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Länderberichte

Strategische Kehrtwende

Armeniens geplanter Beitritt zur Zollunion

Die überraschende Ankündigung des armenischen Präsidenten, Sersch Sargsjan, der von Russland geführten Zollunion beitreten zu wollen, bedeutet eine grundlegende wirtschaftliche und politische Kehrtwende für die künftige Orientierung des Landes. Entsprechend scharfe Reaktionen rief die Entscheidung in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft im In- und Ausland hervor.

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Ein Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit Brüssel, über das seit Jahren verhandelt worden war und dessen Paraphierung während des Gipfels der Östliche Partnerschaft(ÖP) Ende November diesen Jahres in Vilnius unterzeichnet werden sollte, ist somit obsolet geworden. Die stärkere Hinwendung zu Russland wirft verschiedene Fragen auf. Was bedeutet dies für die Beziehungen Armeniens zur EU? Welche Vorteile kann das Land von einem Beitritt zur Zollunion erwarten? Welche regionalen sicherheitspolitischen Konsequenzen sind damit verbunden?

Es steht außer Frage, dass die armenische Entscheidung auf Druck des Kremls zustande kam. Die hauptsächlich sicherheitspolitische Motivation hinter dieser Wahl machte Sargsjan in seiner Begründung klar. In Anspielung auf die ebenfalls Russland-dominierte Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (CSTO), sagte der armenische Präsident, wenn ein Land Teil eines militärischen Sicherheitssystems ist, sei es unmöglich, sich von einem Wirtschaftraum, der die gleichen Staaten umfasse, zu isolieren. Armenien gehört der CSTO seit ihrer Gründung im Oktober 2002 an. In Armenien befindet sich auch eine russische Militärbasis mit derzeit 5000 Soldaten. Sicherheitspolitisch spielt der seit Jahren andauernde Nagorny-Karabach-Konflikt mit dem rohstoffreichen und wirtschaftlich überlegenen Aserbaidschan dabei eine bedeutende Rolle. Aserbaidschans Verteidigungshaushalt umfasst fast das gesamte armenische Staatsbudget. Neue Waffenlieferungen im Wert von 4 Mrd. USD erhielt Aserbaidschan erst vor kurzem von Russland. Verbunden mit der Kriegsrethorik empfindet Armenien das aserbaidschanische Militärpotential als eine sehr akute Sicherheitsgefahr.

Darüber hinaus ist auch der Wirtschaftssektor in Armenien russisch dominiert. Russland, wo eine millionenstarke Diaspora lebt, ist der größte Investor in Armenien und kontrolliert den Energiesektor. Armenien bezieht über Georgien russisches Gas und unterhält eine Pipeline in den Iran. Diese wird jedoch zu großen Teilen durch die Gazprom-Tochter ArmrosGazprom verwaltet. Eine selektive Erhöhung der Gaspreise bei einer gleichzeitigen Beschränkung der armenisch-iranischen Kapazität wurden erst kürzlich von Russland als Druckmittel genutzt. So hatte der Gasversorger Gazprom im Juli diesen Jahres seine Preise von 245 auf 300 Euro pro tausend Kubikmeter erhöht. Verteuerungen von Dienstleistungen und Lebensmitteln waren die Folge. Eine 50-prozentige Erhöhung von Fahrpreisen für öffentliche Verkehrsmittel führte zu breit angelegten Protesten der Bevölkerung.

Dieses Abhängigkeitsverhältnis legt nahe, dass der Handlungsspielraum jeder armenischen Administration vollkommen dem politischen Willen in Moskau ausgeliefert ist. Armenien versucht zwar eine außenpolitische Strategie zu verfolgen, die als „Politik der Komplementarität“ oder viel anschaulicher mit „sitting on the fence“ beschrieben wird. Diese Strategie, die eine Reaktion auf die politische und geographische Isolation ist, erweist sich als eine risikoreiche Gratwanderung. In einer Region mit machtpolitischen Interessen verschiedener Akteure ist es ein schwieriges Unterfangen, mit allen wichtigen Akteuren gute Beziehungen zu pflegen. Der Aufbau enger Beziehungen zu staatlichen oder supranationalen Akteuren war und ist in Armenien daher immer mit der Herausforderung verbunden, nicht die eigenen Handlungsoptionen zu beschränken . Vor diesem Hintergrund wäre die Annäherung an europäische Strukturen nur dann mit den außenpolitischen Möglichkeiten Armeniens vereinbar, wenn diese von Russland nicht als eine politische Abkehr interpretiert wird.

Die russische Botschaft an Eriwan bezüglich der Annäherung an die EU war bisher ein eindeutiges „Weiter so“. Zumindest hatte die armenische Regierung dies so verstanden. Offensichtlich hat sich im Kreml ein Gesinnungswandel mit Blick auf die ÖP vollzogen. Dies war bereits an dem unlängst erhöhten Druck zu erkennen, den Moskau auf jene ÖP-Länder anwendete, die auf ein Assoziierungsabkommen mit der EU hinarbeiten, um auf deren Abwendung von der EU hinzuwirken. Russische Vertreter drohten jüngst der Ukraine mit Gaslieferstopps in diesem Winter. Die Einfuhr moldawischen Weins wurde bereits verboten; Russland war wichtigster Abnehmer moldauischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Mit Armenien hat Moskau ein Exempel statuiert mit der Botschaft, dass es eine zu enge Annäherung an Europa nicht begrüßt.

Die armenische Regierung in Erklärungsnot

Seit dem 3. September versucht die armenische Politik Schadensbegrenzung zu betreiben und ihr Gesicht zu wahren. Während sich Sargsjan seitdem nicht mehr zu Wort gemeldet hat, vermeiden andere politische Entscheidungsträger sich der Diskussion zu stellen. Für öffentliche Debatten stehen Regierungsvertreter noch nicht zur Verfügung. Die Administration scheint noch keine überzeugende Sprachregelung zur Rechtfertigung für eine Entscheidung gefunden zu haben, die sie nicht selber gefällt hat.

In den wenigen Stellungnahmen und Diskussionen manifestiert sich aber eine nicht besonders überzeugende, allerdings gefährlich Doppelstrategie, die die Administration in ihren Erklärungsansätzen verfolgt. Zum einen wird vehement abgestritten, dass es Druck aus Moskau gab. Von einer Kehrtwende könne ebenfalls keine Rede sein. Die Entscheidung, der Zollunion beizutreten sei eine natürliche Folge der seit jeher verfolgten Sowohl-als-auch-Strategie gewesen. Eine Entweder-oder-Politik wäre für Armenien nie in Frage gekommen. Nach wie vor strebe Armenien eine Annäherung an europäische Strukturen an, allerdings in anderer Form. Andererseits wird der Verhandlungsprozess mit der EU kritisiert, der EU vorgeworfen, den besonderen Umständen Armeniens nicht genüge Rechnung getragen, keine Bemühungen gegen die geographische Isolation und zur Konfliktlösung gezeigt zu haben. Die Botschaft ist klar: die Möglichkeiten der EU, die sicherheitspolitischen Bedürfnisse zu decken, sind begrenzt.

Während die Medienberichterstattung auf die Überraschungsentscheidung mit Aufmachern wie „das Ende der armenischen Geschichte“, „Ende der Souveränität“ etc. reagierte, dabei aber wenig Analytisches anzubieten hatte, fand auch innerhalb der Opposition keine strategisch-politische Auseinandersetzung mit der neuen Situation statt. Vielmehr strebt die Opposition eine Schwächung der Sargsjan-Administration an. Einige Oppositionspolitiker bezeichnen den Schritt als verfassungswidrig und kündigten einen Gang vor die Gerichte an. Andere Regierungsgegner versuchten sich mit Protesten auf der Straße Gehör zu verschaffen. Während sich kleine außerparlamentarische Parteien wie die Constitutional Rights Party und die Kommunistische Partei ausdrücklich positiv über diesen Schritt äußerten und dafür nicht nur sicherheitspolitische, sondern auch wirtschaftliche und kulturelle Gründe nannten, ließ die größte parlamentarische Oppositionspartei Blühendes Armenien mit einem Statement auf sich warten. Die Partei Armenischer Nationalkongress des ehemaligen Präsidenten Levon Ter Petrosyan befürchtet nicht nur Einschnitte in der Souveränität, sondern einen Rückschlag im innenpolitischen Reformkurs Armeniens. In der Tat ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass die Abwendung von Reformen zur Festigung der Strukturen auch mit Blick auf politisch einflussreichen Oligarchen forcieren wird.

Eines ist klar: Die Entscheidung der Zollunion beizutreten, war kein parteipolitisches Ermessen. Sargsjan und seine Republikaner waren die treibenden Kräfte hinter dem europäischen Annäherungskurs Armeniens in den letzten Jahren und wurden deswegen immer wieder mit Kritik aus den Reihen der parlamentarischen Oppositionsparteien konfrontiert. Die Öffentlichkeit versteht, dass Armenien nicht über ungehinderte Gestaltungsmöglichkeiten über ihre außenpolitische Orientierung verfügt. Die Plötzlichkeit, mit der die Kehrtwende vollzogen wurde, erlaubte es der Administration allerdings nicht, die eigene Öffentlichkeit darauf vorzubereiten. Die „Einbestellung“ Sargsjans von Putin in den Kreml mit dem Ergebnis einer Beitrittsankündigung zur Zollunion wird als Demütigung einer ganzen Nation empfunden. Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, dass die armenische Regierung bis dato nicht offenlegen konnte oder wollte, welche Zusagen sie von Russland als Gegenleistung erhalten hat.

Ist Armeniens europäischer Weg am Ende?

Die Beziehungen Armeniens zur EU reichen zurück auf das Jahr 1999, in dem die das Abkommen zur Partnerschaft und Kooperation geschlossen wurde. Neben demokratischer Konsolidierung und Begleitung des Übergangs zur Marktwirtschaft war vor allem die Förderung von Handel und Investitionen das Ziel. 2001 wurde Armenien Mitglied im Europarat und seit 2004 ist das Land Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik, die die bestehenden politischen Beziehungen ergänzt und die wirtschaftliche Integration vertieft. 2009 brachte die EU ihr Projekt der ÖP auf den Weg, das auch Armenien mit einbezieht. Dabei wurde bilateral ein individueller Aktionsplan mit einem Fokus auf Demokratisierung, Korruptionsbekämpfung und Stärkung der Zivilgesellschaft ausgehandelt. Zudem wurden Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen aufgenommen, das die Erweiterung der Beziehungen auf unterschiedlichen Ebenen vorsieht. Als integraler Bestandteil des Assoziierungsabkommens wird auch über den Abschluss eines Freihandelsabkommens (DCFTA) verhandelt, um den Handel durch Rechtsangleichung zu erleichtern. Es war vorgesehen dieses Abkommen, das jahrelang mühsam mit Armenien ausgehandelt worden war im November zu paraphieren.

Die EU war von Sargsjans Kehrtwende genauso überrascht wie die armenische Öffentlichkeit. In einer ersten Reaktion veröffentlichte die Europäische Kommission ein Memorandum zur EU-Position, in der sie zwar ihre Irritation zum Ausdruck brachte, gleichzeitig aber eine Kompatibilität der EU-Abkommen mit der Zollunion offen ließ . In diesen Tenor reihte sich zunächst auch die Sprecherin der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik ein. Der Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaft Stefan Füle stellte aber bald die Kompatibilität in Frage und bestätigte in einer Rede vor dem Europäischen Parlament (EP), dass das DCFTA nicht mit einer Mitgliedschaft in der von Russland geführten Zollunion vereinbar ist. Die Gründe dafür seien weder ideologisch noch politisch sondern rein rechtlicher Natur, da sich die verschieden Tarifbestimmungen gegenseitig ausschließen würden.

Während die EU-Institutionen in ihren offiziellen Verlautbarungen relativ diplomatisch klangen, benutzten die EVP genauso wie einige nationale Regierungen eine viel deutlichere Sprache. In der Erklärung der EVP hieß es, die Zollunion sei ein Projekt Russlands und darauf ausgerichtet, die ÖP zu verhindern. Die von Putin genutzten politischen Instrumente seien nicht vereinbar mit dem Prinzip der Nichteinmischung und dem Konzept staatlicher Souveränität. Es wurde nicht nur der russische Druck verurteilt, sondern auch die armenische Entscheidung offen kritisiert. Besonders kritisch waren mit Schweden und Polen die beiden Länder, die die ÖP aus der Taufe gehoben hatten. Angesichts des offenen russischen Drucks auch auf weitere ÖP-Länder durch gezielte Erhöhungen von Energiepreisen, Handelsbarrieren und Einfuhrverboten sowie die Instrumentalisierung von Konflikten und Sicherheitsgarantien hat das Europäische Parlament am 12. September eine Resolution angenommen, in der es heißt: "Wir bestätigen unseren Willen, das Assoziierungsabkommen mit unseren Partnern zu paraphieren oder zu unterzeichnen, solange sie sich nicht dem russischen Druck beugen, und solange sie ihre Bemühungen, die notwendige Arbeit abzuschließen, fortsetzen, um den Prozess der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union fertig zu stellen, indem sie die Anforderungen erfüllen". Ebenfalls anerkennt die Resolution den Bedarf an einer stärkeren Kommunizierung der Tatsache, dass die ÖP keine negativen Auswirkungen auf die Beziehungen der Partnerländer zu Russland hat. Notwendig sei auch eine breit angelegte Kampagne in den östlichen Nachbarländern, um das Verständnis für die Inhalte, die Vorteile und die Anforderungen der Assoziierungsabkommen zu erhöhen.

Eine in diesen Tagen oft gehörte Metapher „die Tür ist zu aber noch nicht verschlossen“ trifft auf die derzeitige Position der EU gegenüber Armenien wohl am besten zu. Die EU will die verbliebenen Optionen für eine Annäherung Armeniens an europäische Strukturen sondieren und nach neuen Wegen suchen. Auch die Sargsjan-Administration beteuert, den europäischen Integrationsprozess fortsetzen zu wollen und sucht nach alternativen Wegen. Eine Integration im ursprünglich vorgesehen Rahmen kommt nicht mehr in Frage. Die Kooperation müsste auf einer anderen Basis fortgesetzt werden. Armenien und die EU werden sich im Vorfeld des Gipfeltreffens im November diesbezüglich einigen müssen. Es ist zu erwarten, dass die DCFTA-Komponente und die damit zusammenhängende rechtliche Angleichung ausgeklammert und dafür der Reform- und Wandelkurs in der demokratischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung verstärkt und mit einem Fahrplan versehen wird, um einer erneuten Re-Orientierung Armeniens Richtung Europa nicht Tür und Tor zu schließen. Mit dem More for more-Ansatz verfügt die EU über ein flexibles Instrument, um den armenischen Annäherungsprozess lebendig zu halten.

Was bedeutet die Zollunion für Armenien?

Die Zollunion, eines der verschiedenen von Russland initiierten Kooperationsprojekte im GUS-Raum, der bislang Russland, Kasachstan und Belarus angehören, wurde 2010 gegründet und soll 2015 in einer Eurasischen Union aufgehen. In Anlehnung an das EU-Modell soll der wirtschaftlichen Integration ein politischer Zusammenschluss folgen. Das russische Projekt wird international als Versuch betrachtet, den europäischen Integrationsprozess zu behindern und gleichzeitig Russlands geopolitischen Einfluss in der Region aufrecht zu erhalten Armenien hat sich demnach am 3. September nicht nur für eine stärkere wirtschaftliche Anbindung an Russland, sondern für eine politische Union entschieden. Der Beitritt Armeniens zur Zollunion, der bereits im Mai 2014 vom Parlament ratifiziert werden könnte, klingt zunächst absurd, zumal Armenien nicht einmal gemeinsame Grenzen mit den Mitgliedern der Zollunion unterhält. Das ist aber nicht das einzige Argument, das der Entstehung eines erfolgreichen wirtschaftlichen Zusammenschlusses in Eurasien entgegensteht. Es ist zu bezweifeln, dass großes wirtschaftliches Potential in dem Zusammenschluss der weiterhin sehr stark von Rohstoffexporten abhängenden Länder steckt. Als möglich gilt der Beitritt der zentralasiatischen Staaten Kirgistan und Tadschikistan. Aufgrund der wenig entwickelten Wirtschaftsstrukturen in diesen Ländern wären die Effekte für die Zollunion und für Russland als bereit s jetzt wichtigstem Handelspartner der Mitgliedsländer eher gering. Zur erhofften Modernisierung der Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten der Zollunion kann auch von diesen potentiell neuen Staaten kein großer Beitrag erwartet werden

Offen bleibt ebenfalls die Frage, inwieweit sich die Mitgliedsstaaten einer politischen Integration, die nach dem Willen Moskaus der Zollunion folgen soll, anschließen würden. Während sich kleinere Staaten wie Armenien dem russischen Druck kaum verwehren können, dürften Staaten wie Kasachstan nicht ohne weiteres auf ihre außenpolitische Souveränität verzichten wollen. Eine russische Vormachtstellung ist gewiss kein Zustand, nach dem sich die ehemaligen Sowjetrepubliken sehnen.

Regionale und europäische Implikationen

Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr weniger in der Entstehung eines erfolgreichen wirtschaftlichen und politischen Zusammenschlusses in Eurasien als vielmehr in der Behinderung des europäischen Projektes der ÖP.

Von ursprünglich sechs Partnerländern sind mit Armenien und Belarus bereits zwei ausgestiegen. Aserbaidschan war von vornherein zurückhaltend und favorisiert weniger eine Integration, als vielmehr eine lose Kooperation mit der EU. Ukraine und Moldova stehen bereits unter enormem russischen Druck und werden evtl. für eine Zwischenlösung optieren. Mit der aktuellen Zusammensetzung der Regierung kann sich auch der Wind in Georgien durchaus gegen die ÖP drehen, wenn sich die Möglichkeit eines Deals mit Russland zu den abtrünnigen Regionen eröffnet.

Welche Bedeutung diese Ereignisse für die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU, ihren östlichen Nachbarn und Russland haben, lässt sich schwer abschätzen. Bevor es zu einer weiteren Verhärtung der Fronten kommt, muss der russisch-europäische Dialog weiter ausgebaut werden. Es muss auch weiterhin glaubhaft kommuniziert werden, dass die Europäische Nachbarschaftspolitik keine Gefahr für Russland darstellt. Verfolgt Putin weiterhin seine Politik des Unterdrucksetzens gegenüber Ländern der ÖP, benötigt die Europäische Union ein klares außenpolitisches Konzept und vor allem Instrumente, um angemessen darauf reagieren zu können. Was den Umgang der EU mit potentiellen Kandidaten für Assoziierungsabkommen angeht, so müssen weiterhin klare Bedingungen gestellt werden. Je komplexer die politischen Zusammenhänge in den Partnerländern sind, desto individueller müssen die Aktionspläne abgestimmt werden.

Für Armenien bedeutet die aktuelle Situation, dass unbedingt nach alternativen Wegen gesucht werden muss, die Annäherung an Europa aufrechtzuerhalten, um in erster Linie die demokratischen Reformen fortzuführen. Sicherheitspolitisch wird sich in der Region wenig ändern. Der Konflikt mit Aserbaidschan wird möglicherweise nicht eskalieren, wird aber weiterhin ohne Perspektive für eine Lösung bleiben. Das militärische Gleichgewicht in der Region wird nach wie vor vollständig von der Tagespolitik Russlands abhängig bleiben. Die tatsächlichen Vorteile für Armenien wären gering, kurzfristig und unsicher. Von den angekündigten verstärkten russischen Investitionen würde in erster Linie das herrschende Establishment, nämlich die armenischen Oligarchen, profitieren.

Den Länderbericht inklusive Fußnoten können Sie im oben stehenden pdf lesen.

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Kontakt

Dr. Thomas Schrapel

Dr

Direktor des Regionalprogramms Politischer Dialog Südkaukasus

thomas.schrapel@kas.de +995 32 2 459112
+995 32 2 459113
Armenisches Parlament.|Foto: Brent Granby/Fotolia Brent Granby/Fotolia

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