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Izvještaji o zemljama

Die Türkei hat gewählt

von Dr. Colin Dürkop, Nihat Karagöz

Sieg nach Plan für Recep Tayyip Erdoğan

Rund 53 Mio.wahlberechtigte Türken im In- und Ausland waren am 10.08.2014 aufgerufen, erstmals ihr neues Staatsoberhaupt direkt zu wählen. Laut offiziellem Endergebnis gewann Erdoğan mit knapp 52% der Stimmen das Rennen um das Amt des türkischen Staatpräsidenten bereits nach dem ersten Wahlgang. Damit entfällt eine Stichwahl am 24.08.2014. Am 28.08.2014 wird Erdoğan sein neues Amt antreten. Damit wird eine neue politische Ära in der Türkei beginnen.

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Eine doppelte Premiere

Die Präsidentschaftswahlen 2014 zeichneten sich durch eine doppelte Premiere aus. Zum ersten Mal in der Geschichte der Türkei wurde der Staatspräsident direkt vom Volk gewählt und nicht wie bisher vom Parlament. Neu war auch, dass etwa 2,7 Millionen im Ausland lebende türkische Staatsangehörige ihre Stimme in ihren jeweiligen Aufenthaltsländern abgeben konnten. Bislang mussten sie dazu immer in die Türkei reisen. Eine Briefwahl ist in der Türkei nicht vorgesehen.

In Deutschland waren etwa 1,4 Millionen wahlberechtigte Türken am 31. Juli 2014 dazu aufgerufen, über vier Tage in sieben deutschen Städten (Berlin, Hannover, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, München und Karlsruhe) ihre Stimme abzugeben. In Berlin war das Olympiastadion eigens dafür zum Wahllokal umfunktioniert worden. Nach der Stimmabgabe in Deutschland wurden die Wahlzettel zunächst in den zuständigen diplomatischen Vertretungen gesammelt und anschließend in die Türkei geflogen. Ausgezählt wurden sie erst nach dem 10. August 2014, nachdem auch in der Türkei die Präsidentschaftswahlen stattgefunden hatten.

Drei Kandidaten, vier Parteien und ein matter, lascher Wahlkampf

Nach den allgemeinen Kommunalwahlen am 30. März 2014 galt die Devise „Nach der Wahl ist vor der Wahl“. Denn nur rund vier Monate später sollte der neue Staatspräsident gewählt werden. Vor dem Hintergrund der landesweiten Gezi-Proteste, der Korruptionsvorwürfe gegen seine Regierung und des daraufhin entbrannten Machtkampfs mit der „Hizmet“ genannten Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen hatte Premierminister Erdoğan bereits die Kommunalwahlen zu einer Vertrauensabstimmung über ihn und seine AK Partei hochstilisiert.

„Die Besonderheit dieser Wahlen ist nicht unbedingt, wer wo Bürgermeister werden wird, sondern welche Partei wie viele Stimmen bekommen wird. Ich kann sagen: Das ist eigentlich auch ein Testlauf meiner Partei.“, sagte Erdoğan am 04. Februar 2014 während seines Besuchs in Berlin. Im Vorfeld der Kommunalwahlen hatte er mehrmals angedeutet, im Falle eines Wahlsieges seiner Partei für die Präsidentschaftswahlen anzutreten. Mit 45 Prozent der Stimmen war die AK Partei aus den Kommunalwahlen schließlich als stärkste Partei hervorgegangen.

Während für die AK Partei ihr Vorsitzender und türkischer Premierminister, Recep Tayyip Erdoğan, als Kandidat antrat, nominierten die beiden größten Oppositionsparteien (die Republikanische Volkspartei CHP und die Partei der Nationalistischen Bewegung MHP) nach langen inter- und intraparteilichen Konsultationen Prof. Dr. Ekmeleddin Ihsanoğlu als ihren gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten. Ihsanoğlu war bis Ende 2013 Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC). Der promovierte Chemiker und Wissenschaftshistoriker wurde 1943 in der ägyptischen Hauptstadt Kairo geboren, wuchs dort auf und kam erst mit 30 Jahren in die Türkei – ein Umstand, der umgehend nach dessen Aufstellung von der Regierungspartei kritisiert wurde. Ihsanoğlu hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und ist Gründer der türkischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte (TBTK). Als Ehrendoktor zahlreicher internationaler Universitäten hat er sich in der akademischen Welt einen Namen gemacht. Im Volk war Ihsanoğlu bis zu seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat jedoch weitestgehend unbekannt.

Nichtsdestotrotz wurden ihm auf Seiten des Oppositionslagers anfänglich gute Chancen eingeräumt, wenn auch nicht die Wahl zu gewinnen, so doch zumindest eine Stichwahl zu erzwingen. Denn Ihsanoğlu ist zwar kein Vertretern der „alten kemalistischen Elite“ sondern ein gläubiger Muslim, aber eben ein völlig politischer Neuling und im politischen Machtpoker unerfahrener Wissenschaftler. Mit seiner Aufstellung bemühte sich die säkulare CHP erstmals auch um die Stimmen der islamisch-konservativen Wähler. Das gefiel jedoch bei weitem nicht allen CHP-Politikern. 21 Abgeordnete stimmten bei der Nominierung nicht für Ihsanoğlu. Zudem konnte dieser Kandidat nur wenige Sympathien unter den linksliberalen CHP-Anhängern mobilisieren. Die versuchte Aufstellung eines CHP-Alternativkandidaten scheiterte zwar, lieferte der AK Partei aber eine erneute Steilvorlage zur weiteren Demontage des gegnerischen Kandidaten. So hatte er von Anfang an eigentlich keine realistischen Chancen für einen Sieg.

Für die pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) trat ihr Ko-Vorsitzender Selahattin Demirtaş als einziger säkularer Kandidat an. Demirtaş wurde 1973 im Osten der Türkei geboren und vertritt eine linksliberale Politik. Als kurdischer Präsidentschaftskandidat gewann Demirtaş sowohl Wählerstimmen aus dem mehrheitlich von Kurden besiedelten Südosten der Türkei und zu einem Teil auch in westlichen Provinzen des Landes vor allem auf Kosten der AK Partei. Er konnte das Wählerpotenzial um etwa ein Drittel erhöhen und erreichte fast die 10%-Grenze, die für einen Einzug ins Parlament zu überwinden wäre.

Nach einem äußerst konfrontativ und polarisierend geführten Kommunalwahlkampf empfanden Beobachter den Präsidentschaftswahlkampf als vergleichsweise ruhiger und weniger aufgeheizt. Trotz einer energetisch und medienwirksamen Kampagne des Ministerpräsidenten vermissten mehrere Kolumnisten bis kurz vor den Präsidentschaftswahlen eine Wahlkampfstimmung wie etwa bei Parlaments- oder Kommunalwahlen – vielleicht auch wegen der erstmaligen Direktwahl des Staatspräsidenten. Zudem war auch bei diesen Wahlen zu keiner Zeit eine echte Wechselstimmung feststellbar. Während Erdoğan mit seiner Regierungspartei den Wahlkampf dominierte, wirkte der Wahlkampf seiner beiden Gegenkandidaten insgesamt weniger enthusiastisch.

Das Wahlergebnis schien seit Beginn des Wahlkampfes eigentlich als vorhersehbar – die Frage war weniger, ob Erdoğan die Wahl gewinnen würde, sondern eher, ob er sie bereits im ersten Wahlgang für sich entscheiden würde.

Nach Auszählung aller Stimmen gewann Erdoğan mit knapp 52 Prozent auf Anhieb das Rennen um das höchste Amt der Türkei. Er konnte damit sowohl im Vergleich zu den letzten Parlamentswahlen noch einmal leicht zulegen und das Kommunalwahlergebnis vom März sogar um 6%-Punkte verbessern. Und trotz der geringen Wahlbeteiligung im Ausland konnte Erdoğan die Abwanderung von kurdischen Stimmen an seinen kurdischen Mitbewerber leicht wettmachen.

Der gemeinsame Kandidat İhsanoğlu erreichte hingegen nur rund 38 Prozent – und blieb damit noch unter dem Stammwählerpotenzial von CHP und MHP – ein Debakel für das säkulare Lager und die zwei Oppositionsparteien, die bei einer Wahl abermals gescheitert sind, insbesondere für die beiden Parteivorsitzenden. Dieses Wahlergebnis dürfte noch weitreichende Konsequenzen für die Parteistrukturen der Opposition nach sich ziehen.

Derweil errang Demirtaş mit knapp 10 Prozent der Stimmen einen immerhin beachtlichen politischen Achtungserfolg.

Kritik an den Präsidentschaftswahlen

Die Präsidentschaftswahlen in der Türkei waren Zielscheibe unterschiedlicher Kritik von verschiedenen Seiten. Die Opposition im türkischen Parlament beschwerte sich bereits im Juli 2014 beim Obersten Rundfunk- und Fernsehrat (RTÜK) unter anderem über den staatlichen Fernsehsender TRT, der seine Sendezeit fast ausschließlich Premierminister Erdoğan eingeräumt habe. Konsequenzen blieben allerdings aus, nachdem fünf der Regierung nahestehende Ratsmitglieder gegen die Beschwerde stimmten.

Gegner von Premierminister Erdoğan warfen ihm schon im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vor, er wolle nach einer Wahl zum Staatspräsidenten seine Machtbasis und -befugnisse weiter ausbauen und zementieren. Aber auch im Rahmen der jetzt gültigen Verfassung kann und darf das türkische Staatsoberhaupt bereits Kabinettssitzungen leiten, Universitätsrektoren sowie Richter ernennen und verfügt über ein Vetorecht. Erdoğan hatte im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen mehrmals darauf hingewiesen, bei einem Wahlsieg sämtliche Kompetenzen des Präsidentenamtes voll auszuschöpfen. Er macht keinen Hehl daraus, dass er die Befugnisse des Staatspräsidenten gerne ausweiten und die Türkei zu einer Präsidialdemokratie ausbauen möchte. „Eine neue Verfassung auf dem Weg zu einer neuen Türkei wird eine unserer Prioritäten sein", kündigte Erdoğan bereits vor seinen Anhängern in Istanbul an. Eine angestrebte, aber bislang noch nicht umsetzbare Verfassungsänderung würde ihm ggf. ermöglichen, das bislang weitgehend repräsentative Präsidentenamt politisch aufzuwerten und weitere Machtfülle zu sichern. Dazu bedarf es allerdings einer Verfassungsänderung, die Erdoğan nur mit einer absoluten Mehrheit im Parlament durchsetzen könnte.

Bisher verfügt die AK Partei aber noch über keine verfassungsändernde Mehrheit im Parlament Es wird bereits spekuliert, dass Erdoğan die Parlamentswahlen im Jahr 2015 vorziehen könnte. Im Falle eines erneuten Wahlsieges hätte Erdoğan eventuell die Möglichkeit, die Verfassung zu ändern und das parlamentarische System der Türkei durch ein präsidiales oder semi-präsidiales System zu ersetzen. Im Wesentlichen möchte er die türkische Verfassung in zwei Richtungen ändern. Die Befugnisse des Staatspräsidenten sollen dahingehend erweitert werden, dass er die Regierungsgeschäfte aus dem Präsidialpalast mitlenken kann. Außerdem soll der Staatspräsident künftig auch Vorsitzender einer politischen Partei bleiben können.

Geringe Wahlbeteiligung im Ausland – aber auch im Inland

Die viertägige Stimmabgabe im Ausland zeichnete sich durch eine äußerst geringe Wahlbeteiligung aus. Nicht einmal zehn Prozent der rund 2,7 Millionen wahlberechtigten Auslandstürken haben ihre Stimme abgegeben, wie unterschiedliche Beobachterquellen berichteten.

In Deutschland votierten ca. zwei Drittel der Türken (diese wählen größtenteils und traditionell eher konservativ) für Ministerpräsident Erdoğan. Dieses Ergebnis hatten auch verschiedene Prognoseinstitute vorhergesagt. Gemäß TRT hätte Erdoğan dort sogar fast 69 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können.

Laut dem Politikwissenschaftler Murat Erdoğan vom HUGO Institut für Migration und Politikforschung lag eine der Ursachen für die überproportional geringe Wahlbeteiligung in dem komplizierten Registrierungsverfahren. Um bei den Präsidentschaftswahlen ihre Stimme abgeben zu können, mussten sich im Ausland lebende türkische Staatsangehörige zuerst über das Internet registrieren, um anschließend einen Termin zu bekommen. Eine Registrierung nach dem ersten Wahltag am 31. Juli 2014 war nicht mehr möglich. In diesem Fall wurden die Termine automatisch vergeben. Nahm man diesen nicht wahr, erlosch die Chance zu wählen. In Deutschland wurden laut Hürriyet lediglich an 6,6 Prozent der wahlberechtigten Türken Termine vergeben. Die Zeitung Cumhuriyet meldete, dass in manchen Orten 30 Prozent der Wähler in den Wahllokalen zurückgewiesen wurden, weil sie keinen Termin hatten.

„Das Terminvergabesystem hat eine abschreckende Rolle. Weil es das erste Mal ist, herrscht in dieser Angelegenheit eine Unordnung. Für zukünftige Wahlen werden die Gesetze überarbeitet“, kommentierte der stellvertretende Premierminister Beşir Atalay die geringe Wahlbeteiligung im Ausland. Nachdem schon zu Beginn der Stimmabgabe ihre Erwartungen nicht erfüllt worden waren, beantragte die regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) beim Hohen Wahlausschuss (YSK), die obligatorische Registrierung aufzuheben. Dieses Gesuch lehnte der YSK jedoch ab. Eine hohe Wahlbeteiligung im Ausland hätte der AK Partei zusätzliche Vorteile verschafft, da laut Wahlprognosen die Zustimmungsrate für Erdoğan prozentuell noch höher lag als in der Türkei.

Eine andere Ursache war die Tatsache, dass die Präsidentschaftswahl auf die Urlaubssaison fiel. Viele Auslandstürken verbringen ihren Sommerurlaub traditionell in der Türkei. Ein Teil der Wahlberechtigten war damit schlichtweg nicht in ihrem jeweiligen Wohnsitzland, um ihre Stimme dort abzugeben. Alternativen gab es an den Grenzübergängen an Landesgrenzen sowie in Flughäfen. Hier waren (wie auch schon in der Vergangenheit) Wahlurnen aufgestellt, um Reisenden die Möglichkeit zur Stimmabgabe zu bieten. „Die meisten unserer Staatsbürger verbringen ihren Sommerurlaub in der Türkei oder reisen woanders hin. Folglich wurde unsere erwartete Quote nicht erreicht .“, sagte der stellvertretende Premierminister Emrullah Işler.

Aber auch im Inland lag die Wahlbeteiligung gering: und zwar war es die niedrigste Wahlbeteiligung seit zwölf Jahren, obwohl es mehr Wahlberechtigte gab als bei der Kommunalwahl am 30. März. Insgesamt sind an die sechs Millionen Menschen weniger wählen gegangen.

Fazit und Ausblick

In der Türkei haben in diesem Jahr bereits zwei wichtige Wahlen stattgefunden: am 30. März allgemeine Kommunal- und am 10. August 2014 Präsidentschaftswahlen. Zudem handelt es sich um den mittlerweile neunten Wahlerfolg in Serie seit 2002 (drei Parlamentswahlen, drei Kommunalwahlen und zwei Referenden). Im nächsten Jahr (voraussichtlich Juni) finden turnusgemäß die nächsten Parlamentswahlen statt, sollten diese nicht vorgezogen werden, wie einige Beobachter mutmaßen. Laut dem Politikwissenschaftler Hüseyin Bagci könnte dies bereits im November 2014 der Fall sein. Bei diesen Wahlen hätte Erdoğan laut geltenden Parteistatuten kein viertes Mal für das Parlament kandidieren können. Darin ist festgelegt, dass ein Parteimitglied höchstens drei Wahlperioden dem türkischen Parlament angehören dürfe. Diese Regelung war ursprünglich dazu gedacht, die Partei in regelmäßigen Abständen zu erneuern, indem jungen Parteimitgliedern der Weg ins Parlament frei gemacht werden sollte. Als frisch gewählter Staatspräsident kann Erdoğan seine politische Laufbahn nunmehr in seinem neuen Amt fortsetzen.

Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass die Türkei noch bis zu den nächsten Parlamentswahlen in einem permanenten Wahlkampfmodus verharren wird. Es gilt weiterhin die Devise: „nach der Wahl ist vor der Wahl“, oder wie es der Ministerpräsident formulierte „unsere Mission hat erst jetzt richtig begonnen“.

Nach den Präsidentschaftswahlen und angesichts der kommenden Parlamentswahlen dreht sich die Frage nun um die Zukunft der AK Partei. Wie wird die Regierungspartei bei den Parlamentswahlen 2015 abschneiden, nachdem Erdoğan als 12. Präsident der Türkei vereidigt wird? Bislang hing der Erfolg seiner Partei unumstritten von der Popularität des Vorsitzenden ab. Mit Antritt seines neuen Amtes wird Erdoğan der AK Partei nicht mehr vorsitzen können. Laut gültiger Verfassung darf das türkische Staatsoberhaupt keiner politischen Partei angehören.

Sollte die Partei keinen geeigneten Nachfolger für Erdoğan aufbieten, könnte sie an Popularität verlieren und damit Wählerstimmen einbüßen. Einige politische Kommentatoren vertreten die Ansicht, dass die AK Partei möglicherweise dasselbe Schick sal ereilen könnte wie einst die Mutterlandspartei (ANAP) mit ihrem Vorsitzenden Turgut Özal oder die Partei des Rechten Weges (DYP) unter Süleyman Demirel. Nachdem Özal mit seiner Wahl zum Staatspräsidenten am 31. Oktober 1989 den Vorsitz der ANAP aufgeben musste, verlor die Partei zunehmend an Wählerstimmen und versank schließlich in der politischen Bedeutungslosigkeit. Andere Beobachter weisen wiederum darauf hin, dass die seinerzeitige ANAP nicht mit der viel besser organisierten und durchstrukturierten AK Partei verglichen werden könnte.

Aber eine Regierungspartei ohne Erdoğan könnte bis zu den kommenden Parlamentswahlen so viele Wähler verlieren, dass sie dann einen Koalitionspartner braucht. Das wäre ein Novum für die AK Partei, die seit 2002 mit absoluter Mehrheit regiert – so lange wie keine andere Partei vor ihr in der Geschichte der Türkei nach Einführung des Mehrparteiensystems 1946.

Vor diesem Hintergrund wird in den türkischen Medien eine intensive Debatte um die Frage geführt, wer als Nachfolger von Erdoğan das Amt des Premierministers übernehmen wird, wenn er am 28. August 2014 als Staatspräsident vereidigt wird. Bis dahin steht der scheidende Amtsinhaber Abdullah Gül noch an der Spitze der Türkei. Eine gewisse Zeit lang wurde auch darüber spekuliert, ob ein Ämtertausch infrage kommen könnte. Gül hatte allerdings schon vor dem Präsidentschaftswahlkampf bekannt gegeben, unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen auf eine erneute Kandidatur zu verzichten und nicht das Amt des Premierministers anzustreben. Allerdings hat Gül am 11. August vor Pressevertretern verlauten lassen, dass er nach seiner Präsidentschaft wieder zurück zur AK Partei kehren werde. Welche Rolle er dabei übernehmen wolle, z.B. die des Parteivorsitzenden, steht noch offen.

Im Moment ist die Frage der personellen Neubesetzungen rein spekulativer Natur. Zahlreiche Namen werden gehandelt. In seiner vergleichsweise moderaten und versöhnlichen Siegesrede in hatte Erdoğan noch keinen Hinweis auf mögliche Kandidaten gegeben. Erst nach Beschlusslage des nächsten Parteikonvents am 27. August des Monats wird darüber Klarheit bestehen.

Auch mehrere neue Kabinettsmitglieder, die wegen der Drei-Perioden-Regel nicht mehr kandidieren können, müssen neu ernannt werden (unter ihnen die wichtige Position des Finanzministers). Ob diese (interne) Parteiklausel geändert wird, bleibt eine der wichtigsten Entscheidungen für die Zukunft der Partei. Immerhin würden 73 AKP-Abgeordnete bei den kommenden Parlamentswahlen nicht mehr kandidieren können. Power Play in Ankara bleibt somit weiterhin spannend in den kommenden Monaten und darüber hinaus.

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Sven-Joachim Irmer

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