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„Es gibt nicht 'die eine' Wahrheit“

SERIE “30 JAHRE NACH RÜCKKEHR ZUR DEMOKRATIE – EINE BILANZ”

Seit 30 Jahren wird Argentinien wieder demokratisch regiert. Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien und das Centro de Apertura y Desarrollo en América Latina (CADAL) organisieren derzeit eine Veranstaltungsreihe, um eine Bilanz dieser Epoche zu ziehen.

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Am letzten Abend der Veranstaltungsreihe ging Graciela Fernández Meijide zurück zu den Wurzeln der argentinischen Militärdiktatur. Die Autorin, Politikerin und bekannte Menschenrechtsaktivistin berichtete von der speziellen Situation und ihren persönlichen Erlebnissen vor, während und nach der Machtergreifung des Militärs. Die Zeitzeugin begeisterte die zahlreichen jungen Teilnehmer mit ihren lebhaften Erzählungen.

Die argentinische Demokratie sei nicht ohne die Zeit unmittelbar vor der Diktatur zu verstehen. Nach der Rückkehr Juan D. Perons aus dem spanischen Exil herrschte eine Stimmung der Unsicherheit im Land vor. Tiefe Konflikte spalteten die Gesellschaft. Dies war das Gerüst für die Machtübernahme der Offiziere. So wie in Europa und den Vereinigten Staaten breitete sich auch im Argentinien der 1960er und 1970er Jahre eine Jugendbewegung aus. Diese identifizierte sich jedoch nicht nur mit dem rock nacional. Es enstanden auch Guerillabewegungen, wie die Peronistische Montonero Bewegung (Movimiento Peronista Montonero) und die Revolutionäre Volksarmee (Ejército Revolucionario del Pueblo), die durch Entführungen und Anschläge zu der angespannten Lage beitrugen. Meijide erklärte die Radikalisierung der Jugendbewegungen folgend: „Ein Freund-Feind-Paradigma breitete sich in der Gesellschaft aus.“

„Der Staatsstreich war mehr als angekündigt. Jeder wusste davon“, schilderte die Menschenrechtsaktivistin die Situation und erklärte die Zusammenhänge wie folgt: Der Militärputsch am 24. März 1976 enthob Isabela Perón, regierende Präsidentin und Witwe von Juan D. Perón, ihres Amtes. Die Repression, die folgte, hinterließ tiefe Wunden in der argentinischen Gesellschaft. Auch ein Sohn Meijides zählt zu den vielen Tausenden (nach offiziellen Angaben um die 8.000) Verschwundenen. Die Militärjunta führte das Land bis 1983. Dies war möglich, da die Offiziere von Teilen der Argentinier untersützt wurden. Durch Veranstaltungen wie die Austragung der Fußball- Weltmeisterschaft 1978 (bei der die Nationalmannschaft auch den Titel errang) konnte die Sympathie kurzzeitig ausgebaut werden. Jedoch wurden kritische Stimmen aus dem In- und Ausland zunehmend stärker. Der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof zählte zu den stärksten Kritikern. Folglich wandelte sich auch das internationale Bild der Militärregierung.

Im Land kam es ebenso zu Widerständen. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage trug dazu bei, dass sich die Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Gruppen zunehmend gegen das Regime mobilisierten. Nach Meijide war „der Malvinas Krieg die Antwort der Militärs“. Die Argentinier hängen emotional stark an den Malvinas (Falkland Inseln). Sie seien ein Ausdruck des nationalen Stolzes. Somit schaffte die Junta es, die Bevölkerung hinter sich aufzureihen. Jedoch nur für kurze Zeit. Als Argentinien den Krieg verlor, war auch das Militärregime diskreditiert. Schlussendlich dankten sie ab. Aber nicht ohne eine Amnestie zu erlassen. Es folgte die demokratische Öffnung des Landes. 1983 wurden wieder Wahlen durchgeführt. Es traten der Peronist Ítalo Argentino Luder und Raúl Alfonsín, Kandidat der Unión Cívica Radical (UCR) gegeneinander an. Alfonsín gewann die Wahlen; auch aufgrund seiner Ankündigung, die Menschenrechtsverbrechen der Diktatur aufarbeiten zu wollen. Starke, unabhängige Institutionen seien nach Meijide zentral für dieses Vorhaben; und die Demokratie allgemein. Sie leitete die Comisión Nacional sobre la Desaparición de Personas (CONADEP – Nationale Kommission über die Verschwundenen). In dieser Position untersuchte sie die Verbrechen der Junta um die Schuldigen vor Gericht zu stellen. Dabei erkannte sie, dass es nicht die eine Wahrheit gäbe. Es stelle sich immer die Frage, wer die Macht besitzt, (die) Geschichte zu erzählen. Sie bemerkte, dass heute wie damals der Staat an der Durchsetzung der Menschenrechte arbeiten müsse.

Es war zu spüren, dass die Zuhörer von den an persönlichen Anekdoten reichen Ausführungen Meijides gefesselt waren. In der Diskussion wurden die Rolle der Schulen und der Gesellschaft bei der Konstruktion der Wahrheit beleuchtet. Der letzte Abend rundete die Veranstaltungsreihe ab. Der Blick in die Vergangenheit zeigte, wie sehr die Geschichte die heutige Demokratie formt.

Dr. Kristin Wesemann und Gabriel Salvia (Direktor von CADAL) überreichten den erfolgreichen Teilnehmern des Studienprogramms am Ende der Veranstaltung ihre Zertifikate.

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