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Country Reports

Klimawandel bedroht semiaride Regionen

by Anja Czymmeck, Angela Küster

Internationale Konferenz in Fortaleza diskutierte Strategien zur nachhaltigen Entwicklung

Fortaleza, die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Ceará war zum zweiten Mal Austragungsort der Internationalen Konferenz: Klima, Nachhaltigkeit und Entwicklung in semiariden Regionen, genannt ICID (International Conference on Climate, Sustainability and Sustainable Development in semiarid regions).

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In der Woche vom 16. - 20. August trafen sich mehr als 2.000 Wissenschaftler, Politiker, Vertreter der Zivilgesellschaft und Studenten aus 80 Ländern, um Informationen auszutauschen, Forschungsergebnisse zu diskutieren sowie die Resultate politischer Maßnahmen zu evaluieren, die in den letzten 20 Jahren zur Entwicklung der Trockenzonen durchgeführt wurden.

Fortaleza, die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Ceará war zum zweiten Mal Austragungsort der Internationalen Konferenz: Klima, Nachhaltigkeit und Entwicklung in semiariden Regionen, genannt ICID (International Conference on Climate, Sustainability and Sustainable Development in semiarid regions). In der Woche vom 16. - 20. August trafen sich mehr als 2.000 Wissenschaftler, Politiker, Vertreter der Zivilgesellschaft und Studenten aus 80 Ländern, um Informationen auszutauschen, Forschungsergebnisse zu diskutieren sowie die Resultate politischer Maßnahmen zu evaluieren, die in den letzten 20 Jahren zur Entwicklung der Trockenzonen durchgeführt wurden.

Schon die erste ICID-Konferenz fand vor 18 Jahren, Anfang 1992, in Fortaleza statt und lenkte erstmals die internationale Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen der klimatischen Veränderung in den Trockengebieten, womit ein wichtiger Beitrag durch die zusammengetragenen wissenschaftlichen Informationen zur UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) im Juni desselben Jahres in Rio de Janeiro geleistet wurde. In der Folge lieferten die Ergebnisse der ICID wichtige Beiträge zur Formulierung von Vorschlägen, die schließlich zu der Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation und der Auswirkungen der Dürre (UNCCD) beitrugen, die 1994 unterzeichnet und von 192 Ländern ratifiziert wurde.

Nach Angaben der UNO leben 2,1 Milliarden Menschen in den Trockengebieten, die sich auf etwa 100 Ländern verteilen, wobei die Wüsten- und Steppenbildung langfristig mehr als eine Milliarde Menschen bedroht. Jährlich gehen durch Wüstenbildung und Bodenerosionen rund zwölf Millionen Hektar fruchtbarer Boden verloren, was ungefähr der Fläche von Griechenland entspricht. 41,3% der Erdoberfläche sind von Desertifikation betroffen. In den Trockengebieten konzentriert sich die Armut und wird der größte Druck auf Wasser, Böden und Biodiversität ausgeübt.

Im Nordosten Brasiliens leben in einem Gebiet von fast einer Million km² in 1.132 Kommunen circa 22 Millionen Menschen, womit die Region die höchste Bevölkerungsdichte unter den Trockengebieten aufweist. Besonders betroffen ist der Bundesstaat Ceará, der unter den Bundesstaaten des Nordostens den größten Anteil an semiariden Gebieten besitzt. Eine Studie der Bundesuniversität von Minas Gerais hat die Szenarien des Intergovernamental Panel on Climate Change (IPCC) für den Nordosten berechnet, wobei im schlimmsten Fall in Ceará mit einer Reduzierung der landwirtschaftlich nutzbaren Gebiete um 79,6% zu rechnen wäre .

Daher ist es verständlich, dass der Bundesstaat Ceará ein großes Eigeninteresse daran hat, die internationale Öffentlichkeit stärker auf die Auswirkung der Klimaveränderungen für diese Gebiete zu lenken. Die Initiative wurde u. a. von der Landesregierung Ceará, dem brasilianischen Bundesministerien für Wissenschaft, Technologie und Umwelt, der Bank des Nordostens, der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank unterstützt.

Der zweiten, diesjährigen, sogenannten ICID+18-Konferenz waren regionale Vorbereitungstreffen vorangegangen, über die bei der Eröffnung berichtet wurde. Das Büro der Konrad Adenauer Stiftung in Fortaleza hatte sich am Vorbereitungsprozess beteiligt, indem zwei Treffen mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, u. a. dem cearensischen Forum für das Leben in semiariden Regionen veranstaltet wurden, um darüber zu beraten, wie den Leistungen der Zivilgesellschaft in umweltpolitischen Anliegen bei der Konferenz Gehör verschafft werden könnte.

Im Rahmen der Veranstaltung startete die UNO ihre Kampagne zum Kampf gegen die Wüstenbildung. Ziel des "Jahrzehnts des Kampfes gegen die Desertifikation" sei es, die bedrohliche Wüstenbildung auf dem Planeten "umzukehren und zu vermeiden", erklärte Luc Gnacadja, Leiter der UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Er hob hervor, dass nur auf diese Weise die Auswirkungen der Wüstenbildung auf die Armut und das Klima zu verringern seien. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte in einer Erklärung an die Konferenzteilnehmer eine „globale Antwort“ auf das Problem. Die Kosten, um den Verlust des Landes und somit einer Nahrungsgrundlage aufzufangen, werden jährlich auf umgerechnet rund 34 Milliarden Euro geschätzt. Der UNO zufolge können betroffene, aride Gebiete mit speziellen Maßnahmen und Projekten aber durchaus wieder kultiviert werden.

Die ICID+ 18 hatte sich inhaltlich vier Themen gesetzt: die klimatischen Informationen, Klima und nachhaltige Entwicklung, Klima und Regierbarkeit und politische Entscheidungsprozesse. Sie wurden während der Konferenz mit Veranstaltungen und Workshops zu Themen wie Klima und Umwelt, Sicherheit, Verbesserung der Lebensbedingungen, Monitoring und Wirkung von politischen Maßnahmen zur Anpassung an klimatische Veränderungen und zur nachhaltigen Entwicklung behandelt. Hervorgehoben wurde dabei besonders das Thema Bildung, da der Bildungsstand neben den Strukturen des Landbesitzes und der Landverteilung als der hauptsächliche Faktor angesehen wird, der den Rückstand der Regionen verursacht.

Ein besonderes Augenmerk richtete die Konferenz rückblickend auf den Prozess, der von der ersten ICID ausgelöst worden war sowie auf die Erwartungen, die an die Folgekonferenz gestellt werden. Der Direktor der ICID, Antônio Rocha Magalhães, erläuterte, dass im Nachfolgeprozess der ICID 1992 das Projekt Aridas entstand, in dessen Rahmen 46 Studien zur Nachhaltigkeit des Nordostens erstellt wurden. Zentral war hierbei die Entwicklung einer Methodologie zur Planung der nachhaltigen Entwicklung. Erstmalig wurde die Planung dezentralisiert, die bis zu diesem Zeitpunkt von der Bundesregierung durchgeführt wurde und seitdem von den Bundesstaaten des Nordostens eigenständig durchgeführt wird. Zudem wurde die ökologische Nachhaltigkeit zu einem zentralen Punkt, ebenso wie die soziale Gerechtigkeit und die notwendige Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Planung. Irles Mayorga, Professorin der Bundesuniversität Ceará führte aus, dass die erste ICID auch zu zahlreichen Forschungsprojekten geführt hatte, die zum wissenschaftlichen Austausch beigetragen haben, wie z. B. das Projekt Waves (http://www.usf.uni-kassel.de/waves), das mit bundesdeutschen Universitäten durchgeführt wurde und den Zusammenhang zwischen Wasserverfügbarkeit und Migration untersuchte.

Das Auslandsbüro der KAS in Fortaleza war im Rahmen des Panels „Vulnerability and Coping in Rural Areas“ inhaltlich an der ICID beteiligt, wobei hier die Entwicklung von Indikatoren zur Bewertung der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Methoden beim Übergang zu agrarökologischen Form des Wirtschaftens vorgestellt wurden, die im Rahmen des KAS-EU-Projektes zur nachhaltigen Entwicklung der familiären Landwirtschaft im Nordosten erarbeitet wurden.

Jesse Ribot, Wissenschaftler am World Resources Institute, Washington, DC., USA ging in seinem Vortrag auf Strategien ein, die sich von Maßnahmen gegen die Klimaveränderungen zur Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen entwickelt haben. Dabei müssten, so Ribot, die Grenzen der Anpassung verstanden werden. Trockengebiete würden marginalisiert und müssten in das Zentrum der Investitionen gerückt werden, da hier die Probleme in der niedrigen Produktivität, den verschiedenen Risiken und beschränkten Möglichkeiten lägen. Hierzu seien neue Bildungsmodelle notwendig mit der Aufwertung des traditionellen Wissens, lokaler Kenntnisse und der Information der politischen Entscheidungsträger, sowie der Zugang zu Krediten, Infrastruktur, Wasser und besseren Umweltinformationen. Ribot, der eine Initiative zur sozialen Dimension der Umweltpolitik an der University of Illinois, School of Earth, Society and Environment (SESE) leitet, vertrat die Auffassung, dass Desertifikation nicht nur technische, sondern vor allem auch soziale Aspekte beinhaltet. Dementsprechend wurde am Ende der Konferenz der Entwurf der Abschlusserklärung vorgestellt und diskutiert. Sie forderte, die Trockengebiete in das Zentrum der Aufmerksamkeit der Regierungen zu rücken, vor allem in Brasilien, wo die Interessen sich hauptsächlich auf Amazonien konzentrierten, während andere wichtige Biome, die ebenfalls Aufmerksamkeit verdienten, wie zum Beispiel die Caatinga, ein bedrohtes Biom des brasilianischen Nordostens, mit einer weltweit einzigartigen Artenvielfalt, vernachlässigt werden.

In Bezug auf Bildung und Erziehung wird im Abschlussdokumentempfohlen, diese dem Kontext der semiariden Regionen anzupassen, wobei eine internationale Kooperation angemahnt wurde. Neben der Erziehung sei es notwendig, Strategien zu entwickeln, wie Politiker und Entscheidungsträger gezielt über die realen Auswirkungen der Klimaveränderungen informiert werden können.

Potentiale wurden für die Trockengebiete hauptsächlich in der Solarenergie sowie den alternativen Energiequellen Windenergie und Biomasse gesehen. Entsprechend könnten private Investitionen in den Regionen gefördert werden, es sei aber auch notwendig, entsprechende öffentliche Mittel für die Lösung der Probleme dieser Regionen zu investieren. Dabei sei auch die Bezahlung von Umweltdienstleistungen zu diskutieren, wodurch der Naturschutz in der Landwirtschaft gefördert werden kann. Der Dialog zwischen Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa sollte hierzu verstärkt werden, um gemeinsame Strategien zu entwickeln.

Darüber hinaus wurden Anstrengungen gefordert, die Bevölkerung stärker einzubinden und ihr Informationen über Universitäten, Organisationen, Verbände, etc. besser zugänglich zu machen, weil deren Kenntnisse und deren Bewusstsein für die Probleme der Trockengebiete entscheidend sind für die Förderung von Nachhaltigkeit.

Beim Vergleich der Konferenz ICID +18 mit der Kopenhagener Klimakonferenz COP 15 wurde festgehalten, dass es in Fortaleza nicht um Verhandlungen zwischen Regierungen ging, sondern um eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Debatte, die international verstärkt und im Bewusstsein aller Beteiligten sowohl von Regierungs- als auch Gesellschaftsseite unbedingt stärker verankert werden muss.

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