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Zukunftswerkstatt

Was bedeuten die US-Präsidentschaftswahlen für die EU?

3. Staffel der deutsch-französischen Online-Zukunftswerkstatt

Ist Europa darauf vorbereitet, den Preis für mehr Eigenständigkeit zu zahlen?

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Die Kernfrage des Gesprächs zwischen Francois Heisbourg, dem außenpolitischen Berater mehrerer französischer Präsidenten, und dem Jean Monnet-Professor Uli Brückner aus Berlin war: Ist Europa darauf vorbereitet, dass sich die USA auch unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahl außenpolitisch stärker auf Asien und insbeondere auf China fokussieren werde? Die Konfrontation zwischen den USA und China werde auch unter einem Präsidenten Biden - im Ton gewiss konzilianter - in der Sache hart bleiben. Biden aber werde der Innenpolitik eine hohe Priorität einräumen, um die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft zu überwinden. Europa, so die Schlussfolgerung, erhalte in der politischen Prioritätenliste einen nachrangigeren Platz. Diese Bewertung habe aber bereits unter Obama an Bedeutung gewonnen.

Europa sei daher gefordert, das strategische Vakuum z.B. im östlichen Mittelmeer zu füllen. Präsident Macrons ceterum censeo, Europa müsse politisch souveräner agieren, das auch Bundeskanzlerin Merkel mit ihrer Forderung nach einer stärkeren europäischen Handlungsfähigkeit unterstreicht, stand immer wieder im Hintergrund der Diskussion. Gleichwohl war man sich darüber im Klaren, dass die USA für Europa nicht zu ersetzen sind, solange Russland eine nukleare Supermacht sei und Europa dem nichts entgegenzusetzen habe. Sicherheitspolitisch gebe es für Europa zur Abschreckung durch die NATO keine Alternative.

Um die Einstellungen unserer Zuschauerinnen und Zuschauer in das Gespräch einzubeziehen haben wir ihnen zwei Fragen gestellt:

Unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA: Glauben Sie, dass es im Interesse Europas ist, sich politisch unabhängiger von den USA zu machen? Die Antwort war zu erwarten: 83 % stimmten für „Ja“, nur 17% für „Nein“.

Das Dilemma aber, in dem Europa steckt, wurde erst offenkundig durch die zweite Frage:

Glauben Sie, dass die EU in ihrer gegenwärtigen Verfassung in der Lage ist, sich gegenüber den USA, China und Russland politisch zu behaupten? 13% antworteten mit „Ja“ und mehr als drei Viertel (79%) mit „Nein“.

Ungeachtet der gemeinsamen Wertegrundlage, so Heisbourgs nüchterne Einschätzung der europäischen Souveränität, zeigten sich in den verschiedenen Hauptstädte Risse im Verständnis des „Westens“. Bis zu einer gemeinsamen europäischen Einschätzung von Bedrohungen und - im Anschluss daran - bis zu einem gemeinsamen Handeln, sei es noch ein weiter und mühsamer Weg.

Deutlich wurde diese Bestandsaufnahme durch den Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei im östlichen Mittelmeer. Während Deutschland sich als Vermittler zwischen beiden Staaten begriffen habe, sei Frankreich der Auffassung, dass es sich um einen Konflikt zwischen der EU und der Türkei handele. Der Einsatz seiner Streitkräfte habe nicht der girechischen Seite, sonder der europäischen Position gegolten. Da sich die USA immer mehr aus regionalen Konflikten zurückzögen, müsse Europas Engagement wachsen und an der Seite der USA in diese Rolle erst noch hineinwachsen.

Für Europa werde es damit aber immer schwieriger, in der die Weltpolitik mehr und mehr beherrschenden Konfrontation zwischen den USA und China eine eigene Position zu definieren. Die von manchen geteilte Sorge, Europa könne sich auf die Seite Chinas schlagen, hielten indes beide Experten für unbegründet. Punktuelle Interessenkonvergenz ersetze nicht die Jahrzehnte währende kulturelle Verflechtung und die engen politischen und gesellschaftlichen Beziehungen zu den USA.

In einer weiteren Frage haben wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmen an den Endgeräten gefragt: Sollten Deutschland und Frankreich eine stärkere Führungsrolle übernehmen, um Europa handlungsfähiger zu machen? Dass zwei von drei Personen diese Frage mit „Ja“ beantworteten (65%) war durchaus zu erwarten. Unisono aber verständigten sich Brückner und Heisbourg darauf, dass die enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich alleine jedenfalls nicht ausreiche, um das Gewicht der EU in der Welt zu erhöhen. Auch nicht der notorische Hinweis auf die EU als Handelssupermacht sei nicht geeignet, die geopolitischen Mächte von der Bedeutung Europas zu überzeugen.

 

Link zur Aufzeichnung der Veranstaltung.

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Prof. Dr. Martin Reuber

Prof. Dr

Referent Europa- und Bildungspolitik, Büro Bundesstadt Bonn

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