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Veranstaltungsberichte

Eine Bühne für neue Politik

Erster Tag der Cátedra Adenauer

Das Kino-Theater der Stadt General Pico, wo täglich Hollywoodstars und Schauspieler das Publikum in ihren Bann ziehen, ist für zwei Tage die Bühne neuer Protagonisten – der Dissertanten der ersten Cátedra Adenauer des Jahres, die in der Provinz La Pampa stattfindet. Die neuen Stars der Bühne sind Experten, die die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien und ACEP (Asociación Civil Estudios Populares) eingeladen haben, ihr Wissen mit den lokalen Beamten und Politikern zu teilen.

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Juan José Rainone, Bürgermeister der Stadt General Pico, Daniel Lovera, Abgeordneter der Provinz und Direktor von ACEP La Pampa, Kristin Wesemann, Leiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien, Oscar Ensinck, Präsident von ACEP, und Norma Durango, Vize-Gouverneurin der Provinz La Pampa, betraten als erste die Bühne.

Rainone erkennt die Cátedra als eine Möglichkeit die Demokratie weiter zu tragen. „Das Wissen, das vermittelt wird, öffnet uns die Köpfe“, sagte der Bürgermeister. Außerdem hob er die Wichtigkeit hervor, solidarisch zu arbeiten und ein positives politisches Erbe zu hinterlassen. Als Beamter müsse man für die Menschen arbeiten und nicht vice versa. Die Cátedra solle genutzt werden, um die Menschen zu inspirieren und den Enthusiasmus für die Demokratie zu multiplizieren. Daniel Lovera hob die Zentralität des kritischen Denkens hervor und bezog sich hier auf die Werte des Christlichen Humanismus als Basis jedes Handelns. Durch Weiterbildung könne man dieses Ziel erreichen. Kristin Wesemann war erfreut zu sehen, wie viel Potential in den Pronvinzen Argentiniens zu finden sei und dass die Cátedra nun bereits zum dritten Mal im Landesinneren stattfinde. Sie gab den Teilnehmern einen Tipp: „Bleibt in Kontakt und helft euch gegenseitig!“ Oscar Ensinck sprach über die Außenwirkung der Veranstaltung und sprach einen Wunsch aus: „Ich möchte ein Argentinien, das sich ständig weiterentwickelt und –bildet. Deshalb sind wir hier.“ Die Vize-Gouverneurin Norma Durango erklärte, dass sie großes Vertrauen in die Jugend habe. „Sie sind die Protagonisten des Wandels.“ Die Politik habe die Aufgabe, transparent einen integralen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen.

Nach den aufmunterten Worten des Eröffnungskomitees der Cátedra, wurde die Bühne für das erste Panel freigegeben. Es setzte sich aus Mariana Baudino, Provinzabgeordnete, Fernanda Alonso, Provinzabgeordnete, und Juan José Rainone, Bürgermeister von General Pico zusammen.

Transparenz und Innovation

„Subsidiarität, Solidarität und Transparenz sind die Basis für jegliche lokale Politik“, stellte Baudino zu Beginn ihres Vortrages fest. Es gebe keine integrale Entwicklung ohne starke und transparente Institutionen. Nur so könne die Politik Veränderungen ein und einen positive soziale Auswirkungen nach sich ziehen. Daher müsse man auf nationaler wie auf lokaler Ebene über neue Stile der politischen Führung sprechen. Beamte seien hier die leitenden Akteure. Die politischen und sozialen Führungskräfte hätten zudem die Verantwortung politische Innovation zu fördern – und dies in Zusammenarbeit mit den Bürgern. Dazu brauche Wille und Wissen.

Fernanda Alonso sprach in ihrem Vortrag über bürgerliche Partizipation als fundamentales demokratisches Recht und Grundlage lokaler Entwicklung. Sie stellte fest: „Zu wählen ist ein Recht und gleichzeitig eine Pflicht, eine Dienstleistung an der Gesellschaft.“ Es müsse aber auch andere, innovative Formen der politischen Partizipation geben. Der Zugang zu Informationen sei ein wichtiger Punkt, um die Teilhabe der Bevölkerung zu ermöglichen. „Information ist Macht“, erkannte die Politikerin.

Bürgermeister Rainone sprach über die Vermittlung von Werten an die junge Generation. In der Stadt General Pico habe er ein politisches Arbeitsprogramm entwickelt, dass es den Beamten ermögliche, neue Impulse zu setzen. Dieser Plan basiert auf einem strategisch aufgebauten System aus Plänen, Programmen und Projekten mit folgenden Zielen: Verbesserung der Lebensqualität der Menschen, Festigung der politischen Partizipation und Aufbau von Nähe zum Bürger. Hierzu sei eine wirkliche Dezentralisierung, Weiterbildung, Kontrolle der Führungskräfte und eine effektive Kommunikation notwendig. Der Bürgermeister schloss mit der Aufforderung: „Seid aktiv – das erlaubt uns zu wachsen.“

Produktion als Basis von Entwicklung

Nach einer kurzen Pause sprach José María Romero, Dekan der Universidad Nacional de la Pampa über die „Sozialisierung des Wissen für die lokale Entwicklung“ und Ricardo Moralejo, Ex-Minister für Produktion der Provinz La Pampa, über „Die lokale Entwicklung im Rahmen der Dezentralisierung“.

In seinem mitreißenden Vortrag fokussierte sich Romero auf die Rolle von Wissen als Schlüssel für die Entwicklung. Mit effektiver Kommunikation und Verbreitung von Wissen sei positiver Wandel möglich. „Die lokale Entwicklung hängt vom internationalen Panorama ab“, warnte der Experte und ging auf die internationalen Herausforderungen und Chancen des Agrarsektors ein. Die Innovationsforschung an den Universitäten nehme eine wichtige Rolle ein. Moralejo fügte hinzu, dass die Politik der lokalen Entwicklung Impulse geben müsse. Dabei müsse man die lokale Bevölkerung und Kultur im Auge behalten. Nur so können die industriellen und landwirtschaftlichen Aktivitäten auch auf sozialer und kultureller Ebene zu einer Besserung führen.

Das Panel war sich einig – wir müssen die Politik wieder auf Pfad bringen. Politik soll eine Dienstleistung an der Gesellschaft sein und rein wirtschaftlicher Aufschwung sei nicht genug, um soziale Entwicklung zu fördern.

Wahrheit, Freiheit, Justiz und Solidarität

“Der christliche Humanismus ist nicht mit Religionsausübung gleichzusetzen. Das heißt, es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen der politischen Ideologie und der Katholischen Religionsausübung“, so begann Emilio Graglia, Politologe und Experte in öffentlicher Politik, das nächste Panel. Er behandelte lokale und regionale Entwicklung.

Zu Beginn erinnerte der Experte, dass der Christliche Humanismus die Wertegrundlage der Cátedra sei. Graglia erzählte, dass viel von dem, was er vorträgt, aus seiner Ausbildung komme, aber seine Gedanken auch durch seine Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung beeinflusst seien. Der Experte erklärte: „Wo es lokale Entwicklung gibt, muss auch eine regionale Entwicklung stattfinden. Diese Dinge gehören zusammen“. Später stellte er klar, was globale Entwicklung bedeute und zitierte die Argentinische Bischofskonferenz: „Das Gemeinwohl ist eine Werte- und Bedingungengesamtheit, auf Basis derer sich die Menschen weltweit entwickeln können“. Daraufhin betonte er, dass globale Entwicklung und öffentliche Politiken zusammen dem Gemeinwohl dienen sollen. Er fragte das Publikum: „Was sind die Werte globaler Entwicklung?“

Graglia sprach über vier Hauptwerte: Wahrheit, Freiheit, Justiz und Solidarität. Für den Experten gebe es ohne Wahrheit keine Entwicklung. Basis des Christlichen Humanismus sei, dem Weg der Wahrheit zu folgen, erfüllbare Projekte zu versprechen und anderen ein Vorbild zu sein. Er zitierte Papst Franziskus: „Es ist unser aller Verantwortung solidarisch zu sein und nicht nur die des Staates oder der Regierung.“

Die lokale und regionale Entwicklung sei das Ergebnis einer neuen Form des Zusammenlebens in der Gemeinde. Hier sei es sehr wichtig, mit anderen Kommunen zusammen zu arbeiten - Unterstützung der Region zu haben. Graglia erklärte, dass es in einer Gesellschaft Bedürfnisse gibt, die befriedigt werden müssen und sagte: „Wenn man die Ressourcen nicht hat, muss man sie suchen!“

Am Ende seines Vortrags machte er den Zuhörern Mut: „Habt Geduld und Demut. Alles wird sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern.“

Demokratie und Institutionen

„55 Prozent Lateinamerikas hat ein niedriges Demokratieniveau“, so startete Jorge Arias, Leiter von PoliLat, das nächste Panel und zeigte einige Statistiken, um die Realität der Region darzustellen. Der IDD-LAT oder Demokratie-Index Lateinamerika hat verschiedene Bewertungsgrundlagen: die Bürgerdemokratie, die Institutionen und die menschliche und soziale sowie ökonomische Entwicklung.

Besteht in Argentinien ein institutionelles Risiko? Um diese Frage beantworten zu können, zeigte Arias, auf welchem Platz Argentinien im lateinamerikanischen Vergleich einnimmt. Eine überraschende Angabe war, dass das Land hier weit abgeschlagen ist. Argentinien befindet sich auf dem niedrigsten Niveau, neben Kolumbien, Paraguay und Venezuela. Auf der anderen Seite zeige das Land Fortschritte bei der Armutsverminderung. Arias argumentierte, dass der Aufbau der Demokratie in der Region durch die Geschichte beeinflusst sei.

„Wir müssen die Politiker unterstützen, ihnen unsere Stimme geben, aber sie danach auch kontrollieren. Das ist unsere Pflicht“, sagte Arias. Der Experte plädierte für die Integration aller Bevölkerungsgruppen. Er beurteilte die Situation in Argentinien als „das gewonnene Jahrzehnt der verlorenen Gelegenheiten“. Seine Botschaft für die Teilnehmer des Lehrstuhls war: „Es ist nicht nur die alleinige Schuld der Regierung. Die Gesellschaft ist untergegangen und wir müssen als Bürger Teilhabe fordern. Wenn sich jeder von Ihnen nach dieser ganzen Präsentationen fragt, was habe ich heute für die Demokratie gemacht? Dann wäre ich schon sehr glücklich.“

Arbeit und Gleichberechtigung

Nach einer Pause wurde über ein großes Problem in Argentinien gesprochen: die Arbeitsunsicherheit. Daniel Lovera, Abgeordnete der Provinz und Leiter von ACEP La Pampa, erklärte welche Auswirkungen Arbeit unter schlechter Entlohnung und Bedingungen habe. „In diesem Land gibt es zu viel informelle Arbeit. Einer von drei Mitarbeitern ist nicht angemeldet.“ Laut Lovera solle der Staat in diesen Punkt mehr eingreifen. Zudem sprach er über Herausforderungen der Gewerkschaftsbewegung: „Ihre Rolle war wichtig und ist auch für die Zukunft Argentiniens wesentlich. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir in vielen Bereichen Verbesserungen notwendig sind.“

Guillermina Rizzo, Leiterin des Instituts für Gleichberechtigung von ACEP, sprach über ein umstrittenes Thema: Die Frau und die Demokratie. Sie erklärte: „Die Frau muss nicht über oder unter dem Mann stehen, sondern neben ihm“. Sie fragt nach der Veränderung der Rolle der Frau und betonte den Umstand, dass Frauen früher ausgeschlossen wurden. Sie nahm Kleopatra als Beispiel und nannte Frauen, die Geschichte geschrieben haben und betonte so die Wichtigkeit der Frau.

Rizzo nannte die heutige Frau „WiFi-Frau“, da sie aus ihrer Perspektive die Gesellschaft zusammen hält. Sie charakterisierte die Frauen mit vier Attributen: Produktion, Zielstrebigkeit, Beteiligung und Leidenschaft. „Ich glaube an komplementäre Beziehungen zwischen Männern und Frauen“, erklärte Rizzo. Die Herausforderung der Frau im 21. Jahrhundert sei, dass sie diese vier Attribute weitertrage und so die Gesellschaft zusammenhalte.

(ar)

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