Verabschiedung des Omnibusgesetz
Nachdem bereits Ende April das Abgeordnetenhaus das Omnibusgesetz angenommen hatte, nahm am 12. Juni auch der argentinische Senat den Gesetzesentwurf an. Das Reformpaket von Javier Milei umfasst weitreichende Reformen, die darauf abzielen, die Wirtschaft durch die Reduzierung staatlicher Eingriffe zu beleben. Es beinhaltet Maßnahmen zur Liberalisierung des Arbeitsmarktes, zur Privatisierung staatseigener Betriebe und zur Deregulierung des Finanzsektors, um den Zugang zu Kapital zu erleichtern und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Zudem soll Milei für ein Jahr weitreichende Kompetenzen in administrativen Fragen, der Wirtschaft und der Energie erhalten. Infolge einer Pattsituation zwischen Befürwortern und Gegnern des Entwurfs musste die Vizepräsidentin Victoria Villaruel, die als Senatsvorsitzende bei Stimmengleichheit das entscheidende Votum abgibt, dem Gesetz zur Verabschiedung verhelfen. Während der Plenardebatte im Senat kam es vor dem Kongress in Buenos Aires zu schweren Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Protestierenden versuchten, den Platz vor dem Kongress zu stürmen, warfen Steine auf die Polizei und zündeten Autos an. Die Polizei reagierte vehement und nahm mehrere Demonstranten fest. Da der Senat Änderungen am Gesetzestext vorgenommen hatte, wurden die Änderungen – nicht das Gesetz in Gänze - dem Abgeordnetenhaus erneut zur Abstimmung vorgelegt. Dieses stimmte am 28. Juni mit 147 zu 107 Stimmen den Änderungen des Senats zu. Milei beizeichnete die Verabschiedung des Omnibusgesetz als „einen historischen Moment in der Geschichte Argentiniens“. Für den argentinische Präsident handelt es sich um einen wichtigen Schritt um sein Reformprozess voranzutreiben. Die Dauer des Gesetzgebungsprozesses verdeutlicht jedoch die parlamentarische Schwäche Mileis. Seine Partei, La Libertad Avanza, verfügt im Abgeordnetenhaus über 38 der 257 Sitze und im Senat über lediglich 7 der 72 Sitze. Milei ist daher auf die Kooperation mit anderen Parteien angewiesen um Gesetzesvorhaben durchzusetzen.
Wirtschaftliche Situation in Argentinien
Der Inflationsverlauf in Argentinien hat sich deutlich beruhigt. Bereits im April lag die monatliche Inflationsrate bei 8,8 %, im Mai sank die Inflation auf 4,2 % [1]. Damit konnte Argentinien eine drohende Hyperinflation verhindern. Im Dezember, zum Amtsantritt Mileis, betrug die monatliche Inflationsrate noch 25,5 % [1]. Trotz dieser positiven Entwicklung ist die jährliche Inflationsrate Argentiniens nach wie vor die höchste der Welt und beträgt zur Zeit 276,4 [2]. Die argentinische Regierung verkündete zudem, dass im ersten Trimester dieses Jahres erstmals seit 2008 ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet wurde. Javier Milei kann also erste fiskalpolitische Erfolge vorweisen. Das Bild wird jedoch durch eine Rezession getrübt. Im ersten Trimester des Jahres sank die argentinische Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahr um 5,1 Prozentpunkte [3], was vor allem auf die sinkenden Konsumausgaben der Argentinier zurückzuführen ist. 2023 schrumpfte die argentinische Wirtschaft um 1,6 Prozentpunkte [4], für das Jahr 2024 rechnet der Internationale Währungsfond mit einem negativen Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozentpunkten [5]. Die Menschen in Argentinien spüren die wirtschaftlichen Auswirkungen deutlich. Die Armutsquote liegt mittlerweile bei 55 %, zum Amtsantritt Mileis lag dieser Wert noch bei 41,7 % [6]. Auch die Arbeitslosenquote steigt an und liegt bei 7,7 %, was einen Anstieg von 2 Prozentpunkten im Vergleich zu Dezember 2023 darstellt [7]. Die Regierung Mileis geht derweilen davon aus, dass ein Scheitelpunkt erreicht sei und die Rezesion bald ein Ende habe und nun bessere Zeiten vor Argentinien lägen [8].
Außenpolitische Spannungen zwischen Argentinien und Spanien
Mitte Juni zog Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez die spanische Botschafterin María Jesús Alonso Jiménez aus Buenos Aires ab. Der Grund dafür war die Teilnahme Mileis auf einer Veranstaltung der rechtspopulistischen Partei VOX. Der argentinische Präsident kritisierte dort, die aus seiner Sicht „sozialistische“ Politik des spanischen Ministerpräsidenten. Zudem bezichtigte Javier Milei Begoña Goméz, die Ehefrau von Pedro Sánchez, der Korruption. Daraufhin zog die spanische Regierung ihre Botschafterin aus Argentinien ab und forderte Javier Milei auf, sich bei Sanchez und seiner Frau zu entschuldigen. Dem ist der argentinische Präsident bisher nicht nachgekommen. Dem vorrausgegangen waren verbale Auseinandersetzungen zwischen Javier Milei und Teilen der spanischen Regierung. Der spanische Transportminister Oscar Puente behauptete, dass Milei während seiner Kampagne vermutlich „Substanzen“ zu sich genommen habe und drogenabhängig sei. Die argentinische Regierung veröffentliche daraufhin ein Statemant, in dem es die Aussagen Puentes verurteilte und zudem den spanischen Ministerpräsidenten kritisierte. Dieser würde mit seiner Migrationspolitik „spanische Frauen gefährden“, die Integrität Spaniens aufs Spiel setzen und „Tod und Armut“ über Spanien bringen. Der spanische Außenminister, José Manuel Albares, wies die Aussagen der argentinischen Regierung scharf zurück. Seit der Wahl Mileis hat sich das Verhältnis zwischen Argentinien und Spanien deutlich verschlechtert. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die diplomatischen Beziehungen zwischen Argentinien und Spanien, aber auch speziell zwischen Javier Milei und Pedro Sanchez, weiterentwickeln werden.
Javier Milei auf Auslandsreisen
Seit seinem Amtsantritt im Dezember hat Javier Milei bereits 10 Auslandsreisen unternommen. Die Ziele seiner Reisen waren häufig Preisverleihungen und Treffen mit Unternehmern, während Treffen mit Regierungschefs oder Ministerpräsidenten auffallend selten stattfanden. Eine Ausnahme stellte die Einladung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zum G7-Gipfel vom 13. bis 15. Juni im italienischen Borgo Egnazio dar. Dort kam es zu kurzen Begegnungen mit Joe Biden, Giorgia Meloni und Papst Franziskus. Zudem führte er am Rande des Gipfels ein längeres Gespräch mit der IWF-Chefin Kristalina Georgieva, die weitere Hilfsprogramme für Argentinien in Aussicht stellte. Ein Treffen mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva fand hingegen nicht statt. Obwohl die argentinische Seite bereits im April um ein Treffen gebeten hatte, zeigt Lula Milei seitdem die kalte Schulter. Das Verhältnis der beiden südamerikanischen Präsidenten gilt als angespannt. Milei wird eine gewisse Nähe zum brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro nachgesagt und während des Wahlkampfs hat er Lula mehrfach verbal angegriffen. Auffällig war zudem, dass Außenministerin Diana Mondino nicht der argentinischen Delegation angehörte, was in Argentinien Spekulationen über ihre Stellung innerhalb der Regierung aufkommen ließ. Am 22. und 23. Juni reiste Milei zudem nach Deutschland, um in Hamburg die Hayek-Medaille entgegenzunehmen. Am darauffolgenden Tag stand in Berlin ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz an. Abschließend reiste Milei nach Prag, um sich dort mit dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala und dem Präsidenten Petr Pavel zu treffen, sowie um eine weitere Auszeichnung entgegenzunehmen.
Ausblick für Juli und August 2024:
› National: Am 9. Juli, dem argentinischen Unabhängigkeitstag, will Javier Milei einen neuen Versuch wagen und mit Gouverneuren, Ex-Präsidenten und führenden Politikern aller Parteien ein Abkommen treffen, in dem neue Richtlinien und Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Argentiniens festgelegt werden sollen. Ursprünglich sollte dieses Treffen am 25. Mai, dem Dia de la Patria, einem argentinischen Nationalfeiertag, in Cordoba stattfinden, weswegen es auch den Namen „Pacto de Mayo“ trägt. Es bleibt jedoch weiterhin fraglich wie erfolgreich dieses Treffen sein wird, da mehrere Politiker aus dem peronistischen Lager vermutlich nicht teilnehmen werden.
› International: Javier Milei wird im Juli voraussichtlich nach China reisen und sich dort mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jingping treffen. China ist nach Brasilien der wichtigste Handelspartner Argentiniens. Während des Wahlkampfs hatte Milei sich eindeutig gegen China positioniert und einer politischen Zusammenarbeit mit dem chinesischen Regime eine Absage erteilt.
› Trivia: Die argentinische Fußballnationalmannschaft wird vom 20. Juni bis zum 14. Juli an der Copa América in den USA teilnehmen. Das Team um Lionel Messi versucht, nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2022 nun auch seinen Titel in der Copa América zu verteidigen. 2021 gewannen die Argentinier nach 28 Jahren zum fünfzehnten Mal den amerikanischen Kontinentalwettbewerb. In der Gruppenphase traf Argentinien zunächst auf Kanada, Chile und Peru. Nach einem knappen Sieg gegen Ecuador im Viertelfinale, stiess Argentinien im Halbfinale erneut auf Kanada und konnte mit einem 2:0-Sieg ins Finale einziehen. Das Finale zwischen Argentinien und Kolumbien wird am 14. Juli im Hard Rock Stadium in Miami Gardens, Florida, stattfinden.
[1] El País (13.06.2024): Argentina registra su inflación mensual más baja en dos años y dispara la euforia financiera
[2] Infobae (14.06.2024): A pesar de la baja de mayo, la Argentina volvió a registrar la inflación más alta del mundo
[3] Buenos Aires Herald (25.06.2024): Argentina‘s GDP drops 5,1% and unemployment climbs to 7,7%
[4] Infobae (20.03.2024): Recesión confirmada: el PBI cayó en 2023 por la sequía, el impacto el la industria y el consumo
[5] La Nación (25.06.2024): Tras el ajuste, la economia se desplomó 5,1% en el primer trimestre del año
[6] Infobae (20.05.2024): En el primer trimestre, la pobreza alcanzó al 55% de la población, el nivel más alto desde 2002
[7] Infobae (24.06.2024): Por la recesión, el desempleo subió a 7,7% en el primer trimestre del año
[8] Infobae (30.05.2024): El Gobierno ve buenas senales económicas y afirma que“hay sectores que marcan que lo peor quedó atrás”
© Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Farid Dumat Kelz
Über diese Reihe
Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.