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Politsnack

Sechs Möglichkeiten, um Nudges in den sozialen Medien zu gestalten

von Jana Dombrowski
Nudging (engl. für Stupsen) ist ein Konzept aus der Verhaltensökonomie, das auf der Erkenntnis basiert, dass Menschen nicht nur rational handeln, sondern Entscheidungen oft aufgrund von kognitiven Abkürzungen treffen (z.B. Gewohnheiten, Emotionen).

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Nudging (engl. für Stupsen) ist ein Konzept aus der Verhaltensökonomie, das auf der Erkenntnis basiert, dass Menschen nicht nur rational handeln, sondern Entscheidungen oft aufgrund von kognitiven Abkürzungen treffen (z.B. Gewohnheiten, Emotionen). Das Ziel von Nudging ist daher, das Verhalten von Menschen durch kleine Anreize in eine bestimmte Richtung zu lenken, ohne dabei ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Dabei sollen Entscheidungen so gestaltet werden, dass sie im Interesse des Individuums und der Gesellschaft sind. In der politischen Kommunikation kann Nudging so als strategisches Instrument eingesetzt werden, um zum Beispiel das Gesundheitsbewusstsein von Menschen zu stärken oder um umweltfreundliches Handeln zu fördern.

Menschliches Entscheiden läuft oftmals automatisch ab. Was aber innerhalb unserer Informationsverarbeitung für Entlastung sorgt, bietet auch Raum zur Beeinflussung durch Anreize von außerhalb. Gerade soziale Medien eignen sich für die Gestaltung von digitalen Nudges, denn durch die Personalisierung von Inhalten können gezielt bestimmte Gruppen angesprochen werden. Facebook, Instagram, Snapchat, Twitter und Co. sind damit erfolgversprechende Entscheidungsumgebungen, in denen Nudges effektiv eingesetzt werden können. Probate Mittel sind grafische Designs, spezifische Inhalte, Formulierungen oder kleinere Funktionen wie etwa die Anordnung von Optionen, die Selektion der Informationen und das Vorgeben von Standardeinstellungen. Insgesamt unterscheidet die Forschung sechs grundlegende Nudging-Mechanismen:

1. Confront: der Anzreiz zum Überdenken

Durch Nudging sollen Menschen reflektiertere Entscheidungen treffen und eine vermeintlich „bessere“ Alternative wählen. Eine Strategie hierfür ist das Anbieten von Anreizen zum Überdenken von Entscheidungen. Dazu können in den sozialen Medien etwa optische Warnhinweise eingesetzt werden, um Menschen bei gedankenlosem Handeln zu unterbrechen. Auch Erinnerungen an die Konsequenzen des eigenen Handelns und das Aufzeigen von Alternativen können reflektiertes Entscheiden anstoßen.

2. Facilitate: der Weg des geringsten Widerstandes

Menschen wählen gerne den Weg des geringsten Widerstandes und gehen vordefinierten Handlungsmustern nach. Beispiele für solche Nudges sind Standardeinstellungen oder Opt-out-Varianten. Außerdem können Auswahloptionen gezielt angeordnet werden beziehungsweise nicht gewünschte Optionen können im hinteren Bereich versteckt werden.

3. Deceive: der Einsatz von Täuschung

Nudges in dieser Kategorie nutzen Täuschungsmechanismen, um die Wahrnehmung von Handlungsalternativen zu beeinflussen. Dazu zählen etwa das Hinzufügen minderwertiger Optionen bei Umfragen in den sozialen Medien, um die Wahrscheinlichkeit zur Wahl der gewünschten Alternative zu erhöhen. Auch die Verzerrung der Erinnerung an vergangene Erfahrungen wie das Verändern von Zeitempfinden durch Anpassung eines Fortschrittsbalkens kann hierzu beitragen.

Das Ziel von Nudging ist, das Verhalten von Menschen durch kleine Anreize in eine bestimmte Richtung zu lenken, ohne dabei ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken.

Jana Dombrowski & Dr. Michael Johann

4. Social Influence: die Nutzung sozialen Drucks

Indem Handlungen sichtbar gemacht werden und ein sozialer Vergleich ermöglicht wird, können Menschen zu bestimmten Entscheidungen bewegt werden. So lassen sich die Menschen in den sozialen Medien gezielt mit Mehrheits- oder Minderheitsmeinungen konfrontieren, etwa durch die optische Aufbereitung von Statistiken. Dabei geht es also um den Einfluss der dadurch geweckten sozialen Erwartungen auf das Verhalten der Menschen.

5. Fear: das Spiel mit der Angst

Solche Nudges wecken Gefühle von Angst, Unsicherheit und Verlust. Sie verringern die psychologische Distanz zu negativen Konsequenzen durch das Aufzeigen von hypothetischen Konsequenzen, etwa durch das Ausmalen von Katastrophenszenarien oder künstliche Verknappung. Die sozialen Medien bieten gerade auf Ebene der visuellen Gestaltung, wie zum Beispiel durch den Einsatz von Warnfarben oder emotionalisierender Bildsprache, zahlreiche Möglichkeiten zur Ausgestaltung solcher Nudges.

6. Reinforce: der Verstärker unter den Nudges

Diese Nudges zielen darauf ab, gewünschtes Verhalten zu verstärken, indem sie spezielle Informationen in den Köpfen der Menschen präsenter machen. Dazu gehören Just-in-Time-Aufforderungen wie Countdowns, gezieltes Umgebungsdesign zur unbewussten Lenkung des Verhaltens oder das Hervorrufen von Empathie durch mitfühlende Visualisierungen.

Transparentes und legitimiertes Nudging als strategische Leitplanke

Nudging ermöglicht es, positive und gesellschaftlich erwünschte Verhaltensänderungen zu fördern. Es kann Menschen dabei helfen, informierte Entscheidungen zu treffen und zu ihrem eigenen Wohl sowie zum Wohl der Gesellschaft beizutragen. Jedoch birgt der Einsatz von Nudges auch ethische Bedenken, da sie die Entscheidungsfreiheit der Menschen beeinflussen können. Der Grat zwischen lenkendem Anstoß und Manipulation ist schmal. Es ist daher wichtig sicherzustellen, dass Nudging transparent erfolgt und demokratisch legitimiert ist.

Um Nudging als Strategie der politischen Kommunikation verantwortungsvoll einzusetzen, sollten die Ziele dahinter legitim sein und im Interesse der Zielgruppen liegen. Das Wissen um Nudging und damit geschaffene Transparenz kann zudem ein Schlüssel zur Akzeptanz seitens der Zielgruppen sein. Nudges sollten zudem evidenzbasiert eingesetzt werden und auf verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Dabei kann eine kontinuierliche Evaluation und Bewertung helfen, dass die Gestaltung von menschlichen Entscheidungsumgebungen in den sozialen Medien und darüber hinaus effektiv und fair bleibt.

Über die Autorin

Jana Dombrowski ist Medienpsychologin an der Universität Hohenheim. Dort forscht sie unter anderem zum Thema Nudging.

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Rund um die Themen Kommunikation, Kampagnenmanagement und Digitale Strategie gibt der Blog Einblicke in aktuelle Trends der Politischen Kommunikation. Kommunikationsexpertinnen und -experten geben innovative, praktische Tipps für die politische Kampagne und für die Umsetzung.

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