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Event Reports

Die repräsentative Demokratie erfordert politische Beteiligung von Frauen

by Marina Caetano

Seminar für Kommunalpolitikerinnen

In Brasília trafen sich 120 Mitglieder der Frauenorganisation des Partido da Social Democracia Brasileira, die bei den Kommunalwahlen im Herbst dieses Jahres für das Amt der Bürgermeisterin oder Stadträtin kandidieren werden, um über politische Kommunikation und die anstehenden Wahlen zu diskutieren. Angesichts des neu gebildeten Bundeskabinetts unter Interimspräsident Michel Temer diskutierten die Teilnehmerinnen auch mit Elisabeth Winkelmeier-Becker MdB über die politische Beteiligung von Frauen in der brasilianischen Politik.

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Nachdem die brasilianische Staatspräsidentin Dilma Rousseff (PT) am 12. Mai vorläufig von ihrem Amt suspendiert wurde, übernahm ihr Vize Michel Temer (PMDB) ad interim das Amt. Als dieser sein ausschliesslich aus älteren, weissen Männern bestehendes Kabinett bekannt gab, sorgte er international für höchstes Erstaunen. Dieses Ereignis war zwar extrem, aber dennoch symptomatisch für die mangelnden Repräsentation von Frauen im politischen System Brasiliens, in dem nur jedes zehnte Mitglied des Bundeskongresses weiblich ist. So wurde das Seminar der Reihe "Frauen in der Politik", das die Konrad-Adenauer-Stiftung Brasilien in Zusammenarbeit mit der Frauenorganisation der PSDB entwickelte, unerwartet aktuell. Mitglieder der Frauenorganisation des Partido da Social Democracia Brasileira aus dem Norden, Nordosten und Mittleren Osten des Landes, die bei den Kommunalwahlen im Herbst dieses Jahres für das Amt der Bürgermeisterin oder Stadträtin kandidieren werden, diskutierten über Wahlsysteme und die Kommunalwahlen 2016.

Bereits seit 1999 gibt setzt sich die Frauenorganisation der PSDB innerhalb des Partido da Social Democracia Brasileira (PSDB, dt. Partei der brasilianischen sozialen Demokratie) für die politische Beteiligung von Frauen ein. Indem mehr Frauen für die Politik gewonnen werden, soll die Lebensrealität der brasilianischen Frauen verändert werden. Bildung, vor allem im politischen Bereich, nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Die Frauenorganisation der PSDB besitzt mittlerweile eine starke Präsenz mit Vertretungen in fast allen Bundesstaaten Brasiliens und ausserdem einer zunehmenden Präsenz auf der kommunalen Ebene. Die Partnerschaft mit der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde im Jahr 2008 ins Leben gerufen. Seitdem fanden verschiedene Seminare, Schulungen und Workshops statt, um die Beteiligung von Frauen in der brasilianischen Politik zu fördern.

An der jüngsten Ausgabe des Seminars nahm auch die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) im Rahmen ihrer Brasilienreise teil. Die Abgeordnete gab einen kurzen Überblick über die politische Partizipation von Frauen in Deutschland, speziell in der CDU. Der Weg hin zu mehr Gleichberechtigung für Frauen in Deutschland war lang - als Meilensteine nannte die Jurstin die Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahr 1948, das in Artikel 3 die Gleichberechtigung von Frauen und Männern vorsieht, bis hin zum Jahr 2005, als zum ersten Mal eine Frau Bundeskanzlerin wurde. Laut Winkelmeier-Becker ist jedoch noch viel zu tun, weswegen sich die Frauenunion, die Frauenorganisation der CDU, weiterhin für Gleichberechtigung einsetzt. So macht etwa der Equal Pay Day auf die bestehenden Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern aufmerksam. Aus brasilianischer Perspektive ging Wanda Engel, Direktorin des Instituts Synergos in Brasilien, auf den Zusammenhang zwischen Bildung, Sozialpolitik und Gleichberechtigung ein - ein Thema, das angesichts der enormen Wirtschaftskrise im Land noch mehr an Bedeutung gewinnt. „Würde ich für das Amt der Bürgermeisterin kandidieren, wäre es mein primäres Ziel, am Ende meiner Amtszeit sagen zu können, dass alle Kinder zur Schule gehen. Schulbildung nimmt Einfluss auf Teenagerschwangerschaften, Kindersterblichkeit, Arbeitslosigkeit - auf einfach alles“, erläuterte Engel. Am Ende des ersten Tages wurde die Publikation „Frauen in der Politik“, die in Kürze auch online auf der Homepage der KAS zur Verfügung steht, offiziell herausgegeben.

Zu Beginn des zweiten Tages erläuterten die Juristen Afonso Ribeiro, Flávio Pereira und Marcos Antônio die Änderungen im Wahlrecht und die neuen Regeln der Wahlkampffinanzierung, die bei den Kommunalwahlen 2016 zum ersten Mal in Kraft treten werden. Im Bereich der Medien und Kommunikation wurde die Notwendigkeit diskutiert, die neuen Kommunikationsformen, die das Internet bietet, zu nutzen: Neue Medien wie Facebook, Twitter und sogar Snapchat könnten in Wahlkampagnen als Möglichkeit genutzt werden, um sich den brasilianischen Wählerinnen und Wählern anzunähern, die, laut Umfragen, regelmäßig die neuen Kommunikationsmöglichkeiten nutzen, um sich zu informieren. Gil Castilho, politische Beraterin, erinnerte daran, dass in vielen Teilen der Welt die Glaubwürdigkeit von Politikerinnen und Politikern im Vergleich zu anderen Berufsgruppen als am geringsten eingestuft werde und dass Brasilien keine Ausnahme sei. Diese Tatsache verdeutlichte erneut die Bedeutung der politischen Kommunikation mit den Wählerinnen und Wählern. Schliesslich wurde diskutiert, inwiefern die Gründe für mangelnde politische Beteiligung von Frauen in Parteistrukturen liegen, die oftmals nicht die nötigen Voraussetzungen und Unterstützung bieten, um den Frauenanteil bei Wahlen zu erhöhen.

Die teilnehmenden Kandidatinnen nutzten die Podiumsdiskussionen und Präsentationen, um über die bevorstehenden Kommunalwahlen und die aktuellen politischen Ereignisse zu debattieren. Die Frauenorganisation der PSDB verfasste einen offenen Brief an den Interimspräsidenten Michel Temer, in dem sie die Abwesenheit von Frauen im aktuellen Bundeskabinett als Rückschritt bezeichnet. Mit der neuen Regierung kämen erneut neue (alte) Herausforderungen für den Kampf der Frauen um Gleichberechtigung und politische Repräsentation auf.

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Marina Caetano

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