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Israel und Deutschland heute

od Eldad Beck

Vortrag im Bildungszentrum Schloss Eichholz auf der Jahrestagung des Eichholzer Kreises am 28. August 2005

Ich bin vor 3 1/2 Jahren mit einer positiven Meinung nach Deutschland gekommen. Bevor ich hierher gekommen bin, hatte ich mit verschiedenen Leuten gesprochen und immer hieß es: Im Vergleich zu Österreich ist Deutschland – was die Haltung gegenüber Juden und Israel betrifft – fast ein Paradies.

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Aber - mit der Zeit – habe ich festgestellt, dass dem nicht so ist. Es gibt in Deutschland wunderbare Leute, die sich für Israel interessieren. Es gibt auch viele, die sich mit Israel solidarisch fühlen. Aber es gibt auch diejenigen, die gegenüber Israel falsche Ideen haben, diejenigen, die die sachliche Analyse der Lage im Nahen-Osten mit billiger, unseriöser und propagandistischer Kritik verwechseln und auch viele Leute, die heute meinen, der Holocaust sei doch schon sechzig Jahre, eine ganze Ewigkeit her – deswegen wollen sie darüber nichts mehr hören.

Immer öfter sagt man, wir wollen nicht mehr wegen dieser Geschichte gequält werden gerade wo doch Israel die Palästinenser so schlecht behandelt. Die sogenannte und nicht wirklich existierende Auschwitz-Keule wird von vielen zu einer Intifada-Keule verwandelt.

...Und man will überhaupt nicht verstehen, wieso die Israelis noch immer Angst haben. Nach allem...sie sind so stark! – fast eine Weltmacht...

Ich werde heute Abend nicht nur vom Holocaust sprechen, aber wenn ich heute sehe, welche Tendenzen sich in Deutschland und Europa entwickeln, muss ich auch den Holocaust erwähnen.

Denn, was viele in Deutschland vergessen wollen, bleibt bei uns eine junge, noch sehr lebendige Erinnerung. Die Holocaust hat die israelische Geschichte und Gesellschaft dramatisch, ja traumatisch geprägt. Da kann man nicht einfach daher kommen und sagen: „Es ist doch nun schon sechzig Jahre her, bitte vergessen Sie es. Machen wir weiter, als sei nichts passiert.“

Das geht nicht...

...Und das muss man verstehen, nicht nur was unsere Beziehungen zu den Deutschen betrifft, sondern auch um zu begreifen, warum Israel so eine ängstliche Gesellschaft ist. Die Israelis sind mehr oder weniger eine große Nation von Flüchtlingen. Die jüdischen Flüchtlinge kamen aus aller Welt nach Israel – und jetzt geht es mir nicht um irgendwelche Klischees: das ist eine Tatsache – und, ohne dass die Israelis die Chance gehabt hätten, die Flüchtlingserfahrungen zu bearbeiten, mussten sie sich mit einer anderen unangenehmen Realität auseinandersetzen: mit Kriegen, Terrorismus, der wirtschaftlichen Lage, Integration, kulturellen Problemen, einer neuen Sprache, einer neuen Identität.

Wenn Flüchtlinge oder Emigranten nach Europa oder in die USA kommen, sind sie vor vollendete Tatsachen gestellt, mit denen sie sich befassen müssen; sie waren und sind nicht gezwungen, einen ganzen neuen Staat aufzubauen und eine Gesellschaft zu formieren. In Israel hingegen bleibt es so: Es gibt noch immer Leute, die nach Israel kommen, es ist eine Gesellschaft in ständiger Veränderung, die für ihre Existenz kämpft.

Aber viele in Deutschland möchten über Israel eine Meinung haben und über Israel sprechen, ohne die Anerkennung von Tatsachen. Und wenn man sich informieren will, trifft man auf die anti-israelische Berichterstattung vieler deutschen Medien, die Israel – Volk und Regierung – darstellen, als wären sie das absolute Böse.

Wie oft habe ich in den letzten Monaten gehört: Aber man kann und darf in Deutschland keine kritische Meinung gegenüber Israel äußern! Israel sei ein Tabu.

Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, hier zu fragen: Wo kommt diese falsche Idee her?

Lesen Sie die Zeitungen, Schauen Sie die Nachrichten im Fernsehen an, hören Sie die Berichte im Radio genau. Kann man Israel in Deutschland wirklich nicht kritisieren? Oder – sagt man das nur, um Israel im Übermaß kritisieren zu können?

Verräterisch ist z. B. die Gleichsetzung von Gewalt und Gegengewalt: Die gezielten Anschläge auf israelische Zivilisten sind offenbar kein Terrorismus. Es gibt zwei Realitäten: Wenn im Westen Zivilisten ermordet werden, heißt es Terrorismus, wenn in Israel dasselbe geschieht, ist das nicht der Fall.

Hier hat sich nach dem 11. September eine Tendenz verstärkt, die allerdings schon nach Beginn der zweiten Intifada spürbar wurde: Israel wurde als die Ursache aller Probleme mit dem radikalen Islamismus ausgemacht. Was für ein Unsinn! Der nationale Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist - umgekehrt - nur ein Element eines Problems, das Naher Osten und Islamismus heißt.

Zu behaupten, Israel sei das Problem, impliziert zwei Dinge: Erstens, die Juden sind mal wieder an allem schuld, und zweitens wird die Existenz Israels delegitimiert. Wenn Israel als das eigentliche Problem gesehen wird, ist es nicht mehr weit dahin zu fordern, dass Israel weg muss.

Der Grund dafür ist das Schuldgefühl vieler Europäer gegenüber den Juden und das Gefühl, die Europäer hätten deswegen den Juden Israel geschenkt. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es tatsächlich in Europa ein Gefühl von Schuld, das auch der Realität entsprach. Heute versucht man, davon wegzukommen – und damit auch von den Konsequenzen, die mit dieser Schuld und mit der Verantwortung zu tun haben. Heute interpretiert man es so, dass man den Juden Israel quasi als „kollektive Entschädigung“ geschenkt hat, und leitet daraus das Recht ab, sich in die Angelegenheiten Israels einzumischen und die Israelis moralisch zu belehren. Im Endeffekt wird das darauf hinauslaufen, Israel eines Tages das Existenzrecht abzusprechen.

Dass so etwas in Europa passiert, ist ein Verbrechen gegen die Geschichte. Es ist der Versuch, tabula rasa zu machen und sich der Verantwortlichkeit ein für alle Mal zu entziehen. Israel ist zustande gekommen, weil es ein riesiges Verbrechen und riesiges Flüchtlingsproblem in Europa gab. Die Juden haben sich damals nicht gesagt: „Gehen wir ein bisschen spazieren und schauen wir, wo wir Urlaub machen können.“ Die meisten mussten fliehen, nicht nur aus Europa, sondern auch aus den arabischen Staaten. Zu behaupten, es habe diese Not, aus der die Notwendigkeit von Israel entstanden ist, nicht gegeben, ist eine Fälschung der Geschichte.

Wenn man wirklich zu einer Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern kommen will, muss man alles auch in historischen Proportionen sehen. Genau das wollen viele Europäer nicht.

Was sie wollen ist, die Israelis mit den Nazis zu vergleichen, um ihre Verantwortung zu leugnen. Dabei - wurden die Juden in Europa vernichtet, ohne dass sie eine Kriegspartei waren, während wir im Nahen Osten einen nationalen Konflikt austragen, ohne dass es zu einer Vernichtung käme. Jeder dieser Vergleiche ist schon deswegen unsinnig.

Viele Deutsche und Österreicher wollen heute ihr eigenes Leid entdecken. Es stimmt, auch sie haben gelitten, es gab einen Krieg mit dramatischen Konsequenzen für die Bevölkerung; aber wenn heute deutsche Intellektuelle behaupten, die Deutschen hätten unter den Alliierten gelitten, dann ist das ebenfalls eine falsche Vorstellung einer geschichtlichen Realität. Nach allem: Wer hat den Krieg begonnen? Wer waren denn die Nazis? Wer hat unglaubliche Verbrechen begangen? Wo steckt die Kausalität in dieser Debatte über das deutsche Leid?

Die Deutschen suchen heute eine neue nationale Identität: wunderbar! Ich glaube, dass Deutschland eine schöne Zukunft haben kann. Aber man sollte nicht die ganze Zeit versuchen, die schmutzige Vergangenheit von der Festplatte zu löschen. Viele Deutsche können es vielleicht leicht vergessen, für sie ist es vielleicht einfach, aber wir - Israelis - können nicht vergessen, wir wollen nicht vergessen. Nicht, weil wir uns an diese Erinnerung klammern oder sie benutzen wollen, sondern weil sie Realität war und ist.

Ich sehe, meine Damen und Herren, eine direkte Verbindung zwischen dem, was sich heute als Antisemitismus und Israelfeindschaft manifestiert, und dem plötzlichen Pro-Islamismus der deutschen Öffentlichkeit.

Man versucht, das wirkliche Problem zu ignorieren. Ich spreche nicht von dem Islam oder den Moslems, sondern vom radikalen Islamismus. Das ist ein Neo-Faschismus, der den Platz des panarabischen Nationalismus eingenommen hat und von verschiedenen faschistischen Traditionen aus Europa beeinflusst wird, wozu auch der vehemente Antijudaismus gehört. Anstatt das zu begreifen, will man die Islamisten „verstehen“. Das hat damit zu tun, dass man deren Sichtweise teilt, für alles die Juden verantwortlich zu machen. Diese Sicht wird damit legitimiert, dass „Kritik“ an Israel kein Antisemitismus sei, weil sie sich nicht gegen die Juden richte.

Das stimmt aber nicht: Wie oft wurde ich, persönlich, als Korrespondent der „größten jüdischen Zeitung“ vorgestellt? Und das von Journalisten, von Kollegen, die eigentlich wissen müssten, dass nicht alle Juden Israelis sind und nicht alle Israelis Juden sind. Man macht diesen Unterschied nicht. Für viele sind Israel und die Juden ein und dasselbe.

So werden Israel und die „Juden“ auch für Bin Laden verantwortlich gemacht, obwohl der sich für die Palästinenser genauso wenig interessiert hat wie ursprünglich Saddam Hussein: weil weder der Islamismus noch der Panarabismus die Idee verschiedener arabischer Nationen gutheißt. Nach diesen Ideologien, muss es eine „Umma“ – eine Nation, arabisch oder islamisch geben, und keine getrennten nationalen Identitäten. Alles das könnte man natürlich wissen, aber zuerst wird man falsch informiert und dann fehlt es an Bereitschaft, sich selbst zu informieren. Hauptsache man hat eine Meinung.

Wenn man heute als Deutscher oder Österreicher in die arabischen und islamischen Länder reist, wird man oft - als Zeichen der Bewunderung für die Deutschen - mit pro-nazistischen Bemerkungen begrüßt. Dieses Phänomen ist sehr bekannt, aber die deutsche Presse berichtet kaum darüber. Genauso wenig berichtet man über die große anti-jüdische Welle, die die arabische und moslemische Welt überschwemmt. Und fast niemand in Europa tut was dagegen.

Dabei wäre es sehr einfach, wollte man sich abgrenzen: Deutschland z.B. könnte gegen Länder, in denen in der Presse Antisemitismus verbreitet wird, Sanktionen verhängen. Das wäre die Verantwortung Deutschlands, so etwas zu tun. Stattdessen, in Berlin sollte z. B. ein Hisbollah-Büro eröffnet werden, mit einer Begrüßung durch das Auswärtige Amt. Das wurde in letzter Minute gestoppt, aber dennoch wirkt es heuchlerisch, wenn man vor diesem Hintergrund gegen die Siedler im Westjordanland und Gaza-Streifen hetzt, weil die so „rassistisch“ sind.

Und so ist dann die Bereitschaft sehr groß, Veranstaltungen und Interviews und Podiumsdiskussionen mit bestimmten Leuten aus Israel zu organisieren, die historische Vergleiche ziehen – um sie (die Vergleiche) hoffähig zu machen, zu „enttabuisieren“. Mich verwundert es sehr, dass in der deutschen Öffentlichkeit die immer gleichen sechs oder sieben Israelis auftreten, die eine bestimmte politische Linie vertreten, die in Israel vielleicht ein oder zwei Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Das sagt natürlich nichts darüber aus, ob sie recht haben oder nicht. Es geht darum, dass Israel eine pluralistische Gesellschaft ist, in der es mehr Auffassungen gibt, als diejenigen, die hier öffentlich wahrgenommen werden. Dabei gibt es auch andere, die ihre Auffassungen auf deutsch ausdrücken können, aber dennoch werden immer wieder die gleichen nach Deutschland eingeladen, damit sie Nazi-Deutschland und Israel vergleichen können. Sie sagen das, was bestimmte Deutschen sich noch nicht zu sagen erlauben. Deswegen bedienen sie sich dieser sechs oder sieben Israelis, die aus verschiedenen Gründen diesen Vergleich ziehen: sie suchen vielleicht ein bisschen Aufmerksamkeit, vielleicht hat es mit Geld zu tun. Es gibt ja Israelis, die damit ihr Geld verdienen, wenn sie in Deutschland über Israel schimpfen.

Wo sind, meine Damen und Herren, die anderen Israelis? Die restlichen Israelis, die nicht alle Faschisten sind und nicht die Nazis kopieren wollen? Diese Israelis denken auch, sie haben eine politische Freiheit, und sie reagieren auf eine bestimmte Realität, die hier völlig unbekannt ist. Sie kommen hier nicht zu Wort, im Gegenteil: sie werden boykottiert, weil sie eine andere Sicht der Dinge vertreten. In Deutschland will man hören, dass Israel furchtbar ist und die Palästinenser die Opfer sind.

Es ist vergleichbar mit der Friedenshysterie der letzten Monate, in der andere Meinungen – und ich spreche jetzt nicht von Israelis oder Amerikanern, sondern von Exil-Irakern zum Beispiel, die für den Krieg waren und die total ignoriert wurden. Erst als der Krieg begonnen hatte, hörte man plötzlich auch diese Stimmen.

Man will hier ausschließlich zur Kenntnis nehmen, was einem ‚in den Kram passt‘. Nur: So - hoffe ich - funktioniert die Welt nicht.

Ich habe mir schon lange die Frage gestellt, wie etwas so Horribles wie die Nazi-Herrschaft in Deutschland geschehen konnte. Ich habe immer nach einer Antwort gesucht, weil ich nicht glauben wollte, dass alle Deutschen böse sind – und das denke ich noch immer nicht. Aber die letzten Monate haben mir gezeigt, wie einfach die deutsche Öffentlichkeit manipuliert werden kann. Ich habe sehr viel gelernt durch diese Erfahrung und bin der Friedensbewegung auf gewisse Weise dankbar, denn ich habe verstanden, wie wenig sich Deutschland in den letzten sechzig Jahren verändert hat. Es genügt nicht, für Frieden und gegen Kriege zu sein. Solche Simplizität passt vielleicht in eine „Love Parade“ - Gesellschaft, aber nicht in eine verantwortliche Gesellschaft.

Dieses Agieren ohne Nachzudenken, die Begeisterung für simple Ideen ohne selbstkritisch zu sein, haben mich schockiert. Die Presse hat bei der Formierung dieser Massenhysterie eine große Rolle gespielt – eine freie Presse, in der unterschiedliche Meinungen zu Wort kommen, gibt es in Deutschland praktisch nicht.

Bei achtzig Millionen Einwohnern möchte ich doch hoffen, dass es einige Millionen gibt, die anders denken. Ich habe jedoch erlebt, wie Leute Angst hatten sich pro Israel oder für den Krieg zu äußern, weil die allgemeine Meinung so vehement dagegen ist. So ein Phänomen, es tut mir leid das zu sagen, besorgt mich sehr. Ich denke nicht, dass diese Minderheit so klein ist, aber sie kommt in der Öffentlichkeit nicht vor, und deswegen entsteht der Eindruck, sie existiere gar nicht.

Europa, meine Damen und Herren, hat uns moralisch nichts beizubringen, gar nichts. Heute zu kommen und im Namen der Palästinenser zu sprechen, ist Heuchelei. Und solange die Europäer die Palästinenser und insbesondere einen wie Arafat so groß machten, wird nichts vorangehen. Es war nur Europa, das Arafat so lange die Treue hielt. Warum? War denn nicht zur Genüge deutlich geworden, dass dieser Mann nicht Israel, sondern vor allem seinem eigenen Volk geschadet hat?

Solange man den Palästinensern erlaubt, den Konflikt zu mythologisieren und zu generalisieren, werden wir nie einen Kompromiss finden. Man muss den Konflikt wied er in die richtigen Proportionen bringen, es ist ein Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern – nicht zwischen Israelis und Arabern, oder zwischen Juden und Moslems oder zwischen Europa und den USA. Und die Behauptung, die Palästinenser wären schon immer da gewesen, ist auch nicht richtig. Es gab nicht nur jüdische, es gab auch arabische Immigrationswellen in diesen Landstrich.

Europa ist nicht stark genug, um eine wichtige Rolle in diesem Konflikt zu spielen. Wenn die Europäer eine konstruktive Rolle übernehmen wollten, müssten sie darauf verzichten, der einen oder anderen Seite Ratschläge zu geben und statt dessen einen Rahmen schaffen, in dem man sich treffen und irgendeine Form der Koexistenz entwickeln kann.

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