Asset-Herausgeber

Buenos Aires-Briefing

Buenos Aires-Briefing Juli und August 2024

Die Unterzeichnung des Mai-Pakts I Kritik an Milei: Brasilien und andere Mercosur-Mitglieder üben scharfe Kritik I Maduro und Milei im Konflikt: Venezuela reagiert auf Wahlkritik I Schließungen von INADI und CONADI: Mileis umstrittene Reformen I Daten zur Armut

Asset-Herausgeber

Die Unterzeichnung des Mai-Pakts

 

Am 9. Juli, dem Feiertag der argentinischen Unabhängigkeit, wurde der Mai-Pakt unterzeichnet. Dieses Dokument, initiiert von Präsident Javier Milei, enthält zehn Prinzipien für wirtschaftliche, politische und soziale Reformen und legt wesentliche Regeln für die Regierungsführung fest. Der Pakt umfasst Themen wie Privateigentum, öffentliche Ausgaben sowie Reformen im Bildungs-, Steuer-, Arbeits- und Rentensystem und zur Nutzung natürlicher Ressourcen. Obwohl er keine rechtliche Bindung hat und als „symbolisch“ gilt, bezeichnete Milei ihn als „Neugründung des gesellschaftlichen Gründungsvertrags der Heimat“.Ursprünglich als „Pacto de 25 de Mayo“ bezeichnet, schlug Milei das nationale Abkommen erstmals bei der Eröffnung der Kongresssitzungen am 1. März vor. Der Pakt stieß auf Kritik vieler Gouverneure, die mehr Ressourcen für ihre Provinzen forderten. Mileis Regierung machte die Unterzeichnung des „Pacto de Mayo“ von der Zustimmung des Kongresses zum „Ley de Bases“ und dem damit verbundenen Finanzpaket abhängig. Nach der Abstimmung über das „Ley de Bases“ am 27. Juni, auch bekannt als Omnibus-Gesetz, wurde der Weg für den Mai-Pakt frei. Dieser wurde in „La Casa Histórica de Tucumán“, dem Ort der Erklärung der argentinischen Unabhängigkeit im Jahr 1816, von Milei zusammen mit siebzehn Provinzgouverneuren und dem Bürgermeister von Buenos Aires unterzeichnet.

 

Kritik an Milei: Brasilien und andere Mercosur-Mitglieder üben scharfe Kritik

 

Ein diplomatischer Streit entbrannte zwischen Brasilien und Argentinien, dem wichtigsten Handelspartner des Landes. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva erklärte am 26. Juni 2024, dass er nicht mit dem argentinischen Präsidenten Javier Milei sprechen werde, bis dieser sich für seine Äußerungen während des Wahlkampfs des Vorjahres entschuldigt. Milei hatte da Silva unter anderem als „korrupt“ und „kommunistisch“ bezeichnet.Am Mercosur-Gipfel am 8. Juni in Paraguay nahm der argentinische Präsident nicht teil. Milei hielt sich in Brasilien auf, um an der CPAC-Konferenz der lateinamerikanischen Konservativen teilzunehmen, zusammen mit dem rechten Politiker und politischen Gegner da Silvas, Jair Bolsonaro. Für seine Abwesenheit wurde Milei von Mercosur-Mitgliedern kritisiert, darunter da Silva, der sie als „riesige Dummheit“ bezeichnete. Auch konservative Politiker wie der uruguayische Präsident Luis Lacalle Pou und der paraguayische Gastgeber Santiago Peña äußerten ihre Kritik an Mileis Abwesenheit.

 

Maduro und Milei im Konflikt: Venezuela reagiert auf Wahlkritik


Nachdem der venezolanische Präsident Nicolás Maduro am 29. Juli 2024 seinen Wahlsieg erklärt hatte, beschuldigte Javier Milei die venezolanische Führung des Betrugs und bezeichnete Maduro als Diktator. Maduro reagierte darauf, indem er Milei als „feige Kreatur“, „Vaterlandsverräter“ und „Faschisten“ beschimpfte und ihn zu einem Boxkampf herausforderte. Außenministerin Diana Mondino verlangte von Maduro, seine Niederlage noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse einzugestehen. Maduro wurde vorgeworfen, die Wahlen manipuliert und Wählern die Einreise ins Land verweigert zu haben. Er steht außerdem wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und der durch US-Sanktionen verschärften wirtschaftlichen und humanitären Krise in der Kritik.


Mehrere südamerikanische und karibische Länder forderten eine transparente Stimmenauszählung und die Kontrolle durch die Beauftragten aller Parteien. Als Reaktion auf die Kritik zog Venezuela am 29. Juni sein gesamtes diplomatisches Personal aus Argentinien sowie aus sechs weiteren südamerikanischen Ländern – Chile, Costa Rica, Peru, Panama, der Dominikanischen Republik und Uruguay – ab und forderte diese Länder auf, ihre Vertreter aus Caracas zurückzurufen. Maduro wies die Einmischung der „rechten Regierungen“ zurück und betonte das Prinzip der Selbstbestimmung.


Nach dem Rückzug der argentinischen Diplomaten aus Venezuela am 1. August übernahm brasilianisches Diplomatenpersonal die Vertretung der argentinischen Interessen in Venezuela. Präsident Milei dankte Brasilien für die Unterstützung und lobte die enge Beziehung zwischen den beiden Ländern. Am 9. August erklärte das argentinische Außenministerium Eduardo González Urrutia zum Gewinner der Wahlen und forderte die Einstellung der Verschwörungsvorwürfe sowie die Freilassung von Oppositionsfiguren.


Der brasilianische Präsident Lula da Silva und der kolumbianische Präsident Gustavo Petro schlugen am 13. August eine Wiederholung der Wahlen vor. Dieser Vorschlag wurde jedoch sowohl von der venezolanischen Regierung als auch von der Oppositionsführerin María Corina Machado abgelehnt.

 

Schließungen von INADI und CONADI: Mileis umstrittene Reformen


Im August 2024 schloss der argentinische Präsident Javier Milei das Nationale Institut gegen Diskriminierung und Rassismus (INADI). Dies war die erste Nutzung der neuen Befugnis, die ihm durch das Inkrafttreten des Ley Basis verliehen wurde. Diese Gesetzgebung ermöglicht es ihm, solche Institutionen zu schließen, ohne erneut den Kongress einzubeziehen. Mileis Regierung rechtfertigte die Schließung mit der Argumentation, dass der Kampf gegen Diskriminierung bereits durch die Verfassung abgedeckt sei und spezielle Institutionen daher überflüssig seien. Das INADI wurde als „Höhle für ñoquis“ bezeichnet – ein Begriff, der Staatsbedienstete beschreibt, die Gehalt beziehen, ohne tatsächlich zu arbeiten.Bis Ende Juni war das INADI fast nicht mehr funktionsfähig, da viele Mitarbeiter entlassen oder ohne Aufgaben waren. Die Ressourcen des INADI sollen nun an das Justizministerium übertragen werden, und die Mitarbeiter werden, je nach Situation, entweder entlassen oder mit neuen Aufgaben betraut. Diese Entscheidung wird voraussichtlich erhebliche negative Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben, insbesondere auf diejenigen mit befristeten Verträgen, die seit Jahren im Institut tätig sind. Zudem hat die Schließung Kontroversen ausgelöst, da weiterhin Bedenken hinsichtlich Diskriminierung in Argentinien bestehen.

Ebenfalls im August erließ Präsident Javier Milei ein Dekret zur Auflösung der Sonderuntersuchungseinheit für die verschwundenen Kinder innerhalb der Nationalen Identitätskommission (CONADI) in Argentinien. CONADI hatte sich auf die Suche nach Kindern konzentriert, die während der letzten zivil-militärischen Diktatur Argentiniens (1976-1983) gewaltsam verschwunden waren. Die Regierung rechtfertigte diesen Schritt damit, dass die Einheit verfassungswidrige gerichtliche Befugnisse habe, die mit den Aufgaben der Staatsanwaltschaft in Konflikt stünden und gegen die Verfassung sowie die Gewaltenteilung verstoßen würden. Laut Sicherheitsministerin Patricia Bullrich habe die Einheit zudem die Datenschutzrechte der Sicherheitskräfte verletzt und gegen das Datenschutzgesetz verstoßen.


Die Menschenrechtsgruppe Abuelas de Plaza de Mayo äußerte bereits im Juni Besorgnis über die mögliche Schließung der Sonderuntersuchungseinheit für verschwundene Kinder. Sie befürchteten, dass dies ihre jahrzehntelange Suche nach vermissten Angehörigen erheblich beeinträchtigen könnte. Die Abuelas sahen die Maßnahme als Teil einer breiteren Agenda der Partei La Libertad Avanza, zu der auch umstrittene Besuche von Abgeordneten bei verurteilten Repressoren aus der Zeit der Militärdiktatur gehören. Zudem wiesen sie die Behauptung der Regierung zurück, die Arbeit der Einheit würde die der Justiz doppeln, und betonten, dass beide Institutionen über Jahrzehnte hinweg effektiv zusammengearbeitet hätten.

 

Daten zur Armut


Eine neue Studie des Argentinischen Observatoriums der Sozialen Schuld (ODSA) der Argentinischen Katholischen Universität (UCA) zeigt einen erheblichen Anstieg der Armut in Argentinien. Laut der Studie erreichte die Armutsrate im ersten Quartal 2024 54,9 %, während die extreme Armut bei 20,3 % lag. Das bedeutet, dass jeder fünfte Argentinier in extremer Armut lebt. Im Vergleich zu den Daten aus der ersten Jahreshälfte 2023, als die Armut 29,6 % der Haushalte und 40,1 % der Menschen betraf und die extreme Armut bei 6,8 % der Haushalte und 9,3 % der Menschen lag, sind die aktuellen Zahlen alarmierend. In den vergangenen neun Monaten, von denen Präsident Javier Milei sieben im Amt war, stieg die Armut um 14,8 % und die extreme Armut um 11 %.
Was die Kinderarmut betrifft, erreichte sie laut einem Bericht des ODSA im Jahr 2023 mit 63 % den höchsten Wert seit 2010. Der Bericht zeigt, dass 62,9 % der Kinder und Jugendlichen in Argentinien in Armut leben, während 16,2 % als mittellos gelten. Von den insgesamt 7,7 Millionen Kindern und Jugendlichen sind demnach fast 2 Millionen mittellos.


Der Bericht unterstreicht, dass Ende 2023 56,3 % der Kinder und Jugendlichen in „multidimensionaler Armut“ lebten. Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Kinderbevölkerung mit mindestens einer Form von Benachteiligung in Bezug auf Grundrechte wie Ernährung, Sanitäreinrichtungen, Wohnraum und Gesundheitsversorgung konfrontiert war. UNICEF berichtete zudem, dass 1,5 Millionen Kinder täglich mindestens eine Mahlzeit auslassen, und dass auch 4,5 Millionen Erwachsene in diesen Haushalten betroffen sind. Einen Bericht zur ersten Hälfte des Jahres 2024 wird INDEC am 26. September 2024 veröffentlichen.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Susanne Käss

Susanne Käss bild

Leiterin des Auslandsbüros Argentinien

susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552
Kontakt

Jana Lajsic

Lajsic, Jana

Trainee des Auslandsbüros Argentinien

jana.lajsic@kas.de +54 11 4326-2552

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.

Susanne Käss

Susanne Käss bild

Leiterin des Auslandsbüros Argentinien

susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552

Asset-Herausgeber