Asset-Herausgeber

Politsnack

Revolutioniert ChatGPT die politische Kommunikation?

Aktuell ist ChatGPT in aller Munde. Was hat es damit auf sich und welche Möglichkeiten bietet die künstliche Intelligenz für die politische Kommunikation?

Asset-Herausgeber

Aktuell ist ChatGPT in aller Munde. Was hat es damit auf sich und welche Möglichkeiten bietet die künstliche Intelligenz für die politische Kommunikation?

 

Was ist ChatGPT eigentlich?

ChatGPT ist ein textbasierter Chatbot des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI, der menschliche Sprache imitiert. Diese Fähigkeit beruht auf einem „großen KI-Sprachmodell“, auch KI-Foundation-Modell genannt, welches durch eine enorme Menge an online-verfügbaren Textdateien und menschliche Interventionen trainiert worden ist.

Auch wenn es so scheint, sollten wir uns bewusst machen, dass ChatGPT nicht den Sinn von Fragen und Anweisungen versteht. Vielmehr sind es Mathematik und Statistik, die ChatGPTs Antworten ermöglichen. Der zentrale Mechanismus dahinter ist, dass ChatGPT immer jene Worte ausgibt, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit auf die vorangegangenen Worte folgen. ChatGPT generiert also vor allem statistisch fundierte Muster menschlicher Sprache. Neben OpenAI nutzen zwar auch andere Unternehmen heute schon ganz ähnliche KI-Technologien. ChatGPT ist allerdings die erste Anwendung, welche den heutigen Stand an KI-Modellen zur natürlichen Sprachverarbeitung einer weltweiten Öffentlichkeit frei und einfach zugänglich gemacht hat.

 

Wie kann ich ChatGPT für die politische Kommunikation nutzen?

Mit ChatGPT kann man in verschiedenen Sprachen Texte generieren, vervollständigen, übersetzen, überarbeiten und klassifizieren. Auch Fragen werden beantwortet – in beeindruckend natürlich anmutender Sprache. Für die politische Kommunikation kann es genutzt werden, um Informationen zu recherchieren und zusammenzufassen; Dokumente zu übersetzen; Entwürfe für Texte und Textbausteine zu erstellen; bestehende Texte zu redigieren und Fragen zur Politik zu beantworten. Denkbar ist ebenso, mittels ChatGPT Meinungsumfragen durchzuführen und auswerten zu lassen sowie politische Diskurse zu analysieren.


Welche konkreten Anwendungen aus dem Bereich der politischen Kommunikation lassen sich hieraus ableiten?

Mit diesen Funktionalitäten sind vielfältige Einsatzmöglichkeiten denkbar:

Redenschreiber könnten das Tool zur Recherche und für die Erstellung von Rohentwürfen für Textbausteine nutzen. Das schafft wiederum Freiraum für rhetorischen Feinschliff.

Für den Stab von Mandatsträgern ist ein Einsatz bei der Beantwortung von Bürgeranfragen denkbar. Die Details müssten dann „nur“ überprüft und angepasst werden. Dies könnte Mitarbeiterstäbe entlasten und zu schnelleren Antworten auf Bürgeranfragen führen.

Eine weitere Idee könnte sein, ChatGPT und ähnliche Modelle als Chatbot in bestehende Internetauftritte oder Apps von politischen Akteuren zu integrieren. Informationen wären dann rund um die Uhr abrufbar, individualisiert sowie in mehreren Sprachen zugänglich. Somit könnten Chatbots auch Kommunikationsabteilungen entlasten und ein evidenzbasiertes Lagebild der Interessen ihrer Nutzer ermöglichen.

Trotz aller Leistungsfähigkeit besitzen Systeme wie Chat GPT kein umfassendes Weltbild.

Sebastian Weise

Warum ist es nur ein unterstützendes Werkzeug und kein Ersatz für menschliche Autoren?

Auch wenn es vorstellbar ist, Teile der politischen Kommunikation zu automatisieren, werden ChatGPT und vergleichbare Anwendungen den Menschen als Autor politischer Kommunikation nicht ersetzen:

Trotz aller Leistungsfähigkeit besitzen Systeme wie ChatGPT kein umfassendes Weltbild.

Folglich sind heutige KI-Modelle auch nicht in der Lage, verschiedene Informationen zu verknüpfen, zu bewerten und an entsprechende politische Kontexte anzupassen. Gerade politische Kommunikation lebt aber davon, mit der Vieldeutigkeit von Begriffen zu arbeiten, Informationen vor dem Hintergrund politischer Überzeugungen zu Argumentationen zu verdichten und im Kontext umstrittener Begrifflichkeiten sowie Interessengegensätzen formuliert zu werden. Das ChatGPT hierzu nur äußerst eingeschränkt in der Lage ist, hebt nicht nur das Programm selbst hervor. Auch ein Experiment des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rumänien veranschaulicht dies.

Die Antworten und Ausgaben von KI-Systemen sind stark von den Trainingsdaten und den Interventionen von KI-Trainern abhängig.

Man muss sich immer bewusst sein, dass sobald die Trainingsdaten und Interventionen Fehlinformationen, Verzerrungen oder implizite Werturteile enthalten, diese durch die KI-Systeme reproduziert werden. Dieses Problem wird umso größer, wenn man, wie etwa bei ChatGPT, sehr wenig über die Trainingsdaten oder auch die Richtlinien für die Interventionen der KI-Trainer weiß.

KI-Modelle sind nur da besonders leistungsfähig, wo sehr viele Daten zur Verfügung stehen.

Gerade bei politischen Debatten, in denen sich Positionen sowie Konfliktlinien schnell verschieben und Begrifflichkeiten Umdeutungen erfahren können, muss sich erst zeigen, wie leistungsfähig solche KI-Systeme in der Praxis sind. ChatGPT etwa ist wohl nur mit Daten bis Ende 2021 trainiert.

Angesichts dieser Einschränkungen kann man gar konstatieren, dass Menschen in einer Welt der politischen Kommunikation mit ChatGTP noch wichtiger werden. Fähigkeiten, wie ganzheitliches Denken, Sensibilität für Vieldeutigkeit und Kontexte sowie kritisches Hinterfragen, gewinnen an Bedeutung. Dass hierdurch der Anspruch an Menschen in diesem Feld steigt und einfachere Routinearbeiten entfallen können, gehört aber ebenso zur Wahrheit.

Über den Autor

Sebastian Weise verantwortet in der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung die Stelle Digitale Demokratie. In dieser Funktion ist er Experte und Ansprechpartner sowohl für den Bereich Digitalisierung von Staat und Verwaltung als auch Digitalisierung politischer Parteien.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Über diese Reihe

Rund um die Themen Kommunikation, Kampagnenmanagement und Digitale Strategie gibt der Blog Einblicke in aktuelle Trends der Politischen Kommunikation. Kommunikationsexpertinnen und -experten geben innovative, praktische Tipps für die politische Kampagne und für die Umsetzung.

Saskia Gamradt

Saskia Gamradt

Politische Kommunikation

saskia.gamradt@kas.de +49 30 26996-3252

Daniel Feldhaus

Daniel Feldhaus bild

Politische Kommunikation

daniel.feldhaus@kas.de +49 30 26996-3806