Báo cáo quốc gia
Daher gehen die Meinungen hinsichtlich
der Bewertung des Afghanistan-Einsatzes
weit auseinander – nicht nur im Westen,
sondern auch am Hindukusch selbst. Es
scheint divergierende Meinungsbilder in
den verschiedenen Landesteilen zu geben.
Das dokumentieren die Ergebnisse einer
aktuellen Meinungsumfrage, die zahlreiche
Trends der afghanischen Gesellschaft
widerspiegelt. Die Studie ist seit 2008 die
vierte ihrer Art und gibt aktuellen Aufschluss
über Fragen zu Politik- und Sicherheitsthemen
sowie zum Umgang mit
den Taliban. Dieser Länderbericht stellt
zunächst die Umfrageergebnisse vor, anschließend
werden die generellen Rahmenbedingungen
und politischen Prozesse
analysiert.
I. DIE ERGEBNISSE DER UMFRAGE
Im Zeitraum vom 25. bis zum 30. September
2011 wurden von der Konrad-Adenauer-
Stiftung und dem National Centre for Policy
Research (NCPR) der Universität Kabul insgesamt
5.000 Personen in fünf Provinzen
Afghanistans (jeweils 1.000 Befragte in den
Provinzen Kabul, Herat, Nangarhar, Khost
und Balkh) zu insgesamt 23 Fragen interviewt,
die mit Ja oder Nein beantwortet
werden konnten. Die Provinzen wurden
ausgewählt, weil sie den Norden, Süden,
Osten und Westen des Landes repräsentieren
sowie über Universitätsstrukturen verfügen,
die in die Umfrage mit eingebunden
werden konnten. Die Meinungsumfrage hat
somit keinen repräsentativen Charakter,
eignet sich aber dennoch auf Grund des
quantitativen Niveaus zu einer Dokumentierung
gegenwärtig vorherrschender Meinungstrends
in Afghanistan.
Demokratieentwicklung
Bei der diesjährigen Umfrage gaben 51%
der Befragten an, mit den demokratischen
Entwicklungen in Afghanistan insgesamt zufrieden
zu sein, 49% zeigten sich mit den
Entwicklungen unzufrieden. Dies stellt im
Vergleich zum Vorjahr eine Verschlechterung
um sieben Prozentpunkte dar. Hierbei
gibt es große Unterschiede in der Wahrnehmung.
Im Norden (Balkh: 69%) und
Westen (Herat: 65%) beurteilten die Interviewteilnehmer
die Entwicklungen wesentlich
positiver als im Osten des Landes. In
der Provinz Nangarhar gaben beispielsweise
lediglich 34% der Befragten an, mit der
Demokratieentwicklung zufrieden zu sein. In
der Provinz Khost waren es sogar nur 27%.
Die Ergebnisse lassen darauf schließen,
dass der afghanische Demokratie-Index einem
Nord-Süd und West-Ost Gefälle unterliegt.
Regierungsleistung
Zum Vorjahr verschlechtert hat sich laut
den Umfrageergebnissen auch die Beurteilung
der Arbeitsleistung der afghanischen
Regierung. Das Gesamturteil fällt immer
noch unbefriedigend aus, lediglich 31% der
Befragten gaben an, mit der Regierungsleistung
zufrieden zu sein. Dies stellt eine Verschlechterung
um vier Prozentpunkte zum
Jahr 2010 dar. Auffallend bei der diesjährigen
Umfrage ist, dass in der Hauptstadt Kabul
besonders viele Teilnehmer ihren Unmut
über die Regierungsarbeit äußerten. Lediglich 17% befanden die Regierungsarbeit für
gut. Dieser Umstand basiert wahrscheinlich
auf der Krise um die Kabul Bank. Ferner
kann vermutet werden, dass die Ergebnisse
den chaotischen Zuständen (dominierende
Immobilienmafia, ausufernde Verkehrssituation,
korrupte Bürokratie) in Kabul geschuldet
sind. In Herat zeigten sich 37%, in
Balkh 35%, in Nangarhar 31% und in Khost
35% der Befragten mit der Arbeitsleistung
der Regierung zufrieden.
Parlamentsleistung
Ein ähnlicher Trend zeichnet sich auch bei
der Beurteilung der Arbeitsleistung des
2010 neugewählten afghanischen Parlaments
ab. Nur jeder vierte Interviewteilnehmer
(23%) zeigte sich 2011 mit der Performance
zufrieden. 2008 beantworteten
25% die Frage nach der Arbeitsleistung des
Parlaments positiv, im Jahr 2009 waren es
32%. Im Jahr 2010 fiel der Wert auf 30%.
Politische Parteien
Auf die Frage, ob politische Parteien in Afghanistan
eine Rolle spielen, antworteten
bei der diesjährigen Befragung 45% der interviewten
Personen mit Ja. Im Jahr 2010
waren es nur 37% der befragten Personen;
2009 rund 40%. Die Quadratur des Kreises
im afghanischen Parteiensystem ist, dass
politische Interessensgruppen größtenteils
keine große Anziehungskraft entfalten können,
weil viele ihrer Vertreter aus den ehemaligen
Kriegsmilizen oder Mudjaheddin-
Gruppen stammen. Ohne die Existenz programmbasierter
politischer Parteien wird
sich die Leistungsstärke des demokratischen
Systems an sich aber nicht steigern lassen.
Vertrauen in staatliche Organe
Im Hinblick auf den in Afghanistan voranschreitenden
Transitionsprozeß wurde diese
Frage in die diesjährige Umfrage mit aufgenommen.
Das Ergebnis kommt einem alarmierenden
Weckruf gleich, da nur rund 28%
der Befragten angaben, Vertrauen in staatliche
Organe, wie Ministerien und Behörden,
zu haben. Die Umfrageergebnisse wiesen in
allen Landesteilen (Kabul: 23%, Herat:
32%, Balkh: 32%, Nangarhar: 22%, Khost:
29%) eine hohe Kohärenz auf.
Politisches System
Ein weiteres interessantes Ergebnis der
diesjährigen Umfrage ist, dass trotz aller
Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung,
fast jeder zweite Afghane (47%) angab,
dass die Demokratie die für Afghanistan
beste politische Herrschaftsform darstelle.
53% der Befragten gaben an, diese Ansicht
nicht zu teilen. Die Ergebnisse können
als Indikator betrachtet werden, in Afghanistan
die politische Erwachsenenbildung zu
intensivieren. Staatsbürgerkunde und Demokratieseminare
sollten verstärkt in der
sekundären und tertiären Bildung zum Einsatz
kommen. Sollte dies nicht passieren,
muss damit gerechnet werden, dass sich
dieser Trend noch verstärkt und sehr bald
eine große Mehrheit der Bevölkerung dem
demokratischen System gegenüber eine ablehnende
Haltung einnimmt.
Nächste Wahlen
Die Wahlbeteiligung der letzten Parlamentswahlen
2009 in Afghanistan war nicht
sonderlich zufriedenstellend. Insofern wurde
der diesjährige Fragenkatalog hinsichtlich
der allgemeinen Bereitschaft der Stimmabgabe
ergänzt. Das Ergebnis kann als positive
Überraschung gelten, da trotz der angespannten
Rahmenbedingungen rund 66%
der Befragten angaben, bei zukünftigen
Wahlen von ihrem Stimmrecht Gebrauch
machen zu wollen. 34% gaben an, auf ihr
Wahlrecht verzichten zu wollen.
Sicherheitslage
Nach Angaben der Vereinten Nationen hat
sich die Sicherheitslage in Afghanistan im
Vergleich zum Vorjahr erheblich verschlechtert.
Bis Ende August 2011 sind monatlich
im Schnitt 2108 Vorfälle registriert worden,
das ist ein Plus von 39 Prozent. Insofern ist
es nicht überraschend, dass bei der Umfrage
lediglich 22% der Befragten angaben,
mit der Sicherheitslage in Afghanistan zufrieden
zu sein. Es gab bei den Ergebnissen
starke Abweichungen zwischen den verschiedenen
Landesteilen. In Herat gaben beispielsweise rund 33% an, mit der Sicherheitslage
zufrieden zu sein – in Nangarhar
waren es nur rund 7%. Insofern
spiegelt sich auch im Sicherheitssektor ein
Nord-Süd und West-Ost Gefälle wider.
Umgang mit den Taliban
Jeder zweite befragte Interviewteilnehmer
(54%) gab an, dass ein militärischer Erfolg
über die Taliban nicht machbar ist. Lediglich
46% gehen von einem möglichen
militärischen Erfolg aus. Bei den Antworten
gab es starke Abweichungen. Zum Beispiel
waren die Interviewteilnehmer in Herat mit
rund 61% hinsichtlich einer erfolgreichen
militärischen Bekämpfung der Taliban wesentlich
zuversichtlicher als die Befragten in
Nangarhar (17%). 63% der Befragten gaben
ferner an, dass mit der bewaffneten
Opposition in Afghanistan Gespräche aufgenommen
werden sollten. Das sind 11%
weniger als im Vorjahr. Auch hier scheint es
sehr starke Abweichungen zu geben: In den
östlich gelegenen Provinzen Nangarhar und
Khost wünschten sich dies sogar 91% bzw.
65%. In der Westprovinz Herat waren es
nur 55%, in Kabul 47% und in Balkh 57%.
Die Frage, ob man den Taliban eine politische
Machtbeteiligung in Aussicht stellen
sollte, löste in den Provinzen stark divergierende
Antworten aus. Generell bejahten
51% und 49% verneinten. Im Vergleich
zum Vorjahr sind das rund 10% weniger –
die Bereitschaft, die Taliban politisch zu integrieren,
scheint nach den letzten großen
Anschlägen sowie der Ermordung des Vorsitzenden
des Hohen Friedensrates, Burhanuddin
Rabbani, am 20. September 2011
insgesamt zurückgegangen zu sein. Erneut
gab es auffallende Unterschiede zwischen
dem Osten des Landes und den restlichen
Provinzen. In Khost und Nangarhar präferieren
57% bzw. 86% diese Lösung. In Kabul
stimmten dem 37%, in Herat lediglich 35%
und in Balkh 40% zu.
Performance der ANSF
46% der Interviewteilnehmer zeigten sich
mit der Arbeitsleistung der afghanischen
Sicherheitskräfte (ANSF) zufrieden – 54%
befanden die Performance für nicht ausreichend.
Bis Ende 2014 muss sich diesbezüglich
noch viel verbessern, da geplant ist,
dann alle internationalen Kampftruppen abzuziehen,
und die Übergabe der Sicherheitsverantwortung
an die afghanischen nationalen
Sicherheitskräfte weitestgehend
abgeschlossen sein soll.
ISAF - Sicherheitsgarant?
Die befragten Personen scheinen, anders als
im Vorjahr, die ISAF nicht mehr verstärkt
als Sicherheitsgaranten für Afghanistan
wahrzunehmen. 2010 gaben 45% an, die
ISAF sei ein Garant für Sicherheit und Frieden.
Bei der diesjährigen Meinungsumfrage
waren es demgegenüber nur noch 39% der
befragten Afghanen. Dies stellt eine negative
Veränderung von sechs Prozentpunkten
zum Vorjahr dar. In der Provinz Nangarhar,
die im Osten des Landes liegt, machten sogar
nur 21% der Befragten die ISAF als Sicherheitsgaranten
aus – in Kabul waren es
demgegenüber rund 45%.
..oder Besatzer?
Besorgniserregend ist das Ergebnis hinsichtlich
der Frage, ob die NATO/ISAF Truppen
als militärische Besatzer empfunden werden.
Im Landesdurchschnitt bejahten dies
insgesamt 56% der Befragten. Lediglich
44% verneinten dies.
Usama bin Ladin und al-Qaida
Im Rahmen der KAS-Umfrage stellte sich
des Weiteren heraus, dass nur 57% der befragten
Personen in Afghanistan davon ausgehen,
dass Osama bin Ladin tatsächlich tot
ist. Ferner gaben rund 70 der Befragten an,
dass sie der Meinung seien, dass von der
Terrororganisation al-Qaida noch eine Gefahr
ausgehe.
Möglicher Bürgerkrieg nach 2014?
Die Antwort auf die Frage, ob es nach dem
Abzug der ISAF möglicherweise einen Bürgerkrieg
geben könnte, beantworteten rund
60% der Befragten mit Ja. Demgegenüber
sehen 40% diese Gefahr nicht als relevant
an. Das Umfrageergebnis zeigt, dass in Afghanistan
anscheinend immer stärker Angst
statt Hoffnung die Devise zu sein scheint.
Hauptursachen für die zunehmende Besorgnis
sind Trends wie die ethnische Polarisierung,
die zunehmende Konfliktintensität
sowie der historische Reflex, der nicht wenige
vermuten lässt, dass sich nach 2014
ähnliche Szenarien abspielen könnten wie
1989 als die Sowjet-Armee aus Afghanistan
abgezogen wurde.
Bilaterale Beziehungen
Das nachbarschaftliche Verhältnis zu Pakistan
nimmt in der afghanischen Geschichte
eine ambivalente Rolle ein. Seit Anfang
2008 verbessern sich zwar die bilateralen
Beziehungen der Nachbarstaaten, doch
scheint das Verhältnis durch die letzten Vorkommnisse
beschädigt worden zu sein. Anders
als noch 2010 (79%), halten es dieses
Jahr 58% der Befragten für wichtig, die bilateralen
Beziehungen zu Pakistan zu intensivieren.
Demgegenüber gaben 76% an,
dass die bilateralen Beziehungen zu dessen
„Erzrivalen“ Indien intensiviert werden
müssten. 70% der Befragten gaben ferner
an, dass es wichtig sei, die bilateralen Beziehungen
zum Iran zu intensivieren. Weitere
64% wünschten sich eine Intensivierung
der bilateralen Beziehungen mit den
USA.
Engagement der internationalen Gemeinschaft
2.345 der 5.000 befragten Personen bewerten
das Engagement der internationalen
Gemeinschaft in Afghanistan positiv; das
sind rund 47%. Demgegenüber zeigten sich
bei der Umfrage 53% nicht zufrieden. Der
Trendwert entspricht ungefähr dem des
Vorjahres, bzw. hat sich um zwei Prozentpunkte
verbessert. Auch bei dieser Frage
gab es regionale Unterschiede. In der Provinz
Kabul beurteilten 46% der befragten
Teilnehmer das Engagement positiv, in Herat
49%, in Balkh 61%, in Nangarhar 40%
und in Khost 39%.
II. RAHMENBEDINGUNGEN
Auf der nationalen Entwicklungsebene Afghanistans
ist erkennbar, dass der Regierungsapparat
des Präsidenten im Jahr 2011
einen wesentlich kleineren Aktionsradius
erhalten hat. Speziell die im zweiten Halbjahr
stattgefundenen Anschläge und die
damit verbundene personelle wie reputative
Schwächung des Karzai-Regimes stellen
einschneidende Entwicklungen dar: Durch
die Ermordung seines Halbruders Ahmad
Wali am 12. Juli in Kandahar verlor der afghanische
Präsident einen wichtigen und
einflussreichen Verbündeten. Fünf Tage
später wurde der Präsidentenberater und
Ex-Gouverneur von Urusgan, Jan Mohammed
Khan, getötet – insgesamt ein Doppelschlag
für Karzais Einfluss im Süden des
Landes. Am 19. August stürmten Selbstmordattentäter
das British Council in Kabul
und töteten während eines sechsstündigen
Feuergefechts 12 Menschen. Der Angriff ähnelte
dem Anschlag vom 29. Juni, als Aufständische
das Intercontinental Hotel im
Herzen Kabuls angriffen. Am 13. September
verwickelten Terroristen mit Panzerfäusten
und Sturmgewehren Sicherheitskräfte in der
Nähe der amerikanischen Botschaft und
dem ISAF-Hauptquartier in Kabul in ein
20stündiges Feuergefecht und töteten zahlreiche
Personen. Die Angriffe stellen strategische
Nadelstiche mit großer medialer
Wirksamkeit dar. Am 20. September fiel zudem
Burhanuddin Rabbani, der Vorsitzende
des Hohen Friedensrates, einem weiteren
gezielten Selbstmordanschlag in Kabul zum
Opfer. Der Beauftragte für das Reintegrationsprogramm,
Mohammad Mahsoom Stanekzai,
wurde bei dem Anschlag ebenfalls
schwer verletzt. Damit dürften mögliche
Friedensgespräche für die nächste Zeit insgesamt
wenige Chancen auf Erfolg haben.
Die angespannte Situation wirft mittlerweile
auch Schatten auf die politischen Beziehungen
zwischen Kabul und Islamabad. Das bilaterale
Verhältnis leidet unter den jüngsten
Vorkommnissen, da viele Afghanen den pakistanischen
Geheimdienst ISI hinter zahlreichen
Anschlägen vermuten oder zumindest
von einer verborgenen Unterstützung
der Quetta-Schura und des Haqqani-
Netzwerkes ausgehen. Diese These spiegelt
sich unmittelbar auch in den Umfrageergebnisse
wider. Die afghanische Rhetorik geg enüber
dem südasiatischen Atomstaat hat
sich elementar verändert. Verklärte Karzai
noch bis vor zwei Wochen die afghanischen
Taliban als “fehlgeleitete Brüder“, tituliert er
sie neuerdings als „Prokuristen Pakistans“ und erklärt die Verhandlungsansätze als
vorerst gescheitert.
Auch in Afghanistans Innenpolitik sind neue
Trends erkennbar. Zwar verfügt Karzai mit
seinen zwei Vize-Präsidenten Mohammad
Fahim und Karim Khalili über tragfähige
Netzwerke zu den dominierenden Entscheidungsträgern
der ehemaligen Nordallianz
sowie der Minderheit der Hazara, doch dürfen
nicht die übrigen Akteure der afghanischen
Politikarena vergessen werden. Die
Hizb-e-Islami scheint beispielsweise im Parlament
und im inneren Machtzirkel des Präsidenten
weiter an Einfluss zu gewinnen und
somit im Aufwärtstrend zu sein. Ex-
Außenminister Abdullah Abdullah, der noch
bei der Präsidentschaftswahl 2009 Karzais
ärgster Konkurrent war, ringt hingegen mit
seiner Koalition für Hoffnung und Wandel
gegen eine sich immer stärker abzeichnende
politische Bedeutungslosigkeit. Einerseits
verlief die Oppositionspolitik Abdullahs nicht
erfolgreich und vermochte es daher nicht,
die Regierung unter Druck zu setzen. Andererseits
reduzierte eine öffentlich gewordene
Debatte um seine Ehe, die im Volk vorhandenen
Sympathien erheblich. Nur noch
wenige messen ihm eine politische Zukunft
bei. Der frühere mächtige Drahtzieher des
afghanischen Geheimdienstes (Riyast-e-
Amniyat-e-Melli), Amrullah Saleh, versucht
derzeit mit Kritik gegen die Regierung und
medienwirksamer Pakistanschelte in der Öffentlichkeit
zu punkten. Ob er mit seiner
Kritik-Strategie ohne Hinzufügung eigener
politischer Inhalte langfristig erfolgreich sein
wird, kann bezweifelt werden. Ein neuer Akteur
wird in den nächsten Wochen die politische
Arena betreten. Die Parteienallianz
Recht und Gerechtigkeit (haq wa adelaat)
basiert auf einer Initiative afghanischer Intellektueller
und demokratisch gesinnten
Kräften, die sich gegenwärtig in einem politischen
Schulterschluss üben. Die Erfolgsformel
des politischen Unterfangens zielt
nicht nur auf mehr Demokratie, Recht und
Gerechtigkeit ab, wie der Name suggeriert,
sondern auch auf eine effiziente Korruptionsbekämpfung.
Neu ist auch, dass für eine
erfolgreiche Aufnahme mehrere Kriterien,
wie beispielsweise ausreichendes Demokratiebekenntnis,
Eintritt für die nationale Einheit
und Nichtinvolvierung in Bürgerkriegsaktivitäten
erfüllt werden müssen. Dies wird
ehemaligen „Kriegsfürsten“ den Weg in die
neue Parteienallianz versperren. Als mögliche
Galionsfigur dieses angestrebten Bündnisses
ist Hanif Atmar, der ehemalige und
Innenminister, im Gespräch. Als ein einflussreicher
Architekt dieses politischen
Bündnisses gilt der derzeitige Nationale Sicherheitsberater,
Rangin Dadfar Spanta, der
schon in seiner Funktion als Außenminister
vor mehr als zwei Jahren eine treibende
Kraft gewesen sein soll. Ob die Allianz langfristig
Erfolgsaussichten haben wird, hängt
neben der politischen Machbarkeit auch von
den Finanzen ab, da Afghanistan bis dato
über keinerlei Parteienfinanzierungsgesetz
verfügt – ein enormer Schwachpunkt, auf
den schon in vorherigen Berichten detailliert
hingewiesen wurde.
III. ANALYSE
Insgesamt scheinen die Ergebnisse nach 10
Jahren Afghanistan-Einsatz hinter den Erwartungen
zurückgeblieben zu sein. Die gegenwärtige
Situation beruht im Wesentlichen
auf den Entwicklungen der folgenden
Politikfelder:
1. Fehlender kohärenter Gesamtplan?
Die Qualität und Quantität der seit 2001 für
Afghanistan zugesagten Hilfsmittel können
als beachtlich beurteilt werden. Als große
Schwachstelle des Interventionskonzeptes
wird häufig die bislang nicht ausreichende
Koordinierung genannt. Egon Ramms, der
das für Afghanistan zuständige Nato-
Hauptquartier in Brunssum geführt hat,
stellt in einem Interview mit der Zeitung Die
Welt am 07. Oktober fest, dass es
„…unerträglich ist, dass es im Prinzip keinen
politischen Gesamtprozess für Afghanistan
gibt, der all diese Werkzeuge, die man
in Afghanistan einsetzen kann und einsetzen
muss, entsprechend koordiniert.“ Es
wäre zu hoffen, dass in Zukunft zu einer
stärkeren Koordinierung der Aktivitäten
kommt.
2. Konsequenz eines vernachlässigten politischen Wiederaufbaus?
Ein erfolgreicher demokratischer afghanischer
Staat wird von drei Säulen getragen:
Dem zivilen Wiederaufbau, der Etablierung
der nationalen Sicherheitskräfte (ANSF) und
der politischen Eigenverantwortlichkeit. Diese
drei Säulen sind bislang hinsichtlich der
bereitgestellten Finanzmittel und der damit
verbundenen Gesamtentwicklung sehr unterschiedlich
ausgeprägt. Der zivile Wiederaufbau
hat beispielsweise mittlerweile wesentlich
mehr erreicht als dessen Kritiker
ihm zugestehen wollen. Sicherlich könnte
auch einiges beim Aufbau der nationalen
Sicherheitskräfte noch besser funktionieren.
Doch verglichen mit der politischen Säule,
ist bei den beiden anderen Säulen eine positive
Entwicklung zu verzeichnen. Die politische
Säule gleicht demgegenüber einer Fassadendemokratie
und Afghanistan ist auf
dem besten Wege, eine Hybrid-Demokratie
zu werden. Zwar verfügt das Land über das
Mindestmaß demokratischer Institutionen
und Regeln, doch hapert es bei der praktischen
Umsetzung.
Eine neue Wählerregistrierung ist notwendig,
um zukünftigen Wahlbetrug zu reduzieren.
Ferner muss die Etablierung von politischen
Parteien verstärkt angegangen werden.
Eine Demokratie ohne Parteien ist wie
ein Stausee ohne Wasser. Des Weiteren
sollte über eine Änderung des Wahlsystems
nachgedacht werden, denn die einfache,
nichtübertragbare Stimme hat sich bei den
Parlamentswahlen nicht bewähren können.
Bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen
im April 2014 sollte die politische Säule Afghanistan
schnellstmöglich gestärkt werden.
3. Halbherzige Einbeziehung der regionalen Akteure?
Eine Strategie für Afghanistan wird langfristig
nur von Erfolg beschieden werden, wenn
Nachbarländer und wichtige regionale Akteure
stärker einbezogen werden. Die internationale
Kontaktgruppe für Afghanistan
und Pakistan (ICG) ist für dieses Bestreben
sicherlich als Plattform dienlich. Seit dem
ersten Treffen am 1. April 2009 in München
hat Deutschland den Vorsitz inne. Die intensivere
Miteinbeziehung von Ländern ohne
NATO-Mitgliedsschaft wie China, Russland,
aber auch zahlreichen islamischen Staaten,
erscheint notwendig, um dem globalen Charakter
des Afghanistan-Engagements Gestalt
geben zu können. Das zehnte Treffen
der ICG im März 2011, zu dem der Generalsekretär
der Organisation der islamischen
Staaten (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, ins
saudi-arabische Jiddah einlud, kann hinsichtlich
der Einbindung der muslimischen
Welt als bedeutsamer Schritt angesehen
werden.
IV. AUSBLICK
Um das Ruder am Hindukusch noch erfolgreich
rumreißen zu können, wird einiges getan.
Deutschland hat beispielsweise seine
jährlichen Mittel für den zivilen Aufbau in
Afghanistan von 220 Mio. Euro (2009) auf
bis zu 430 Mio. Euro bis 2013 erhöht. Am 5.
Dezember 2011 wird Deutschland zudem in
Bonn auf Bitten von Präsident Hamid Karzai
- zehn Jahre nach dem ersten Zusammenkommen
auf dem Petersberg - eine weitere
Internationale Afghanistan-Konferenz ausrichten.
Ziel ist, das langfristige internationale
Engagement nach 2014 festzuschreiben.
Die Erfolgsformel dieses Prozesses soll
„from transition to transformation“ lauten
und setzt nach dem Prinzip „quid pro quo“,
als Gegenleistung für die weitere internationale
Unterstützung weitere Reformen von
afghanischer Seite voraus. Eine stärkere
Einbindung der Zivilgesellschaft ist bei diesem
Prozess wünschenswert. Aus diesem
Grund wird im Dezember auch ein zivilgesellschaftliches
Forum einberufen. Somit
stellt die internationale Afghanistan-
Konferenz und das zivilgesellschaftliche Forum
in Bonn großartige Chancen für die
weitere globale Weichenstellung hinsichtlich
einer verantwortlichen Afghanistan-Politik
dar. So wird hoffentlich gemeinsam das
Platzen vieler Träume am Hindukusch verhindert
werden können, und der Afghanistan-
Einsatz nicht vorzeitig oder mit widersprüchlichen
Ergebnissen enden.
Die kompletten Umfrageergebnisse finden Sie oben als PDF-Download.
chủ đề
được cung cấp bởi
Regionalprogramm Südwestasien
về loạt bài này
Quỹ Konrad-Adenauer có văn phòng đại diện riêng tại gần 70 quốc gia trên năm châu lục. Các nhân viên nước ngoài tại chỗ có khả năng thông tin đầu tiên về các kết quả hiện tại và sự các tiến bộ lâu dài tại quốc gia hoạt động của họ. Trong phần „báo cáo quốc gia“, họ cung cấp cho người sử dụng trang web của quỹ Konrad-Adenauer những bản phân tích, các thông tin phía sau cùng các bài nhận định độc quyền.