KAS Ägypten

Ablauf

Die erste Diskussionsrunde „Transition und Werte“ widmete sich gänzlich Fragen zu Religion und Werteveränderung in Transitionsprozessen. In einem spannenden Gespräch tauschten der Soziologe Prof. Dr. Frank Ettrich und Autor Omar Taher Erfahrungen und Meinungen zu diesem Thema aus.

Prof. Dr. Ettrich, der sich bereits seit Jahren mit Transitionsprozessen und Struktur-analysen von modernen Gesellschaften beschäftigt, betonte, dass sich nicht nur die politischen, sondern auch die gesellschaftlichen Strukturen ändern müssen. Gesellschaftlicher Wandel ist auch ein Thema, dem sich Omar Taher regelmäßig in seinen meist satirischen, aber immer auch gesellschaftskritischen Büchern widmet. Einig war man sich, dass der politische und soziale Wandel maßgeblich Einfluss auf die bestehenden gesellschaftlichen Werte hat. Die zweite Diskussionsrunde „Transition und Bürger“ thematisierte die Rolle des politischen Aktivismus im politischen und gesellschaftlichen Umbruch Ägyptens. Dabei traf der Soziologe und Politiologe Dr. Jens Hüttmann auf den ägyptischen Aktivisten Haitham Abo El Ezz El Hariri. Gemeinsam diskutierten sie die wichtige Rolle des aktiven Bürgers. Die Diskussionsteilnehmer stimmten darin überein, dass es ohne den aktiven Bürger keine Revolution gegeben hätte und es ohne sein Zutun auch keinen Wandel geben wird.

Wandel stand auch im Fokus der dritten und letzten Diskussionsrunde, die unter der Überschrift „Transition und Vergangenheit“ Wege der Vergangenheitsbewältigung in politischer und kultureller Hinsicht erörterte. Dabei diskutierten der Schriftsteller Lutz Rathenow und Alaa al Aswani den Umgang einer Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und die daraus entstehenden Folgen für die Zukunft - eine Debatte, die natürlich nicht an der Diskussion um die Methoden der ägyptischen Staatssicherheit vorbeikam. Alaa Al-Aswani, der bereits seit Jahren die brutalen Methoden der ägyptischen Staatssicherheit und Polizei in seinen Büchern thematisiert, und Lutz Rathenow, der als Oppositioneller in der DDR ähnliche Methoden erdulden musste, diskutierten den Umgang mit diesen kollektiven Erinnerungen. Einig war man sich, dass eine Aufarbeitung der Erinnerungen an solche Ungerechtigkeiten und Unterdrückungs-mechanismen eines Regimes nur durch genaue Aufarbeitung vonstatten gehen kann.

Schlussfolgerung

Die drei Diskussionsrunden zeigten, dass es noch sehr viele offene Fragen im post-revolutionären Ägypten gibt. Die rege Beteiligung an den Diskussionen zeigte das große Interesse der ägyptischen Bevölkerung an der aktiven Teilnahme bei der Neustrukturierung und Öffnung der politischen und gesellschaftlichen Landschaft. Die durchaus interessante Debatte um die ägyptische Staatssicherheit sowie die auf dem Seminar vertretenen Meinungen dazu verdeutlichen zudem, dass es noch lange Thema im kollektiven Gedächnis der ägyptischen Bevölkerung bleiben wird. Festzuhalten bleibt, dass Schule, Zivilgesellschaft und Medien weiterhin durch Aufklärung und politische Bildung auf diese gesellschaftlichen Einstellungen einwirken müssen, um einen langfristigen Wandel in der ägyptischen Gesellschaft zu bewirken.