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Bronisław Komorowski vierter Präsident der III. Republik Polens

Nach Auszählung von 95 % der Stimmen haben 52,63 % für den Kandidaten der Regierungspartei Bürgerplattform (PO) votiert und 47,37 % für Jarosław Kaczyński von der größten Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Die Wahlbeteiligung lag bei 55,29 % Das endgültige Endergebnis wird am Nachmittag erwartet.

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Damit ist Komorowski der vierte Präsident der III. Republik in Polen nach der friedlichen Revolution 1989/90. Er folgt dem Solidarność-Führer Lech Wałęsa (1990-95), dem Postkommunisten Aleksander Kwaśniewski (1995-2005) und dem national-konservativen Lech Kaczyński (2005-10). Der Militärdiktator General Wojciech Jaruzelski, der am 19. Juli 1989 in einem Übergangskompromiss von dem nur zu einem Drittel frei gewählten Parlament und dem frei gewählten Senat mit einer Stimme Mehrheit zum Staatspräsidenten bestimmt wurde und die Macht der Kommunisten bis auf weiteres sicherte, wird hier nicht mitgezählt.

Durch die Wahl von Komorowski hat sich eine Mehrheit der Wähler für eine Stärkung der Regierungspartei PO entschieden, die jetzt mit dem Premier und dem Präsidenten die „doppelköpfige Exekutive“ bildet. Eine ähnliche Konstellation hat es von 2001-05 gegeben, als die politische Macht in den Händen von Vertretern des Bündnisses der demokratischen Linken (SLD) lag sowie von 2005-07 als die PiS den Präsidenten und Premierminister stellte. Nun hat die liberal-konservative PO rund 500 Tage bis zu den nächsten Parlamentswahlen Zeit, die Politik zu gestalten. Das war in den vergangen zwei Jahren der Kohabitation mit dem PiS-Präsidenten Lech Kaczyński deutlich schwieriger, da dieser häufig sein Veto gegen Gesetze der Regierung einlegte und auch außenpolitisch in die Regierungsarbeit eingriff. Dementsprechend sprach Regierungschef Donald Tusk auch von einem Vertrauensvorschuss der Wähler, den die PO jetzt bestätigen müsse.

Komorowski betonte in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis am Sonntagabend die Kontinuität zur Solidarność, indem er an die alte Parole „Keine Freiheit ohne Solidarität, keine Solidarität ohne Freiheit“ erinnerte und Tadeusz Mazowiecki, den Solidarność-Premier von 1989/90 und Władysław Bartoszewski auf die Bühne holte und persönlich dankte. Sein Konkurrent Kaczyński gratulierte ihm bereits am Abend zum Wahlsieg und richtete den Blick auf die kommende Parlamentswahl, für die das gute Ergebnis bei der Präsidentenwahl eine sehr gute Grundlage sei. Lech Kaczyński habe die Republik verändert. Diese Veränderung wolle die PiS weiterführen.

Erste Nachwahlbefragungen weisen darauf hin, dass Komorowski von über 80 % der Linkswähler, die in der ersten Wahlrunde am 20. Juni für Grzegorz Napieralski gestimmt hatten, gewählt wurde. Dagegen teilen sich die Wähler des kleinen Koalitionspartners der PO, der Polnischen Volkspartei PSL, zu gleichen Teilen zwischen den Kandidaten auf. Erneut wurde die Teilung des Landes deutlich: Während alle westlichen Wojewodschaften und die Bewohner der Städte mit deutlicher Mehrheit für Komorowski stimmten, lag Kaczyński auf dem Lande und im ärmeren Osten klar vorne. Diese Teilung tendenziell zu überwinden, wird eine Hauptaufgabe der Präsidentschaft Komorowskis sein.

Da es in Polen keine Hochrechnungen gibt, war das Wahlergebnis bis zum frühen Montagmorgen noch unsicher. Zwar hatten alle Nachwahlbefragungen Komorowski nach Schließung der Wahllokale um 20.00 Uhr mit 3 bis 6 % in Führung gesehen. Aber um Mitternacht nach 51,5 % der Auszählung der Wahllokale lag auf einmal Kaczyński knapp mit 50,61 % in front. Gegen 1.30 Uhr auf der Grundlage von 80,4 % der Stimmenauszählung führte wiederum Komorowski mit 51,32 %. Diese Tendenz bestätigte sich im Folgenden.

Nichts desto trotz feierte die PO ihren Kandidaten am Abend erleichtert und fröhlich mit „Bronek, Bronek“ rufen, sang ihm das Geburtstagsständchen „100 Jahre sollt Du leben“ bis der offizielle Teil des Wahlabends mit der Nationalhymne beendet wurde. Die Entscheidung bietet gute Perspektiven für die Politik in Polen, für die polnisch-deutschen Beziehungen und die gemeinsame Politik in der EU, da der neue christdemokratische Präsident die konstruktiven und vermittelnden Kräfte Polens stärken wird. Dass nun in Frankreich, Deutschland und Polen die politische Führung von Vertretern der Europäischen Volkspartei gestellt wird, ist eine Chance für die Gestaltung der Politik in der EU.

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