nicht die Preise durch eine Drosselung der Produktion anziehen, weil sie dadurch keine Solidarität mit der Allianz gegen den Terror zeigen würden. Wie wichtig der Erdölpreis für Chavez und die daraufausgerichtete Stabilität seiner Regierung ist, hat er am 26.09.2001 mit seiner ersten Stellungnahme zum OPEC-Treffen deutlich gemacht. Er verkündete, dass man die Ölpreise unter allen Umständen verteidigen werde.

Die amerikanische Botschafterin in Venezuela, Donna Hrinak, forderte eine klare Aussage von jedem Land, auf welcher Seite es stehe, ob auf der Seite der Staaten, die den Terror unterstützen oder auf der Seite der Freiheit und des Friedens. Chavez, der sich als Führer der Kräfte in der Welt gegen Globalisierung und Neoliberalismus versteht, blieb bisher eine klare Antwort schuldig. Er möchte den USA bei der Bekämpfung des internationalen Terroismus "keinen Blankoscheck" für alle militärischen Aktionen erteilen. Sein Außenminister, Luis Alfonso Dávila, erklärte - als er zur Haltung Venezuelas gegenüber Ländern wie Irak und Lybien befragt wurde - dass Venezuela seine Außenpolitik nicht verändern werde. Es werde keine Diskriminierung geben. Erst wenn eine Mittäterschaft dieser Länder erwiesen sei, werde man die Situation neu analysieren.

Das bedeutet im Klartext, dass man in Venezuela, selbst wenn die Täterschaft erwiesen ist, erst nochmal nachdenken muss, ob man diese Regime tatsächlich verurteilt und die eigene Politik überdenkt. Bisher hat man übrigens von Seiten der venezolanischen Regierung noch nicht gemeldet, dass der Präsident seine geplanten Reisen nach Lybien und Algerien absagen wird.

Dies alles spielt sich auch vor dem Hintergrund der Schließung der amerikanischen Militärvertretung in dem venezolanischen Hauptmilitärstützpunkt Fuerte Tiuna, Caracas, ab. Die venezolanische Regierung hat den Amerikanern kurzerhand mitgeteilt, dass diese Einrichtung, die es schon seit über 50 Jahren im Rahmen der technischen Zusammenarbeit der beiden Streitkräfte gab, in dem Stützpunkt Fuerte Tiuna geschlossen werden muss.

Auch nach den Ereignissen des 11. September hat der venezolanische Verteidigungsminister bekräftigt, dass einmal getroffene Entscheidungen der Regierung nicht umkehrbar seien: ein Akt, der unter Freunden seltsam erscheint.

Nur ungefähr 30 Minuten wurden den Terroranschlägen in der Ansprache des Präsidenten am 12. September gewidmet, ungeachtet der Tatsache, dass viele Venezolaner enge familiäre Verbindungen in die USA und auch in die betroffenen Städte haben. Sie hätten an diesem Abend bestimmt gerne deutlichere Worte des Präsidenten und mehr Information zu der zukünftigen Haltung Venezuelas gehört. Chavez ging hauptsächlich auf seine eigenen Aktivitäten im Land ein und fuhr mit seiner üblichen massiven Medienschelte fort, diesmal gegen die Tageszeitung El Universal.

In einem Punkt hat der Präsident der weltpolitischen Lage Rechnung getragen, indem er der Vertreterin der UN-Kommissarin für Flüchtlinge in Venezuela angeboten hat, afghanische Flüchtlinge in seinem Land aufzunehmen. Innenminister Miquilena, beeilte sich aber klarzustellen, dass diese Hilfe nur in Form von Geld- und Lebensmittellieferungen sowie medizinischer Hilfe erfolgen kann.

Der Präsident und sein Innenminister sind sich wieder einmal nicht einig. Wie müssen sich bei einem solch großzügigen Hilfsangebot der Regierung die Menschen in Venezuela fühlen, die auch zwei Jahre nach der Katastrophe von Vargas immer noch in großer Not leben und auf Hilfe warten?

Die venezolanische Außenpolitik lässt viele Fragen offen und zur Zeit keine verlässlichen Schlüsse zu, wohin sie steuert. Man kann nur spekulieren, wie die venezolanische Regierung im Falle eines Konflikts reagieren wird. Für die Parteien der Opposition wäre es eine gute Gelegenheit, die Revision der venezolanischen Außenpolitik zum zentralen öffentlichen Thema zu machen. Politikwissenschaftler, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen versuchen dies bereits.

Der amerikanische Außenminister Colin Powell erklärte sehr deutlich, gegen wen sich die Aktionen der internationalen Allianz gegen den Terror richten. Er schloss darin auch die kolumbianische ELN und die FARC ein. In diesem Zusammenhang sorgt das Auftauchen eines Videos für großen Wirbel, dass die Nähe Chavez zu subversiven Kräften aufs Neue untermauern soll. In diesem Video, das dem venezolanischen Nachrichtensender Globovisión vom kolumbianischen Fernsehsender RCN zugespielt wurde, wird Chavez bei seinem Besuch in Kolumbien im Mai diesen Jahres in ständiger Begleitung eines Mannes gezeigt, der sich als FARC-Guerrillero bekannt hat. Der Mann ist in diesem Video stets in unmittelbarer Nähe des Präsidenten als Leibwächter zu sehen, doch Chavez behauptet, dass er ihn nicht kenne. Die venezolanische Regierung fordert jetzt von Kolumbien eine Erklärung für diesen Vorfall, der das Verhältnis der beiden Nachbarländer belastet.

Die Gewerkschaftswahlen werden zum Problem für Chavez

Nicht nur außenpolitisch gibt es Entwicklungen, die dem Präsidenten das Leben erschweren. Die Gewerkschaftswahlen auf allen Ebenen, d.h. in Basis- und Dachverbänden, die notwendig wurden, weil Chavez in einem einmaligen Eingriff in das Privatrecht per Referendum (03. Dezember 2000) die Vorstände zwangsweise auflöste und Neuwahlen verordnen ließ, drohen für ihn zur Schlappe zu werden.

Die nachfolgende Tabelle zeigt, wieviele Verbände und Basisgewerkschaften dem jeweiligen Dachverband angeschlossen sind.

Gewerkschaftsdachverbände
CTV CGT CODESA NC* Summe
Einzelverbände 68 8 5 14 95
Basisgewerkschaften 1709 31 31 1066 2837
Gesamtzahl der dem Verbund angehörenden Gewerkschaften 1777 (60,5%) 39 (1,3%) 36 (1,2%) 1080 (36,8%) 2935
Anzahl der Arbeiter 849556 15906 216088

*NC = non-confederados - Dies sind freie Gewerkschaften, die keinem Verbund angehören und eine Entscheidung des Obersten Gerichtes über ihre Teilnahme an den Wahlen zum Vorstand der CTV steht noch aus.

CTV (Confederación de Trabajadores de Venezuela)

CGT (Confederación general de Trabajadores) und

CODESA (Confederación de Sindicatos Autónomos) sind die drei Gewerkschaftsdachverbände Venezuelas.

Die CTV mit 1777 Mitgliedsverbänden (= 849556 Arbeiter) ist der mächtigste Dachverband, der aufgrund seiner Stärke einen wichtigen Gegenpol zur Regierung bilden könnte. Um die Besetzung der Vorstandsposten und das Amt des Präsidenten in der CTV kämpfen folgende Organisationen:

Kandidat für den Vorsitz der CTV Politische Verbindung
FUT Frente Unico de Trabajadores Carlos Ortega AD
NS Nuevo Sindicalismo Alfredo Ramos Causa R
FB Fuerza Bolivariana de Trabajadores Aristobulo Isturiz PPT-MVR (Regierung Chavez)
ASI Alianza Sindical Independiente Carlos Navarro (Ex Copei-Mitglied)
JO Justicia Obrera Kein Kandidat Primero Justicia

Durch die Ereignisse in New York und Washington sind diese Wahlen etwas aus dem Blickfeld der Medien geraten. Sie sind aber für die venezolanische Innenpolitik von großer Bedeutung. Die bisher abgehaltenen Neuwahlen in den Einzelgewerkschaften des Landes, die mit der Wahl des Vorstandes des Gewerkschaftsdachverbandes CTV (Confederación de los Trabajadores Venezolanos) am 25. Oktober 2001 abschließen sollen, deuten an, dass die von der Regierung favorisierten Kandidaten schlechte Chancen haben.

Dabei hat Chavez sein ganzes politisches Gewicht in die Wagschale geworfen und eine Wahlschlappe wäre verheerend für ihn. Sollten die Chavez-Anhänger verlieren, fiele dies auf den Präsidenten zurück und eine solche Situation bedeutet eine Stärkung der politischen Opposition im Land. Chavez Kandidat für den Vorsitz der CTV, Aristobulo Isturiz (Parteimitglied von Patria Para Todos - Partei der Regierungskoalition, ehemaliger Abgeordneter (Causa R) und Bürgermeister von Caracas), wurde mit viel Aufwand in einem großen öffentlich abgehaltenen Akt der venezolanischen Bevölkerung vorgestellt. Die Regierung hat dazu nicht nur öffentliche Gelder für die Organisation ausgegeben, sondern auch das Gebot ihrer Unabhängigkeit bei diesen Wahlen missachtet.

Eigenartigerweise sind jetzt auch die Wahlen zu den Gewerkschaftsverbänden der Erdölarbeiter (Fedepetrol) und des Telekommunikationswesens (Fetratel) von der obersten Wahlbehörde ausgesetzt worden, die noch vor dem 25.10. abgehalten werden sollten. Es sieht im Moment so aus, als versuche man die Wahl des CTV-Vorstandes doch noch zu verhindern, um ein Desaster für die Regierung zu verhindern.

Das öffentliche Meinungsbild in Venezuela

In diesen Wochen werden ständig Meinungsumfragen im Land veröffentlicht, die die weiterhin fallende Popularität Präsident Chavez belegen. Ihm scheint die großzügige Verteilung von Land an Bauern und die Vergabe von Kleinkrediten an arme Bevölkerungsschichten, insbesondere an Frauen durch die neugeschaffene Banco de la Mujer (Bank für die Frau), wenig zu helfen.

Immer mehr Venezolaner machen ihn und seine Politik für den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Zustand des Landes verantwortlich. Von den politischen Bewegungen wird Primero Justicia als die Kraft angesehen, die am meisten zur Verbesserung der Situation vorschlägt. Es ist auffällig, dass zur Zeit zahlreiche Umfragen in den Medien präsentiert werden. Das bedeutet, dass es natürlich Sponsoren geben muss, die bereit sind, Geld für solche Umfragen auszugeben und sie lassen auch auf eine Verstärkung der negativen Tendenz für Chavez und seine Regierung schließen.

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