Asset Publisher

Асобная публікацыя

„Annapolis ist vielleicht die letzte Chance“

Interview mit Auslandsmitarbeiter Lars Hänsel

Am Dienstag, 27. November beginnt imamerikanischen Annapolis die seitWochen mit Spannung erwartete Nahost-Konferenz. Eine Einschätzung gab vorab Lars Hänsel, Leiter des KAS-Auslandsbüros in Jerusalem.

Asset Publisher

Падзяліцца

Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten für dieKonferenz in Annapolis ein?
Es geht darum, den Verhandlungsprozesswieder in Gang zu setzen. Dann wird Annapolisein Erfolg sein. Wichtig ist – eine Lektionauch aus dem gescheiterten Gipfeltreffenin Camp David im Jahr 2000 –, dass dieUnterstützung durch die arabischen Staatensichergestellt wird. Die Beteiligung vonSaudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, vielleichtsogar Syrien, spielt eine große Rolle.Insgesamt sind rund vierzig Staaten eingeladen.An der Hochrangigkeit der Delegationenwird sich das tatsächliche Interesseder arabischen Staaten ablesen lassen.


Wie könnten konkrete nächste Schritte ineinem Friedensprozess aussehen?
Entscheidend ist, dass neues Vertrauen geschaffenwird: Die Palästinenser müssendeshalb mehr für die Sicherheit tun. Israelist dagegen verpflichtet, illegale Siedlungspostenzu räumen. Erst bei konkreten Fortschrittenin diesen Punkten kann wiederernsthaft über Endstatusfragen verhandeltwerden: die künftige Grenzziehung, Jerusalem,das Rückkehrrecht für Flüchtlingeund Sicherheitsarrangements. Ob der dabeioft genannte Zeithorizont für eine Einigungrealistisch ist, nämlich bis zum Ende derBush-Administration, wage ich jedoch zubezweifeln.

Alle Seiten sind zurzeit in einer geschwächtenPosition. Erhöht dies den Erfolgsdruck?
In einer paradoxen Weise kann die Schwächeder Beteiligten gerade ihre Stärke sein.Alle Seiten brauchen Erfolge. Allerdingsmüssen Ergebnisse auch politisch umsetzbarsein. Auf palästinensischer Seite ist dieentscheidende Frage, ob es PalästinenserpräsidentAbbas gelingt, im Gazastreifenwieder die Macht zu übernehmen. Dieisraelische Seite fürchtet, dass Abbas irgendwannaufgibt und es dann keinen palästinensischenVerhandlungspartner mehr gebenkönnte.

Wie erleben Sie momentan die Stimmung inder Bevölkerung?
Die Hoffnungen richten sich vor allem aufden Prozess nach Annapolis. Die Stimmungauf israelischer Seite wurde in den letztenTagen getrübt durch die Weigerung palästinensischerVerhandlungsführer, Israel alsjüdischen Staat anzuerkennen. Dies ist aberfür die Israelis so grundlegend, dass es fürsie in dieser Frage keine Kompromissegeben kann.

Welches Zukunftsmodell für die Region haltenSie für tragfähig?
Immer noch halte ich die Zwei-Staaten-Lösung für die einzig stabile. Allerdings istzunehmend die Frage, wie realistisch dieseLösung ist – nicht zuletzt auch wegen derMachtübernahme durch die Hamas imGazastreifen. Als Alternative wird, etwa vonpalästinensischen Intellektuellen, die Errichtungeines einzigen Staates diskutiert, wasaber politisch und demographisch das Endedes jüdischen Staates Israel bedeuten würde.Auch ein stärkeres jordanisches Engagementwird in Erwägung gezogen, etwa inForm einer Konföderation des Westjordanlandesmit Jordanien. Auch das ist keinewirkliche Alternative. Annapolis und derhoffentlich folgende Verhandlungsprozesskönnten die vielleicht letzte Chance sein, dieZwei-Staaten-Lösung zu retten.


Das Interview erschien in der Würzburger Tagespost am 24. November 2007.

Asset Publisher

comment-portlet

Asset Publisher