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Länderberichte

Über die Krise hinaus

von Dr. Peter R. Weilemann †, Joscha Ritz, Dr. Olaf Wientzek

Der Europäische Rat legt die wirtschafts- und finanzpolitische Agenda der nächsten Jahre fest

Nach Wochen des Krisenmanagements bot der Europäische Rat vom 17. Juni 2010 Gelegenheit, über die aktuelle Tagespolitik hinauszublicken. Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten verbindliche Leitlinien der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Europäischen Union in den nächsten zehn Jahren.

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Eine Grundlage ist die „Europa 2020“ genannte Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Neben der Einigung über Ziele und Indikatoren ging es politisch vor allem darum, die richtige Balance zwischen Wachstumsimpulsen und Konsolidierung der Haushalte zu finden. Gleichzeitig zogen die Staats- und Regierungschefs Zwischenbilanz über die bisher erreichten wie noch erforderlichen Schritte bei der Umsetzung der Lehren aus der Finanzkrise. Sie betreffen einerseits Fragen der effizienteren Steuerung wirtschafts- und fiskalpolitischer Prozesse (economic governance), andererseits Maßnahmen zur besseren Regulierung der Finanzmärkte. Zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung verständigten sich die Staats- und Regierungschefs auf sieben Leitlinien, darunter Maßnahmen wie Bewehrung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes mit Sanktionen und Anreizen, stärkere Beachtung der Schuldenstände sowie Vorlage der nationalen Stabilitäts- und Konvergenzprogramme bei der Europäischen Kommission. Die im Vorfeld vor allem zwischen Frankreich und Deutschland sehr strittig geführte Debatte um die institutionelle Ausgestaltung der so genannten Wirtschaftsregierung (im Rahmen der 27 oder als neues Gremium im Rahmen der Eurozone) spielte nach dem Berliner Kompromiss keine Rolle mehr. Der Europäische Rat drängt in seinen Schlussfolgerungen, die in Angriff genommenen Reformen zur Wiederherstellung der Solidität und Stabilität des europäischen Finanzsystems zum Abschluss zu bringen, dabei geht es insbesondere um die Finanzaufsicht, alternative Investmentfonds und Rating-Agenturen sowie Regulierung der Derivate-Märkte (Leerverkäufe, Kreditausfallversich-erungen). In den meisten Fällen handelt es sich um bereits eingeleitete Gesetzesverfahren, die im Europäischen Parlament anhängig sind. Einigung wurde erzielt, dass die Mitgliedsstaaten eine Finanzabgabe einführen sollen, mit der die Banken an der Krise beteiligt werden. Damit werden auch Positionen umrissen, mit denen die EU in die G20 Verhandlungen in Toronto gehen wird. Dabei will sich die EU für die Prüfung einer Finanzmarkttransaktionssteuer einsetzen.

Neben den finanz- und wirtschaftspolitischen Themen standen eine Reihe weiterer Tagesordnungspunkte auf der Agenda. Die Staats- und Regierungschefs begrüßten den Beitritt Estlands zur Euro-Zone. Sie beschlossen, Beitrittsverhandlungen mit Island aufzunehmen. Sie gaben grünes Licht, die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament für die laufende Legislaturperiode um 18 zu erhöhen. Darüber hinaus befasste sich der Europäische Rat mit der Vorbereitung auf den anstehenden Klima-Gipfel in Cancun und das UN-Treffen auf Hoher Ebene zur Entwicklungshilfe (Millenium Development Goals). Schließlich bekräftigten die Staats- und Regierungschefs den Kurs verschärfter Sanktionen gegenüber dem Iran.

Lesen Sie den ganzen Länderbericht als pdf-Download oben.

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