Country Reports
Keine Überraschung am Nikolaustag
Der IX. Parteitag der US-DEU war kein Wahlparteitag. Im Mittelpunkt des Parteitreffens stand ursprünglich die Vollendung der Verschmelzung von US und DEU.
Mit dem Beginn der engeren Zusammenarbeit beider Parteien am 1. Januar 2002 wurde der amtierende DEU-Vorsitzende Ratibor Majzlík für ein Jahr zum stellv. Vorsitzenden der US-DEU ernannt. Nach der Verlängerung seines Mandates um ein weiteres Jahr sollte es mit dem Parteitag auslaufen.
Im Vorfeld des Parteitreffens wurde aber von einigen Parteivertretern eine generelle Diskussion über einen möglichen Austritt der US-DEU aus der Regierung gefordert. Ratibor Majzlík, stellv. Vorsitzender der US-DEU, brachte mit Unterstützung der Vertreter der Regionen Karlovy Vary und Olomouc seine Unzufriedenheit über das Verbleiben der Partei in der Regierung zum Ausdruck. Die Parteiführung versuchte die Situation schon vor dem Parteitag durch intensive Verhandlungen zu klären. Die Vertreter aus Olomouc, mit dem Senator Robert Kolář an der Spitze, sagten trotzdem ihre Teilnahme an dem Treffen in Hradec Králové ab.
Ratibor Majzlík forderte nun auf dem Parteitag eine Neuwahl der Führung der Partei und das Ausscheiden aus der Regierung. Dies wurde mit 161 gegenüber 15 Stimmen abgelehnt. Majzlík erklärte daraufhin, dass die DEU-Plattform die Partei verlassen werde. Er drohte an, dass mindestens 300-400 Mitglieder (von insgesamt 2600 Mitgliedern der US-DEU) ihm folgen würden. Die Mitglieder der DEU-Plattform stellten sich aber mehrheitlich an die Seite der Parteiführung. Nur Majzlík verließ mit einigen Getreuen den Parteitag. Er bleibt aber Mitglied der Partei. Eine Lösung dieses Konfliktes soll nun im Frühjahr 2004 ausgehandelt werden. Die Verschmelzung beider Parteien wurde aber als abgeschlossen erklärt.
Aufgrund der zu erwartenden Spannungen besuchte auch überraschend der Ministerpräsident und Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten (ČSSD), Vladimír Špidla, den Parteitag. Er wurde mit großem Applaus empfangen. In seinem Grußwort lobte er, wie schon vor ihm der Vorsitzende der KDU-ČSL Miroslav Kalousek, die bisherige Zusammenarbeit in der Regierungskoalition zur Umsetzung der Reformpolitik.
Weitere Gäste, die ein Grußwort an die Delegierten richteten, waren das parteilose Mitglied der US-DEU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Svatopluk Karásek und die Vertreter kleinerer Parteien (z.B. Bürgerlich-Demokratische Allianz (ODA) und Liberale Reformpartei (LIRA)).
Begrüßt wurden die Delegierten auch von Jürgen Schröder MdEP, der in tschechischer Sprache die Grüße der CDU von Sachsen übermittelte und von einem Vertreter der Außenstelle Prag der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das Grußwort des Vorsitzenden der EVP-ED Fraktion im Europäischen Parlament, Prof. Hans-Gert Pöttering, wurde verteilt.
Europawahlen
Obwohl die US-DEU z.Z. in den Meinungsumfragen nur rund 4% an Zuspruch erfährt, setzte sie sich als Ziel für die Europawahl 2004 ein Wahlergebnis von 12 %. Der Vorsitzende Petr Mareš deutete an, dass die Partei die Wähler mit einer neuen Kommunikationsstrategie „Agenda 12“ ansprechen will. „Agenda 12“ sind Prioritäten der US-DEU für eine Wirtschaftsreform und die Europapolitik.
Der Republikausschuss der US-DEU verständigte sich darauf, dass die Liste der Kandidaten für das Europäische Parlament von einer bekannten überparteilichen Persönlichkeit angeführt werden sollte. Er konnte sich aber nicht darauf einigen, ob dies Helena Rögnerová, Vorsitzende der Fraktion „Unabhängige“ im Senat des Parlaments der Tschechischen Republik oder Fürst Karel Schwarzenberg, Büroleiter des ehemaligen Staatspräsidenten Václav Havel, sein solle. Die Delegierten bestimmten in geheimer Wahl mit 117 von 212 Stimmen Helena Rögnerová zur Spitzenkandidatin. Fürst Karel Schwarzenberg bekam 87 Stimmen.
Die Liste der Kandidaten für die Europawahl soll abwechselnd von einem Mitglied der US-DEU und einer parteilosen Persönlichkeit aufgefüllt werden. Pavel Svoboda, Vorsitzender des Ausschusses für Europäische Integration des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik und der Fraktionsvorsitzende der US-DEU im Abgeordnetenhaus Karel Kühnl wurden als weitere Vertreter der US-DEU nominiert.
Die US-DEU profilierte sich in der Tschechischen Republik als eine eindeutig pro-europäische Partei. Sollte die US-DEU in den Europawahlen nicht erfolgreich sein, könnte dies das Ende der Partei bedeuten.