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Fraktionsvorsitzender viel schwieriger als Präsident zu sein

Pöttering blickt zurück

Dritte Station der Lesereise von Dr. Hans-Gert Pöttering an seinem niedersächsischen Wohnort Bad Iburg.

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Die Uhr zeigt 14:30. Bereits seit 30 Minuten hätte die Sonntagsmatinee der Konrad-Adenauer-Stiftung Weser-Ems vorbei sein sollen, aber Moderator Christof Haverkamp hat da noch ein paar Fragen an den Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung und früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments. Wer meint, es käme nun zu einer gewissen Unruhe und Ungeduld, der irrt. Gespannt hören die rund 150 Gäste im Rittersaal der Iburg weiter aufmerksam zu. Pöttering ist sehr gut gelaunt. Kein Wunder, sind viele seiner engsten Weggefährten und des politischen "Who is who" der lokalen CDU sowie Freunde anwesend. Auch seine beiden Söhne, Johannes und Benedikt, haben in der ersten Reihe des Rittersaals im Schloss Bad Iburg Platz genommen. Sie alle wollen hören, wie Pöttering auf sein Leben zurückblickt.

 

Der, wie Haverkamp ihn bezeichnet, „Marathoneuropäer“ tut das mit einer – erneut Haverkamp – „ziegelsteingroßen wie schweren Autobiografie, der er das wunderbare Zitat aus der Berliner Erklärung „Wir sind zu unserem Glück vereint“ von 2007 zum Titel gegeben hat. Bereits dies lässt auf den Schwerpunkt des Buches schließen: Europa und die europäische Einigung. Weitere Schwerpunkte sind seine persönliche Entwicklung und das Eintreten für die Menschenrechte weltweit. Gespickt mit Anekdoten, die den Blick hinter die Kulissen des Europäischen Parlaments gewähren und voller Erinnerungen, die auch bis dato unbekannte Facetten am Menschen Pöttering als Kind, Jugendlicher und Politikeinsteiger zeigen, ist es ganz sicher aber viel mehr als eine Biografie. Es ist Geschichtsbuch und historischer Fundus, ein Lehrbuch und manchmal auch eine Abrechnung.

 

So bekommen David Cameron, der heutige Premier Großbritanniens, wegen des Verlassens seiner Partei aus der EVP-Fraktion, aber auch Vaclav Klaus, früherer tschechischer Staatspräsident ordentlich ihr Fett weg. Über die entstandenen Kosten für einen Umstimmungsversuch während eines Frühstücksgesprächs in London ärgert sich Pöttering heute noch. „Am liebsten würde ich das Geld zurückverlangen“, sagt er, schiebt aber hinterher, Cameron sei betont moderater und vernünftiger in seiner Meinung über Europa geworden. Trotzdem: Hätte er sich als Fraktionsvorsitzender nicht noch viel öfter über die Tories ärgern müssen, dann hätte er sein weißes Haar noch früher bekommen.

 

Doch nicht nur die Tories haben ihren Anteil an Pötterings Haarfarbe. Nein, ein paar gehen wohl auch auf Berlusconi zurück, was Pöttering bilanzieren lässt, die Aufgabe des Fraktionsvorsitzenden habe ihn viel mehr gefordert als die des Präsidenten. Im Jahr 2003 hatte der ungestüme stolze Italiener Martin Schulz, heutiger Spitzenkandidat der Sozialisten, als Kapo, also einen KZ-Aufseher bezeichnet. Pöttering zitierte Berlusconi nach am selben Tag in sein Büro und las ihm die Leviten. Als Staatsmann müsse er so viel Anstand besitzen, sich zu entschuldigen. Diese erfolgte. Schulz Gesicht war mit einem Mal weltweit bekannt geworden, was Pöttering heute fragen lässt: „Wie viel Geld Schulz Berlusconi wohl gezahlt hat, um ihn bekannter zu machen?“

 

Jemand, der sich gezwungenermaßen mit durchaus schwierigen Charakteren auseinander setzen musste und spätestens seit 1979 Vollblutpolitiker ist, verfügt über eine riesige Berufserfahrung, über Kniffe und Tipps, die einmal angezapft, 1:1 in ein Lehrbuch für den politischen Nachwuchs abgedruckt werden könnten. Es ist mit Sicherheit kein Zufall, dass Pötterings Söhne ebenfalls politisch erfolgreich sind. Sicher ist aber, dass er es wohl kaum so weit gebracht hätte, wenn er nicht so zielstrebig und ausgleichend gewesen wäre. Heute rät er Jungpolitikern, „nicht zu früh den Kopf aus dem Fenster zu stecken, sonst wird man abgeschossen“, und dass wir als Christen den Nächsten wie uns selber lieben sollen. Aber die Nächstenliebe ist differenziert.“

 

Auch wenn Pöttering nun nach 35 Jahren aus dem Parlament ausscheidet, seine Fans aus Bad Iburg und der Politik werden alsbald nicht auf ihn verzichten müssen. Er will als Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung weiter seinen Beitrag dazu leisten, dass Europa als Wertegemeinschaft gesehen und gelebt wird. Auch sein Herzensprojekt, das Europäische Haus der Geschichte in direkter Nähe der europäischen Institutionen, will er als Kuratoriumsmitglied weiter voranbringen.

 

Am Ende zeigt die Uhr 14:45. „Zeit aufzuhören“ mahnt Pöttering Haverkamp. „Sonst wird das hier so anstrengend wie die langwierigen Abstimmungen im Parlament. Danach war ich schweißgebadet und hatte Schmerzen in den Oberschenkeln.“

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