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Veranstaltungsberichte

Sehen gleich verstehen? Perspektiven zu Israel und dem Heiligen Land

von Daliah Marhöfer

Deutsch-Jüdische Studienreise in Israel

Israel und jüdische Kultur erleben, Gemeinsamkeiten entdecken und die Perspektive wechseln – Mit diesem Ziel haben Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerks eine Woche in Israel verbracht. Im Rahmen des Studien- und Informationsprogramms mit dem Titel „Sehen gleich verstehen? Perspektiven zu Israel und der Region“ mussten aber viele erkennen: Der Nahe Osten kennt keine leichten Antworten.

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Autoren: Louisa Riepe, Daliah Marhöfer

Über 400 Stipendiaten hatten sich für das Seminar beworben,20 durften letztendlich mit auf die Reise – unter ihnen gläubige Christen, Juden und Muslime. Das erste Treffen der Gruppe fand in Gollwitz an der Ostsee statt. Dort begann das gemeinsame Programm mit einer Einführung in die Geschichte Israels, seine Beziehungen zu Deutschland und dem Begehen des Shabbats. Am vergangenen Sonntag (28.02.) erfolgte die Weiterreise nach Israel. Hier wurde die Gruppe von Dr. Michael Borchard, dem Leiter des KAS-Büros in Jerusalem empfangen und zu einem Erkundungsspaziergang durch die Heilige Stadt mitgenommen. Eine überwältigende Erfahrung für die Stipendiaten, die größtenteils zum ersten Mal in Jerusalem waren - wie KAS-Stipendiatin Caroline Hütte: „Der bewegendste Augenblick war sicher in der Altstadt die Kirchenglocken läuten und den Muezzin singen zu hören und die jüdischen Gläubigen zu sehen, die getanzt haben. Einfach das Miteinander der Religionen … Das war ein besonderer Moment, auch weil man das an anderen Orten so nicht bekommt.“

Nach dieser Einführung stand der Montag dann ganz im Zeichen der Politik. Bei einem Besuch im israelischen Parlament, der Knesset, und einer Diskussionsrunde mit den Abgeordneten Yael Cohen Paran (Avoda), Nachman Shai (Avoda) und Sharren Heskel (Likud) wurden die Teilnehmer mit unterschiedlichen Positionen der israelischen Politik konfrontiert. Beim anschließenden Gespräch mit Mitgliedern des Manof-Forums, einem Kreis junger Likud-Aktivisten, erhielten die Stipendiaten einen Eindruck davon, wie sich die junge Generation in Israel am politischen Geschehen beteiligt. Am Abend gaben die Politik-Bloggerin Tal Schneider, Dr. Tehilla Shwartz-Altschuler vom Israel Democracy Institut und Dr. Nicola Albrecht, Leiterin des ZDF Studios in Tel Aviv, einen Einblick in die israelische Medienlandschaft und den Alltag von Journalisten in Israel „Ich fand es ziemlich interessant zu sehen, dass sich das kaum trennen lässt, wenn man als deutscher Reporter in diesem Gebiet ist, dass man immer mit Geschichte konfrontiert ist und nicht immer als objektiver Berichterstatter wahrgenommen wird, obwohl man versucht, seinen Job so gut es geht zu tun", sagte ELES-Stipendiat Igor Mitchnik.

Der emotionale Höhepunkt der Reise war ein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. „Aus Yad Vashem nehme die Botschaft mit, dass die Schoah nie wieder passieren darf. Das ist besonders wichtig, heutzutage, wo wir in Deutschland offenen Rassismus und brennende Flüchtlingsunterkünfte sehen“, sagte der KAS-Stipendiat Gerhard Soyka. Nach einem gemeinsamen Reflektionsgespräch traf die Gruppe auf Arye Sharuz Shalicar, Pressesprecher der Israelischen Armee (IDF). Der in Deutschland geborene Sohn iranischer Flüchtlinge berichtete über seinen Weg zur israelischen Armee und skizzierte die sicherheitspolitischen Herausforderungen des Staates Israel.

Am Dienstagabend war es für die Stipendiaten an der Zeit, die Perspektive auf das Heilige Land zu wechseln : Marc Frings, Leiter des KAS Auslandsbüros Ramallah, berichtete aus seiner Sicht über die Lage in den palästinensischen Gebieten. Am nächsten Tag folgte eine politische Tour durch die Altstadt von Jerusalem. Die Nichtregierungsorganisation Society of St. Yves und die UN OCHA, eine Organisation der Vereinten Nationen, informierten die Gruppe über die rechtliche und humanitäre Situation der Palästinenser. Der Perspektivwechsel endete mit einem Besuch in der Dormitio-Abtei auf dem Berg Zion. Dort sprachen die Stipendiaten mit dem Auslandsseelsorger und KAS-Altstipendiaten Pater Nikodemus Schnabel über die Herausforderungen der Kirchen im Heiligen Land.

Am Donnerstag reiste die Gruppe in den Süden des Landes, um dort die Shaar HaNegev High School zu besuchen, die sich in unmittelbarer Nähe zum Gaza-Streifen befindet. Lehrer Hesh Rabinovitz erklärte den deutschen Studenten, was diese gefährliche Lage für den Unterricht und für seine Schüler bedeutet: „Wenn der Alarm los geht, haben wir 15 Sekunden um zu rennen. Dann schlägt die Rakete ein.“ Alle Klassenräume sind deshalb gegen Bomben geschützt. Trotzdem geraten die Schüler beim leisesten Anzeichen eines Angriffs in Panik. „Sie haben dann keine Angst um sich, denn die Schule ist ja sicher. Aber was ist mit Mama und Papa zu Hause?.“ Gut jeder zweite seiner Schüler leide wegen der ständigen Bedrohung unter Belastungsstörungen, sagte Rabinovitz.

Unter diesem Eindruck setzten die Stipendiaten ihre Reise durch Israel fort. In Tel Aviv beschäftigten sich sie sich mit den Thema Start Up Nation, erörterten mit der Gesandten Monika Iwersen die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen und entdeckten, wie sich Politik und Gesellschaft in der Street Art Tel Avivs wiederspiegelt. Den Abschluss des Seminars bildete das gemeinsame Shabbat-Feiern und eine Lesung von der israelischen Autorin Tal Nitzan.

Das Kooperationsseminar war ein voller Erfolg. Der Austausch zwischen den Stipendiaten der unterschiedlichen Förderwerke und das ganz persönliche interreligiöse Kennenlernen war für alle Teilnehmer eine wertvolle Erfahrung. Besonders die Perspektive der jüdischen Gemeinschaft in der Diaspora eröffnete den Stipendiaten einen besonderen Blick auf Israel, aber auch auf das jüdische Leben in Deutschland selbst. Das Seminar leistete somit einen wichtigen Beitrag zur Förderung des christlich-jüdische Dialogs der jungen Generation in Deutschland und sensibilisierte die Stipendiaten für gemeinsames Handeln in Bezug auf Israel und Nahost. Die Teilnehmer fuhren mit zahlreichen Eindrücken, vielen Antworten und noch mehr Fragen zurück nach Deutschland.

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